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Roman von Emily Brontë Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Sturmhöhe (Originaltitel: Wuthering Heights [Roman der englischen Schriftstellerin Emily Brontë (1818–1848). Der 1847 unter dem Pseudonym Ellis Bell veröffentlichte Roman wurde vom viktorianischen Publikum weitgehend abgelehnt, heute gilt er als ein Klassiker der britischen Romanliteratur des 19. Jahrhunderts.
]) ist der einzigeSchauplätze des Romans sind der von der Familie Earnshaw bewirtschaftete Gutshof Wuthering Heights, der auf einer windgepeitschten Anhöhe der Hochmoore von Yorkshire liegt, und das feudalere, im fruchtbaren Tal gelegene Herrenhaus Thrushcross Grange, das der Familie Linton gehört. Die Geschichte dieser beiden Familien wird über drei Generationen hinweg erzählt.
Das Geschehen wird beherrscht von dem Findelkind Heathcliff, das der alte Earnshaw als etwa sechsjähriges Kind in den Straßen Liverpools aufgelesen hat und zusammen mit seinen eigenen Kindern Hindley und Catherine aufzieht. Die Haushälterin Ellen Dean, genannt Nelly, wird für Heathcliff ein Mutterersatz. Während sie sich um ihn kümmert, lehnt sie sein fremdartiges Wesen zunächst ab, akzeptiert es aber mit der Zeit.
Nach dem Tode des alten Earnshaw wird Heathcliff von seinem Adoptivbruder Hindley schikaniert, herabgewürdigt und vom Herrenhaus in den Stall verbannt. Mit seiner Adoptivschwester Catherine dagegen verbindet Heathcliff eine tiefe Freundschaft. Catherine sieht in Heathcliff eine verwandte Seele: Beide sind wild, leidenschaftlich, willensstark, kompromisslos in ihren Ansprüchen und werden von Hindley tyrannisiert.
Als dessen junge Frau an Tuberkulose stirbt, verfällt Hindley der Trink- und Spielsucht und vernachlässigt Haus und Hof sowie seinen kleinen Sohn Hareton.
Einige Jahre später macht der junge Edgar Linton, der künftige Erbe von Thrushcross Grange, der nun sechzehnjährigen Catherine einen Heiratsantrag. Catherine sieht diese Heirat als Möglichkeit, den desolaten Verhältnissen auf Wuthering Heights zu entkommen. Als Heathcliff zufällig belauscht, wie Catherine zu Nelly sagt, eine Ehe mit Heathcliff würde sie gesellschaftlich entehren und der Luxus von Thrushcross Grange sei vorzuziehen, obwohl ihr Edgar gleichgültig sei, läuft der gekränkte Junge davon und verlässt die Gegend. Der Verlust des geliebten Ziehbruders und engsten Vertrauten stürzt Catherine in eine tiefe Nervenkrise, die sich auch in einem lebensbedrohlichen Fieber äußert. Der besorgte Edgar Linton nimmt Catherine mit auf die Grange, wo sie einige Monate später heiraten.
Nach drei Jahren kehrt Heathcliff als gut aussehender und reicher junger Mann zurück und versucht, Catherine für sich zu gewinnen: Er dringt in ihre Ehe mit Edgar ein, ihre alte Liebe zu Heathcliff flammt wieder auf. Da sie aber von ihrem Ehemann schwanger ist, ist sie trotz ihrer Missachtung der bürgerlichen Moral nicht zu einer Aufgabe der Ehe bereit. Stattdessen wünscht sie sich Heathcliff als Freund und Vertrauten, den auch Edgar akzeptieren soll. Heathcliff aber begehrt Catherine für sich allein und beginnt in seinem Groll, sich an den Familien Earnshaw und Linton zu rächen. Zunächst heiratet er gegen Edgars Willen dessen Schwester Isabella Linton und misshandelt sie in der Ehe. An dem daraus folgenden Konflikt zwischen Edgar und Heathcliff zerbricht Catherine. Sie stirbt bei der Geburt ihrer Tochter Cathy.
