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symbolische Uhr Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Weltuntergangsuhr, auf Deutsch oft verkürzend auch Atomkriegsuhr genannt (englisch doomsday clock, eigentlich „Uhr des Jüngsten Gerichts“), ist eine symbolische Uhr der Zeitschrift Bulletin of the Atomic Scientists (BAS, deutsch „Berichtsblatt der Atomwissenschaftler“).[1] Sie soll der Öffentlichkeit verdeutlichen, wie groß das derzeitige Risiko einer globalen Katastrophe, insbesondere aufgrund eines Atomkrieges oder einer Klimakatastrophe, ist.[2] Die Entscheidungen trifft der BAS-Aufsichtsrat gemeinsam mit einem Sponsorenrat, in dem zurzeit (2019) siebzehn Nobelpreisträger vertreten sind.
Die Uhr spielt auf die Metapher an, es sei fünf Minuten vor zwölf, wenn ein äußerst nachteiliges Ereignis unmittelbar droht. 1947 wurde sie mit der Zeigerstellung sieben Minuten vor zwölf gestartet und seither in Abhängigkeit von der Weltlage vor- oder zurückgestellt. Seit dem 25. Januar 2018 stand sie auf zwei Minuten vor zwölf. Am 24. Januar 2023 teilte das Bulletin of the Atomic Scientists mit, die Uhr auf 90 Sekunden vor Mitternacht (umgerechnet 1,5 Minuten) umgestellt zu haben. Auch 2024 verbleibt die Zeigerstellung auf diesem Punkt.
Über eindeutige Kriterien, nach denen die beteiligten Wissenschaftler über das Vor- und Zurückstellen der Uhr entscheiden, ist nichts bekannt. Die jeweils im Bulletin of the Atomic Scientists angeführten Gründe für die Veränderung sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.
Das Bulletin of the Atomic Scientists erscheint alle zwei Monate, über die Uhr entscheiden die Wissenschaftler jedoch nur einmal pro Jahr im Januar. Daher spiegelt sich die Kubakrise, während der die Welt wahrscheinlich bisher am dichtesten vor einem Atomkrieg stand, nicht im Stand der Uhr wider, da beim Erscheinen der Ausgabe November/Dezember 1962 die Krise im Wesentlichen schon vorüber war.
Nr. | Jahr | Veränderung in Minuten | neue Zeigerstellung | Grund der Veränderung |
---|---|---|---|---|
0 | 1947 | 11:53 (sieben vor zwölf) | Erstmaliges Auftreten. | |
1 | 1949 | −4 | 11:57 (drei vor zwölf) | Die Sowjetunion führt ihren ersten Kernwaffentest durch. |
2 | 1953 | −1 | 11:58 (zwei vor zwölf) | Die USA und die Sowjetunion testen im Abstand von neun Monaten thermonukleare Vorrichtungen (Wasserstoffbombentests). |
3 | 1960 | +5 | 11:53 (sieben vor zwölf) | Die Öffentlichkeit wird darauf aufmerksam, dass Atomwaffen einen Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion irrational machen. Auch internationale Wissenschaftskooperation beginnt, sich zu etablieren. |
4 | 1963 | +5 | 11:48 (zwölf vor zwölf) | Unterzeichnung des Vertrages über den teilweise umzusetzenden Atomteststopp. |
5 | 1968 | −5 | 11:53 (sieben vor zwölf) | Die Volksrepublik China verschafft sich Atomwaffen; es finden Kriege im Nahen Osten, zwischen Indien und Pakistan sowie in Vietnam statt; Verteidigungsausgaben steigen im Gegensatz zu Entwicklungshilfe an. |
6 | 1969 | +3 | 11:50 (zehn vor zwölf) | Die USA ratifizieren den Atomwaffensperrvertrag. |
7 | 1972 | +2 | 11:48 (zwölf vor zwölf) | SALT I wird unterzeichnet, SALT II steht vor dem Abschluss. |
8 | 1974 | −3 | 11:51 (neun vor zwölf) | SALT-Gespräche stocken. Indien entwickelt Atomwaffen. |
9 | 1980 | −2 | 11:53 (sieben vor zwölf) | Die Abrüstungsgespräche stecken nach wie vor fest; die Zahl nationalistischer Kriege steigt ebenso wie die Zahl terroristischer Taten. |
10 | 1981 | −3 | 11:56 (vier vor zwölf) | Die Entwicklung von Atomwaffen hält bei beiden Seiten an. Konflikte in Afghanistan, Polen und Südafrika tragen zur Verschärfung der Weltlage bei. |
11 | 1984 | −1 | 11:57 (drei vor zwölf) | Das Wettrüsten beschleunigt sich. |
12 | 1988 | +3 | 11:54 (sechs vor zwölf) | Die USA und die UdSSR unterzeichnen das Abkommen zum Abbau von Mittelstreckenraketen, die diplomatischen Beziehungen verbessern sich. |
13 | 1990 | +4 | 11:50 (zehn vor zwölf) | Demokratische Entwicklungen in Osteuropa, der Kalte Krieg geht zu Ende. |
14 | 1991 | +7 | 11:43 (17 vor zwölf) | START-Verträge unterzeichnet. |
15 | 1995 | −3 | 11:46 (14 vor zwölf) | Abrüstung stagniert, während die Verteidigungsausgaben auf dem Niveau des Kalten Krieges bleiben. Das Verschwinden ehemals sowjetischer Atomwaffen entwickelt sich zu einem ernsthaften Problem. |
