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schottischer Autor von historischen Romanen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Sir Walter Scott, 1. Baronet FRSE (* 15. August 1771 in Edinburgh; † 21. September 1832 in Abbotsford) war ein schottischer Dichter, Schriftsteller, Verleger und Literaturkritiker. Er war einer der – nicht nur in Europa – meistgelesenen Autoren seiner Zeit und gilt traditionell als Begründer des Geschichtsromans. Viele seiner historischen Romane sind Klassiker geworden und haben als Vorlage für zahlreiche Schauspiele, Opern und Filme gedient.
Scott wurde als neuntes von zwölf Geschwistern geboren, von denen sechs schon im Kindesalter starben. Im zweiten Lebensjahr infizierte er sich mit Polio und hatte deswegen für den Rest seines Lebens ein gelähmtes Bein. Sein Vater, ebenfalls Walter Scott, war Rechtsanwalt und als Writer to the Signet ein Solicitor (Allgemeinanwalt) mit erweiterten Kompetenzen. Seine Mutter, Anne Rutherford, war Tochter eines Medizinprofessors. Nach einer Anwaltslehre bei seinem Vater wechselte er die berufliche Ausrichtung, studierte Jura an der Universität Edinburgh und wurde im Alter von 21 Jahren Prozessanwalt (Advocate; vgl. Barrister). Trotz seines späteren umfangreichen literarischen Werkes blieb er sein Leben lang als Jurist tätig: 14 Jahre lang als Advocate, 33 Jahre lang als Sheriff und 24 Jahre lang als Clerk of Session (zeitlich überlappend). 1797 heiratete er Charlotte Carpenter (geboren als Charlotte Charpentier, Tochter französischer Flüchtlinge), mit der er fünf Kinder hatte: Charlotte Sophia (1799–1837), Walter (1801–1847), Anne (1803–1837), Charles (1805–1841); ein 1798 geborenes Kind hatte nur einen Tag gelebt.[1] Charlotte starb am 16. Mai 1826.[2] Scott hatte 1831 einen Schlaganfall und litt seither an einer apoplektischen Lähmung. Er starb 1832 in seinem Haus in Abbotsford nahe Melrose und wurde in der Dryburgh Abbey beerdigt.
Sein literarischer Erfolg und sein Ansehen verschafften ihm mancherlei Ehrungen: Ehrenbürger (von Edinburgh), Ehrendoktor (der Universität Dublin; von den Universitäten Oxford und Cambridge wurden ihm Ehrendoktorate angetragen, er konnte aber nicht zur Verleihung anreisen) und am 22. April 1820 sogar die Erhebung in den (niederen) erblichen Adelsstand als Baronet, of Abbotsford in the County of Roxburgh.[3][4][5] Höhepunkt seiner Anerkennung als bedeutender Dichter war zuvor schon das Angebot gewesen, die 1813 vakant gewordene Position des königlichen Hofdichters (Poet Laureate) zu übernehmen, was er allerdings ablehnte.
Sein Adelstitel fiel bei seinem Tod an seinen ältesten Sohn Walter als 2. Baronet und erlosch schließlich bei dessen Tod 1847.[4]
Seine literarische Karriere begann er im Alter von 25 Jahren mit nachdichtenden Übersetzungen deutscher Balladen: The Chase[6] und William and Helen[7] (Gottfried August Bürgers Der wilde Jäger und Lenore). Auch ein Erl-King[8] (zu Goethes Erlkönig) und Übersetzungen von dessen Götz von Berlichingen sowie weiterer zeitgenössischer deutscher Dramen verschiedener Autoren[9] entstehen. Sein großes Interesse an den Traditionen seiner Heimat hatte ihn seit seiner Jugend dazu gebracht, Volksballaden zu sammeln; ab 1802 veröffentlichte er als dreibändiges Werk The Minstrelsy of the Scottish Border mit von ihm bearbeiteten und auch mit eigenen Balladen.
