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Rechtsnorm, die durch ein Regierungs- oder Verwaltungsorgan erlassen wird Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
In Deutschland und Österreich ist eine Verordnung (VO) eine an eine Personengruppe gerichtete, generell-verbindliche Rechtsnorm, die durch ein Regierungs- oder Verwaltungsorgan (Exekutive) erlassen wird.[1] Dazu bedarf es einer Ermächtigungsgrundlage im Gesetz. In der Schweiz gibt es neben Verordnungen der Regierung auch Parlaments- und Gerichtsverordnungen. Der Umfang dessen, was eine Verordnung zulässigerweise regeln kann, und ihr Wirkungsbereich sind im deutschsprachigen Raum unterschiedlich. Sie wird auch Rechtsverordnung genannt.
In der Rechtsordnung anderer Staaten ist eine Verordnung ein Rechtsakt, der durch die Regierung oder ein Verwaltungsorgan erlassen wird.
In der Normenhierarchie[2] stehen Rechtsverordnungen im Rang unterhalb der förmlichen Gesetze (Parlamentsgesetze), aber oberhalb von Satzungen und Verwaltungsvorschriften.
In der EU ist eine Verordnung ein Rechtsakt, der nach Verabschiedung durch die Mitgliedstaaten unmittelbare Geltung hat, d. h. nicht wie eine Richtlinie durch die nationalen Parlamente in innerstaatliche Gesetze umgesetzt werden muss.
Eine Verordnung (teilweise auch Rechtsverordnung genannt, zum Beispiel in Art. 80 Grundgesetz) benötigt immer eine Verordnungsermächtigung in einem parlamentarisch beschlossenen Gesetz. Urheber einer Verordnung ist nicht das Parlament, sondern die Exekutive; deswegen spricht man bei Verordnungen auch von exekutivem Recht. Das Parlament darf dabei der Exekutive die Freiheit einräumen, unwesentliche Entscheidungen selbst zu treffen, darf jedoch nach der Wesentlichkeitstheorie, die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts herausgebildet wurde, die wesentlichen Entscheidungen nicht aus der Hand geben; als „wesentlich“ gelten verschiedene wichtige Rechtsfragen, wie unter anderem – aber nicht nur – Grundrechtseingriffe.
Eine Verordnung ist ein Gesetz im materiellen Sinn, da sie – wie ein Gesetz – Rechte und Pflichten gegenüber jedem begründet, also gleichsam für jeden gilt. Die Verordnung ist jedoch kein Gesetz im formellen Sinn, da sie nicht in einem förmlichen Gesetzgebungsverfahren vom Deutschen Bundestag (allerdings möglicherweise vom Bundesrat) oder einem Landesparlament beraten und verabschiedet wurde.
Zum Erlass von Verordnungen kann ein Bundesgesetz nach Art. 80 Abs. 1 GG grundsätzlich nur die Bundesregierung, einen Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigen.[3] Diese Stellen können die Ermächtigung zum Erlass von Verordnungen auch weiterübertragen, was allerdings voraussetzt, dass diese Weiterübertragung im Bundesgesetz, das die ursprüngliche Ermächtigung enthält, vorgesehen ist; zudem muss die Übertragung selbst durch eine Rechtsverordnung erfolgen.
Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen Verordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers
In Einzelfällen ist die Zustimmung sowohl des Bundesrates als auch des Bundestages vorgesehen (z. B. § 51 Abs. 2 S. 3 EStG).
Allerdings enthält das Grundgesetz eine Öffnungsklausel für anderweitige gesetzliche Regelungen, so dass auch abweichend von dieser Grundregel die Zustimmungsbedürftigkeit des Bundesrates im Gesetz angeordnet oder ausgeschlossen werden kann. In der Praxis enthalten die meisten Ermächtigungsgrundlagen in Bundesgesetzen eine ausdrückliche Anordnung, ob eine Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist.
Die Erteilung der Zustimmung kann – sofern dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist – unterstellt werden, wenn Bundestag bzw. Bundesrat diese nicht innerhalb einer bestimmten Frist verweigert haben.
In den meisten deutschen Ländern sind die Anforderungen an die Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage weniger strikt, und der Kreis der Behörden, die zum Erlass von Verordnungen ermächtigt werden können, ist weniger eng bestimmt als im Bund. So ermächtigen in den Polizeigesetzen aller Länder Generalklauseln die Polizeibehörden zum Erlass von Polizeiverordnungen zum Zweck der Gefahrenabwehr.
Verordnungen sind Gesetze im materiellen Sinne (siehe Gesetz). Ob eine Rechtsnorm in einem formellen Gesetz (das von einem Parlament beschlossen wurde) oder in einer Verordnung steht, hat oft (nur) praktische Gründe. Ein parlamentarisches Gesetzgebungsverfahren dauert fast immer mehrere Monate – manchmal noch länger –, während Verordnungen in der Regel schneller erlassen werden können. Deswegen ist es in vielen Bereichen gängige Praxis, dass der Gesetzgeber Details – vor allem technischer Art und solche des Verwaltungsvollzuges – nicht selbst regelt, sondern die Verwaltung ermächtigt, dies in einer Rechtsverordnung zu tun.
