Thalattosuchia
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Die Thalattosuchia sind eine ausgestorbene Klade überwiegend marin lebender Krokodilartiger des Mesozoikums (sogenannte Meereskrokodile). Ein Teil der Thalattosuchia entwickelte, wie eine Vielzahl anderer Meeresreptilien ihrer Zeit, verschiedene Anpassungen an ein dauerhaftes Leben im Meer, darunter eine Schwanzflosse oder zu Paddeln umgebildete Gliedmaßen.
Thalattosuchia | ||||||||||
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![]() Fossilien verschiedener Thalattosuchier in der Paläontologischen Sammlung Tübingen. An der hinteren Wand zwei Macrospondylus. An der rechten Wand zwei Cricosaurus (oben) und Macrospondylus (unten). An der Decke Thalattosuchus. Auf dem Boden stehend Neosteneosaurus. | ||||||||||
Zeitliches Auftreten | ||||||||||
Unterjura bis Unterkreide | ||||||||||
199,3 bis 112,9[1] Mio. Jahre | ||||||||||
Fundorte | ||||||||||
Systematik | ||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||
Thalattosuchia | ||||||||||
Fraas 1901 | ||||||||||
Überfamilien | ||||||||||
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Beschreibung
Zusammenfassung
Kontext
Thalattosuchia waren eine an das Leben im Meer angepasste Gruppe von Krokodilartigen und zeigten als solche verschiedene Anpassungen wie einen hydrodynamischen Körper, Flossen und Salzdrüsen.

Die Thalattosuchia werden dabei zum Großteil in zwei Überfamilien unterteilt. Die Teleosauroidea, die äußerlich am ehesten den heutigen Gavialen oder Panzerkrokodilen ähnelten und die Metriorhynchoidea, welche sich im Lauf der Evolution zunehmend an eine rein pelagische Lebensweise anpassten und mit den später ausgeprägten Paddeln und Schwanzflossen eher Ichthyosauriern oder Mosasauriern glichen.
Thalattosuchia konnten je nach Art Körperlängen von eineinhalb bis etwa sieben Metern erreichen.[2][3]
Schädel und Bezahnung

Der Schädel glich bei den meisten Teleosauroideen und frühen Metriorhynchoideen dem heutiger Krokodile. Die Schnauze war bei den meisten Thalattosuchia verlängert,[4] bei einigen Gattungen wie Plagiophthalmosuchus war sie in Relation sogar länger als bei dem heutigen Gangesgavial.[5] Bei einigen Metriorhynchiden wie Geosaurus oder Dakosaurus war sie hingegen deutlich verkürzt.[6] Eine deutlich strukturierte Oberfläche der meisten Schädelknochen fehlt.[7]
Die Augen waren bei den Metriorhynchoideen seitlich am Schädel angeordnet. Zusätzlich hatte diese Gruppe für Krokodilartige untypisch Skleralringe. Das obere Schläfenfenster war bei den Thalattosuchia im Vergleich zu den meisten heutigen Krokodilen deutlich vergrößert und das Schädeldach hinter den Augen nicht abgeflacht. Weitere charakteristische Merkmale des Schädels lassen sich unter anderem in den spezifischen Proportionen der Knochen, den auffallenden Gruben und Furchen im Oberkieferknochen und anhand von Besonderheiten der Neuroanatomie finden.[8]
Die Zähne waren wie bei vielen anderen Krokodilartigen meist kegelförmig. Dennoch lassen sich je nach Ernährungsweise teils deutliche Unterschiede zwischen den Arten erkennen (siehe auch Ernährung und Fressfeinde). Mutmaßlich spezialisierte Fischfresser wie Pelagosaurus oder Aeolodon hatten grazile und spitz zulaufende Zähne. Machimosaurus und nah verwandte Gattungen hingegen verfügten über kurze, kräftige Zähne mit einer stumpfen Spitze, vermutlich um größere und schwer zu fressende Tiere wie Schildkröten zu erbeuten.[5] Arten aus der Unterfamilie Geosaurinae besaßen ziphodonte Zähne als Anpassung an eine hyperkarnivore Ernährung.[6]