Breite Bekanntheit erzielte Scott durch seine von Anfang an außerordentlich erfolgreichen epischen Verserzählungen, „die ersten Bestseller in Versform“[10] mit erstaunlichen Auflagenhöhen, beginnend mit The Lay of the Last Minstrel 1805, gefolgt von Marmion 1808 und weiteren. Gesänge aus seinem The Lady of the Lake 1810 in der deutschen Übersetzung von Adam Storck hat Franz Schubert vertont (Liederzyklus Fräulein vom See), woraus Ellens dritter Gesang (nach seinen Anfangsworten häufig, jedoch irreführenderweise als „Schuberts Ave Maria“ bezeichnet) weltberühmt geworden ist.
Das erste Werk Scotts als Romanautor war der 1814 anonym veröffentlichte Roman Waverley, dessen Handlung im letzten Aufstand der Jakobiten angesiedelt ist, einem Aufstand, der 1745 von Schottland ausging und sich mit dem Ziel einer Restauration des Hauses Stuart gegen das in London herrschende Haus Hannover richtete. Der Roman machte auf Anhieb Furore; mit ihm hat Scott den neuzeitlichen historischen Roman zumindest für den englischen Sprachraum praktisch begründet. In rascher Folge schrieb er in den folgenden 10 Jahren eine in den Annalen der Literaturgeschichte kaum überbotene Fülle von weiteren historischen Romanen und Erzählungen mit schottischen Themen: Guy Mannering, Old Mortality, Rob Roy und mehr, auch diese alle (und spätere) ohne seinen Namen veröffentlicht, nur mit der Angabe „Autor von Waverley“ oder unter Pseudonym[11]. Der Grund dafür dürfte anfangs in der Furcht Scotts gelegen haben, andernfalls seinem Ansehen als solidem Juristen zu schaden: Im Gegensatz zur Poesie, mit der er bis dahin hervorgetreten war, galt die Prosa seinerzeit als zweitklassig, wenn nicht gar als unseriös. Obwohl es nach und nach zum offenen Geheimnis wurde, wer der ‚Zauberer des Nordens‘ (The Wizard of the North) war, wie der unbekannte Bestseller-Autor genannt wurde, hielt Scott bis 1827 an der Anonymität fest. Insbesondere nach seiner Erhebung in den Adelsstand 1818 betrachtete er das Romanschreiben als einen wenig angemessenen Broterwerb für einen Gentleman; erst anlässlich eines öffentlichen Dinners in den Assembly Rooms in Edinburgh 1827 wurde das Geheimnis seiner Verfasserschaft offiziell gelüftet.
Waren die Handlungen seiner ersten Romane allesamt im Schottland des 17. oder 18. Jahrhunderts angesiedelt, so weitete Scott beginnend mit Ivanhoe (1820) den Kreis seiner Schauplätze in räumlicher und zeitlicher Hinsicht aus: Ivanhoe spielt im England des 12. Jahrhunderts, Quentin Durward (1823) im Frankreich und Anne of Geierstein (1829) in der Schweiz des 15. Jahrhunderts. Besonders mit diesen Werken erreichte Scott auch das zeitgenössische englische und kontinentaleuropäische Publikum. Dazwischen kehrte er jedoch immer wieder zu schottischen Themen zurück, auch in seinen kürzeren Prosawerken wie etwa den Kurzgeschichten in den Chronicles of the Canongate.
Scotts große Leistung lag indes weniger in der Rekonstruktion des historischen Kolorits, sondern vielmehr in der Darstellung von Charakteren im historischen Milieu, mit denen die Leser einen neuen, lebendigen Zugang zur Geschichte erhielten. Vor allem die Figuren aus den unteren Gesellschaftsschichten werden in Scotts Romanen mit einer Menschlichkeit und Lebensunmittelbarkeit gezeichnet wie kaum zuvor in der Literatur. So treten in seinen Romanen zahlreiche für die Erzählung durchaus belangvolle Typencharaktere auf, die aus dem Volk stammen und häufig auch komische Züge zeigen.
