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Tote des Zweiten Weltkrieges
Menschen, die im Kriegsverlauf und in den Kriegsfolgen ihr Leben verloren Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Als Tote, Opfer oder Menschenverluste des Zweiten Weltkrieges werden im engeren Sinn die Menschen bezeichnet, die seit dem Kriegsbeginn in Europa am 1. September 1939 bis zur Kapitulation Japans am 2. September 1945 durch Kriegshandlungen getötet wurden. Im weiteren Sinn bezeichnet man damit auch Menschen, die durch Massenverbrechen im Kriegsverlauf und Kriegsfolgen ihr Leben verloren.

Ihre Gesamtzahl lässt sich nur schätzen. Für die durch direkte Kriegseinwirkung Getöteten werden Schätzungen von 60 bis 65 Millionen angegeben. Die Schätzungen, die Verbrechen und Kriegsfolgen einbeziehen, reichen bis zu 80 Millionen.
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Problematik
In vielen an diesem Krieg beteiligten und davon betroffenen Staaten gibt es wenige gesicherte Quellen und Forschungen zu den Kriegstoten. Auch sind die Methoden der jeweiligen Schätzungen uneinheitlich, ebenso die Todesursachen, die als unmittelbare oder mittelbare Kriegseinwirkungen angesehen werden.
Die genaue Ermittlung der Opferzahlen erschwerte das für den Krieg hauptverantwortliche NS-Regime durch Geheimhaltung, Aktenvernichtung und Deklarieren von Massenmorden als Kriegsfolgen. Kriegsschäden, mangelnde Demographie und verschlossene Archive erschwerten die Nachforschungen auch nach dem Krieg.[1]
Viele der Opferzahlen waren und sind stark umstritten, da etwa Ansprüche auf Entschädigungen damit begründet werden. Nicht immer wurden Opfer von Massenverbrechen, Kriegsverbrechen und Völkermord vollständig erfasst und von sonstigen Kriegstoten unterschieden. Deshalb wird bis heute eine große Bandbreite verschiedener Zahlen überliefert. Deren wissenschaftliche Überprüfung hat besonders in Osteuropa vielfach erst seit 1990 begonnen.
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Kriegstote nach Staatsangehörigkeit
Zusammenfassung
Kontext
Zahlenangaben zu den Toten des Weltkriegs der einzelnen Staaten sind oft methodisch nicht gesicherte Schätzwerte, die in der Literatur unterschiedlich angegeben werden. Die folgende Tabelle basiert auf Daten aus dem zehnten Band der vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt herausgegebenen Reihe Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg 2008. Darin sind neutrale Staaten und Kolonien nicht berücksichtigt. Die wiedergegebenen Schätzungen gehen meist auf offizielle Angaben der jeweiligen Regierungen zurück. Die Kriegstoten der gelisteten Staaten ergeben eine Summe von ca. 65 Millionen Menschen, darunter mehr als die Hälfte Zivilisten.[2]



Die Demographen Marcel Reinhard und André Armengaud führten 1961 folgende Zahlen an:[4]
- Gesamtopfer des Zweiten Weltkriegs: ca. 50 Mio.
- Sowjetunion: 17–25 Mio., davon 8–9 Mio. Soldaten, 9–16 Mio. Zivilisten
- Polen: 5 Mio., davon 3,1 Mio. polnische Juden
- Jugoslawien: 1,5 Mio., davon 1,2 Mio. Zivilisten
- Griechenland: 500.000
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Kriegstote im Verhältnis zur Einwohnerzahl
Zusammenfassung
Kontext
Zum Vergleich: Der 1. Weltkrieg 1914 bis 1918 kostete etwa 3,2 % der französischen Bevölkerung das Leben (1,3 Millionen), etwa 3 % der deutschen Bevölkerung (2 Millionen) und etwa 2 % der britischen Bevölkerung (850.000). Die relative Zahl der Kriegstoten im zunächst religiös motivierten Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648, in dem in Deutschland zunächst Katholiken gegen Protestanten kämpften, beläuft sich nach Schätzungen auf 20 % bis 40 % der Bevölkerung.
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Opfer deutscher Massenverbrechen im Kriegsverlauf