Der schwangeren Isabella gelingt schließlich die Flucht nach London, wo ihr Sohn zur Welt kommt: Linton, ein kränkliches Kind. Während dieser Zeit ruiniert Heathcliff den spiel- und trunksüchtigen Adoptivbruder Hindley und bringt sich in den Besitz von Wuthering Heights. Hindleys kleinen Sohn Hareton hetzt er gegen den Vater auf. Nach dessen plötzlichem Tod im Alkoholdelirium zieht Heathcliff Hareton aus Rache an Hindley in bäuerlichen, ungebildeten Verhältnissen auf. Doch misshandelt er den Jungen nicht, wie es Hindley einst mit ihm selbst getan hat, und Hareton entwickelt große Zuneigung zu seinem Pflegevater.
Nach dem Tode Isabellas nimmt Heathcliff seinen chronisch kranken und missmutigen Sohn Linton zu sich. Jahre später lockt er die nunmehr sechzehnjährige Cathy nach Wuthering Heights, um sie mit Linton zusammenzubringen. Schließlich, als ihr Vater Edgar an einer Lungenentzündung erkrankt, zwingt Heathcliff das Mädchen zur Ehe mit Linton. Edgar stirbt, ohne sein Testament, welches Linton als Erben vorsieht, zu Cathy Schutz noch ändern zu können. Kurze Zeit später stirbt auch Linton. Nach dem zur Zeit der Handlung geltenden Erbrecht fällt der gesamte Besitz an den nächsten männlichen Verwandten, an Heathcliff.
Heathcliff ist nun Herr über beide Häuser. Aus Geiz vermietet er Thrushcross Grange, welches er eigentlich aus Rache abreißen lassen wollte, an einen Fremden: den jungen Lockwood. Als Lockwood bei seinem Antrittsbesuch eine Nacht auf Wuthering Heights verbringt, hat er eine mysteriöse Vision: Der Geist Catherine Earnshaws erscheint ihm am Fenster und fleht um Einlass.
Heathcliff erleidet einen Schock durch Lockwoods Bericht, der eine plötzliche, drastische Wende in seiner Person hervorruft. Seine Energie ist verbraucht. Er kann oder will nicht mehr verhindern, dass sich Cathy um die Bildung Haretons bemüht und dass sich zwischen beiden eine Liebesbeziehung entwickelt. Schließlich kann Heathcliff vor Entkräftung nicht mehr essen, trinken und schlafen. Am Ende stirbt er eines Nachts im Zustand der Ekstase. Das Fenster an seinem Bett steht offen.
Heathcliff sowie die Familien Earnshaw und Linton
Wuthering Heights | Thrushcross Grange | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Mr. Earnshaw † Okt. 1777 | Mrs. Earnshaw † Frühjahr 1773 | Mr. Linton † Herbst 1780 | Mrs. Linton † Herbst 1780 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
⚭1783 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Frances † 1778 | Hindley * Sommer 1757 † Sept. 1784 | Catherine * Sommer 1765 † 20. März 1784 | Edgar * 1762 † Sept. 1801 | Isabella * 1765 † Juli 1797 | Heathcliff * 1764 † April 1802 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
⚭1803 | ⚭1801 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Hareton * Juni 1778 | Catherine * März 1784 | Linton * Sept. 1784 † Sept. 1801 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Das Geschehen wird im Wesentlichen von zwei Ich-Erzählern präsentiert. Der erste Erzähler ist Lockwood, der von Heathcliff Thrushcross Grange gepachtet hat. Er ist ein junger Gentleman, ein Einzelgänger und zugleich gebildeter Städter, der auf dem Lande Ruhe sucht. Er nimmt an dem Geschehen keinen persönlichen Anteil und beobachtet die Situation von außen, aber mit scharfem Blick, etwa wie ein Tourist die wilden Einheimischen, mit Ironie, aber auch Selbstironie. Lockwoods Darstellungsweise ähnelt einer Tagebuchaufzeichnung. Er setzt zweimal an, 1801 und 1802, am Beginn und am Schluss, und gibt dadurch dem Roman einen gewissen Rahmen.
