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Landeshauptstadt von Niederösterreich Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
St. Pölten (amtlicher Name,[1] auch Sankt Pölten geschrieben, bairisch-österreichisch Sankt Pödn ausgesprochen) ist seit 1986 Landeshauptstadt und mit 58.856 Einwohnern (Stand 1. Jänner 2024)[2] größte Stadt von Niederösterreich. Nach seiner Einwohnerzahl belegt St. Pölten auf der Liste der Städte Österreichs den neunten Platz.
Statutarstadt St. Pölten | ||
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Wappen | Österreichkarte | |
Basisdaten | ||
Staat: | Österreich | |
Bundesland: | Niederösterreich | |
Politischer Bezirk: | Statutarstadt | |
Kfz-Kennzeichen: | P | |
Fläche: | 108,44 km² | |
Koordinaten: | 48° 12′ N, 15° 38′ O | |
Höhe: | 267 m ü. A. | |
Einwohner: | 58.856 (1. Jän. 2024) | |
Bevölkerungsdichte: | 543 Einw. pro km² | |
Postleitzahlen: | 3100, 3104, 3105, 3107, 3109, 3140, 3151, 3385 | |
Vorwahl: | 02742 | |
Gemeindekennziffer: | 3 02 01 | |
NUTS-Region | AT123 | |
Adresse der Gemeindeverwaltung: |
Rathausplatz 1 3100 St. Pölten | |
Website: | ||
Politik | ||
Bürgermeister: | Matthias Stadler (SPÖ) | |
Gemeinderat: (Wahljahr: 2021) (42 Mitglieder) |
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Lage von St. Pölten | ||
St. Pölten | ||
Quelle: Gemeindedaten bei Statistik Austria |
Die Stadt im Alpenvorland am Fluss Traisen weist eine Fläche von 108,44 km² auf und ist zugleich Statutarstadt, Gemeinde als auch Bezirk. Die Gegend um St. Pölten ist seit der Steinzeit bewohnt; die Stadt gilt – je nach Definition – als die älteste oder zumindest eine der ältesten Städte Österreichs. Am 17. November 2016 wurde St. Pölten als 75. Stadt der Ehrentitel „Reformationsstadt Europas“ durch die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa verliehen.[3]
Die Stadt liegt im nördlichen Alpenvorland südlich der Wachau und damit im Mostviertel, dem südwestlichen der vier Viertel Niederösterreichs.
St. Pölten gliedert sich in elf Stadtteile, die aus insgesamt 42 Katastralgemeinden bestehen (Fläche Stand 31. Dezember 2019[4]):
Das Gemeindegebiet gliedert sich in 42 gleichnamige Ortschaften (in Klammern Einwohnerzahl mit Stand 1. Jänner 2024[5]):
Karlstetten Obritzberg-Rust |
Herzogenburg | Kapelln |
Gerersdorf Neidling |
Böheimkirchen | |
Ober-Grafendorf | Wilhelmsburg | Pyhra |
An die Statutarstadt St. Pölten grenzt rundum nur der Bezirk St. Pölten an.
Das außeralpine Klima St. Pöltens ist bestimmt von mäßig kalten, eher trüben Wintern mit wenig Schnee sowie Sommern mit viel Sonne und wenig Niederschlag.
Die durchschnittliche Temperatur schwankt im langjährigen Monatsmittel zwischen −1,0 °C im Jänner und 19,1 °C im Juli, das Jahresmittel beträgt 9,2 °C. Die durchschnittliche Niederschlagsmenge ist mit 29,5 mm im Jänner am geringsten und steigt bis zu 88,1 mm im Juli an. Die meisten Regentage verzeichnen die Sommermonate Juni und Juli mit 10,5 bzw. 10,7 Tagen, im Oktober regnet es nur 6,5 Tage. Der Juli ist mit 7,6 durchschnittlichen Tagessonnenstunden der sonnigste Monat, im Dezember hingegen scheint die Sonne nur 1,5 Stunden.[6]
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für St. Pölten
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Das Gebiet des heutigen St. Pölten war schon in der Jungsteinzeit, etwa seit dem 3. Jahrtausend v. Chr., besiedelt; so gibt es zahlreiche Funde der bemaltkeramischen Kultur. Auch Spuren der Bronzezeit, der Eisenzeit und der Kelten sind gefunden worden.
Seit dem Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. bis etwa 450 befand sich die römische Stadt Aelium Cetium genau an der Stelle, wo im Mittelalter die Altstadt St. Pöltens entstand. Aelium Cetium war eine der bedeutendsten zivilen Versorgungsstädte der römischen Provinz Noricum, von der aus man mit einem Tagesmarsch etliche mit Soldaten belegte Grenzstädte an der Donau erreichen konnte. Archäologen konnten seit 1988 zahlreiche Funde dokumentieren. Auch der römische Stadtplan ist in Umrissen bekannt; so stimmt etwa die Lage der heutigen Wiener Straße/Heßstraße mit der der römischen Hauptstraße überein. Auch die Geschichte der römischen Stadt ist ungefähr bekannt.