Besonders die Zahlen der Holocaust-Opfer wurden seit 1990 mehrfach genau überprüft und die bis dahin ungewisse Zahl der sowjetischen und polnischen Holocaust-Opfer durch neue Quellen exakter bestimmt. Dabei wurde die Mindestzahl von 5,7 Millionen[7] und die wahrscheinliche Gesamtzahl von 6,3 Millionen ermordeten Juden wissenschaftlich gesichert.[8] Das Forschungsinstitut Yad Vashem hat bis 2010 die Namen von 4 Millionen Holocaust-Opfern dokumentiert.[9]
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Umstrittene Zahlenangaben
Zusammenfassung
Kontext
Deutschland

Für Deutschland schwanken die Angaben zwischen 5,5 (Statistisches Bundesamt 1991) und 6,9 Millionen Kriegstoten (Bevölkerungs-Ploetz 1965).[10] Darunter waren nach der bisher genauesten Untersuchung von Rüdiger Overmans (1999) 5,3 der 18,2 Millionen zwischen 1939 und 1945 eingezogenen deutschen Soldaten (29 Prozent).[11]
Michel Hubert (1998) führte die Zahlenunterschiede auf verschiedene zugrundegelegte Gebietsgrenzen zurück und darauf, ob kriegsbedingte Übersterblichkeit, Sterberaten von Vermissten, Flüchtlingen und später gestorbenen Kriegsverletzten einbezogen wurden oder nicht.[12]
Polen

Ein staatlicher Bericht von 1947 legte die Zahl der polnischen Kriegstoten auf 6,028 Millionen fest; diese Zahl wurde bis 2009 geltend gemacht und galt als unantastbar.[9] Die rasche Ermittlung der polnischen Opferzahlen ergab sich aus der Notwendigkeit der Zahlen für die Frage von Reparationen.[9]
Das Institut für Nationales Gedenken überprüfte diese offizielle Zahl im Auftrag des nationalen Bildungsministeriums und der Stiftung Polnisch-Deutsche Aussöhnung von Juni bis August 2009.[13] Es ermittelte mit einer Datenbank 5,62 bis 5,82 Millionen polnische Kriegstote. In ihnen enthalten sind 150.000 Polen, die durch die sowjetische Besetzung Ostpolens von 1939 bis 1941 starben. Außerdem sind darin etwa drei Millionen polnische Juden erfasst.[14] Als Forschungsstand gilt die Zahl 5,65 Millionen polnischer Opfer.[9]
Sowjetunion

Im März 1946 wurde die Opferzahl der Sowjetunion von Stalin aus propagandistischen Gründen mit sieben Millionen viel zu niedrig angegeben. Seit der Entstalinisierung bis 1985 galt in der Sowjetunion die offizielle Zahl von 20 Millionen Kriegstoten.[15] Unter Michail Gorbatschow wurden seit 1985 einige der sowjetischen Archive geöffnet und eine offizielle Gesamtzahl von 27 Millionen sowjetischen Kriegstoten, davon 7 Millionen Zivilisten, genannt.[16] 1989 schätzte der russische Historiker Wladimir I. Koslow die Gesamtzahl der sowjetischen Kriegstoten auf 40 Millionen; dabei bezog er neben getöteten Soldaten, die er auf 15 bis 20 Millionen schätzte, Opfer unter Zwangsarbeitern, Repatriierten, im Holocaust ermordete sowjetische Juden und aus Kriegsgründen in stalinistische Lager Verschleppte mit ein.[17]