Lockwoods Darstellung seiner eigenen Erlebnisse in Yorkshire ist eher eine Augenblicksaufnahme. Von seiner Wirtin in Thrushcross Grange, Ellen Dean, lässt er die dramatische Geschichte von Catherine und Heathcliff berichten. Nelly Dean ist von Anfang an Augenzeugin des Geschehens, als langjährige Haushälterin in beiden Familien hat sie Intimkenntnisse aller Beteiligten und ist zugleich für alle eine Vertrauensperson. Sie ist in das grausame Geschehen nicht persönlich verstrickt und versucht immer wieder, durch Herumspionieren, Manipulation, gut gemeinte Intrigen und Ermahnungen auf die Personen und das Geschehen besänftigend und mildernd einzuwirken, allerdings vergebens. Zwischendurch lässt sie die meisten Hauptpersonen in Form einer Ich-Erzählung zu Wort kommen. Nelly wird damit scheinbar zu der Haupterzählerin, strenggenommen erhalten die Leser jedoch einen bereits von Lockwood bearbeiteten Bericht dessen, was ihm Mrs. Dean erzählte. Diese Verschiebung erlaubt einen noch größeren Abstand des Erzählers zum eigentlichen Geschehen.
Diese Erzählform mit zwei Ich-Erzählern und der Erzählung von Erzähltem wirkt wie ein doppeltes Fenster, durch das der Leser auf die manchmal schwer zu deutenden Ereignisse blickt. Die Autorin verschwindet dahinter völlig und überlässt den Leser sich selbst. Diese damals völlig ungewöhnliche, sehr moderne Romangestaltung war für ein viktorianisches Publikum sicherlich verwirrend. Emily Brontë gibt an keiner Stelle eine klare moralische Wertung ab, sondern bleibt ambivalent, sie überlässt die Meinungsbildung dem Leser. Die Autorin darf keineswegs mit der Erzählerin Nelly Dean gleichgesetzt werden, deren Deutungen und Bewertungen dem Leser meistens einleuchten, aber auch manchmal fragwürdig erscheinen, so wie auch ihre Versuche der Einflussnahme von der Wucht des dramatischen Geschehens völlig überrollt werden.
Der Roman setzt mit den Erlebnissen Lockwoods ein, als die Handlung kurz vor ihrem Abschluss steht. Der Leser erlebt mit Lockwood in Wuthering Heights überall eine Atmosphäre von Misstrauen, Spannung und Gereiztheit und fragt sich, wie es dazu kam, in welchem Verhältnis die Personen zueinander stehen und welches Ende zu erwarten ist. Es folgt eine lange Rückschau durch die Erzählung Nelly Deans über die Ereignisse der Vergangenheit. Als Lockwood am Schluss erneut in die Handlung eintritt, hat sich die Spannung gelöst, und Nelly Dean kann berichten, wie es doch noch zu einem Happy End gekommen ist.
Trotz der verschachtelten Struktur gelingt es der Autorin, die innere Logik des Romans zu erhalten. Bis in scheinbare Nebensächlichkeiten ist das Erzählte in sich stimmig: Als Hindley in betrunkenem Zustand den kleinen Hareton fallen lässt, fängt Heathcliff den Jungen im Reflex auf. Später ist es Heathcliff, der Wuthering Heights ungewollt für Hareton bewahrt und den jungen Mann damit vor Armut rettet. (Ohne Heathcliffs Rache wäre Hindleys Besitz an fremde Gläubiger übergegangen). Mr. Lockwood erwähnt zu Anfang, dass die moorige Erde von Gimmerton die auf dem Friedhof vergrabenen Leichen „mumienhaft“ erhalte. Am Ende des Romans öffnet Heathcliff Cathys Grab und berichtet Nelly Dean, dass Cathys Gesicht noch „immer ihr Gesicht“ sei.