Während der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts begann das bewohnte Gebiet der römischen Stadt immer kleiner zu werden. In der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts hat der Großteil der Bevölkerung die Stadt verlassen, möglicherweise um in sichereren Siedlungen an der Donau Schutz zu finden. Der späteste Beleg antiken Lebens – ein Grab samt einer Schüssel – stammt in etwa aus dem Jahr 450.[7]:hier: S. LIII Aelium Cetium war also verlassen und an seiner Stelle folgte eine jahrhundertelange Siedlungsunterbrechung.[8]:hier: S. LXIII
Vom 5. bis ins 8. Jahrhundert war die spätere Stadt St. Pölten zwar unbewohnt, jedoch gibt es in nahe gelegenen, heute eingemeindeten Ortschaften Funde aus der Zeit der Völkerwanderung. So sind in den nördlich gelegenen Orten Pottenbrunn und Unterradlberg für die Zeit zwischen 500 und 550 Ansiedelungen von kleinen Langobardensippen nachgewiesen. Der Grund dafür, dass die Germanen die verfallenden Reste der leeren Römerstadt ungenutzt ließen, könnte ihre literarisch überlieferte Stadtscheu gewesen sein.[9][7]:hier: S. LVII–LVIII
Voraussetzung für das Entstehen einer Siedlung im Gebiet des heutigen St. Pölten waren politische Umwälzungen in größerem Maßstab. In Mitteleuropa war seit dem Ende des 6. Jahrhunderts das eingewanderte Volk der Awaren (zusammen mit angestammter Bevölkerung) ansässig, auch das Gebiet des heutigen Niederösterreichs gehörte vor der Gründung St. Pöltens zu ihrem Reich. Westlich des Awarenreichs lag zu dieser Zeit das Fränkische Reich, das sich unter Karl dem Großen ausdehnte, auch nach Osten hin. Nachdem es bereits zuvor zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Awaren und für das Fränkische Reich kämpfenden Truppen gekommen war, erfolgte 791 ein erster großer Feldzug Karls gegen die Awaren. In der Folge wurden die Awaren besiegt und verschwanden um 822 – zumindest als eigenständiges Volk – sogar völlig aus der Geschichte.
Die herrschaftliche Erfassung durch das Fränkische Reich und die christliche Kirchenorganisation begannen in Niederösterreich 791 und in den folgenden Jahren.[10] Zu jener Zeit entstanden in Niederösterreich neue Siedlungen und Klöster, darunter vermutlich auch das seither durchgehend bewohnte St. Pölten.
Viele der Fragen zur Gründung St. Pöltens sind nach heutigem Forschungsstand noch unbeantwortet. Sicher ist, dass es im Frühmittelalter im Bereich der heute von den Promenaden umgebenen Innenstadt sowohl ein Kloster (das Hippolytkloster) als auch eine weltliche Siedlung gab. Das archäologisch nachgewiesene Kloster wurde vom Kloster Tegernsee möglicherweise nach den Awarenfeldzügen Karls des Großen (ab 791), spätestens aber um 850 erbaut. Die Siedlung konnte archäologisch noch nicht nachgewiesen werden; Name, Entstehungszeit und Lage innerhalb der Altstadt sind in der Forschung umstritten. Möglicherweise ist sie mit dem Ort Treisma identisch, der in Texten des 9. Jahrhunderts mehrmals erwähnt wird. Jedenfalls ist in einer Urkunde aus dem Jahr 976 von der Siedlung „Treisma“ beim „Kloster des Heiligen Hippolytus“ die Rede.[11]
Von diesem Kloster hat die Stadt ihren Namen erhalten: „Pölten“ ist eine eingedeutschte Form des männlichen Vornamens „Hippolyt“. Der Namenspatron der Stadt war der westliche Kirchenvater und mutmaßlich erste Gegenpapst der Geschichte, Hippolyt von Rom (ca. 170–230).
Wahrscheinlich begann die mittelalterliche Geschichte St. Pöltens Ende des 8. Jahrhunderts mit dem Bau des Hippolytklosters, das sich an der Stelle befand, wo heute das Bistumsgebäude St. Pölten steht. Der frühmittelalterliche Ort lag der gängigsten These zufolge westlich des Hippolytklosters auf dem Grund, der heute von der Klostergasse, der Grenzgasse, der Domgasse und der Kremser Gasse umgeben ist. Vermutlich handelte es sich dabei um ein typisches frühmittelalterliches Haufen- und Gassengruppendorf. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass es im frühen St. Pölten also zwei Grundherrschaftsbereiche auf engem Raum gegeben haben dürfte: das Hippolytkloster gehörte dem Kloster Tegernsee, die Siedlung Treisma gehörte Passau.[8]:hier: S. LXIII–LXV
Das St. Pöltner Hippolytkloster im Nordost-Eckbereich der ehemaligen römischen Stadt wurde vom bayerischen Kloster Tegernsee vermutlich nach 791 erbaut. Da Karl der Große die von den Awaren eroberten Gebiete an Teilnehmer der Feldzüge vergab, ist anzunehmen, dass das bayerische Kloster Tegernsee auf diese Weise zu seinen Besitzungen im St. Pöltner Raum gekommen war. Alle früheren Datierungen des Klosterbaus (wie die Jahre 741 oder 764) vor dem Awarenfeldzug Karls sind unwahrscheinlich.[8]:hier S. LXIII–LXIV Das Hippolytuskloster war ein Benediktinerkloster und mit Reliquien des namengebenden Hippolyt von Rom ausgestattet. Vom Hippolytuskloster konnten bisher nur wenige in den späteren Neubau einbezogene bauliche Reste gefunden werden,[12] jedoch keine aus vorromanischer Zeit (vor 1000).
