Stiftskirche (Bad Gandersheim)
Kirchengebäude in Bad Gandersheim Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Die evangelisch-lutherische Stiftskirche St. Anastasius und St. Innocentius (Im Volksmund auch Gandersheimer Dom genannt.) in Bad Gandersheim ist ein denkmalgeschütztes Kirchengebäude in Bad Gandersheim im Landkreis Northeim (Niedersachsen). Das Münster war die Stiftskirche des ehemaligen Kanonissenstiftes, das 1802 aufgehoben wurde, um der drohenden Säkularisation zu entgehen. Sie war seit 881 der Lebensmittelpunkt der Kanonissen.[1] Die Kirche wird heute von der evangelisch-lutherischen Stiftskirchengemeinde St. Anastasius und St. Innocentius genutzt, sie gehört zur Propstei Gandersheim-Seesen in der Landeskirche Braunschweig.[2]
Das Stift wurde 852 von Liudolf gegründet. Mit dem Bau des 881 durch Wigbert von Hildesheim geweihten Gebäudes[3] aus Stein wurde 856 begonnen. Das einstige Westwerk wurde 927 geweiht. Der Westturm und der Westquerbau fluchteten mit den Seitenschiffen. Teile des karolingischen Mauerwerkes sind möglicherweise noch im Ost- und Westteil erhalten. Die Kirche sollte im Jahr 1000 geweiht werden, wegen eines Brandes, nach dem das Gebäude weitgehend benutzbar blieb, wurde sie erst 1007 geweiht. Dies ist durch etliche Besuche des Kaisers und durch Synoden belegt, die in dieser Zeit in Gandersheim stattfanden. Es wird vermutet, dass in dieser Zeit auch die vortretenden Arme des Westwerks gebaut wurden. Der übliche Aufenthaltsort der Geistlichkeit war der Chor, die Mitglieder der weltlichen Macht, insbesondere der Kaiser, hielten sich im Westwerk auf.[4] Nach Schädigungen durch einen zweiten Brand wurde der Umbau des westlichen Querhauses erforderlich; gleichzeitig wurde der sogenannte Fräuleinchor eingerichtet. Die Äbtissin Adelheid II. (1063–1094) war eine Schwester von Kaiser Heinrich IV., in ihrer Amtszeit wurde das Mittelschiff neu errichtet und eine Krypta angelegt. Nach einem dritten Brand erfolgte in der Zeit von 1162 bis 1168 eine Weihe. In dieser Zeit wurden die östlichen Gebäudeteile und die Seitenschiffe eingewölbt, das Mittelschiff wurde erhöht. Im 14. und 15. Jahrhundert wurden Kapellen an die südliche und nördliche Wand angebaut. Die Ostapsis wurde 1703 erneuert. Die Renovierungen seit 1838 führten zum Abbruch des Paradieses[5] an der Westseite, die Kapitelle wurden verfälscht und am westlichen Querhaus Giebel dazu erfunden.[6] Die letzte umfangreiche Renovierung fand von 1992 bis 1997 statt. Unter anderem wurde dabei der Lettner entfernt. Außerdem hat man den Bartholomäusaltar ausgelagert und im benachbarten Museum Brunshausen aufgestellt.
Das Frontgebäude mit zwei achteckigen Westtürmen wirkt schildmauerähnlich. Daran schließt sich die Basilika zu drei Schiffen mit einem westlichen und östlichen Querhaus an. Die Apsis an der Ostseite wurde laut einer Bezeichnung im Jahr 1703 neu angelegt. Die ursprünglich elliptischen Fenster wurden im 19. Jahrhundert durch solche im Stil der Romanik ersetzt.[7] Das Mauerwerk der Stephanskapelle und das der südlichen Chorkapelle bilden mit der südlichen Wand des östlichen Querhauses eine Einheit, die wohl noch aus dem ursprünglichen vorottonischen Mauerwerk des Münsters besteht. Die Johannes der Täuferkapelle und die Bartholomäuskapelle wurden um 1350 vor dem südlichen Seitenschiff angefügt. Über dem spätgotischen Portal der Peter- und Paul-Kapelle von 1439 wurde ein Tympanon mit der Darstellung von Jesus zwischen den Aposteln Petrus und Paulus eingemauert. Es stammt von dem ehemaligen romanischen Portal des Seitenschiffes. Das Quadermauerwerk wurde in den Jahren nach 1100 den Mauern des westlichen Querhauses aus vermutlich ottonischer Zeit vorgeblendet. Es hat keinen Bezug zur inneren Geschosshöhe, aber zu den Mauern des Seitenschiffes und dem Turmunterbau. Die nördliche Seitenschiffwand wurde ebenso verblendet; davor stehen die Antoniuskapelle von 1462 und die Andreaskapelle von 1432. Der Westbau mit den beiden achteckigen Türmen ist vermutlich bei der Verblendung anstelle des Westwerkes mit drei Türmen entstanden.