1500: | Der Stein oberhalb der Eingangstür von Wuthering Heights, das den Namen Hareton Earnshaw trägt, wird beschrieben, möglicherweise um die Fertigstellung des Hauses zu dokumentieren |
1757: | Sommer: Hindley Earnshaw wird geboren |
1762: | Edgar Linton wird geboren |
1765: | Sommer: Catherine Earnshaw wird geboren; Spätjahr: Isabella Linton wird geboren |
1771: | Spätsommer: Mr. Earnshaw bringt Heathcliff nach Wuthering Heights |
1773: | Frühjahr: Mrs. Earnshaw stirbt |
1774: | Hindley wird aufs College geschickt |
1775: | Oktober: Hindley heiratet Frances; Mr. Earnshaw stirbt und Hindley kehrt zurück;
November: Heathcliff und Catherine besuchen Thrushcross Grange zum ersten Mal; Catherine bleibt bis Weihnachten dort |
1778: | Juni: Geburt Hareton; Frances stirbt |
1780: | Heathcliff flieht von Wuthering Heights; Mr. and Mrs. Linton sterben |
1783: | März: Catherine ist mit Edgar verheiratet; September: Heathcliff kehrt zurück |
1784: | Februar: Heathcliff heiratet Isabella; 20. März: Catherine stirbt und Cathy wird geboren; September: Hindley stirbt; Linton Heathcliff wird geboren |
1797: | Isabella stirbt; Cathy besucht Wuthering Heights und trifft Hareton; Linton wird nach Thrushcross Grange und dann nach Wuthering Heights gebracht |
1800: | 20. März: Cathy trifft Heathcliff und sieht Linton wieder |
1801: | August: Cathy und Linton heiraten; Edgar stirbt;
September: Linton stirbt; Mr. Lockwood geht nach Thrushcross Grange und besucht Wuthering Heights, hier beginnt seine Erzählung |
1802: | Januar: Mr. Lockwood kehrt nach London zurück; April: Heathcliff stirbt; September: Mr. Lockwood kehrt nach Thrushcross Grange zurück |
1803: | Neujahr: Cathy plant, Hareton zu heiraten |
Der Roman gilt heute als ein klassisches Werk der englischen Romanliteratur. Seit seinem ersten Erscheinen 1848 hat der Roman recht unterschiedliche Deutungen erfahren. Er steht weder in der Tradition des historischen Romans Walter Scotts noch in der des streng realistischen und gesellschaftsbezogenen Romans etwa Jane Austens, sondern ist ein Werk ganz eigener Art. Die modern anmutende und an Joseph Conrad erinnernde Erzähltechnik weist voraus auf das 20. Jahrhundert.
Die gegensätzlichen Deutungen konzentrieren sich meistens auf die Hauptfigur des Romans: Heathcliff. Die ersten Kritiker haben in ihm lange ein Monster oder einen satanischen Charakter sehen wollen, und dies scheint durch seine Handlungen gerechtfertigt. Eine andere, sozialkritische Deutung sieht in Heathcliff, dem Findelkind aus den Slums Liverpools, einen Rächer der Unterprivilegierten und einen sozialen Rebellen gegen die kapitalistische Gesellschaft und die Unterdrückung des Arbeiters durch die herrschende Klasse, der dann selber auch in die Rolle des Unterdrückers schlüpft.[4] Als innerlich zerrissener und intelligenter Antiheld, der persönliche Ziele über allgemeine Moralvorstellungen stellt, gilt Heathcliff gemeinhin als klassisches Beispiel des Byronschen Helden in der englischen Literatur.