Eine von Verteidigungsminister Dmitri Timofejewitsch Jasow eingesetzte Kommission ermittelte von 1987 bis 1991 insgesamt 37 Millionen sowjetische Kriegstote, davon 8,6 Millionen Soldaten und 27 bis 28 Millionen Zivilisten.[18] Russische Forscher bestätigen die Zahl der gefallenen Soldaten, manche schätzen die Zahl der getöteten sowjetischen Zivilisten jedoch auf 17 Millionen.[19]
Laut Christian Hartmann war die Sowjetunion mit etwa 26,6 Millionen getöteten Menschen betroffen. Darunter 11,4 Millionen Soldaten, von denen 8,4 Millionen durch die Kampfhandlungen und drei Millionen in deutscher Kriegsgefangenschaft starben; den größten Anteil der sowjetischen Opfer bildeten aber etwa 15,2 Millionen getötete Zivilisten.[20] Laut Vladimir Tarasov liegt der Forschungsstand zu den sowjetischen Opferzahlen 2012 bei 26,9 Millionen Menschen.[9]
Tschechoslowakei
Die genauen Opferzahlen der NS-Herrschaft in der Tschechoslowakei sind bis heute nicht geklärt: die Forschung rechnet mit 330.000 bis 360.000 Opfern, darunter rund 270.000 Juden.[21]
Ungarn
In Ungarn, wo nach dem Zweiten Weltkrieg die Opferzahl eine stark politisierte Frage war, summieren sich die Menschenverluste nach derzeitigen Berechnungen auf 1,2 bis 1,4 Millionen.[9]
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Neutrale Staaten
Schweiz
In der Schweiz starben in den Jahren 1939 bis 1945 insgesamt 84 Menschen durch britische und US-amerikanische Bomben (→ Alliierte Bombenabwürfe auf die Schweiz).
In den Konzentrationslagern der Nazis litten zwischen 1933 und 1945 auch rund 1000 Schweizer Bürger, mindestens 200 davon starben. Keine gewalttätige Auseinandersetzung hat in den letzten 200 Jahren mehr Schweizer Todesopfer gefordert. (→ Schweizer in Nazi-Konzentrationslagern)[22][23][24]
Spanien
Mehr als 40.000 Mann des spanischen Freiwilligenverbandes Blaue Division waren im quartalsweisen Ablösungsturnus an der Ostfront eingesetzt. Etwa 4.000 von ihnen fanden dabei den Tod.[25] Bis heute (Stand 2021) leistet Deutschland Versorgungszahlungen an ehemalige Mitglieder und deren Angehörige.[26]
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Literatur
- Micheal Clodfelter: Warfare and armed conflicts: a statistical reference to casualties and other figures, 1500–2000, McFarland, Jefferson, N.C., 2002 (2nd ed.) ISBN 0-7864-1204-6.
- Martin K. Sorge: The Other Price of Hitler's War: German Military and Civilian Losses Resulting from World War II. Greenwood Publication Group, 1986, ISBN 0-313-25293-9.
- New Encyclopedia Britannica: The World Wars, S. 1043.
- Rüdiger Overmans: Deutsche militärische Verluste im Zweiten Weltkrieg, 3. Auflage, Oldenbourg, München 2004, ISBN 3-486-56531-1.
- Rüdiger Overmans: Kriegsverluste im Kontext von Reparationsinteressen. In: Zentrum für Historische Forschung (Hrsg.): Historie. Jahrbuch des Zentrums für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaft, Band 1: Krieg und seine Folgen. Budrich UniPress, Leverkusen-Opladen 2008, S. 93–102.
- Rüdiger Overmans: Vom Umgang mit den Zahlen. Zur Bewertung der personellen Verluste im Zweiten Weltkrieg durch die Wehrmachtführung. In: Ernst Otto Bräunche, Hermann Hiery (Hrsg.): Geschichte als Verantwortung. Festschrift für Hans Fenske zum 60. Geburtstag. Heinz Wolf, Karlsruhe 1996, S. 113–126.
- Rüdiger Overmans: 55 Millionen Opfer des Zweiten Weltkrieges? Zum Stand der Forschung nach mehr als 40 Jahren. In: Militärgeschichtliche Mitteilungen, 48. Jg., Nr. 2/1990, S. 103–121 (Online).
- Rüdiger Overmans: Die Toten des Zweiten Weltkriegs in Deutschland. Bilanz der Forschung unter besonderer Berücksichtigung der Wehrmacht- und Vertreibungsverluste. In: Wolfgang Michalka (Hrsg.): Der Zweite Weltkrieg. Analysen, Grundzüge, Forschungsbilanz. Piper, München 1989, S. 858–873.
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Weblinks
Commons: Kriegstote des Zweiten Weltkrieges – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Edina Rauschenberger: Tagungsbericht Die Einsamkeit der Opfer. Methodische, ethische und politische Aspekte der Zählung der Menschenverluste des Zweiten Weltkriegs. 09.12.2011–10.12.2011, Budapest. In: H-Soz-u-Kult, 8. Juni 2012.
Einzelnachweise
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