Im heutigen Diözesanmuseum ausgestellte Keramikbruchstücke fand man hingegen schon aus der Zeit der Gründung des Klosters, 1949 und 1951 sowie 1988 im Kapitelgarten des heutigen Bistumsgebäudes St. Pölten.[7]:hier S. LX Frühe mittelalterliche Berichte, in denen das Hippolytuskloster erwähnt wird, stammen aus dem 10. Jahrhundert. Umstritten ist, ob die Gründungsgeschichte in der 1779 erschienenen Historia Canoniae Sand-Hippolytanae[13] wahr ist, nach der die beiden Brüder Adalbert und Otkar das Kloster gründeten. Adalbert war jedenfalls von 765 bis 803/804 Abt von Tegernsee.[8]:hier S. LXIII–LXIV
Außer von der Klostergründung ist in mittelalterlichen Texten auch von einem Ort Treisma die Rede, der sich allerdings nicht im Besitz Tegernsees, sondern im Besitz Passaus befand. Die Forschung ist sich weitgehend einig, dass Treisma der alte Name des entstehenden St. Pölten war, dass also zumindest in einigen der in Frage kommenden Texte Treisma für St. Pölten steht. Peter Scherrer nimmt an, dass Treisma sich in den nahegelegenen Orten Pottenbrunn und Unterradlberg befand. Zu einer Besprechung von Scherrers Annahme siehe[8]:hier: S. LXIV–LXV Seine erste beiläufige Erwähnung erfährt der Ort Treisma in einer Urkunde für das Jahr 799.[14] Auch in weiteren Erwähnungen der beiden folgenden Jahrhunderte ist von passauischem Besitz in Treisma die Rede, den sich die Bischöfe Passaus von weltlichen Herrschern durch Urkunden bestätigen ließen. Im zweiten Viertel des 9. Jahrhunderts wurde Tegernsee Kommende des Bistums Passau, weshalb sich Bischof Pilgrim von Passau 976[15] auch den Besitz des St. Pöltner Hippolytklosters von Kaiser Otto II. bestätigen ließ.[8]
Das Hippolytuskloster und die von ihm getrennte Siedlung waren die Keimzellen der mittelalterlichen Stadt. Die Entwicklung der St. Pöltner Altstadt, die im Hochmittelalter von der etwa 1253 bis 1286 errichteten St. Pöltner Stadtmauer umgeben wurde, kam erst um 1367 zu einem ersten Abschluss. Um diese Zeit war das Gebiet innerhalb der Stadtmauer erstmals weitgehend bebaut. Trotz der langen Siedlungspause nach dem Untergang der Römerstadt war die mittelalterliche Stadtentwicklung stark von der Anlage Aelium Cetiums geprägt. Nicht nur, dass die verfallenen Ruinen abgetragen und ihr Material zum Bau verwendet wurde, einige der alten römischen Bauwerke – so etwa am Domplatz – hat man adaptiert und weitergenutzt. Auch einige der im Mittelalter neu angelegten Straßen und Plätze liegen exakt dort, wo sich früher römische Straßen und Plätze befanden.
Das Marktrecht erhielt St. Pölten um 1050. Zur Stadt erhoben wurde St. Pölten 1159 durch Bischof Konrad von Passau. Sie ist damit vor Enns und Wien die älteste Stadt Österreichs, was allerdings nicht unumstritten ist.[16] Die heutige Wüstung Raizinsberg findet 1180 Erwähnung.
Im 13. Jahrhundert wurde die Stadt um einen Westteil mit dem Breiten Markt (heute Rathausplatz) planmäßig erweitert und mit einer Stadtmauer umgeben. Das Viertel um das Kloster wurde dem Propst des Stiftes unterstellt, während der passauische Teil eine städtische Verwaltung mit Richter und Rat erhielt.
Aus der Zeit um 1300 stammen die ersten Nachrichten über Juden in St. Pölten. In den Jahren 1306 und 1338 kam es zu Pogromen gegen St. Pöltner Juden. 1338 erfolgte die Verleihung eines neuen Stadtrechts durch Bischof Albrecht II. von Passau.
Bis zum Ende des Mittelalters blieb St. Pölten passauisch und wurde erst als Folge der Verpfändung der Stadt an König Matthias Corvinus von Ungarn landesfürstlich. 1481 verpfändete Bischof Friedrich Mauerkircher die Stadt dem ungarischen König, der sie zu einem seiner wichtigsten Stützpunkte in Niederösterreich im Kampf gegen Kaiser Friedrich III. machte und sehr förderte. 1487 verlieh er St. Pölten einen Wappenbrief, kurz darauf umfangreiche Maut- und Transportprivilegien. Nach der Vertreibung des Ungarnkönigs beanspruchte Maximilian I. im Frieden von Pressburg 1491 die Stadt als Kriegsbeute für sich und gab seine Ansprüche auch gegenüber dem eigentlichen Stadtherrn, dem Bischof von Passau, nicht mehr auf.