Als Erzählperspektive wählt Scott die Darstellung der Geschehnisse aus der Sichtweise eines mittleren Protagonisten im Sinne eines neutralen Helden. Um die Wiedergabe der Vergangenheit gleichermaßen authentisch wie imaginativ eindringlich zu machen, greift Scott vornehmlich auf eine szenische Darstellungsmethode mit einem hohen Anteil an Dialogen zurück, die dazu beitragen, die in den Romanen jeweils thematisierte entwicklungsgeschichtliche Etappe des Landes zu dramatisieren. In dem Zusammenwirken dieser verschiedenen Strukturelemente seiner historischen Romane ist Scotts grundlegende literarische Intention erkennbar, sich die Vergangenheit erinnernd anzueignen, um sie so in das Gegenwartsbewusstsein seiner Leser zu integrieren.
Scott selbst wahrte zu seinen Romanen Distanz und betrachtete sie weitgehend als kommerzielle Angelegenheiten, obwohl er der erste Autor der englischen Literatur war, der schon zu Lebzeiten zu einer Persönlichkeit von nationalem Rang und nationalem Ansehen wurde. So zeigte sich Scott seinem großen und illustren Kreis von Gästen oder Bewunderern in Abbotsford stets nicht als vielschreibender, hart arbeitender Autor, der er war, sondern als charmanter und vornehmer Müßiggänger (man of leisure).[12]
Zwar stand die Belletristik im Vordergrund von Scotts Schaffen, er veröffentlichte aber auch literarische Essays, geschichtliche Erzählungen für Kinder, ein Buch über Magie- und Hexenglauben und weiteres, insbesondere eine neunbändige Napoleon-Biographie. Auch diese Schriften waren überwiegend sehr erfolgreich; von der Napoleon-Biographie erschienen deutsche, französische, italienische und dänische Ausgaben noch im Jahr der Erstveröffentlichung. Die vergleichsweise unbedeutendste Rolle in Scotts Werk spielten einige Dramen, die er im Jahrzehnt vor seinem Tod veröffentlichte.
Scott nahm intensiv am öffentlichen Leben teil und engagierte sich maßgeblich bei bestimmten politischen und gesellschaftlichen Themen und Projekten. So leitete er 1818 die erfolgreiche Suche nach den seit Jahrzehnten fast vergessenen schottischen Kronjuwelen. 1820 wurde er zum Präsidenten der Royal Society von Edinburgh gewählt. 1822 arrangierte und organisierte er den gelungenen Besuch des unbeliebten Königs Georg IV. in Edinburgh. Es war der erste Besuch eines britischen Monarchen auf schottischem Boden nach mehr als 170 Jahren – vielleicht der Höhepunkt der Herrschaftsjahre dieses Königs. 1826 griff Scott mit seinen Letters of Malachi Malagrowther direkt in das politische Tagesgeschehen ein, als das schottische Notenbankwesen dem englischen angeglichen werden sollte, und verhinderte so die Abschaffung der schottischen Banknoten. (Daran erinnern auch die heutigen Geldscheine der Bank of Scotland: Alle Werte tragen ein Porträt von Scott auf der Vorderseite.)
Der wirtschaftliche Erfolg seiner Werke ermöglichte Scott 1805 den Einstieg in die Druckerei seines Schulfreundes James Ballantyne, später die Gründung eines Verlages mit den Gebrüdern Ballantyne, jeweils als stiller Teilhaber. Dort wurden seine Werke gedruckt und zeitweise auch verlegt. Dies brachte Scott zusätzliche Einnahmen, setzte ihn aber als unbeschränkt haftenden Mitgesellschafter (Haftungsbeschränkungen für Personengesellschafter kannte das damalige schottische Recht noch nicht[13]) auch erheblichen Risiken aus. Eine erste finanzielle Krise, verschärft durch die hohen Ausgaben Scotts für den Erwerb des später Abbotsford genannten Anwesens, konnte 1813 nur durch Schließung des Verlages, Verkauf von Rechten, Darlehen von Verwandten und den überragenden Erfolg seines Prosawerkes überwunden werden, das ab 1814 im Vordergrund seines Schaffens stand.