Gliedmaßen, Schulter- und Beckengürtel

Der Schultergürtel der Teleosauroideen glich im Grunde dem der heutigen Krokodile.[4] Bei den Metriorhynchiden war er insgesamt schwächer ausgebildet.[7] Das Rabenbein war fächerförmig. Die Vorderbeine waren kürzer als die Hinterbeinde und erreichten bei den meisten Thalattosuchia 20 bis 35 % der Rumpflänge.[8] Form und Ausrichtung der Armknochen unterschieden sich von denen ihrer modernen Verwandten.[4] Besonders deutlich ist das bei den Metriorhynchiden zu sehen, die ihre vorderen Gliedmaßen zu Paddeln umgewandelt haben. Ähnlich den Ichthyosauriern und Plesiosauriern waren ihre Oberarmknochen kurz und stämmig. Elle, Speiche und Handwurzel bestanden aus plattenförmigen Knochen. Ähnliches trifft auf den vordersten Finger als Vorderrand des Paddels zu, während die restlichen Finger weniger spezialisiert waren.[7]
Der Beckengürtel der Teleosauroideen glich ebenfalls weitestgehend dem der heutigen Krokodile.[4] Metriorhynchiden wiederum haben ihre Beckenknochen reduziert wie es sich zum Beispiel auch bei den ausgestorbenen Sauropterygiern beobachten lässt.[7] Die Hinterbeine (ausschließlich der Zehen) der Metriorhynchoidea und "fortschrittlichen" Teleosauroideen erreichten weniger als 50 % der Rumpflänge. Der Oberschenkelknochen hatte eine leichte S-Form. Bei den Neothalattosuchia war er außerdem deutlich länger als das Schienbein. Der für Archosaurier typische Vierter Trochanter wurde zurückgebildet. Die Mittelfußknochen der Metriorhynchoideen waren nicht länger als ihre Zehen.[8]
Axialskelett
Metriorhynchiden hatten insgesamt sieben Halswirbel (Atlas und Axis ausgenommen).[7][8] Bei den meisten anderen Thalattosuchia war die Anzahl höher.[4] Arten des Tribus Rhacheosaurini hatten zusätzlich ihre Rumpfwirbelsäule verlängert, sodass die Zahl an Wirbeln vor der Beckenregion 25 betrug.[8] Die meisten Thalattosuchia besaßen zwei Kreuzwirbel.[7][4] Nur bei dem Tribus Machimosaurini hatte sich der vorderste Schwanzwirbel in einen dritten Kreuzwirbel umgewandelt.[8] Der Schwanz konnte bei Metriorhynchiden die Hälfte der Gesamtlänge des Tieres erreichen.[7] Besonders Rhacheosaurini hatten 50 oder mehr Schwanzwirbel.[8] Bei Teleosauroideen war die Anzahl der Schwanzwirbel deutlich geringer.[4]
Die Rumpfwirbel der Metriorhynchoideen lassen sich durch eine andere Ausrichtung der Rippenfortsätze von den Rumpfwirbeln anderer Thalattosuchia unterscheiden.[4][8] Die Rippen der Kreuzwirbel waren bei Metriorhynchiden ungewöhnlich stark nach unten gerichtet.[4]
Schwanzflosse

Während sie bei den frühesten Thalattosuchia und den Teleosauroideen fehlte, hatte sich bei den Metiorhynchoidea bereits früh eine Schwanzflosse entwickelt.[9] Diese war hypokerk, die knöcherne Stütze wurde also durch die nach unten gebogene Wirbelsäule gebildet. Ähnliches ist von Ichthyosauriern und Mosasauriern bekannt.[10][11] Der knöcherne Teil der Flosse war zusätzlich versteift. Die Dornfortsätze waren deutlich vergrößert und entgegen dem Knick der Flosse gerichtet, auch die Chevronknochen waren, vermutlich als Ansatzstelle für eine kräftige Muskulatur, vergrößert.[7]
Die Überreste des oberen weichteiligen Teils der Schwanzflosse sind aktuell nur von Rhacheosaurus und einem weiteren unbenannten Exemplar bekannt.[12][13]
Es gibt Hinweise, dass sich selbst nahe verwandte Arten anhand ihrer Schwanzflosse voneinander unterscheiden lassen.[14]
Haut und Osteoderme