Heathcliffs Charakter und Handlungen sind geprägt von Gegensätzlichkeiten und Widersprüchen. Er ist ein Findelkind und Fremdling unbekannter Herkunft aus den Slums Liverpools. In der Brontë-Interpretation gibt es verschiedene Thesen zu Heathcliffs möglicher Abstammung, die Emily Brontë im Sinn gehabt haben könnte: ein zurückgelassenes Zigeunerkind, der ausgesetzte Sohn einer Prostituierten, ein Kind irischer Emigranten, dessen Eltern vor der Abfahrt nach Amerika verstarben, ein uneheliches Kind des alten Earnshaw. Zugleich erscheint er aber auch wie ein natürliches Element der wilden Moorlandschaft des entlegenen Yorkshire (Heathcliff bedeutet Heidklippe). Im 20. Jahrhundert entstand so eine vorherrschende Lesart des Romans, die in Heathcliff nicht nur ein Individuum, sondern zugleich die Verkörperung elementarer Naturgewalten sieht, ebenso wie Wuthering Heights, mit dem Heathcliff in dem Roman eine Einheit bildet.
So erlebt ihn Lockwood bei seinem Besuch in Wuthering Heights, als Heathcliffs Hundemeute sich auf ihn stürzt. Nelly Dean sagt von Heathcliff, er sei als Kind fromm wie ein Lamm gewesen, die Schikanierung durch Hindley ertrug er stoisch, aber der erwachsene und gewandelte Heathcliff zeigt sich erschreckend brutal und gefühllos auch gegen den eigenen Sohn und die Verwandtschaft, die er quält, nötigt, betrügt und zum Teil in den Tod treibt. Dabei erscheint er in der Schilderung Nelly Deans, die für ihn eine gewisse Sympathie zeigt, nicht nur als Täter und Peiniger, sondern in zunehmendem Maße als Opfer und Gejagter einer unsichtbaren Macht. Er verwandelt sich im Verlauf der Geschichte mehrmals, am überraschendsten am Schluss, wo er, wie es scheint, im Zustand der Ekstase in den Tod geht.
Cathy sagt als junges Mädchen zu Nelly Dean: „Ich bin Heathcliff“. Zwischen ihr und Heathcliff, so glauben beide, besteht eine unzerstörbare Einheit, und in dieser Einheit liegt vielleicht der Schlüssel zum Verständnis des Romans. Diese Beziehung wird nicht als eine sexuelle dargestellt, sie ist erwachsen aus der Seelenverwandtschaft der wilden Kinder im gemeinsamen Erleben der ungebändigten Natur von Wuthering Heights, dem gemeinsamen Kampf gegen die Unterdrückung durch Hindley und der Verachtung der verfeinerten Lebensform auf Thrushcross Grange. Durch ihre Heirat mit Edgar und die abfälligen Worte über Heathcliff hat Cathy Verrat begangen und dieses Band zerrissen, damit gleichsam ein ewiges Naturgesetz verletzt.
Die schreckliche Rache Heathcliffs an den Familien Earnshaw und Linton nach dem Tode Cathys ist deshalb nicht einfach die persönliche Rache eines Gekränkten, sondern ein Unheil, das durch die Verletzung der natürlichen Ordnung entsteht. Heathcliff erscheint zum Ende immer mehr als der Gehetzte und Gejagte, die verstorbene Cathy bestimmt als für ihn spürbare, jedoch unsichtbare Geistererscheinung sein Handeln mit. So erzählt er Nelly Dean (Kapitel 29), dass diese Erscheinungen nicht seiner Phantasie entspringen, sondern – im Sinne der fiktiven Realität des Romans – „real“ sind. Bezeugt werden die Erlebnisse durch den Rationalisten Lockwood (Kap. 3).
Dass Cathys Geist einem Fremden erschien, der sie sogar sehen konnte, erschüttert Heathcliffs bislang unbeugsamen Geist und bricht seinen Rachewillen. Das Eindringen der Verstorbenen in die Welt der Lebenden ist sowohl ein Motiv des im England des frühen 19. Jahrhunderts beliebten Schauerromans (Gothic novel), als auch ein typisches Element der Dramen Shakespeares. Zugleich weisen die mystischen Elemente in diesem Werk voraus auf den Magischen Realismus des 20. Jahrhunderts.