Als landesfürstliche Stadt war St. Pölten im Landtag vertreten und erhielt 1538 von Ferdinand I. ein neues Wappen, das seine neue Stellung zum Ausdruck brachte.
Schon 1522 musste der St. Pöltner Bürger Philipp Hueter als Anhänger der Reformation vor dem Rat und dem Stadtrichter erscheinen. Händler, insbesondere Buchhändler, hatten das neue Gedankengut von Süddeutschland nach St. Pölten gebracht. Aber erst nach 1550 war der niederösterreichische Landtag vom evangelischen Glauben nach dem Reformator Martin Luther geprägt, und so versuchten die niederösterreichischen Städte ihre religiöse Freiheit gegenüber dem katholischen habsburgischen Landesherrn und Kaiser Maximilian II. zu verteidigen. Gegen den Willen des Chorherrenstifts setzte der Rat von St. Pölten unter Führung von Ratsherr und Stadtrichter Martin Zandt 1559 durch, dass der ehemalige Prämonstratenser und lutherische Pfarrer Conrad Lindemayer an die Pfarrkirche Unserer Lieben Frauen kam. Der Prediger Sigmund Süß wurde 1568 an die Stadtpfarrkirche berufen. 1569 war St. Pölten eine mehrheitlich evangelische Stadt geworden. Eine deutsche Bürgerschule, die alle Bewohner besuchen konnten, wurde gegründet, ebenso ein neues „Bürgerspital“ geschaffen.
Die Gegenreformation hatte anderswo schon eingesetzt, als 1569 Georg Huber neuer Chorherr des Stiftes wurde, der ganz gegen die Evangelischen eingestellt war. Er kündigte den Prediger Süß, so dass nun der Rat seinen Lohn übernahm. Daraufhin ließ Huber die Pfarrkirche sperren. Unter Führung von Zandt wurde die Kirche gewaltsam geöffnet. Dieser Konflikt kam vor den Landesherrn Kaiser Maximilian, der die beteiligten Räte für schuldig befand, und Prediger Süß musste die Stadt verlassen. Die Anhänger der Reformation besuchten nun im Herrenhaus des St. Pöltner Franz von Prösing oder in Kapellen und Kirchen adliger Grundbesitzer wie auf Schloss Kreisbach in Wilhelmsburg den evangelischen Gottesdienst. 1578 wurde durch ein kaiserliches Dekret dem Stadtrat alle Neuerungen in der Religion verboten, die städtischen Schulen geschlossen und die Fronleichnamsprozession für alle verbindlich erklärt. Das sichtbare evangelische Leben verschwand bis 1623 aus der Stadt. Am 20. März 1625 wurden Wohnhäuser durchsucht und 220 „häretische“ Bücher beschlagnahmt.
Erst 1781 wurden mit dem Toleranzpatent unter Kaiser Joseph II. evangelische Kirchen wieder erlaubt. Ab 1856 leitete der lutherische Prediger des oldenburgischen Reichsgrafs Gustav Adolf Bentinck evangelische Gottesdienste im Schloss Fridau bei Ober-Grafendorf. In der Stadt selbst wurden ab 1877 wieder evangelische Gottesdienste abgehalten und 1892 eine evangelische Kirche für die inzwischen auf 170 Personen angewachsene Gemeinde gebaut. Die Familie Baudissin-Zinzendorf vom Schloss Wasserburg unterstützte den Bau.[3][17][18]
Die St. Pöltner Stadtmauer erwies sich im Zuge des Ersten Österreichischen Türkenkriegs 1529 und des Großen Türkenkriegs 1683 als wirksamer Schutz gegen die Türken.
Eine besondere Blütezeit erlebte St. Pölten im 17. und 18. Jahrhundert (1679 wird in der Topographia Provinciarum Austriacarum auch der Name Oppidum Sampoltanum erwähnt).[19] Jakob Prandtauer und Joseph Munggenast machten die Stadt zu einem Zentrum barocker Baukunst, das der um den Wiener Hof gruppierten Schule fast ebenbürtig zur Seite stand. Damals erhielt das Stadtbild mit dem Dom, der Karmelitinnenkirche, dem Institut der Englischen Fräulein, der Rathausfassade und mehreren Adelspalästen sein reizvolles barockes Aussehen. An der Domkirche (1722–1750) wirkten so namhafte Künstler wie Daniel Gran, Bartolomeo Altomonte und Tobias Pock mit.
Im Zuge der katholischen Reform wurden neue Klöster gegründet, so dass die nur 29 Hektar umfassende Stadt um 1770 insgesamt sechs geistliche Niederlassungen zählte, von denen infolge der Klosteraufhebungen unter Kaiser Joseph II. nur das Institut der Englischen Fräulein (seit 1706) und das Franziskanerkloster (heute Philosophisch-Theologische Hochschule) bestehen blieben. Die josephinischen Reformen machten St. Pölten zum kirchlichen Zentrum: 1785 wurde das Bistum Wiener Neustadt nach St. Pölten transferiert und als Bischofssitz das zuvor aufgelöste Chorherrenstift bestimmt. Erster Bischof war bis 1792 Johann Heinrich von Kerens.