Die Haut der Teleosauroideen glich weitestgehend der der heutigen Krokodile. Die nachgewiesenen rauen, quadratischen Schuppen könnten mit einer aquatischen Lebensweise in Verbindung stehen.[13] Auch verfügten sie, wie alle anderen bekannten Krokodilartige, über mehrere Reihen von Hautknochenplatten (Osteoderme) entlang ihres Körpers. Im Gegensatz zu den meisten heutigen Krokodilen waren diese auch auf der Bauchseite ausgeprägt.[15] An den Gliedmaßen fehlten sie stattdessen.[8]
Bei den Metriorhynchidae dagegen war die Haut glatt und schuppenlos.[13] Während Osteoderme bei den frühesten Metriorhynchoideen wie Pelagosaurus oder Magyarosuchus noch vorkamen, waren sie spätestens bei den echten Metriorhynchiden komplett verschwunden.[9] Die Haut der Metriorhynchiden weist große Ähnlichkeiten mit den bekannten Hautfunden von Ichthyosauriern und Plesiosauriern auf. Das stellt wahrscheinlich eine konvergente Evolution als Anpassung an eine vollmarine Lebensweise dar.[13]
Bei dem wahrscheinlich pelagisch lebenden Teleosauriden Bathysuchus konnte mittlerweile ebenfalls eine Reduktion des Hautknochenpanzers nachgewiesen werden.[16]
Forschungsgeschichte
Zusammenfassung
Kontext

Thalattosuchia gehörten zu den ersten ausgestorbenen Reptilien, die wissenschaftlich bearbeitet wurden, wahrscheinlich waren sie sogar von allen fossilen Krokodilartigen die ersten, die in einer wissenschaftlichen Abhandlung vorgestellt wurden.[17] Die ältesten bearbeiteten Reste wurden 1748 oder 1758 in den Unterjuraschichten des englischen Whitby entdeckt.[18][19] Es herrschte nach der Entdeckung noch Uneinigkeit, ob es sich bei den Fossilien tatsächlich um einen Verwandten der heutigen Krokodile oder gar um einen fossilen Wal handeln würde. Das Exemplar lässt sich mittlerweile der Gattung Macrospondylus zuordnen.[17] Ein weiteres Individuum aus der Nähe von Bad Boll, das später als Holotypus für Macrospondylus fungieren sollte, wurde tatsächlich bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts von Johann Georg Gmelin erworben und an das Königliche Naturhistorische Museum in Dresden gespendet.[20]
In den nachfolgenden Jahrzehnten wurden weitere Fossilien von Thalattosuchiern vor allem in den Gebieten von Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Italien entdeckt.[17] Der erste, der zwei neue Arten anhand von Thalattosuchiafossilien benannte, war Samuel Thomas von Soemmering in 1814 bzw. 1816, namentlich Crocodilus priscus (heute Aeolodon) und Lacerta gigantea (heute Geosaurus), beide aus einem Kalksteinbruch bei Daiting[21][22] Insgesamt lässt sich in 1820-50ern ein "Goldrausch" in der Systematik der Thalattosuchia ausmachen.[17] In diese Zeit fällt unter anderem die Benennung der heute (teilweise) noch anerkannten Gattungen Teleosaurus, Steneosaurus, Mystriosaurus, Pelagosaurus, Metriorhynchus und Rhacheosaurus.[23][24] Erst mit der Arbeit von Jacques-Amand und Eugène Eudes-Deslongchamps hat sich die Einteilung der Thalattosuchia etwas stabilisiert.[17][25]
Tatsächlich hat sich das heutige Verständnis der Thalattosuchia, bestehend aus den Hauptzweigen Teleosauroidea und Metriorhynchoidea (siehe Unterkapitel Innere Systematik) erst recht spät entwickelt. Oftmals wurden beide nicht als direkte Verwandte gesehen. Besonders die rein aquatischen Metriorhynchiden wurden wiederholt abseits der eigentlichen Krokodile gestellt und finden sich in Einteilungen des 19. Jahrhunderts vermehrt bei den Dinosauriern[26] oder Mosasauriern[27] und anderen Schuppenkriechtieren.[24] Richard Lydekker war in den späten 1880ern der erste, der "Teleosaurinen" und "Metriorhynchinen" in eine direkte Verbindung setzte.[28][29]

