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(1930–2023), deutscher Sicherheitspolitiker Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Uwe Nerlich (geb. 29. Juni 1930 in Wassersleben bei Flensburg; gest. 23. März 2023 in München)[1][2] war ein deutscher Sicherheitspolitiker.
Nerlich studierte Philosophie und Mathematik in Frankfurt am Main und in Cambridge (England); er war zeitweilig Fellow am King’s College London.[3] Nach seinem Studium war Nerlich zeitweilig für den C. Bertelsmann Verlag tätig.[4]
Nerlich wurde Mitarbeiter der im Winter 1960/61 gegründeten Studiengruppe für Rüstungskontrolle, Rüstungsbeschränkung und internationale Sicherheit, die von dem Bundestagsabgeordneten Fritz Erler, Experte der SPD für Verteidigungs- und Außenpolitik, und von Richard Balken, Leiter des Referates 302 („Abrüstung und Sicherheit“) im Auswärtigen Amt, initiiert wurde. Als Studiengruppe der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) tagte sie unter Erlers Leitung etwa vier Mal pro Jahr. Unter den Mitgliedern dieser Studiengruppe waren zwischen 1964 und 1966 Richard Balken, Wilhelm Grewe, Lothar Lahn, Herbert Müller-Roschach, Ulrich Scheske und Swidbert Schnippenkötter (Auswärtiges Amt), Volkmar Hopf und Herbert Trebesch (Verteidigungsministerium), Speidel und Rolf Steinhaus (Bundeswehr), Kurt Birrenbach, Fritz Erler und Helmut Schmidt (Bundestag), die Journalisten Theo Sommer (Die Zeit) und Kurt Becker („Die Welt“), Klaus Ritter von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Wilhelm Cornides und Helga Haftendorn (DGAP) sowie die Professoren Karl Dietrich Bracher, Ulrich Scheuner, Ulrich Menzel und Carl Friedrich von Weizsäcker.[5]
Vom 15. Oktober bis zum 15. November 1962 – und damit während der heißen Phase der Kubakrise von 14. Oktober 1962 bis 28. Oktober 1962 – hielten sich einige Mitglieder der DGAP-Studiengruppe, unter ihnen Nerlich und Hans-Adolf Jacobsen, zu einem Informationsbesuch in Amerika auf.[6] Die Studiengruppe nahm in den USA Kontakt zu etwa 35 Forschungseinrichtungen wie Universitäten und Think Tanks und zu etwa hundert Wissenschaftlern und Sicherheitspolitikern auf.[7]
Ende November 1963 trat erstmals die European Study Commission unter dem Vorsitz des französischen Generals André Beaufre in Paris zusammen. Unter den Teilnehmern war auch Uwe Nerlich. Sie erarbeitete in einer vertraulichen Studie das Konzept einer europäischen Atomstreitmacht, als Gegenmodell zur Multilateralen Atomstreitmacht (Multilateral Force, MLF).[8]
Mitte der 1960er Jahre setzte Nerlich sich dafür ein, dass sich die Bundesrepubklik Deutschland die Option auf eigene Atomwaffen offenhält.[9]
Von 1965 bis 1995, also 30 Jahre lang, war Nerlich Wissenschaftler der SWP, und viele Jahre lang ihr Forschungsdirektor.[3] Die erste klar als SWP-Ausarbeitung gekennzeichnete Publikation von Januar 1967 wurde von dem Sicherheitspolitiker Uwe Nerlich und dem Physiker Rudolf Botzian verfasst und trug den Titel „Auswirkungen eines Vertrages über die Nichtverbreitung von Atomwaffen auf den zivilen Sektor technisch-industrieller Entwicklungen“.[10] Da Nerlich parallel zu seiner Arbeit in der SWP weiterhin auch für die DGAP tätig war,[11] war er eines der personellen Bindeglieder zwischen diesen beiden Politikforschungsinstitutionen.
In den Jahren 1974 und '75 war Nerlich Fellow am Center for Advanced Study in the Behavioral Sciences der Stanford University.[12]
Von 1978 bis 1987 war Nerlich Mitglied des Rates des International Institute for Strategic Studies (IISS) in London.[3]
Nerlich war von Anfang an Mitglied der „Schäuble-Runde“, einer vertraulichen Runde im Bundeskanzleramt, die der damalige Kanzleramtschef Wolfgang Schäuble ab November 1988 regelmäßig einberief. Zu dieser Runde gehörten auch der damalige Nato-Generalsekretär Manfred Wörner, General Franz-Joseph Schulze (früherer Nato-Oberbefehlshaber Europa-Mitte), der CDU-Sicherheitspolitiker Volker Rühe, der zum 1. April 1992 Bundesverteidigungsminister wurde, und der Politikwissenschaftler, Zeithistoriker und Publizist Hans-Peter Schwarz.[13]
Im Jahr 1988 war Nerlich Vizepräsident des European-American Institute for Security Research in Los Angeles und Visiting Distinguished Professor an der Naval Postgraduate School (NPS) in Monterrey, Kalifornien.[12]
Am 28. Dezember 1995 erhielt Nerlich das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland.[1][2]
Von 1995 bis 2002 war Nerlich Senior Vice President der Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft tätig. Er war zugleich Direktor des IABG-Zentrums für Europäische Strategieforschung.[3] Anschließend, von 2002 bis 2005, war Nerlich Senior Advisor der IABG.[3]
Am 20. Mai 1996 erhielt Nerlich die Ehrendoktorwürde, verliehen von der Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg[14]
Von 2003 bis 2005 war Nerlich Vorsitzender der European Study and Defence Analysis Group (ESDAG) (2003–2005), einer gemeinsamen Initiative europäischer Forschungs- und Technologieorganisationen (RTOs) in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung.[3]
Im Jahr 2006 wurde Nerlich Gründungsdirektor des Centre for European Security Strategies (CESS) und blieb bis zu seinem Tod im Jahr 2023 dessen Geschäftsführer.[3]
Nerlich starb am 23. März 2023 in München,[1][2] im Alter von 92 Jahren. Er wurde in München auf dem Nordfriedhof in der Ungererstr. 130 beigesetzt.[1][2]
Chronologisch nach Erscheinungsdatum, ohne Anspruch auf Vollzähligkeit
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