Nach den mittelalterlichen Pogromen verkehrten erst im 17. Jahrhundert wieder Juden in St. Pölten (als Händler). 1863 wurde die circa 800 Mitglieder umfassende Kultusgemeinde St. Pölten gegründet. Ungefähr die Hälfte der Mitglieder lebte in der Stadt.
Nach dem Marsch auf St. Pölten zog Napoleon I. am 11. November 1805 kampflos ein und plünderte die Stadt. Auch 1809 wurde die Stadt von französischen Truppen besetzt.
Mit der Eröffnung der Kaiserin-Elisabeth-Bahn 1858, später Westbahn, und der späteren Errichtung weiterer Nebenbahnen entwickelte sich St. Pölten zur Industriestadt. Seit dem 18. Jahrhundert kam es im Zuge der Industrialisierung zur Ansiedlung kleinerer Betriebe, darunter Hammerwerke, Papiermühlen, Tuchmacher und eine Kattunmanufaktur. Nach 1903 wurden wichtige Großbetriebe gegründet wie die Papierfabrik Salzer, die Maschinenfabrik Voith, die 1. Österreichischen Glanzstoff-Fabrik AG und die Bahn-Werkstätten. Die Einwohnerzahl stieg sprunghaft an (1848: 4500, 1880: 10.000, 1922: fast 22.000), und in den 1922 eingemeindeten Orten Viehofen, Ober- und Unterwagram, Teufelhof und Spratzern entstanden neue Siedlungen.[20]:hier: S. 153
Mit der Verleihung eines eigenen Statuts 1922 wurde der neuen wirtschaftlichen Bedeutung St. Pöltens Rechnung getragen.
Die Wirtschaftskrise von 1930 machte aus dem Hoffnungsgebiet ein Notstandsgebiet mit tausenden Arbeitslosen.
Nach dem Zusammenbruch der K.u.K-Monarchie 1918 war St. Pölten von den politischen Nachkriegswirren in Österreich wie dem Bürgerkrieg 1934 und dem Anschluss Österreichs 1938 betroffen.
Noch am 11. März 1938, einen Tag vor dem „Anschluss“, gab es in St. Pölten Pro-Österreich-Kundgebungen, und das Bundesheer rüstete sich gegen den Einmarsch deutscher Truppen.[21] Am Abend, nach der Aufgabe des österreichischen Kanzlers Schuschnigg, feierten in den Straßen jedoch bereits tausende St. Pöltner mit Hakenkreuzfahnen. Die St. Pöltner Nationalsozialisten versammelten sich, ernannten Hans Doblhofer zum Kreisleiter, Franz Pfister zum Bezirksleiter und Franz Hörhann zum Bürgermeister. Noch vor Mitternacht besetzten NSDAP und SA das Rathaus.
Einen Tag später kam die in Österreich einmarschierende Wehrmacht auf ihrem Weg nach Wien bereits bis St. Pölten, wo sie mit Jubel empfangen wurde. Am 14. März, einen Tag vor seiner Rede am Heldenplatz besuchte Adolf Hitler St. Pölten und aß mit Heinrich Himmler, Wilhelm Keitel und Martin Bormann im Hotel Pittner zu Mittag.[22]
Krems wurde die Gauhauptstadt Niederösterreichs, das in „Niederdonau“ umbenannt worden war, aber St. Pölten sollte nach NS-Plänen zur „Gauwirtschaftsstadt“ werden, da es über Industrie, Bahnverbindungen und große nutzbare Flächen verfügte.[23] Man sprach von „Groß-St. Pölten“ und gliederte der Stadt zahlreiche Ortschaften an (Ratzersdorf, Stattersdorf, Radlberg, Brunn, Harland, Altmannsdorf, Windpassing, Schnabling, Pyhra, Wörth, Hart, Wolfenberg, Völtendorf, St. Georgen am Steinfelde, Gattmannsdorf, Gröbern und Teile von Pummersdorf).
