Der Beruf des Kriminalsekretärs brachte die Übersiedlung des am 13. Juli 1879 in Suttrup (heute zu Nortrup gehörig) geborenen Vaters Werner Dobelmanns, Theodor Friedrich Bernhard Dobelmann, und seiner am 23. September 1883 in Nortrup geborenen Gattin Katharina Elisabeth Agnes Dobelmann, geb. Middendorf, nach Münster in Westfalen mit sich, wo den seit 1908 verheirateten Eheleuten am 16. Oktober 1913 ihr Sohn Werner geboren wurde. In seiner Kindheit und Jugend indessen besuchte Werner Dobelmann, einer »instinktiven Hinneigung«[1] folgend, regelmäßig den in der artländischen Landschaft gelegenen Hof seiner Großeltern mütterlicherseits, Hermann und Lisette (geb. Janning) Middendorf, Heuerlinge in der Börslage bei Nortrup,[2] welcher nach dem Tode der Großeltern von einem Onkel Werner Dobelmanns forthin bewirtschaftet worden war. Dieser Kotten, von dem außer den alten Hofeichen nichts erhalten ist, gehörte dem Gut Loxten an;[3] die Großeltern Dobelmanns väterlicherseits, Wilhelm und Maria Adelheid (geb. Gramann) Dobelmann, waren zunächst Heuerlinge eines Kottens des Hofes Möhlmann/Klümke gewesen, um dann eine in Suttrup gegenüber der Gaststätte Blome gelegene Heuerstelle des Hofes Hallermann/Pieper[4] einzunehmen.[5] Nach der 1934 in Münster am Gymnasium absolvierten Reifeprüfung führte der Arbeitsdienst Werner Dobelmann nach Bersenbrück und damit wieder in die Nähe des Artlandes. Die Arbeit sowie Entdeckungsreisen des Abiturienten gesellten dergestalt dem in Kindheitstagen gelegten »gefühlsmäßigen Erfassen«gleichermaßen die »verstandesmäßige Erkenntnis«[1] der artländischen Heimat bei.
Familien- und Arbeitsleben
Zu seinem großen Leidwesen[6] ließen wirtschaftliche Gründe Werner Dobelmann nach seiner Rückkehr in die Geburtsstadt Münster von seinem ursprünglichen Wunsch, zur wissenschaftlichen Vertiefung seiner heimatlichen Hinneigung an der Universität Volkskunde oder Geschichtswissenschaften zu studieren, Abstand nehmen. Von einer stattdessen zunächst angetretenen Banklehre wechselte er in die Finanzverwaltung der Stadt Münster, in der er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1976 als Steuerrat wirkte. Jenseits solches „Berufes Nüchternheit“[1] begann Werner Dobelmann nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Schreiben, angefangen mit der Familienchronik Die Börslage. Versuch einer Familiengeschichte von 1945. Werner Dobelmann heiratete am 21. Oktober des Kriegsjahres 1941 Gerda Ilse Auguste Habben, die am 26. September 1916 in Rüstringen bei Wilhelmshaven geborene Tochter Sjut und Helene Habbens. 1949 wurde den Eheleuten eine Tochter geboren. Seit 1951 war Werner Dobelmann Gründungsmitglied des Kreisheimatbundes Bersenbrück (KHBB), seit 1976 dessen Ehrenmitglied.
Lebensabend
1972 erwarben die Dobelmanns das ehemalige Heuerhaus (Kotten) des Hofes Wiese in der alten Bauerschaft Rüssel. Bis zu seinem Tod 1985 lebte und arbeitete Werner Dobelmann zusammen mit seiner 1989 verstorbenen Frau Gerda in dem renovierten Kotten. Die Eheleute wurden auf dem Friedhof der Pfarrei St. Nikolaus in Ankum bestattet.
Dem literarischen Schaffen Werner Dobelmanns lag ein unerschütterliches wie verhalten zuversichtliches Bekenntnis zur Heimat zugrunde. So schreibt Dobelmann 1981, es möge indessen durchaus
»Menschen geben, die den Wert eines Gemeinwesens nur nach Einwohnerzahl und Steueraufkommen messen, die die Stetigkeit und den ruhigen Pulsschlag des Lebens [...] bedauern. Zweifellos gibt es Gemeinden, die sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten stärker entwickelt haben. Sie haben das aber meistens mit erheblichen Verlusten an Tradition, an gewachsenem Lebensstil und sicherer Gelassenheit bezahlen müssen. [...] Der Begriff Heimat, oft zu Unrecht belastet mit dem Odium des Unzeitgemäßen, hat in unseren Tagen an Aktualität nichts verloren. Kenntnis der Heimat und Verbundenheit mit ihr ist auch heute eine der Quellen, aus der die Verantwortung für die Gemeinschaft wächst. So gesehen, ist Heimatgeschichte nicht ein Traum von der ›guten alten Zeit‹, sondern Tradition im besten Sinne und belebender Ansporn, die anvertrauten Werte zu erhalten als Grundlage zu neuem Schaffen für die Zukunft.«[7]
In einer solchen autochthonen Haltung,[8] die sich »nicht in gewollten Augenblicken einer genießerischen Versenkung und künstlichen Einfühlung, sondern nur«sich einstelle, »wenn das eigene Dasein in seiner Arbeit steht«,[9] und mit einer ostinaten Einstreuung ruraler Sprachbilder[10] rückt das Werk Werner Dobelmanns in den gedanklichen Umkreis der existentialistischenFundamentalontologieMartin Heideggers.