Der Name Thalattosuchia wurde zuerst 1901 von Eberhard Fraas eingeführt.[7] Nach Fraas umfassten die Thalattosuchia lediglich die Familie Metriorhynchidae, zusammengesetzt aus den Gattungen Metriorhynchus, Dakosaurus und Geosaurus. Fraas begründete die Einführung eines neuen übergeordneten Taxons mit den besonderen Anpassungen im Körperbau der Metriorhynchiden, die sie als spezialisierte Hochseeformen auszeichneten. Auch sah Fraas seine Thalattosuchia innerhalb der Krokodile als eine eigenständige Linie ohne heutige Nachkommen. Das steht im Kontrast zu einigen vorherigen Ansichten, die Metriorhynchiden in die Stammlinie der Gaviale stellten,[30][31][32] wie es bereits früh auch für die Teleosauroideen angenommen wurde.[33]
Die Metriorhynchiden (zu dieser Zeit manchmal auch "Geosauridae" genannt) wurden in den nachfolgenden Jahrzehnten meist als einzige Mitglieder der Thalattosuchia gesehen oder schlicht als synonym mit diesen behandelt.[4][34][35][36]
Léonard Ginsburg war 1970 der erste, der die Thalattosuchia als eine Unterordnung bestehend aus Teleosauridae und Metriorhynchidae bezeichnete.[37] Nachfolgende Autoren folgten diesem Schema.[38][39][22]
Systematik und Evolution
Zusammenfassung
Kontext
Äußere Systematik
Der Ursprung und die verwandtschaftliche Stellung der Thalattosuchia innerhalb der Krokodilartigen ist weiterhin kontrovers.[8] Traditionell werden sie in die "Mesosuchia" (bzw. Mesoeucrocodylia) gestellt.[35][38] Das Problem wird allgemein durch eine Wissenslücke zur Evolution der Krokodilartigen während des Trias-Jura Übergangs erschwert.[8] Zusätzlich lassen sich in manchen Fällen konvergente nur schwer von homologen Merkmalen unterscheiden.[40] Während die ältesten bekannten Fossilien von Thalattosuchiern aus dem frühesten Jura sind, erscheint auch bereits ein Ursprung während des Noriums im Bereich des Möglichen.[41]
Insgesamt lassen sich aktuell vier verschiedene Hypothesen unterscheiden.[8]
1. Eine Stellung an der Basis der Crocodylomorpha als Schwestertaxon der Crocodyliformes.[42][41] Kladogramm nach Young et al. (2024):
Crocodylomorpha |
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2. Eine Stellung an der Basis der Mesoeucrocodylia, aber außerhalb der Metasuchia.[43][44] Nach Young et al. (2024):
Crocodyliformes |
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3. Eine Stellung innerhalb der Neosuchia als Schwestertaxon der Tethysuchia (=Pholidosauridae + Dyrosauridae).[45][46] Nach Young et al. (2024):
Metasuchia |
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4. Eine Stellung an der Basis der Neosuchia, aber außerhalb einer Klade aus Goniopholididae, Tethysuchia und Eusuchia.[47][42]
Innere Systematik
Die Thalattosuchia werden traditionell in die Überfamilien Teleosauroidea und Metriorhynchoidea unterteilt. Allerdings fanden aktuelle phylogenetische Analysen die Gattungen Turnersuchus und Plagiophthalmosuchus vermehrt außerhalb der Teleosauroidea+Metriorhynchoidea Klade.[48][8] Dieser Umstand führte Young et al. (2024) dazu für die "traditionelle" Klade den Namen Neothalattosuchia einzuführen. Diese definieren sie als die kleinste Gruppe innerhalb der Thalattosuchia, die Platysuchus (Teleosauridae), Macrospondylus (Machimosauridae), Pelagosaurus (Metriorhynchoidea) und Thalattosuchus (Metriorhynchidae) enthält.