In der Zeit des Nationalsozialismus wurde der nahegelegene Fliegerhorst Markersdorf, das „Lager Spratzern“ (die spätere Kopal-Kaserne) und andere Heereseinrichtungen gebaut. Der Bau einer Reichsautobahn von Salzburg über St. Pölten nach Wien wurde begonnen und das Bahnnetz ausgebaut. Es entstanden Wohnbauten wie die von 1938 bis 1940 erbaute „Volkswohnhausanlage“ (auch: Südtirolersiedlung).[24] Während der NS-Zeit hieß der Rathausplatz „Adolf-Hitler-Platz“, der Neugebäudeplatz „Platz der SA“.[25]
1938 hatte die Israelitische Kultusgemeinde in St. Pölten 1200 Mitglieder, davon lebten 400 in der Stadt selbst.[26] Bald begannen Organisationen wie der SD damit, Juden zu verhaften, es gab Delogierungen, Berufsverbote (für Ärzte, Tierärzte, Apotheker und Anwälte), Beschimpfungen und Demütigungen. Beim Novemberpogrom 1938 in der Nacht des 9. November verwüsteten etwa 350 Uniformierte und Zivilisten die Synagoge St. Pölten und Geschäfte; zahlreiche jüdische Bürger wurden verhaftet.[27]
Ab Mai 1940 gab es kaum noch Juden in St. Pölten. Wer nicht verhaftet worden war und nicht emigrieren konnte, hatte sich in Wien anzumelden. Am 7. Oktober 1941 verkündete der Bürgermeister, dass St. Pölten juden- und zigeunerfrei sei.[28] Drei Fälle sind bekannt, in denen es Juden gelang, bis 1945 unentdeckt in St. Pölten zu überleben.[29]
In finanzieller Hinsicht profitierten von der Vertreibung der Juden der Staat, die Stadtgemeinde und Privatpersonen. Zahlreiche Geschäfte, Betriebe wie etwa die Schüller-Fabrik, Wohnungen und anderes Eigentum wurden enteignet. Die Synagoge diente als Lager für sowjetische Kriegsgefangene und die SA-Standarte 21. Der alte jüdische Friedhof wurde vollständig zerstört, den neuen, heute noch existierenden, ließ man verwahrlosen. Besonders ab 1941 stieg die Zahl der Massenmorde in den KZs des Dritten Reichs, nachweislich wurden mindestens 300 der 1200 Mitglieder der St. Pöltner Kultusgemeinde ermordet, fast keiner kehrte nach dem Krieg nach St. Pölten zurück.[26]
Im Laufe des Krieges erfolgte auch in St. Pölten in großem Maß die Umstellung der Industrieproduktion auf Rüstungsgüter. Zahlreiche Betriebe, darunter auch die größten, steigerten dabei ihre Produktion und Mitarbeiterzahlen erheblich. (Eine Auflistung der einzelnen Betriebe findet man in[22]) Da nicht nur die Juden aus der Stadt verschwunden, sondern auch große Teile der restlichen männlichen Bevölkerung zur Wehrmacht eingezogen waren, begann man auch in St. Pölten in großem Maßstab Frauen, aber auch Zwangsarbeiter (Kriegsgefangene, Häftlinge) einzusetzen. Dies geschah in so gut wie allen Betrieben der Stadt, es kam dabei – wie im Lager für aus Ungarn deportierte Juden in der Viehofner Au – zu mindestens 400 Todesfällen oder Morden.[22]:hier: S. 110–112 und 118
Der Widerstand gegen das NS-Regime nahm in St. Pölten im österreichischen Vergleich bedeutende Ausmaße an, auch wenn er weder politisch noch militärisch konkrete Erfolge aufweisen konnte. Der katholisch getragene Widerstand beschränkte sich vor allem auf illegalen Religionsunterricht, die Zeugen Jehovas verweigerten den Dienst an der Waffe und gegen Ende des Krieges organisierte das Grafenehepaar Trauttmansdorff eine überparteiliche Widerstandsgruppe (Widerstandsgruppe Kirchl-Trauttmansdorff). Zu den etwa 400 Verschwörern zählten vor allem Mitglieder der Oberschicht; Ziel war es, die Stadt den sowjetischen Truppen kampflos zu übergeben. Die Gruppe wurde jedoch durch eine V-Person infiltriert und verraten. Am 13. April 1945 wurden zwölf Mitglieder zum Tod verurteilt und im Hammerpark erschossen, wo heute ein Mahnmal an sie erinnert. Am bedeutendsten waren die Widerstandsgruppen, die aus der bereits zuvor starken Arbeiterbewegung hervorgingen und großteils von der illegalen KPÖ und ihrem Umfeld ausgingen.[30] In den größeren Betrieben der Stadt (Eisenbahnwerkstätte, Post, Voith, Glanzstoff, Salzer) organisierten sich Gruppen, die Propagandamaterial gegen das Regime druckten und Streiks sowie Sabotageakte (Sprengungen, Beschädigung von Maschinen, Diebstahl) durchführten.[31] Nach Verfolgungen durch die Gestapo gab es 1941 123 Gerichtsverfahren und 28 Todesurteile gegen Eisenbahner, darüber hinaus wurden 11 Mitarbeiter der Voith hingerichtet und 37 der Post verhaftet.[22]:hier: S. 113 und 124
Im Juni 1944 kam es zu den ersten Luftangriffen durch Bomberverbände der Alliierten. Hauptziel war der Bahnhof. Die schwersten Bombardierungen erfolgten zu Ostern 1945. Es gab 591 Tote, von den 4260 Häusern wurden 142 völlig zerstört, 233 mehr als zur Hälfte, weitere 2701 leicht bis mittel. 3500 Personen waren obdachlos, große Teile der Infrastruktur (etwa Gas- und Wasserversorgung) waren getroffen. Schutz boten zahlreiche damals entstandene Bunkeranlagen oder die Flucht aufs Land.[22]:hier: S. 114–117 Noch in den Anfangsmonaten des Jahres 1945 sprachen St. Pöltner NS-Führer vom Kampf bis zum letzten Mann, so wurden auch bis zuletzt Häftlinge, Fahnenflüchtige und Widerständler getötet.[32]:hier: S. 123 Am 14. April 1945 startete schließlich der Angriff der Roten Armee auf St. Pölten. Nach der raschen Einnahme der Stadt am 15. April verlief die Front drei Wochen lang im Westen St. Pöltens. Während der Eroberung starben etwa 600 Zivilisten, 24.000 flüchteten und nur etwa 8000 Personen verblieben in der Stadt. Nach eigener Aussage hatten die sowjetischen Truppen versucht, der Stadt möglichst wenig Schaden zuzufügen; was auch vergleichsweise gut gelungen ist.[32]:hier: S. 126–127 Der Kontakt zwischen den St. Pöltnern und den sowjetischen Soldaten soll einerseits freundschaftlich gewesen sein – immerhin handelte es sich um eine Befreiung vom NS-Regime und das Ende des Krieges – andererseits war er vor allem zu Beginn von Lebensmittelplünderungen und zahlreichen Vergewaltigungen überschattet. Nach Ende der Kampfhandlungen zogen große Teile der in der Stadt stationierten Roten Armee wieder ab.[32]:hier: S. 128
Insgesamt hat der Krieg 39 Prozent der Bausubstanz St. Pöltens zerstört oder schwerst beschädigt.[20]
Am 16. April 1945 wurde der aus einer jüdischen Familie stammende 24-jährige Eisenwarenhändler Günther Benedikt von den sowjetischen Truppen als provisorischer Bürgermeister eingesetzt, allerdings nur für kurze Zeit.