Werner Dobelmanns aus lebenslanger Archivarbeit hervorgegangenes Gesamtwerk umfasst 18 Monographien, weit über 2000 Aufsätze, Beiträge und Artikel in Sammelwerken, Zeitschriften (Mitteilungen des Kreisheimatbundes Bersenbrück, Heimat-Kalender für den Kreis Bersenbrück, Heimat-Jahrbuch für den Kreis Bersenbrück, Heimat-Jahrbuch Osnabrücker Land, Am heimatlichen Herd, Westfälischer Heimatkalender usf.) und Tageszeitungen (Westfälische Nachrichten, Münstersche Zeitung, Bersenbrücker Kreisblatt, Bramscher Nachrichten usf.), eine Reihe typographisch vorliegender Historiographien artländischer Höfe sowie unveröffentlichte Manuskripte, unter anderem zur »Münsterischen Mühlengeschichte«(1972), und eine Vielzahl bislang unveröffentlichter Aufsätze.
Auf alten Wegen im Kreise Bersenbrück, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt [1] (1950), Nr. 1 vom 12. August 1950, S. 2 f.
Vom Grundeigentum des Klosters Börstel, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt [1] (1950), Nr. 5 vom 6. Oktober 1950, S. 18–20.
Das Buch vom Kreise Bersenbrück. Eine Heimatkunde für Schule und Haus, Quakenbrück 1953
Das Lied der Mühlen. Wasser- und Windmühlen im Osnabrücker Nordlande, in: Mitteilungen des Kreisheimatbundes Bersenbrück 3 (1953), S. 42–54
Grabsteine in der Börsteler Stiftskirche, in: Heimat-Kalender für den Kreis Bersenbrück (Artländer Haus- und Taschen-Kalender) (1956), S. 91–94.
Lebensbilder aus dem Osnabrücker Nordland (Schriftenreihe des Kreisheimatbundes Bersenbrück; 8), Quakenbrück 1962
Ein altes Heuerlingsgeschlecht (Heimat gestern und heute. Mitteilungen des Kreisheimatbundes Bersenbrück; 11), Quakenbrück 1963
Albersloh. Geschichte einer Landgemeinde, Münster in Westfalen 1976
Die Taufkirche im Farngau, in: Heimat-Jahrbuch Osnabrücker Land [4] (1977), S. 154–58.
Geschichte und Entwicklung des Osnabrücker Nordlandes (Der Altkreis Bersenbrück; 3; Heimat gestern und heute. Mitteilungen des Kreisheimatbundes Bersenbrück; 22), Quakenbrück 1979
Mühlen des Osnabrücker Nordlandes. Von Wasser- und Windmühlen, von Roß- und Handmühlen (Schriftenreihe des Kreisheimatbundes Bersenbrück; 16), Quakenbrück 1980
Wehrtürme im Kirchspiel Ankum; [2], in: Heimat-Jahrbuch Osnabrücker Land [7] (1980), S. 35–39.