Ein aufwendiger, gastfreier und großzügiger Lebensstil, vor allem aber der Ausbau und die Ausstattung von Abbotsford verschlangen Unsummen und führten bei Scott, trotz der erheblichen Verkaufszahlen seiner Bücher, zu stets weiterem Geldbedarf. So verlangte und erhielt er beträchtliche Vorschüsse von seinem nunmehrigen Verleger Archibald Constable und nutzte auch die Druckerei, deren Mitinhaber er war, zu Kreditaufnahmen und hohen Gewinnentnahmen. Dies bescherte dem Verlag wie auch der Druckerei anhaltende Liquiditätsprobleme, die durch weitere Kredite überbrückt wurden, nur scheinbar gesichert durch gegenseitig gezogene und angenommene Gefälligkeitswechsel. In der großen britischen Finanzkrise von 1825/26 kam es jedoch zur Zahlungseinstellung eines wichtigen Londoner Geschäftspartners des Verlages, und dadurch fiel das ganze System in sich zusammen. Die Gläubiger des Verlages ebenso wie die der Druckerei hielten sich an Scott, der letztendlich für die gesamte Schuld von über 120.000 Pfund Sterling persönlich haftete – nach dem damaligen Wert ein gigantischer Betrag.
Eine von Scott 1825 geplante Herausgabe der Werke von Charles R. Maturin und dessen Biografie scheiterte am Konkurs von Scotts Verlagen.[14]
Durch ein Konkursverfahren mit anschließender Restschuldbefreiung hätte sich Scott weitgehend aus dieser Lage befreien können (Abbotsford gehörte zu dieser Zeit bereits seinem Sohn Walter). Scotts Standesbewusstsein als Gentleman (der Konkurs wäre eine ‚kaufmännische‘ Lösung gewesen) und sein Ehrgefühl (Schulden müssen bezahlt werden) standen dem entgegen. So entschloss er sich mit Zustimmung der Gläubiger zu einer Trust Deed, einer Urkunde auf Grund einer außergerichtlichen Einigung, wonach sein verbliebenes und sein künftiges Vermögen den Gläubigern unterstellt wurde und er sich zur Abtragung der Schulden verpflichtete. Scott hielt sich getreulich daran. War er zuvor schon ein sehr produktiver Autor gewesen, so schrieb er nun pausenlos und ruinierte dabei seine Gesundheit. Bei seinem Tod war die Schuld zu einem guten Teil beglichen; einige Jahre danach wurde sie durch den Verkauf seiner verbliebenen Werkrechte vollständig getilgt.[15]
1811 erwarb Scott am Südufer des Tweed nahe Melrose eine kleine Farm; durch Zukäufe vergrößerte er das Grundstück im Laufe der Jahre auf eine Fläche von etwa 4 km². Dort baute er die Gebäude des Bauernhofes durch Umbauten und erhebliche Erweiterungen zum Herrenhaus Abbotsford House aus. Mit seinen Erkern, Zinnen, Ecktürmen und Stufengiebeln wurde es zum Vorläufer des viktorianischen Scottish Baronials.
Wie sein Vater war Scott Freimaurer. Am 2. März 1801 nahm ihn die St. David Lodge No. 36 in Edinburgh als Lehrling auf. Am selben Abend wurde er zum Gesellen befördert und zum Meister erhoben. In Selkirk setzte er als Freimaurer in Vertretung des Provinzial-Großmeisters 1816 den Grundstein zum dortigen Logenhaus.
