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Sport auf Stelzen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Stelzenlauf (auch: das Stelzengehen) ist eine über alle Erdteile verbreitete spielerische Tätigkeit, bei der man auf Stelzen, also paarigen, funktionellen Verlängerungen der zwei Unterschenkel zum Vergnügen herumspaziert. Durch ihre hohe Erscheinung sorgen meist professionelle Stelzenläufer als Gaukler auf Festen für Aufmerksamkeit. Einfedernde Stelzen ermöglichen auch sportliches Springen. Um bei Arbeiten mit den Armen andauernd ein Stück höher zu reichen, setzen Handwerker mitunter Stelzen mit Aufstandsflächen so lange wie Schuhsohlen ein, die Dreh- und Kippmoment des menschlichen Fußes vermitteln.
Eine Verwendung von Stelzen zur Volksbelustigung im Mittelalter wird als sehr wahrscheinlich angenommen.
Vor einer ausschließlich vergnüglichen Benutzung stand die praktische Verwendung von an den Beinen befestigten Stelzen zur Überwindung von überschwemmtem oder sumpfigem Gelände.
Bekannt für seine Stelzenläufer wurde das französische Département Landes, wo im 19. Jahrhundert die dort ansässigen Hirten in der Sumpflandschaft einmal zur Bewachung ihrer Schafe vor sich nähernden Wölfen und auch zur Überquerung von feuchten Gebieten angeschnallte Stelzen verwendeten. Eine dritte mitgeführte Stelze diente als Sitz zum Ausruhen. Auch in den Niederlanden gehörten Stelzen zur Ausrüstung von Bauern, um die zahlreichen Gräben und Kanäle zu überqueren.
In England wurde Hopfengras von Arbeitern auf Stelzen an Drahtgestellen in 12 Fuß Höhe (etwa 4 Meter) befestigt. Diese Technik wurde erst Mitte des 20. Jahrhunderts verdrängt.[1]
In Kalifornien und auch in Marokko wurden Stelzenläufer bei der Obsternte eingesetzt. Auch beim Fensterputzen in den USA oder der Arbeit an Dächern und Kaminen kamen Stelzenläufer zum Einsatz und zum Bemalen hoher Decken setzte man ebenfalls Stelzen ein.
Hauptsächlich in den Ländern Westafrikas gehörte der Stelzenlauf auch zu den rituellen Gebräuchen der Schamanen. Kindern war aus diesem Grund bei den Dogon in Mali der Gebrauch von Stelzen untersagt. In Togo dagegen war der Lauf auf den Stelzen immer auch an Festen gebräuchlich.
2021 wurden Namurs Stelzenturniere von der UNESCO in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen.[2]
Besonders Kinder verwenden die Stelzen zum Spielen. Schon im veränderten Blickwinkel durch die Höhe liegt ein Sinn des Stelzenlaufens. Dazu kommen Wettbewerbssituationen wie z. B. Wettrennen auf Stelzen, Treppensteigen auf Stelzen, ein vereinbarter Parcours mit Hindernissen sowie an einer Leine aufgehängte Süßigkeiten, die ohne Hilfe der Hände mit dem Mund nur auf Stelzen zu erreichen sind. Stelzen als Spielzeug dokumentierte bereits Pieter Bruegel der Ältere auf seinem 1560 entstandenen Kinderspielebild.[3]
Bei Festzügen und Zirkusparaden sind Stelzenläufer auf langen Hölzern Tradition. Auch Karnevalsumzüge in südlichen Ländern kennen den Stelzenlauf, wobei hier wie dort die Stelzen durch lange Gewänder verdeckt werden.