16 | 1998 | −5 | 11:51 (neun vor zwölf) | Indien und Pakistan führen Atomwaffentests durch. |
17 | 2002 | −2 | 11:53 (sieben vor zwölf) | Abrüstung stockt. Die Vereinigten Staaten verweigern sich einigen Abrüstungsverträgen und kündigen den Rückzug aus dem Vertrag zum Verbot von Mittelstreckenraketen an. Terroristen versuchen, A- und B-Waffen zu erwerben und gegebenenfalls einzusetzen. |
18 | 2007 | −2 | 11:55 (fünf vor zwölf) | Kernwaffentest Nordkoreas, die nuklearen Ambitionen des Iran, der beschuldigt wird, Atomwaffen und die dazugehörigen Trägersysteme zu entwickeln, die mangelnde Sicherung von nuklearem Material und die anhaltende Präsenz von über 26.000 Kernwaffen in den USA und Russland. Des Weiteren wurde zum ersten Mal das Klima in der Zeitberechnung berücksichtigt. |
19 | 2010 | +1 | 11:54 (sechs vor zwölf) | Verstärkte internationale Zusammenarbeit: Fortschritte bei den Abrüstungsverträgen zwischen den USA und Russland, Barack Obamas Vision einer Atomwaffen-freien Welt, UN-Klimakonferenz in Kopenhagen zum Stopp des Klimawandels. |
20 | 2012 | −1 | 11:55 (fünf vor zwölf) | 2010 hatte es den Anschein, dass führende Politiker der Welt beginnen würden, auf globale Bedrohungen, denen die Menschheit gegenübersteht, zu reagieren. In vielen Fällen hat sich dieser Trend nicht fortgesetzt oder gar umgekehrt. Aus diesem Grund ist der Uhrzeiger eine Minute näher an Mitternacht gerückt, also wieder auf die Zeit des Jahres 2007. |
21 | 2015 | −2 | 11:57 (drei vor zwölf) | Weiterhin Mangel an globaler politischer Zusammenarbeit und der Klimawandel wird immer noch nicht ausreichend bekämpft sowie starke Spannungen zwischen den Welt- und Atommächten Vereinigte Staaten und Russland[3] sowie durch Bedrohungen im Bereich der Informationstechnologie.[4] |
22 | 2016 | 0 | 11:57 (drei vor zwölf) | Auseinandersetzungen (Annexion der Krim durch Russland, Ukraine-Krieg, syrischer Bürgerkrieg) zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Russland erinnern zunehmend an die dunkelsten Zeiten des Kalten Krieges. Andererseits gab es Fortschritte in der Bekämpfung des Klimawandels, insbesondere das Übereinkommen von Paris. Der Iran-Deal führte zu Besserungen der Beziehungen mit dem Iran und somit zu einer Entspannung im Nahen Osten.[5] |
23 | 2017 | −1⁄2 | 11:57:30 (zweieinhalb vor zwölf) | Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Katastrophe wird wieder als höher eingestuft. Es werden nach wie vor zu wenig Maßnahmen dagegen getroffen. Die Presse führt den neuen Stand der Doomsday Clock vor allem auf die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten zurück. |
24 | 2018 | −1⁄2 | 11:58 (zwei vor zwölf) | Es gibt aktuell keine Abrüstungsverhandlungen. Vielmehr wird der Einsatz von Atomwaffen durch den amerikanischen Präsidenten befürwortet. Emissions-Klimaziele wurden nicht erreicht, was potenziell global die Temperatur steigen lässt. |
25 | 2019 | 0 | 11:58 (zwei vor zwölf) | Die Menschheit wird durch zwei existentielle Gefahren bedroht. Beide sind Grund genug für hohe Sorge und umgehende Aufmerksamkeit. Diese beiden Drohungen – Nuklearwaffen und der Klimawandel – wurden vergangenes Jahr durch Informationskriegsführung erhöht, um die Demokratie auf der Welt zu untergraben. Die Risiken dieser und anderer Bedrohungen stellt die Zukunft vor eine außergewöhnliche Gefahr.[6] |
26 | 2020 | −1⁄3 | 11:58:20 (100 Sekunden vor zwölf) | Die gleichen Gründe aus 2019 zusammen mit der Zuspitzung der politischen Lage sowie dem Voranschreiten des Klimawandels hat das Bulletin veranlasst, die Zeit um 20 Sekunden verstreichen zu lassen. Somit wurde ein neuer Spitzenwert aufgestellt.[7] |
27 | 2023 | −1⁄6 | 11:58:30 (90 Sekunden vor zwölf) | Am 24. Januar 2023 wurde die Uhr um 10 Sekunden auf 90 Sekunden vor Mitternacht vorgestellt. Begründet wurde das Vorrücken der Zeiger damit, dass „die russische Invasion in der Ukraine das Risiko des Einsatzes von Atomwaffen erhöht, das Gespenst des Einsatzes biologischer und chemischer Waffen heraufbeschworen, die Reaktion der Welt auf den Klimawandel lahmgelegt und internationale Bemühungen behindert hat, andere globale Probleme anzugehen“. Erneut wurde ein neuer Spitzenwert aufgestellt.[8][9] |
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