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deutscher Buchhändler, Verleger und Galerist Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wendelin Niedlich (* 31. August 1927 in Berlin-Friedrichsfelde; † 7. März 2022[1]) war ein deutscher Buchhändler, Verleger und Galerist.
Wendelin Niedlich kam 1960 nach Stuttgart und übernahm in der Schmalen Straße 14 die Buchhandlung Bücherdienst Eggert, die sich unter seiner Ausrichtung der Gegenwartsliteratur und der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule widmete. Niedlich galt als linker Buchhändler und stand für eine literarische Avantgarde. An den Donnerstagen veranstaltete er Lesungen, u. a. mit Max Bense, Reinhard Döhl, Helmut Heißenbüttel, Elfriede Jelinek, Josef Bierbichler, Franz Mon, Ernst Jandl, Ror Wolf, Gert Jonke und Max Goldt. Zusätzlich gründete er den Verlag Wendelin Niedlich und begann, in seinen Räumen auch Kunstausstellungen auszurichten. Vom 5. bis 26. November 1965 stellte Niedlich grafische Arbeiten von Frieder Nake und Georg Nees aus. Die Ausstellung war die weltweit dritte Ausstellung mit Computergrafik und erzielte eine internationale Aufmerksamkeit.[2]
Mit dem Grafiker Wolfgang Schmidt war Niedlich viele Jahre freundschaftlich verbunden. Schmidt gestaltete das visuelle Erscheinungsbild für Buchhandlung, Galerie und Verlag. Er entwarf Briefbogen, Visitenkarte, Packpapier (mit dem Aufdruck: „Da ist was von Niedlich drin.“), Stempel („Es handelt sich um Bücher“), Lesezeichen und Plakate.[3]
In den 1970er Jahren zog die Buchhandlung in die Hausnummer 9 der Schmalen Straße um. Die Besucher der Buchhandlung beschrieben einen außergewöhnlichen Ort: Bücher waren in den hohen Regalen nicht einfach chronologisch sortiert. In der Zeitschrift Du schilderte der Schriftsteller Otto Marchi ein „wohlgeordnetes Chaos, das sowohl Jandl- und Mayröcker-Gassen, eine Achternbusch-Pyramide, eine Brecht-Chaussee, ein Enzensberger-Hochhaus, als auch einen Joyce-Turm und ein Robert-Walser-Gebirge beinhaltete, das alles überragte“.[4] Zur Bundestagswahl 1980 stellte Niedlich das Schaufenster der Buchhandlung und eine Vitrine für die „Stoppt Strauß!“-Kampagne zur Verfügung, in der Flugblätter, Plakate und Aufrufe ausgelegt wurden. Ein Flugblatt mit dem Satz „Wer Strauß wählt, wählt Reaktion, Faschismus und Krieg“ führte bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart zur Anzeige gegen Niedlich wegen Beleidigung, die beim Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt abgelehnt wurde mit der Begründung, „Der inkrimierte Text erfülle nicht den Tatbestand des Paragraphen 185 StGB.“[5]
Im Juni 1998 schloss Niedlich die Buchhandlung. 2005 fand die Ausstellung „Wendelin Niedlich und seine Lesevergnügungsgesellschaft“ im Literaturhaus Stuttgart statt, die von dem Literaturkritiker Helmut Böttiger kuratiert wurde.[6] Zu seinem 90. Geburtstag 2017 wurde ebenfalls im Literaturhaus Stuttgart erstmals sein umfangreiches Bild- und Tonarchiv in einer Ausstellung präsentiert: „Wanted: Wendelin Niedlich“.[7]
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