Arkaden mit zwei sächsischen und einem rheinischen Stützenwechsel trennen die Seitenschiffe vom Mittelschiff ab. Die Kapitelle sind mit verschiedenartigen Blattornamenten geschmückt. Die das Mittelschiff abschließende Wand wird von drei Pfeilerarkaden unterstützt. Die Wand ist in der oberen Etage durch drei Rundbogenfenster gegliedert, deren beide äußere als Biforienfenster angelegt sind.[8] Die Kuppel der Apsis ist mit einem gemalten Sternenhimmel geschmückt. Der Kanonissenchor befindet sich an der Nordseite; im Süden ist die Grablege von Herzog Liudolf zu finden.[9] Das gewölbte Untergeschoss des Westwerks ist durch eine schwere Bronzetür erschlossen. Die Tür mit Engelsmotiven wurde 1969 von Ursula Wallner-Querner gefertigt. Der hochgezogene Mittelteil des Westwerks ist so breit wie das Mittelschiff, das an der Nord- und Südseite von je einer fast quadratischen Halle begleitet wird. In jeder der beiden Hallen steht eine Vierpass-Mittelsäule. Dieser breiteste Teil des Kirchengebäudes war ursprünglich auch der höchste, unter einem mächtigen Turm im Obergeschoss war eine Kapelle mit einem Thron untergebracht. Der Turm mit der Thronkapelle verlor nach dem Investiturstreit seine Bedeutung und wurde im 12. Jahrhundert abgetragen.[10] In der Antoniuskapelle ist das bekannte Roswitha-Fenster zu sehen, in der Andreaskapelle steht der Sarkophag der Äbtissin Elisabeth Ernestine Antonie. Beide Kapellen wurde im 14. und 15. Jahrhundert im Stil der Gotik erbaut.
In der Krypta befinden sich ferner die Reliquien zweier römisch-katholischer Päpste. Es handelt sich hierbei um Anastasius I. und Innozenz I., welche um das Jahr 400 Päpste waren.
Der Westbau wird seit 1959 als Kulisse für die Gandersheimer Domfestspiele genutzt.[11][12] Das Orchester Concerto Gandersheim führt in Anlehnung an die Tradition der Gandersheimer Dommusiker regelmäßig Konzerte auf.[13][14] Die Auftritte der Domkantorei erfolgen in Verbindung mit Concerto Gandersheim.[15]
Von der ursprünglichen Ausstattung sind am Ort viele Werke nicht mehr erhalten. Vieles wurde in Museen ausgelagert, zum Beispiel auf die Veste Coburg, ins Herzog Anton Ulrich-Museum in Braunschweig oder ins Museum Brunshausen (Bartholomäusaltar). Dennoch sind bedeutende Werke der Gotik und des Barock weiterhin vor Ort. Hinzu kommen Arbeiten aus dem 20. Jahrhundert (Fenster, Taufbecken, Bronzetür).
Die Orgel der Stiftskirche wurde von 1998 bis 2000 durch die Orgelbaufirma Manufacture d’Orgues Muhleisen (Eschau, Frankreich) erbaut. Das Schleifladen-Instrument hat 50 Register auf drei Manualwerken und Pedal, darunter sieben Transmissionen (Nr. 44–50) und eine Extension (Nr. 42) im Pedal. Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen und Koppeln sind wahlweise mechanisch und elektrisch zu betätigen (Doppelregistratur).[22]
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Das Geläut der Stiftskirche umfasst acht Glocken. Das Geläut hängt in dem Glockenhaus zwischen den beiden Türmen. Die älteste Glocke mit dem Namen „Nikolaus“ stammt aus dem Jahr 1513, die zweitälteste aus dem Barock. Die weiteren Glocken wurden nach dem Zweiten Weltkrieg angeschafft.[23]
Nr. | Name | Gussjahr | Gießer | Masse (kg) | Nominal | Anmerkungen |
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1 | 1765 | Weidmann | 1950 | cis1 | ||
2 | 1949 | Ulrich&Weule | 1100 | e1 | Eisenhartgussglocke | |
3 | 1949 | Ulrich&Weule | 800 | fis1 | Eisenhartgussglocke | |
4 | 1949 | Ulrich&Weule | 400 | a1 | Eisenhartgussglocke | |
5 | 1513 | H. Mente d.Ä oder d.J | 120 | e2 | ||
6 | 1967 | F.W.Schilling, Heidelberg | 123 | fis2 | Erklingt nur an Hochfesten und zum Vater-Unser |
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