Wadjenes’ Name ist überwiegend aus den ramessidischen Königslisten der 19. Dynastie überliefert. Er wird dort einhellig mit dem Symbol eines Papyrusstängels eingeleitet und in der Abydos-Liste und im Turiner Königspapyrus in gleicher Schreibung abgeschlossen (wobei im Turiner Papyrus nur das letzte Symbol erhalten blieb). Die Königsliste von Sakkara weicht von den übrigen Schreibweisen ab, indem sie statt der Symbole N35 (eine Wasserlinie) und S29 (gefalteter Stoff) die HieroglyphenF20 (eine Rinderzunge), Z1 (ein Zählstrich) und F51 (ein Stück Fleisch) verwendet. Es handelt sich höchstwahrscheinlich um eine Verschreibung aus dem Original.
Der griechisch schreibende HistorikerManetho gibt für Wadjenes die gräzisierte Namensform Outlas (Οὺτλας) an, was in späteren Abschriften mit Tlás (Τλας) abgekürzt wurde. Die Gräzisierung basiert auf der koptischen Lesung für „Wadjenes“: Wetlas, was so viel wie „frisch an Zunge(n)“ bedeutet. Manetho beschreibt Wadjenes in seinen Aegyptiacae als den vierten Regent der 2. Dynastie mit einer Herrschaftsdauer von 17 Jahren. Der Königspapyrus Turin bescheinigt dem König hingegen 54 Jahre, was von der Ägyptologie jedoch als Verlesung oder Übertreibung bewertet wird.
Da der Horusname des Wadjenes bislang nicht eindeutig identifiziert wurde, gibt es abweichende Gleichsetzungsversuche. Die Mehrheit der Ägyptologen ist überzeugt, dass Wadjenes mit dem archäologisch gut dokumentierten ThronnamenWeneg identisch ist und König Ninetjer, dem dritten Regenten der 2. Dynastie, auf den Thron folgte. Diese These gründet zum einen auf der Vermutung, dass die ominöse „Weneg-Blume“ mit dem Papyrusstängel-Zeichen verwechselt wurde, da beide Symbole sich in der hieratischen Schrift sehr ähneln. Des Weiteren wurden sechs Steingefäße entdeckt, die möglicherweise eine frühe Form des Namens „Wadjenes“ aufweisen. Sie stammen aus den großen westlichen Galerien der Pyramidennekropole des Königs Djoser (3. Dynastie) und bestehen aus Kalzit-Alabaster und Kalkstein. Die mit schwarzer Tinte aufgetragenen Inschriften nennen einen gewissen „Wadjesen“ in Verbindung mit dem Sed-Fest. Wolfgang Helck verweist auf den Titel Wer-maa („wahrhaft groß“), den er als Kronprinzentitel ansieht und der den Namen des Wadjesen begleitet.
Es gibt aber auch abweichende Gleichsetzungvorschläge. So schlagen Nicolas Grimal und Walter Bryan Emery vor, Wadjenes mit dem Horusnamen Sechemib gleichzusetzen, da sie gleichzeitig den ramessidischen Nachfolger von Wadjenes, König Sened, mit Sechemibs zeitgenössischen Nachfolger Seth-Peribsen identifizieren. Dietrich Wildung und Wolfgang Helck schlagen eine genau entgegengesetzte Gleichsetzung vor: Sie betrachten den Namen „Wadjenes“ als eine Verlesung aus der hieratischen Schreibung für „Peribsen“.
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