Das ist einerseits durchaus vernünftig, weil die Kapazitäten des Parlaments begrenzt sind und es nicht alles selbst regeln und den sich ständig ändernden Bedingungen anpassen kann; zudem ist in vielen fachlichen Fragen die Fachkompetenz eher in einem Ministerium zu finden als im Parlament. Andererseits bedeutet eine Verordnungsermächtigung immer auch, Macht an die Exekutive zu übertragen. Dieser Ausgleich zwischen der legislativen und der exekutiven Gewalt soll durch Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG sichergestellt werden, der verlangt, dass ein Gesetz, das eine Bundesbehörde zum Erlass einer Verordnung ermächtigt, Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung festlegt. Der Gesetzgeber ist dadurch gezwungen, die Grenzen genau zu beschreiben, innerhalb derer er die Befugnis, Recht zu setzen, der Exekutive überlässt.
Die Abkürzung für eine Verordnung ist VO oder V; gelegentlich findet man auch Abkürzungen wie DVXyG für Durchführungsverordnung für das Xy-Gesetz, die allerdings die Unterscheidung zwischen Gesetzen und Verordnungen schwieriger gestalten.
Wie oben erläutert, ist für die Unterscheidung zwischen Gesetz und Rechtsverordnung der Entstehungsprozess entscheidend (parlamentarisch oder durch die Exekutive). Die Endung „-ordnung“ lässt nicht automatisch darauf schließen, dass es sich um eine Rechtsverordnung handelt. Die Bundesärzteordnung (BÄO) z. B. ist ein Gesetz und keine Rechtsverordnung.
Das nähere Verfahren zum Erlass von Rechtsverordnungen des Bundes ist im Grundgesetz, in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) sowie den Geschäftsordnungen der beteiligten Verfassungsorgane (Bundesregierung, Bundesrat) geregelt. Es lässt sich wie folgt skizzieren:
Das Initiativrecht für Verordnungen hat nach Art. 80 Abs. 3 GG neben den jeweils ermächtigten Stellen auch der Bundesrat, sofern zum Erlass der Verordnung seine Zustimmung erforderlich wäre. Hat der Bundesrat eine Initiative zum Erlass einer Verordnung beschlossen, leitet er den Entwurf der Bundesregierung zu. Über die weitere Behandlung der Vorlage entscheidet dann nach § 63 Abs. 1 GGO das zum Erlass der Verordnung ermächtigte Bundesministerium oder – wenn die Ermächtigung an die Bundesregierung gerichtet ist – das federführende Bundesministerium. Von der Entscheidung wird der Bundesrat in Kenntnis gesetzt; auf jeden Fall ist er beim Erlass einer Verordnung aufgrund der Initiative erneut zu befassen (§ 63 Abs. 2 GGO). Dieses Verfahren läuft dann genau so ab wie bei einer Verordnung, die von der Bundesregierung oder einem Bundesministerium selbst initiiert worden ist.
Der Bundestag kann keine Verordnungen erlassen oder eine förmliche Initiative zum Erlass einer Verordnung ergreifen. Dies findet den Grund darin, dass er die Befugnis zum Erlass von Rechtsvorschriften durch die im Gesetz enthaltene Verordnungsermächtigung ja gerade auf andere Stellen weiterübertragen hat.
Wegen seines umfassenden Gesetzgebungsrechts kann der Bundestag allerdings – gegebenenfalls mit Zustimmung des Bundesrates – Rechtsverordnungen ändern. Da nach früherer Rechtsauffassung die geänderten Teile der Verordnung dann aber formal ein Gesetz und keine Verordnung mehr waren, wurde in solchen Fällen eine sogenannte Entsteinerungsklausel eingefügt, mit der die ursprünglich ermächtigten Stellen ermächtigt wurden, auch die durch das Gesetz geänderten Teile der Verordnung wieder entsprechend der ursprünglichen Ermächtigungsgrundlage zu ändern. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat die Entsteinerungsklausel nur noch klarstellende Bedeutung. Bei neueren Änderungsgesetzen fehlt sie daher mitunter, zum Beispiel im Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung, das die Justizbeitreibungsordnung ändert.
Weiterhin kann sich der Bundestag in dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage der Rechtsverordnung enthält, ein eigenes Beteiligungsrecht im Normgebungsverfahren vorbehalten. Dies ist beispielsweise im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz erfolgt. § 59 sieht vor, dass bestimmte Verordnungen (insbesondere die sogenannte Verpackungsverordnung und deren Änderungsverordnungen) dem Bundestag noch vor dem Bundesrat zuzuleiten sind. Diese können innerhalb einer Frist durch Beschluss des Bundestages geändert oder abgelehnt werden. Eine solche Verfahrensbeteiligung des Bundestages ist jedoch die Ausnahme.
Am 31. Dezember 2009 umfasste das deutsche Bundesrecht 3.440 Verordnungen (Angabe nach Fundstellennachweis A, ohne Änderungsvorschriften und Normen zu völkerrechtlichen Vereinbarungen).[4]
Eine Verordnung ist eine von Organen der Verwaltung einseitig erlassene generelle Rechtsnorm, die sich an einen allgemeinen Personenkreis richtet.