Die Wandlung Heathcliffs vor seinem Tode passt zu dieser Deutung. Die Liebe zwischen Hareton und der jungen Catherine erinnert Heathcliff und den Leser an seine Beziehung zu Cathy: Sie lässt die harmonische Einheit, die durch den Verrat Cathys zerstört worden war, erneut aufleben und besänftigt gewissermaßen die Rachegeister. Möglich ist die Interpretation, dass es so auch zu einer Versöhnung mit dem Geist der verstorbenen Cathy kommt. Das offene Fenster an seinem Bett und Heathcliffs triumphierender, glückseliger Gesichtsausdruck im Tod weisen darauf hin, dass er schließlich Cathys Geist erblickte, als sie seine Seele ins Jenseits holte. Zusammen mit Edgar findet Heathcliff seine letzte Ruhestätte im Grab neben Cathy. Die Toten, sagt Nelly Dean im Roman, sind zur Ruhe gekommen.
Moderne Interpretationen ergänzen diese naturmystische Lesart durch psychologische Ausdeutung der inneren Konflikte und Entwicklungen der Charaktere. Vor allem Heathcliff wird so nicht als eine bloße Verkörperung der Naturgewalten gesehen, sondern auch als ein durch sein Schicksal traumatisierter und seine seelische Veranlagung geprägter Mensch, der seine psychischen Defizite in asozialem Verhalten auslebt, weil ihm sein verschlossener, harter Charakter nicht erlaubt, seine Wunden zu zeigen und in zwischenmenschlichen Kontakten Hilfe zu finden.
So erscheint Heathcliff als noch verletzlicher Junge am menschlichsten: In einer Szene klagt er Nelly Dean seinen Kummer, nur ein armes, schmuddeliges Findelkind zu sein; in einer anderen gesteht er Nelly, nicht essen zu können, weil ihm von Hindleys brutalen Schlägen vor Schmerzen übel ist. Als Erwachsener hat Heathcliff scheinbar diese menschliche Seite abgelegt. Er zeigt mitunter animalische Verhaltensmuster: Er knurrt, tobt und brüllt vor Wut, fletscht sogar die Zähne. Nelly beschreibt den Unterschied zwischen Edgars und Heathcliffs Trauer um die tote Cathy auch als Unterschied zwischen einem gesitteten und einem verwilderten Menschen: Während Edgar sich in sein Haus zurückzieht und den Verlust still verarbeitet, schlägt Heathcliff draußen im Garten seinen Kopf gegen einen Baum und heult vor Verzweiflung und Schmerz „wie ein verwundetes Tier“.
Zugleich ist Heathcliffs unzivilisierter und amoralischer Geist auch seine enigmatische Stärke: Er nutzt seine körperliche Überlegenheit und seine Willenskraft aus, sich im Zuge der Rache zumindest sadistische Befriedigung zu verschaffen, wenn schon seine manische Liebe zu Cathy nicht befriedigt wurde. Heathcliff muss jedoch damit nicht wie in der viktorianischen Kritik als Dämon oder Teufel gesehen werden, er ist zunächst ein egozentrischer, seelisch kranker Mensch, dem jegliche Einsicht in die Gefühlswelt anderer, selbst seiner geliebten Cathy, fehlt.
Eine weitere Interpretation sieht zudem eine Ähnlichkeit zwischen Heathcliff und Shakespeares Charakter Macbeth: Beide Männer entwickeln sich im Laufe der Handlung zu scheinbar unmenschlich grausamen Menschenschindern, beide hängen in manischer Liebe an einer idealisierten Frau, der sie geradezu hörig sind, beide werden wiederholt durch rätselhafte Visionen geplagt und können schließlich nicht mehr schlafen, beide erfahren am Ende ihres Lebens eine ekstatische Erlösung.