Grundsätzlich lassen sich Stelzen zum Festhalten und Stelzen zum Festschnallen unterscheiden. In beiden Fällen braucht es am Stelzenholm eine gewisse Mindestfläche an Auftritt für den Fuß, damit dieser ausdauernd schmerzfrei das Körpergewicht tragen kann. Fest angezogene Schuhe können den Fuß unterstützen und helfen Reibschluss herzustellen, der gegen Abrutschen sichert. Oft ist die Standhöhe (Tritt über Boden) verstellbar. Der Stelzenholm kann unten mit einer Pufferkappe aus griffigem Gummi mit halbkugeliger Kontur und eventuell konzentrischen Rillen überzogen sein.
Typische Spielzeugstelzen werden an den geraden Holmen oben mit den Armen und Händen umfasst und hinter oder vor den Schultern eng an die Seiten des Oberkörpers gepresst. Die Füße stehen dabei nur auf Tritten, um ein schnelles Abspringen bei Stolpergefahr zu gewährleisten. Das Laufen erfordert eine gute Koordination der Bein- und Armbewegungen. Meist sind die Stelzen aus Holz oder Leichtmetallrohr gefertigt. Typische Durchmesser liegen bei 30 bis 40 mm um Biegesteifigkeit des Holms und sein verdrehsicheres Halten zu gewährleisten.
Die Auftritte sind im einfachsten Fall als fest angefügte holmdicke Bretter mit Dreieckskontur, oben waagrecht für das Auftreten, unten schräg um ein Verhaken mit dem Fuß beim Aufsteigen zu vermeiden. Eine Stelze kann am Holm diametral gegenüber zwei Auftritte in unterschiedlichen Höhen aufweisen und bleibt noch – hingefallen – flach am Boden liegen. 3 oder 4 Auftritte wendeltreppenartig rundum montiert erlauben das sukzessive Höhersteigen unter 90°-Drehungen des Holms, auch wenn Hilfe durch eine zweite Person dabei erforderlich sein kann. Von diesem Stelzentyp kann man abspringen, etwa um einem Sturz zuvorzukommen.
Topfstelzen bezeichnet ein Spielzeug, das überwiegend von Kindern verwendet wird. Bei Topfstelzen handelt es sich um eine Stelzenform, bei dem sich an zwei Töpfen bzw. Dosen jeweils ein Seil zum Festhalten befindet. Die Fortbewegung erfolgt bei den anderen Stelzen zum Festhalten auch.
Topfstelzen gehören häufig in Kindergärten und Grundschulen zu dem klassischen Pausenspielzeug, welches sich oft in Pausenkisten wiederfindet.[4] Auch kann es Verwendung als eine von mehreren Stationen im Kinderturnen finden.[5] Sie können sowohl im Innen- als Außenbereich verwendet werden.[6]
Stelzen, wie sie Handwerker und Künstler verwenden, werden an den beschuhten Füßen und Unterschenkeln festgeschnallt. Die Holme können unter Kniehöhe enden, die Arme bleiben frei. Ein Abspringen ist bei diesem Typ nicht möglich. Deshalb erfordert das Laufen mit diesen Stelzen einige Übung.
Unterarten von Stelzen zum Festschnallen:
Stelzen können sichtbar getragen oder in langer Hose oder Rock verborgen werden. Reizvoll ist das Verkleiden mit dem Kostüm eines langbeinigen Tiers. Jörn Heypke stellt so einen nur auf den längeren Hinterbeinen laufenden Dinosaurier samt aufsitzendem Reiter dar.
Der südwestfranzösische Bäcker Sylvain Dornon aus Arcachon schaffte es 1891, in 58 Tagen auf Stelzen von Paris nach Moskau (rund 3000 km) zu laufen.
In Togo in Afrika (einem Land mit einer großen Stelzentradition) findet seit Februar 2005 alljährlich in der Stadt Atakpamé ein Stelzenfest statt. Die längsten Stelzen messen dabei an die fünf Meter.[7]
In der TV-Show Wetten, dass..? verletzte sich Samuel Koch 2010 massiv bei einem Versuch, anlässlich einer Saalwette mit Sprungstelzen über ein auf ihn zu fahrendes Auto zu springen.
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