Unter den Thalattosuchia hingegen verstehen sie die größtmögliche Gruppe, die Macrospondylus und Thalattosuchus enthält, aber nicht Protosuchus (Protosuchidae), Notosuchus (Notosuchia), Peirosaurus (Notosuchia), Anteophthalmosuchus (Goniopholididae), Deltasuchus, Pholidosaurus (Pholidosauridae), Dyrosaurus (Dyrosauridae) und Nilkrokodil (Crocodylia).[8]
Gekürztes Kladogramm nach Young et al. (2024):[8]
Thalattosuchia |
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Teleosauroidea

Die Überfamilie Teleosauroidea setzt sich nach heutigem Stand aus den Familien Teleosauridae und Machimosauridae zusammen.[8] Einige Analysen fanden zusätzlich Plagiophthalmosuchus innerhalb der Teleosauroidea, aber außerhalb der eben genannten Familien.[21][8] Ursprünglich wurden alle Teleosauroideen unter der Familie Teleosauridae zusammengefasst, während diese Familie nach moderner Ansicht nur noch die Arten enthält, die näher mit Teleosaurus als mit Machimosaurus verwandt waren.[21]
Die ältesten Teleosauroideen stammen aus dem frühesten Jura (Hettangium oder Sinemurium)[49], die jüngsten Funde werden auf das Barremium datiert.[50] Teleosauroideen lassen sich durch mehrere Merkmale ihres Schädels und Schultergürtels von anderen Thalattosuchia unterscheiden.[8]
Gekürztes Kladogramm nach Young et al. (2024):[8]
Teleosauroidea |
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Metriorhynchoidea

Die Metriorhynchoideen umfassen die Familie Metriorhynchidae sowie mehrere "urtümliche" Arten wie Pelagosaurus oder Eoneustes. Konkret werden die Metriorhynchoidea als alle Thalattosuchia definiert, die näher mit Metriorhynchus als mit Teleosaurus und Macrospondylus verwandt waren. Young et al. (2024) haben die Familie Metriorhynchidae und die Gattung Zoneait zusätzlich unter der Klade Euthalattosuchia zusammengefasst.[8]
Die ältesten Metriorhynchoideen sind aus dem Toarcium überliefert, wobei ein ähnliches Alter wie für die Teleosauroidea nicht ausgeschlossen werden kann.[8] Die jüngsten Funde stammen aus dem frühesten Aptium.