Das Geschehen im zweiten Teil des Romans wird verständlicher, wenn man den rechtsgeschichtlichen Hintergrund hinzuzieht, der Heathcliffs Wirken ermöglicht. Im 19. Jahrhundert herrschte in Großbritannien ein ausschließlich männliches Erb- und Eigentumsrecht, welches nur in Ausnahmefällen durch besondere Vertrags- oder Testamentsregelungen ausgesetzt werden konnte. Im Todesfall ging sämtliches Eigentum grundsätzlich an den nächsten männlichen Verwandten über, in der Regel an den ältesten Sohn. War dieser noch minderjährig, konnte die Mutter bis zur Volljährigkeit das Besitzrecht bekommen. Hatte ein Erblasser nur Töchter, ging das Erbe nicht an die Töchter, sondern an einen Neffen oder sogar an einen weiter entfernten männlichen Erben. Häufig gab es im Testament bindende Verfügungen, sodass die Annahme des Erbes mit jährlichen Rentenzahlungen an die Töchter und die Ehefrau verbunden war.
Falls eine Frau in Ausnahmefällen über Eigentum verfügte, ging dieses in der Regel bei Heirat an den Ehemann über.
Dementsprechend wird im Roman dargestellt, wie sich Heathcliff durch Heirat (erst er selbst mit Isabella, dann sein Sohn mit Catherine) in die Verwandtschaft und damit Erbfolge der Lintons einbringt.
Wuthering Heights (Sturmhöhe) war im 19. Jahrhundert umstritten, allerdings war die Übertreibung der negativen Kritiken und das Verschweigen der positiven Anteile der zeitgenössischen Rezensionen durch die Herausgeberin Charlotte Brontë einer der Gründe, warum in der literaturgeschichtlichen Darstellung die Kritik besonders hervorgehoben wurde.[6] Kritikpunkte in den zeitgenössischen Rezensionen waren, dass man sich mit keinem der Charaktere wirklich identifizieren könne, da keine der handelnden Personen in irgendeiner Weise voll und ganz sympathisch sei, sie stießen eher ab, als dass sie anzögen. Außerdem könne man mit keinem Charakter wirklich mitfühlen, man empfinde zwar hin und wieder Mitleid, das aber durch die zu verurteilenden Taten wieder zunichtegemacht werde. Die verschachtelte Handlung wird teils als verwirrend kritisiert, teils als kunstvolle Balance gelobt, die Sprache als gestelzt und melodramatisch getadelt oder als polyphonisch und authentisch gepriesen.[7][8]
Gelobt wird die drastische, ungeschönte Darstellung des Bösen in der menschlichen Natur und die in sich äußerst geschickt bis ins kleinste Detail entworfene Handlungsstruktur. Lobende Kritiken sehen in Wuthering Heights ein Werk im Geiste Shakespeares: eine überrealistisch erhöhte und intensivierte Handlung mit mystischen Elementen und mit menschlich realistischen Charakteren, die in ihrem Tun bis ins Extreme gehen.[9]
Die einzelnen Kritiken und Analysen verfallen bis heute in Extrempositionen: Wuthering Heights gilt den einen als ein Meisterwerk und Kulturgut des Viktorianischen Zeitalters, den anderen als überschätztes Kuriosum der Romanliteratur.[10]
Der Roman Wuthering Heights wurde mehrfach unter verschiedenen Titeln ins Deutsche übertragen. Eine Auswahl von Übersetzungen:
Übersetzungen ohne Jahresangabe:
Der Roman wurde mehrfach von verschiedenen Künstlern illustriert:
Das Hörspiel Sturmhöhe (zweiteilig) in der Bearbeitung von Kai Grehn wurde 2012 als Koproduktion von SWR2 und NDR Kultur produziert.[16] Sprecher sind u. a. Sebastian Blomberg, Jule Böwe, Volker Bruch, Franziska Wulf, Alexander Fehling und Bibiana Beglau.
Anmerkung: Die meisten der Verfilmungen beschränken sich auf die erste Hälfte des Romans bis zu Cathy Earnshaws Tod. Die Verfilmungen von 1920, 1967, 1978, 1992, 1998 und 2009 umfassen die gesamte Romanhandlung, wobei die BBC-Miniserien von 1967 und 1978 besonders werkgetreu gestaltet wurden. Die Verfilmungen von 2003 und 2015 versetzen die Handlung des Romans jeweils in das moderne Amerika des 21. Jahrhunderts.
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