Vom formellen Gesetz unterscheidet sie sich durch das rechtsetzende Organ: Das formelle Gesetz wird seitens der Legislative erlassen, die Verordnung seitens der Administrative als Teil der Exekutive. Da Verordnungen im Stufenbau der Rechtsordnung unterhalb der formellen Gesetze stehen, dürfen sie das Gesetz nur präzisieren, nicht aber verändern. Ausnahmen sind die Notverordnungen des Bundespräsidenten sowie der Landesregierungen, die dann erlassen werden können, wenn der Gesetzgeber auf Grund einer Staatskrise untätig bleibt. Inhaltlich können Verordnungen nicht von Gesetzen unterschieden werden; das, was eine Verordnung regelt, könnte auch vom Gesetzgeber mittels Gesetz geregelt werden. Tatsächlich finden sich vereinzelt Verordnungen, die nachträglich zum Gesetz erhoben wurden (zum Beispiel diverse Verordnungen im Bereich des Arbeitnehmerschutzrechtes).
Vom Erlass unterscheidet sich die Verordnung durch ihre Außenwirkung: Erlässe sind behördeninterne Weisungen, während Verordnungen außerhalb der Behörde, also nach außen hin wirken. Kein Unterschied ist hingegen der Empfängerkreis: Beide wirken für einen nicht mehr durch Individuen bestimmten Personenkreis.
Vom Bescheid unterscheidet sich die Verordnung hingegen durch ihren Empfängerkreis: Verordnungen richten sich an eine generell bestimmte Mehrheit, also an einen nicht mehr durch Individuen bestimmten Kreis, während sich der Bescheid an eine oder mehrere generell bestimmte Personen wendet, die durch Individuen bestimmt oder zumindest bestimmbar sind (zum Beispiel alle Gesellschafter einer GmbH). Die Grenzziehung ist im Einzelfall nicht immer einfach, jedoch entscheidend für die Form des Rechtsschutzes.
Verfassungsrechtlich wichtigste Grundlage ist Art. 18 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG), wonach jede Verwaltungsbehörde auf Grund der Gesetze innerhalb ihres (sachlichen und örtlichen) Wirkungsbereiches Verordnungen erlassen darf. Diese Regelung beinhaltet aber nicht nur die Pflicht der Behörde, nur innerhalb des gesetzlich abgesteckten Rahmens eine Verordnung zu erlassen, sondern bindet auch den (einfachen) Gesetzgeber, gesetzliche Regelungen inhaltlich hinreichend zu bestimmen. Gesetze, die der Verwaltungsbehörde einen zu weiten Spielraum einräumen, sind somit verfassungswidrig.
Die nachträgliche Überprüfung, ob eine Verordnung den Gesetzen entspricht, obliegt dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) im Rahmen eines Verordnungsprüfungsverfahrens.
Nach der von VfGH und Verwaltungsgerichtshof (VwGH) vertretenen Herzog-Mantel-Theorie tritt eine Durchführungsverordnung im Hinblick auf das Legalitätsprinzip grundsätzlich außer Kraft, wenn die erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage außer Kraft tritt.[5]
Verordnungen sind untergeordnete, rechtsetzende Erlasse unterster Stufe, die nicht dem Referendum unterstehen. Sie bedürfen einer Grundlage in einem Bundesgesetz oder direkt in der Bundesverfassung. Die Verordnungen können selbständig oder unselbständig sein. Selbständige Verordnungen stützen sich direkt auf die Verfassung; die sonst übliche Zwischenstufe des formellen Gesetzes entfällt. Selbständige Verordnungen sind selten (Beispiel: Notverordnungen, siehe Notrecht). Unselbständige Verordnungen bilden den Normalfall. Sie stützen sich auf eine Delegationsnorm in einem Gesetz. Sie sind also abhängig vom jeweiligen Gesetz und fallen dahin, wenn das Gesetz dahinfällt. Die Delegationsnorm muss hinlänglich bestimmt sein (keine Pauschaldelegation), was vom Bundesgericht im konkreten Anwendungsfall überprüft werden kann.[6]
Verordnungen werden in der Regel vom Bundesrat (Art. 182 Abs. 1 Bundesverfassung), von einem Departement oder von einer untergeordneten Verwaltungseinheit (Art. 48 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes) erlassen. Es gibt jedoch auch Verordnungen der Bundesversammlung (Art. 163 Abs. 1 Bundesverfassung, Art. 22 Abs. 2 Parlamentsgesetz), insbesondere im Bereich des Parlamentsrechts, und des Bundesgerichts (Art. 188 Abs. 3 Bundesverfassung) für Regelungen der Justizselbstverwaltung.[7]
Grundsätzlich wird der Begriff der Verordnung in den Kantonen gleich verwendet wie im Bund, und es gelten im Wesentlichen dieselben Regeln, wann eine Verordnung zulässig ist. In den Kantonen heißen Verordnungen (insbesondere Parlamentsverordnungen) teilweise auch Dekret.
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