Metriorhynchoideen lassen sich von anderen Thalattosuchia durch mehrere Merkmale des Schädels unterscheiden, so haben sie beispielsweise Skleralringe entwickelt. Hinzu kommen ein Fehlen von Osteodermen am Schwanz sowie unter anderem einige Charakteristika der Gliedmaßen.[8]
Gekürztes Kladogramm nach Young et al. (2024):[8]
Metriorhynchoidea |
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Paläobiologie
Zusammenfassung
Kontext
Biomechanik
Über die Finite-Elemente-Methode konnte ermittelt werden, dass bei Thalattosuchia während des Zubeißens die größten Kräfte am hinteren Ende der Schnauze sowie im Bereich der Supratemporalfenster wirkten, wobei Metrioryhnchiden generell kräftigere gebaute Schädel besaßen. Langschnäuzige Arten wie innerhalb der Teleosauroidea scheinen dabei auf schnelle seitwärtige Beißbewegungen spezialisiert gewesen zu sein, während der Fokus bei den kurzschnäuzigen Metriorhynchiden vor allem auf der Beißkraft lag.[51]
Thalattosuchia sind wie heutige Krokodile durch seitwärtige Bewegungen ihres Schwanzes geschwommen, Metriorhynchiden waren durch ihren Mangel an einer Hautknochenpanzerung dabei wahrscheinlich flexibler als andere Thalattosuchia.[52][53] Im Vergleich zu Plesiosauriern und Ichthyosauriern dürften Thalattosuchia aber eher langsame Schwimmer gewesen sein.[52]
Physiologie

Histologische Befunde sprechen dafür, dass Thalattosuchia wie heutige Krokodile wechselwarm und deshalb auf ein Sonnenbad angewiesen waren. Während Teleosauroideen dafür wohl an Land gingen, war es den Metriorhynchiden wahrscheinlich aufgrund ihrer abgewandelten Gliedmaßen nicht möglich, sodass diese dafür in oberflächenahem Wasser blieben.[54] Analysen des Verhältnisses an Sauerstoff-18 Isotopen im Apatit der Zähne deuten hingegen darauf hin, dass zumindest Metriorhynchiden für kurze Zeit eine Körpertemperatur höher als die der Umgebung aufrechterhalten konnten.[55] Einzigartig unter allen bekannten Krokodilartigen befand sich im Gaumen der Thalattosuchia ein Paar Rinnen, das wahrscheinlich vergrößerte Blutgefäße beherbergte. Die Strukturen stehen wahrscheinlich in Zusammenhang mit der Thermoregulation und haben sich konvergent auch bei den Walen entwickelt.[56] Ähnlich verhält es sich mit den Osteodermen, die bei Teleosauroideen und frühen Metriorhynchoideen wie bei anderen Krokodilartigen wohl thermoregulatorische Zwecke hatten, bei den Metriorhynchiden allerdings aufgrund deren aktiveren Lebensstils zurückgebildet wurden. Bei diesen wurde Körperwärme vermutlich vorwiegend durch Muskelkontraktion erzeugt.[57]
Wie viele andere Meerestiere verfügten Thalattosuchia über Salzdrüsen. Diese waren bei den Teleosauroideen nur gering ausgeprägt.[58] Bei den Metriorhynchoideen fand dagegen schon früh eine Vergrößerung dieser Drüsen statt.[59] Bei späteren Metriorhynchoideen, inklusive der Familie Metriorhynchidae, lässt sich schließlich der Höhepunkt der Vergrößerung beobachten.[60][61] Das spreche insgesamt dafür, dass sich Thalattosuchia schon sehr früh an ein Leben im Meer anpassten, bevor es zur Evolution anderer Anpassungen wie Paddeln oder der Schwanzflosse kam.[59][61] Auch lasse sich anhand von vergrößerten Salzdrüsen bei Jungtieren nachweisen, dass Metriorhynchiden von Beginn ihres Lebens an bereits pelagische Tiere waren.[60]