Franz Käfer, Heizer in der Glanzstoff und ehemaliger Schutzbundkommandant von Wagram, wechselte 1935 von den Sozialdemokraten zur KPÖ. Auf Befehl des russischen Stadtkommandanten Chomaiko wurde er am 13. Mai 1945 Bürgermeister St. Pöltens und blieb dies während der ersten fünf Jahre des Wiederaufbaus der Stadt. Im Gemeinderat saßen 10 Vertreter der KPÖ, 10 der SPÖ und 6 der ÖVP. Für einen Neubeginn forderte Käfer dazu auf, zusammenzuarbeiten und Persönliches wie Politisches zur Seite zu stellen. Die Gemeinderatsprotokolle der ersten Nachkriegsjahre vermitteln allgemein den Eindruck eines sachlichen und konstruktiven Arbeitsklimas und erst gegen Ende des Wiederaufbaus wurden die parteilichen Differenzen wieder spürbarer.[32]:hier: S. 136
Bei den Landtagswahlen 1945 gewann die St. Pöltner SPÖ deutlich (SPÖ: 22 Mandate, ÖVP: 15, KPÖ: 6). Käfer trat daraufhin zwar zurück, blieb aber aufgrund der Intervention des sowjetischen Kommandanten doch noch bis zu den ersten Gemeinderatswahlen 1950 Bürgermeister. Mit dem Abzug der sowjetischen Truppen aus Niederösterreich nahm auch der Einfluss der KPÖ stark ab. Die Gemeinderatswahlergebnisse seit 1960 zeigen einen kontinuierlichen Abstieg von 13,2 % auf 0,8 % im Jahr 2001. Seitdem ist die KPÖ in St. Pölten nicht mehr angetreten. St. Pöltner Bürgermeister war von 1950 bis 1960 der Sozialist Wilhelm Steingötter.
Nach dem Ende des Krieges herrschte zunächst bittere Not und Obdachlosigkeit. In den folgenden drei Jahren wurde Schutt geräumt und der Bahnhof, wichtige Versorgungsunternehmen und einige Traisenbrücken wiederaufgebaut. Erst danach begann die Gemeinde, Wohnhäuser, Schulen, Straßen, Kanäle usw. in größerem Stil neu zu errichten. Die meisten neuen Wohnungen innerhalb eines Jahres, nämlich 315, entstanden dabei 1952.[32]:hier: S. 134
Die wirtschaftliche Situation war durch den Mangel von Gütern geprägt; es gab nur wenig zu kaufen und wenn, dann waren Konsumgüter aufgrund starker Teuerung für viele schwer erreichbar. Bekleidung, Möbel und vor allem Lebensmittel (manche Lebensmittel bis in die 1950er Jahre) bekam man gegen Bezugsscheine, die im Alumnat je nach Beruf, Alter etc. ausgegeben wurden. Man „wurstelte sich durch“, es etablierte sich ein Schwarzmarkt, der bis etwa 1950 andauerte.[32]:hier: S. 141 f. Die ärgste Not war 1953 auch für Einkommensschwächere überstanden, von Wohlstand konnte man aber noch lange nicht sprechen. Die Wohnungsmieten waren in den Jahren nach dem Krieg niedrig. Der Grund dafür waren Mietgesetze, aber auch der schlechte Zustand der bewohnten Barackensiedlungen (beispielsweise in der Herzogenburgerstraße) und Zinshäuser.[32]:hier: S. 142 f.