Die literarische Wirkung Scotts im 19. Jahrhundert war außerordentlich. Goethe schätzte seine Werke und hielt ihn für den besten Erzähler seiner Zeit.[16] Scotts Roman ‚Waverley’ stellte er „den besten Sachen an die Seite […] die je in der Welt geschrieben wurden“.[17] Fontane nannte ihn den „Shakespeare der Erzählung“[18]. Historische Romane nach Scotts Vorbild entstanden in vielen Ländern und Sprachen und wurden zuweilen sogar für Werke Scotts gehalten, so der Roman Walladmor (1824) von Willibald Alexis. Von Scott beeinflusst waren Wilhelm Hauff und Theodor Fontane, James Fenimore Cooper und Edward Bulwer-Lytton, Honoré de Balzac und Victor Hugo, auch Alessandro Manzoni, Alexander Puschkin und zahlreiche andere. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts sank jedoch die Popularität von Scotts Werken und der (wegen der anonymen Veröffentlichung von Waverley) einst 'große Unbekannte' wurde (in einer häufig wiederholten Formulierung) zum 'großen Ungelesenen'. Erst im 20. Jahrhundert stieg das Interesse an den Werken Scotts wieder, ausgehend nicht zuletzt von Georg Lukács’ vielbeachteter Schrift Der historische Roman (1937/1954), in der Lukács Sir Walter Scott als den „großen Dichter der Geschichte“ schlechthin bezeichnete.[19] Lukács zufolge liefern insbesondere Scotts Waverley- Romane mit ihrem realistischen Einschlag einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der Gattung des historischen Romans: Im Gegensatz zum weitgehend statischen Menschenbild der Aufklärung stellt Scott Mensch und Gesellschaft als Produkte des historischen Wandels dar. Ebendieser Wandel ist das eigentliche Thema seiner Romane. Trotz der abenteuerlichen Handlung und der für die romance typischen Idealisierung werden die Figuren und Milieus relativ realistisch gezeichnet und ermöglichen dem Leser eine lebendige Vorstellung der vergangenen Epochen. Die Darstellung des historischen Geschehens erfolgt nicht aus der Perspektive der Großen, sondern aus der Sicht eines „mittleren“ Helden, der als sozial und charakterlich durchschnittlich dem Leser näher steht. Die Großen wiederum werden nicht als Verursacher, sondern als Exponenten der historischen Entwicklung gezeigt. Die lange Zeit immense Popularität Scotts beruhte im Wesentlichen darauf, dass durch eine solche Konzeption Geschichte in einer bislang nicht bekannten Form dramatisch miterlebbar gemacht wurde.
In Amerika wurde Scott zudem als Repräsentant der schottischen Literatur gefeiert, die in den Anfängen der amerikanischen Literaturgeschichte als Modell für die Entstehung einer eigenständigen nationalen Kultur und Literatur galt trotz der gemeinsamen Sprache und der zahlreichen gemeinsamen Aspekte der Tradition mit England. So sind für Scott wichtige Motive wie das der Versöhnung (hier zwischen Schottland und England) oder der Verbindung von Konservatismus und zukunftsorientiertem Fortschrittsdenken ebenso für das Werk von James Fenimore Coopers maßgeblich.[20]
In der gegenwärtigen deutschen Literaturwissenschaft werden die Romane Scotts dagegen weitgehend ignoriert. Eine Pflege seiner Werke durch die Verlage findet kaum mehr statt; brauchbare Ausgaben werden so gut wie nicht mehr vorgelegt. Aus dem umfangreichen Werk Scotts sind auf dem deutschen Buchmarkt nur noch wenige Titel präsent oder lieferbar, zumeist allein Ivanhoe in einer gekürzten Kinderbuchfassung. Die in Deutschland verbreiteten Scott-Ausgaben sind zudem häufig bearbeitet und im Text gekürzt. Die bei Scott bedeutsamen Vor- und Nachworte, Rahmenerzählungen, eingestreuten Lieder, Motti, Fußnoten, Indexe und Glossare fehlen; zumeist sind die deutschen Ausgaben auf das reine Handlungsskelett reduziert. Der zeitweiligen Überschätzung der Bedeutung der Werke Scotts steht in der jüngeren Rezeptionsgeschichte des ausgehenden 20. Jahrhunderts nunmehr das andere Extrem eine Missachtung als bedeutender Autor gegenüber, die seiner Person und seinem Werk ebenso wenig gerecht wird wie eine maßlose Überschätzung. Der Scotts Werk rückblickend in der Literaturgeschichte tatsächlich zustehende Rang muss in der weiteren literaturwissenschaftlichen Diskussion noch genauer geklärt werden.[21]
Scotts Werke (oder Motive daraus) dienten auch als Vorlage für zahlreiche Bühnenwerke und Filme.