Weitere Befunde könnten dafür sprechen, dass die Bewegung der Kiefer bei Metriorhynchiden einen aktiven Luftstrom in den Nasennebenhöhlen erzeugte, der die Salzdrüsen bei der Abfuhr von Flüssigkeit unterstützte.[62] Die Nebenhöhlen blieben auch bei den pelagischen Formen relativ groß, weshalb Thalattosuchia im Vergleich zu heutigen Walen weniger gut an tiefe Tauchgänge angepasst waren.[63]
Neuroanatomie
Thalattosuchia lassen sich durch mehrere Aspekte ihrer Neuroanatomie von anderen Krokodilartigen unterscheiden. Schon im späten 19. Jahrhundert konnte Harry Govier Seeley zeigen, dass das Großhirn, anders als bei heutigen Krokodilen, den Großteil der Hirnhöhle einnahm.[64] Andere charakteristische Merkmale sind die vergrößerten Sinus durae matris, pyramidenförmige Bogengänge, ein verlängerter Ductus cochlearis, die Ausprägung der Hypophyse, sowie ein relativ gerades Gehirn. Letzteres könnte mit den großen, seitlich orientierten Augen im Zusammenhang stehen.[59]
Bei den Metriorhynchoideen war der Geruchssinn, im Vergleich zu heutigen Krokodilen, außerhalb des Wassers wahrscheinlich nur gering ausgeprägt. Dafür sprechen unter anderem die reduzierten Riechkolben.[65] Diese Reduktion lässt sich bei Teleosauroideen hingegen nicht beobachten. Das stimmt mit der Vorstellung überein, dass die Mitglieder dieser Überfamilie deutlich mehr Zeit an Land als die pelagisch lebenden Metriorhynchoideen verbrachten.[58]
Besonders Metriorhynchiden zeigen in ihrem Innenohr ähnliche Anpassungen wie andere Meeresreptilien oder Wale. Anders als bei Walen, haben sich diese Anpassungen bei den Thalattosuchia erst relativ spät in ihrer Evolution entwickelt.[66] Der bereits erwähnte verlängerte Ductus cochlearis unterscheidet Thalattosuchia von den meisten anderen Pseudosuchia, was auf ein verbessertes Gehör hinweist wie man es von anderen im Meer lebenden Tetrapoden kennt.[59]
Fortpflanzung und Wachstum
Es gibt keine direkten Belege, ob Thalattosuchia ovi- oder vivipar waren. Nichtdestotrotz gibt es mehrere Indizien, dass zumindest die rein marinen Metriorhynchiden keine Eier legten.[67][68] Ähnlich anderen mesozoischen, lebendgebärenden Meeresreptilien, hatten Metriorhynchiden eine tiefe und allgemein reduzierte Beckenregion.[67] Generell machte es der Körperbau den Metriorhynchiden unmöglich zur Eiablage an Land zu gehen und von dort als Schlüpfling in das Meer zurückzukehren.[67][68] Sollte sich dies weiter bestätigen, wären Metriorhynchiden die einzig bekannten lebendgebärenden Archosaurier.[67]
Anhand des Teleosauroideen Macrospondylus konnte ein beinahe isometrisches Wachstum nachgewiesen werden. Ausnahmen bilden unter anderem das schnellere Wachstum des Oberschenkelknochens relativ zum Schädel und dem distalen Hinterlauf sowie das Wachstum der Augenhöhlen und Supratemporalfenster.[69]
Paläoökologie
Zusammenfassung
Kontext
Lebensraum und Taphonomie

Fossilien von Thalattosuchia stammen fast ausschließlich aus marinen Ablagerungen, sie bevölkerten dabei küstennahe Gegenden, Lagunen und Epikontinentalmeere[70][22][71]. Weitere Fossilien konnten in ehemaligen Brackwassergebieten gefunden werden.[72] Martin et al. (2016) konnten über eine Strontiumisotopenanalyse außerdem nachweisen, dass sich einige Teleosauroideen bevorzugt im Süßwasser aufgehalten haben.[73] Teleosauroideen und frühe Metriorhynchoideen wie Pelagosaurus haben wohl noch zeitweise an Land gelebt.[5][74] Kieselige Magensteine des Teleosauroiden Macrospondylus wurden von dem Tier wahrscheinlich nicht im Becken des Posidonienschiefers, sondern im Bereich der Vindelizischen Schwelle aufgenommen.[15]