Entstehung und Entwicklung des Ortes Bersenbrück, in: Franz Buitmann, Werner Dobelmann, Franz Hülsmann, Ernst Schulte (Red.), Bersenbrück. Stadt im Osnabrücker Land. Beiträge zum Jubiläumsjahr 1981 in Wort und Bild. 750 Jahre Bersenbrück – 25 Jahre Stadt, Bersenbrück 1981, S. 27[26]–84
mit Franz Buitmann (Bearb.), Schulgeschichte des Osnabrücker Nordlandes; 1. Entwicklung bis zu den Schulreformen Mitte des 20. Jahrhunderts (Der Altkreis Bersenbrück; 6; Heimat gestern und heute; 25), Bersenbrück 1986 (posthum)
Die Hase prägte das Osnabrücker Nordland. Geographische und geschichtliche Aspekte, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt 37 (1986), Nr. 1 (März 1986), S. 1–4 (posthum)
Die Entstehung der Eigenbehörigkeit/Die Aufhebung der Eigenbehörigkeit, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt 40 (1989), Nr. 4 (August 1989), S. 16. 19 f. (posthum)
Herbert Clauß, Verdienstvolle Heimatforscher des Altkreises Bersenbrück. Werner Dobelmann – Dr. August Schröder, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt (1976), Nr. 3 (September 1976), S. 11
Franz Feldkamp, Werner Dobelmann. Der unermüdliche Heimatforscher und Heimatschriftsteller des Osnabrücker Nordlandes, in: Heimat-Heft für Dorf und Kirchspiel Ankum 13 (2010), S. 6–14
Zum Gut Loxten Werner Dobelmann, Nortrup-Loxten und das Kirchspiel Ankum, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt 5 (1954), Nr. 9 (August 1954), S. 33; Werner Dobelmann, Das Rittergut Loxten, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt 8 (1957), Nr. 1 (Januar 1957), S. 1 f.; Werner Dobelmann, Das Rittergut Loxten in Nortrup, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt [31] (1980), Nr. 3 (September 1980), S. 10; Werner Dobelmann, Ernst von Hammerstein zu Loxten. Erster Landrat in Bersenbrück, in: Franz Buitmann, Werner Dobelmann, Franz Hülsmann, Ernst Schulte (Red.), Bersenbrück. Stadt im Osnabrücker Land. Beiträge zum Jubiläumsjahr 1981 in Wort und Bild. 750 Jahre Bersenbrück – 25 Jahre Stadt, Bersenbrück 1981, S. 280 f.
Franz Feldkamp, Werner Dobelmann. Der unermüdliche Heimatforscher und Heimatschriftsteller des Osnabrücker Nordlandes, in: Heimat-Heft für Dorf und Kirchspiel Ankum 13 (2010), S. 6–14, 6.
Es klagt meine Seele wie ein waidwundes Tier; / denn Mauern und Schlote umgeben mich hier. / In steinernen Schluchten kärgliches Licht, / Autos und Neon – mehr sehe ich nicht. / Ich sehe nicht, wie der Wind durch die Ähren streicht, / wie das rauschende Feld still-ergeben sich neigt, / seh’ nicht mehr den Pflug im graubraunen Land, / umklammert von schwieliger Bauernhand. / Ich höre nicht mehr, wie der Wetzstein klingt, / wie frohes Lied übers Stoppelfeld schwingt, / mein Aug’ ist umschattet und trübe mein Sinn, / zieht über das Land der Heuduft dahin. / Meine Väter säten aus sicherer Hand / goldene Saaten in fruchtschweres Land, / bauten und werkten auf eigenem Grund, / waren an Leib und Seele gesund. / Und ich? – Ich möchte die Mauern anschrei’n: / ›Laßt frei mich, laßt in der Weite mich sein!
Laßt werken mich in Feld, Wald und Flur: / denn hier bin ich nichts als ein Roboter nur!‹, Werner Dobelmann, Großstädters Heimweh, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt 6 (1955), Nr. 7 (Juli 1955), S. 25.
Martin Heidegger, Schöpferische Landschaft: Warum bleiben wir in der Provinz? (1933), in: ders. (ed. Hermann Heidegger), Aus der Erfahrung des Denkens. 1910-1976 (Gesamtausgabe, I. Abteilung: Veröffentlichte Schriften 1910-1976; 13), Frankfurt am Main 1983, S. 9–13, 10. »Die Arbeit öffnet erst den Raum«für die heimatliche Landschaft, der »Gang der Arbeit bleibt in das Geschehen der Landschaft eingesenkt. [...] Ich werde einfach in die Eigenschwingung der Arbeit versetzt und bin ihres verborgenen Gesetzes im Grunde gar nicht mächtig«, ebenda, S. 10 f. Hervorhebungen im Original.
Z. B. Werner Dobelmann, Der Bauer, in: Am heimatlichen Herd – Heimatblatt 4 (1953), Nr. 8 (Juni 1953), S. 32, wiederabgedruckt in: Heimat-Kalender für den Kreis Bersenbrück (Artländer Haus- und Taschen-Kalender) (1958), S. 122: »Mit ernstem, gläubigem Angesicht / schritt er durch’s erste Morgenlicht / und ließ in andachtsvollem Sinnen / die köstlichen Saaten zur Erde rinnen. / Er weiß, daß aus dieser fruchtbaren Erde / ein neuer Erntesegen ihm werde. / Drum blickt er ganz ruhig und unverwandt / hin auf das nackte und tote Land; / denn schon spürt er in frohem, beglückendem Schauern: / dies Land wird Mensch und Zeit überdauern, / und ewig wird ihm der Herrgott geben / das stets sich erneuernde, machtvolle Leben!«