Dramatisierungen von Scotts belletristischen Werken kamen vor allem in viktorianischer Zeit in erheblicher Zahl auf die britischen Bühnen – es entstanden Aberdutzende solcher Fassungen[22], auch in anderen Ländern; im deutschen Sprachraum beispielsweise:
Von noch größerer und anhaltenderer Bedeutung waren die Werke Scotts für das Musiktheater. Nach Shakespeare dürfte Scott der Autor sein, dessen Werke am häufigsten als Grundlage für Opernlibretti verwandt wurden[23], darunter für die folgenden Opern:
Schließlich wurde auch für den Film sehr häufig auf die Werke Scotts zurückgegriffen. Beginnend schon in Stummfilmzeiten und verstärkt ab den 1950er Jahren, zunehmend auch für das Fernsehen, wurden insbesondere The Lady of the Lake, Ivanhoe, Rob Roy, The Talisman und Quentin Durward immer wieder neu verfilmt, vor allem in den USA und Großbritannien, aber auch in Deutschland, Italien, der Sowjetunion und anderen Ländern. Unter den zahlreichen Verfilmungen sind beispielsweise erwähnenswert:
Die Bedeutung Scotts geht jedoch weit über seinen literarischen Einfluss hinaus und hatte eine starke politisch-gesellschaftliche Dimension. Die Jakobitenaufstände im 18. Jahrhundert lagen noch nicht sehr lange zurück. Die harsche Reaktion der Londoner Regierung darauf mit drakonischen Strafmaßnahmen vor allem in den schottischen Highlands hatte zu einer Entfremdung von Teilen der schottischen Bevölkerung vom britischen Staat geführt. Scott selbst war zwar Unionist, Protestant und Unterstützer der Monarchen aus dem Haus Hannover. Er verteufelte aber die Gegenseite nicht, sondern stellte in seinen populären Romanen auch die Positionen der Nationalisten, Katholiken und Anhänger der Stuarts mit Verständnis dar und zeigte Sympathie für ein romantisiertes altes Schottland. So trug er nicht unerheblich zur Überwindung immer noch bestehender Animositäten bei.
Schließlich hat Scott wesentlich zu einer Änderung der öffentlichen Wahrnehmung der schottischen Highlands beigetragen, die insbesondere in England damals als Hort hinterwälderischer Aufrührer und Banditen galten. Seine im Hochland spielenden Romane um edle Clan-Chiefs und ihre treuen und tapferen Gefolgsleute, angesiedelt in wild-romantischer Landschaft, im Kampf um alte Rechte und Traditionen, führten zu einem gänzlich neuen Bild der Highlands. Hinzu kam der spektakuläre, von Scott orchestrierte historische Besuch von König Georg IV. in Edinburgh mit all den zum Teil nach den Jakobitenaufständen verbotenen und 1822 eigentlich schon anachronistischen, folkloristischen Versatzstücken wie Kilt, Tartan und Dudelsack.[24] Dies waren die Ausgangspunkte für eine Belebung der schottischen Highland-Kultur und ein wachsendes und weitausstrahlendes Interesse an Schottland und besonders seinem Hochland, das am Beginn des modernen Tourismus dorthin steht. Die London and North Eastern Railway (LNER) benannte 24 in Schottland eingesetzte Schnellzuglokomotiven der Klasse D11/2 nach Charakteren aus den Romanen Waverley, The Antiquary, The Bride of Lammermoor und The Lady of the Lake, sowie aus dem Gedicht The Lord of the Isles.[25]
Der Sir Walter Scott Way ist ein etwa 150 km langer Wanderweg im Südosten Schottlands, der an zahlreichen Stätten vorbeiführt, die mit dem Leben oder dem Werk Scotts verbunden sind.[26]
Seit 2006 wird der Sir Walter Scott-Preis für herausragende deutschsprachige historische Romane vergeben, seit 2010 der hochdotierte britische Walter Scott Prize for historical fiction für historische Belletristik[27].
Im Roman Die Bruderschaft der Runen des Deutschen Michael Peinkofer wurde Scott 2005 selbst zur Hauptfigur.
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