Anders als bei landbewohnenden Krokodilarten scheint die Biodiversität von Meereskrokodilen wie den Thalattosuchia deutlich weniger temperaturabhängig gewesen zu sein. Ein wichtiger Faktor war dagegen die Entwicklung des Meeresspiegels.[75]
Viele Thalattosuchia sind anhand von gut erhaltenen Funden aus Konservatlagerstätten wie dem Posidonienschiefer oder den Kalksteinen des Altmühltals bekannt.[17]
Ernährung und Fressfeinde

Besonders die große Variation bezüglich Schnauzenlänge und Zahnform zeigt, dass Thalattosuchia im Laufe ihrer Evolution ein vielfältiges Fressverhalten gezeigt haben. Selbst innerhalb einer Gattung konnte es Unterschiede in der Ernährungsweise zwischen den Arten geben.[76] Das ermöglichte auch, dass mehrere Thalattosuchia-Arten nebeneinander im gleichen Lebensraum vorkommen konnten.[77] So hatte Geosaurus beispielsweise klingenartige Zähne, die denen eines Weißen Hais glichen während die seines im gleichen Lebensraum vorkommenden Verwandten Dakosaurus robust und gekrümmt waren, nicht unähnlich zu Tyrannosaurus.[6]
Bei der Überfamilie der Teleosauroidea erfolgte die Nischenaufteilung meistens weniger über die Schädel- und Zahnform, sondern über den bevorzugten Lebensraum. Lediglich Arten der Unterfamilie Machimosaurinae zeigten mit ihren kurzen Schnauzen, der kräftigen Kiefermuskulatur und den robusten Zähnen eine Anpassung an gepanzerte Beutetiere wie Schildkröten oder Fische.[5]
Zusätzlich konnten für mehrere Gattungen direkte oder indirekte Belege für das Fressverhalten gefunden werden. Schildkröten aus dem Oberjura der Schweiz haben Bisspuren und teilweise noch Zähne von Machimosaurus in ihrem Panzer.[78] Kadaver von Plesiosauriern aus dem britischen Oxford Clay und des riesigen Fischs Leedsichthys wurden wahrscheinlich von Metriorhynchiden angefressen.[79][80] Ein Metriorhynchus zugeordnetes Exemplar, ebenfalls aus dem Oxford Clay, wurde mit Resten von Kopffüßern und Pterosauriern in seinem Verdauungstrakt überliefert.[81] Bei Exemplaren von Cricosaurus aus Nusplingen konnten unter anderem gefressene Ammoniten, Belemniten und ein kleiner Hai nachgewiesen werden.[82]
Es gibt auch Fossilien, die zeigen wie Thalattosuchia von anderen Tieren gefressen oder zumindest angegriffen wurden. Ein in drei Teile zertrennter Cricosaurus aus Nusplingen ließe sich durch den Angriff eines größeren Räubers wie Dakosaurus erklären. Selbiges könnte einem Cricosaurus-Exemplar aus Wattendorf passiert sein, dessen hintere Schwanzhälfte separat vom Rest des Körpers abgelagert wurde. Eine andere Erklärung könnte ein innerartlicher Konflikt sein, bei dem der Schwanz durch die "death roll" eines anderen Cricosaurus abgetrennt wurde.[83] Metriorhynchiden scheinen dazu grundsätzlich in der Lage gewesen zu sein.[51] Ein Speiballen aus dem Oberjura von Italien enthält Reste eines möglichen Aeolodontinen.[84]
Mögliche Parasiten
Spindler et al. (2021) berichten von unregelmäßigen Strukturen an der Haut von in den Paintener Schichten gefundenen Metriorhynchiden. Eine genaue Identifikation ist seitens der Autoren nicht möglich, sie vermuten Bissspuren von Neunaugen oder Aufsetzmarken von Napfschnecken oder Seepocken. Letztere kommen auch als Parasiten an Walen, Meeresschildkröten und heute lebenden Krokodilen vor, sind aber bis jetzt für mesozoischen Reptilien unbekannt.[13]
Referenzen
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