Thingplatz (Thingbewegung)

nach einem Kultkonzept des Reichspropagandaministeriums erbautes Freilufttheater Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Thingplatz (Thingbewegung)

Als Thingplätze oder Thingstätten werden Freilichttheater bezeichnet, die zwischen 1933 und 1935 für die Thingspiele im Rahmen der Thingbewegung in der Zeit des Nationalsozialismus errichtet und später auch für politische Kundgebungen verwendet wurden.

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Dietrich-Eckart-Freilichtbühne, Berlin 1939

Absicht und Gestaltung

Zusammenfassung
Kontext
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Feierlichkeiten bei der Segeberger Höhle in Bad Segeberg (um 1937)

Thingspiele sollten hauptsächlich ein emotionales und ethisches Aufgehen des Einzelnen in Heimat und Volksgemeinschaft erleben lassen. Deswegen wurden als Thingstätten vor allem landschaftlich beeindruckende Plätze gewählt: stimmungsträchtige Partien umgeben von Wäldern, an Gewässern, in Hügel oder natürliche Felsen eingebettet, an Ruinen oder anderen Spuren der örtlichen Geschichte.[1] Thingspiele waren chorische Massentheaterstücke mit vielen Statisten,[1] was Platz erforderte. Typisch waren die runde, einem Amphitheater ähnelnde Form und Zu- und Abgänge durch den Bühnenraum, über die die Akteure an den Zuschauern vorbei zur Bühne kamen.[1] Die Architektur sollte den „Spielraum für ein kollektives Auftreten schaffen und die räumliche Trennung von Schauspielenden und Publikum aufheben.“[2]

Geplant waren zwischen 200 und 400[1][3] Thingstätten; fertiggestellt wurden nur etwa 40,[4] 50[3] oder 60.[1] Sie waren zeitweise eines der größten architektonischen Bauprojekte der NS-Zeit und das größte Freilichttheater-Bauprogramm seit der Antike.[4]

Die gezeigten Stücke kamen nicht an und die Bauvorhaben stockten; bei der örtlichen Bevölkerung und auch innerhalb der NSDAP setzte sich der beabsichtigte Thing-Kult nicht durch.[4] Joseph Goebbels verbot im Herbst 1935 den Begriff Thing.[4] Von da an hießen sie Feierstätte,[3][4] Weihestätte[3] oder Freilichtbühne.[3][4] Ein Teil der Bauvorhaben wurde nach 1935 fertiggestellt bzw. eingeweiht.

Nur wenige Thingstätten werden noch genutzt; sie dienen als Freilichtbühnen oder für Musikveranstaltungen. In der Öffentlichkeit ist ihre ursprüngliche Verwendung oft wenig bekannt.

Architekten von Thingstätten

Liste von Thingstätten

Weitere Informationen Ort, Koordinaten ...
Ort Thingplatz Koordinaten Bild
Bad Segeberg Kalkbergstadion, heute die Bühne der Karl-May-Spiele Bad Segeberg !553.9354865510.317722553° 56′ 8″ N, 10° 19′ 4″ O Thumb
Bergen auf Rügen auf dem Rugard !554.4234725513.447028554° 25′ 24″ N, 13° 26′ 49″ O
Berlin als Dietrich-Eckart-Freilichtbühne 1936 eingeweiht, Teil des Reichssportfeldes für die Olympischen Sommerspiele 1936, heute Berliner Waldbühne !552.5157005513.229172552° 30′ 57″ N, 13° 13′ 45″ O Thumb
Berlin 1936 eingeweiht. Heute Freiluftkino im Volkspark Rehberge !552.5549305513.330170552° 33′ 18″ N, 13° 19′ 49″ O Thumb
Borna Volksplatz Borna,[5] restaurierte Anlage !551.1275835512.498000551° 7′ 39″ N, 12° 29′ 53″ O Thumb
Braunschweig am Nußberg: Thingstätte (Braunschweig), heute verfallen !552.2705565510.555833552° 16′ 14″ N, 10° 33′ 21″ O Thumb
Eichstätt auf einer Anhöhe nördlich von Eichstätt mit Blick auf die Willibaldsburg, heute trotz der natürlichen Einflüsse noch gut zu erkennen[6][7] !548.9025865511.161414548° 54′ 9″ N, 11° 9′ 41″ O Thumb
Ganderkesee NS-Kultstätte im Rahmen der Thingbewegung, heute Freilichtbühne Stedingsehre !553.0984505508.524300553° 5′ 54″ N, 8° 31′ 27″ O Thumb
Halle (Saale)Thingstätte (Halle (Saale)), „erste Thingstätte des Reiches“ in den Brandbergen, eingeweiht am 5. Juni 1934[8][9]!551.5064195511.929800551° 30′ 23″ N, 11° 55′ 47″ O Thumb
Hameln „Reichsthingplatz“ auf dem Bückeberg, Ort des „Reichserntedankfestes[10] !552.0547225509.402222552° 3′ 17″ N, 9° 24′ 8″ O Thumb
Heidelberg Thingstätte (Heidelberg) - am 22. Juni 1935 nach Plänen von Hermann Alker unter dem Namen „Feierstätte Heiligenberg“[11] von Joseph Goebbels eröffnet. 56 Zuschauerreihen, 25 Meter ansteigend.[12] !549.4233335508.706389549° 25′ 24″ N, 8° 42′ 23″ O Thumb
Herchen Thingplatz (Herchen) !550.7805565507.507222550° 46′ 50″ N, 7° 30′ 26″ O Thumb
Holzminden weitgehend erhaltener Thingplatz im Stadtpark, heute Grill- und Spielplatz !551.8100615509.454256551° 48′ 36″ N, 9° 27′ 15″ O
Jülich ehem. Thingplatz im Brückenkopf Jülich, von dem einige Teile erhalten blieben, so z. B. die Fundamente der ehemaligen Bühne zwischen Mittel- und Zoobastion bis zur Oberfläche des Festungsgrabens !550.9207675506.350192550° 55′ 15″ N, 6° 21′ 1″ O
Kamenz Thingplatz auf dem Hutberg, heute „Hutbergbühne“, erhalten blieben auch Stümpfe der fünf ehemaligen Säulen !551.2707505514.079139551° 16′ 15″ N, 14° 4′ 45″ O Thumb
Koblenz Vorplatz des Kurfürstlichen Schlosses (im Zweiten Weltkrieg zerstört),[13] die Bäume an den Seiten der ehemaligen Eingangspylone blieben erhalten !550.3560535507.599769550° 21′ 22″ N, 7° 35′ 59″ O


NortheimFreilichtbühne Gesundbrunnen, heute „Waldbühne!551.7031115510.025111551° 42′ 11″ N, 10° 1′ 30″ O Thumb
Passauan der Veste Oberhaus!548.5785835513.468250548° 34′ 43″ N, 13° 28′ 6″ O
RathenFelsenbühne Rathen!550.9636115514.074722550° 57′ 49″ N, 14° 4′ 29″ O
Rostock Barnstorfer Wald am heutigen „Platz der Jugend“ (weitgehend umgestaltet, u. a. zum Spielplatz)[14] !554.0821395512.099056554° 4′ 56″ N, 12° 5′ 57″ O
Sankt Annaberg (Polen) Feierstätte der Schlesier !550.4551675518.159992550° 27′ 19″ N, 18° 9′ 36″ O Thumb
Sankt Goarshausenheutige Freilichtbühne Loreley, 1934–1939 erbaut, heute genutzt für Rock-u. Popkonzerte[15]!550.1425005507.731306550° 8′ 33″ N, 7° 43′ 53″ O Thumb
Schleiden in der Ordensburg Vogelsang !550.5879175506.447778550° 35′ 17″ N, 6° 26′ 52″ O Thumb
Schwarzenberg „Grenzlandfeierstätte Erzgebirge“, heutige Waldbühne Schwarzenberg !550.5313065512.780417550° 31′ 53″ N, 12° 46′ 50″ O Thumb
TecklenburgUmbau der Tecklenburg zur NS-Thingstätte, heute Freilichtspiele Tecklenburg!552.2197225507.809722552° 13′ 11″ N, 7° 48′ 35″ O Thumb
Verden (Aller)Thingstätte Sachsenhain!552.9455565509.225000552° 56′ 44″ N, 9° 13′ 30″ O Thumb
Wattenscheid 1936 angelegt, heute Freilichtbühne Wattenscheid[16] !551.4857785507.141111551° 29′ 9″ N, 7° 8′ 28″ O Thumb
Wittstock/Dosse Thingplatz Kuhlmühle, Zustand unklar  ?
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Siehe auch

Commons: Thingplätze (Thingbewegung) – Sammlung von Bildern

Literatur

Einzelnachweise

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