Nach dem Krieg begann die Rote Armee mit der Demontage deutschen Eigentums (vor allem Maschinen in Großbetrieben wie der Voith und der Glanzstoff), stoppte diese aber und organisierte die Wiederaufnahme der Produktion als klar war, dass die Besatzung länger andauern würde. Alle Betriebe, die man als deutsches Eigentum ansah, fasste man ab dem 27. Juni 1946 im USIA-Konzern zusammen. Die wenigen Unternehmen, die wie die Voith Gewinne machten, hatten diese als Reparationszahlung an die Sowjetunion abzuliefern.[32]:hier: S. 140 f. Für den Arbeitsmarkt waren die USIA-Betriebe ein Stabilitätsfaktor, trotzdem stieg die Arbeitslosenquote in St. Pölten 1953 auf über neun Prozent.[32]:hier: S. 143
Am 10. Februar 1955 wurden zahlreiche Eingemeindungen der NS-Zeit per Landtagsbeschluss, großteils nach Abstimmungen der Bevölkerung, wieder zurückgenommen. Ausgemeindet wurden die ländlich geprägten Ortsteile Ratzersdorf, Ober- und Unterzwischenbrunn, Windpassing, Schnabling, Wörth, Wolfenberg, Hart, Gröben, Schwadorf, Gattmannsdorf sowie Teile von Altmannsdorf, Brunn und Pummersdorf. Bei der Gemeinde verblieben Ober- und Unterradlberg, Stattersdorf, Harland und Völtendorf. Das Gemeindegebiet sank auf 43,23 km² mit 38.563 Einwohnern. St. Pölten war danach die achtgrößte Stadt Österreichs und blieb die größte Niederösterreichs.[32]:hier: S. 140
Im Mai 1955 wurde der Staatsvertrag unterzeichnet, im August 1955 begann der Abzug der sowjetischen Truppen aus St. Pölten, und am 13. September verließen die letzten Soldaten die Stadt.[20]:hier: S. 154 f. Wurden die von der Sowjetunion besetzten Teile Österreichs wirtschaftlich benachteiligt, so hatten die im August 1955 an die österreichische Bundesregierung übergebenen USIA-Betriebe danach auch noch Kredite offen und sechs Jahre lang Sachwerte an die Sowjetunion zu leisten. Die Bundesregierung wiederum sollte die 280 niederösterreichischen USIA-Betriebe an die ursprünglichen Eigentümer zurückgeben.[20]:hier: S. 153 f.
1972 überschritt die Stadt durch die Eingemeindungen von u. a. Ochsenburg, Pottenbrunn und St. Georgen erstmals die 50.000-Einwohner-Grenze.
Zur Landeshauptstadt von Niederösterreich wurde St. Pölten mit Landtagsbeschluss vom 10. Juli 1986. St. Pölten hatte sich zuvor bei einer Volksbefragung am 1. und 2. März 1986 mit 45 % gegen Krems (29 %), Baden (8 %), Tulln (5 %) und Wiener Neustadt (4 %) durchgesetzt.
Seit 1997 ist St. Pölten nach dem Auszug der Landesbehörden aus Wien und dem Bau des Landhausviertels auch Sitz der niederösterreichischen Landesregierung.
Am 9. Juli 1999 erhielt die Stadt für ihre Verdienste bei den internationalen Aktivitäten, den Städtepartnerschaften und als Federführer des „Kooperationsnetzwerkes Europäischer Mittelstädte“ die Ehrenplakette des Europarates. Während der Sitzung des Europarates am 26. April 2001 wurde St. Pölten der Europapreis verliehen. 2002 erfolgte die Eröffnung des Museums Niederösterreich.
Kurt Krenn, der seit 1991 amtierende und heftig umstrittene St. Pöltner Bischof, reichte am 20. September 2004 nach Missbrauchsvorfällen im Priesterseminar sein Rücktrittsgesuch ein. Klaus Küng wurde zum 17. Bischof der Diözese St. Pölten ernannt.
In St. Pölten befindet sich auch die Evangelische Superintendentur A. B. Niederösterreich, die 1998 aus Bad Vöslau hierher verlegt wurde.
Eine Gasexplosion tötete im Juni 2010 fünf Menschen und verursachte hohen Sachschaden.
2010 wurde mit archäologischen Grabungen am Domplatz begonnen, die ursprünglich hätten zwei Jahre dauern sollen. Im September 2023 wurde der neugestaltete Domplatz nach tatsächlich rund zehn Jahre dauernden Grabungen offiziell eröffnet.[33][34]
2017 bewarb sich St. Pölten in Zusammenarbeit mit dem Land Niederösterreich als Europäische Kulturhauptstadt 2024.[35][36] Aus der gescheiterten Bewerbung ging das Festival Tangente hervor.[37]
Der Gemeinderat besteht aus 42 Mitgliedern. Bei der Gemeinderatswahl 2021 erhielt die SPÖ 25 Mandate, die ÖVP zehn, die FPÖ und die Grünen jeweils drei, ein Mandat gewannen die NEOS.
Der Stadtsenat besteht aus dem ersten und dem zweiten Vizebürgermeister sowie elf weiteren Mitgliedern; allesamt sind sie zugleich Mitglieder des Gemeinderates. Nach dem Ergebnis der Gemeinderatswahl 2021 besteht dieser aus acht Mitgliedern der SPÖ und drei der ÖVP sowie jeweils einem Mitglied der FPÖ und der Grünen.
Das Amt des Bürgermeisters bekleidet seit 2004 Matthias Stadler (SPÖ), 1. Vizebürgermeister ist seit Februar 2020 Harald Ludwig (SPÖ),[38] 2. Vizebürgermeister ist seit 2011 Matthias Adl (ÖVP).[39]
Blasonierung: „Gespalten von Silber und Blau; vorne ein roter Balken, hinten ein steigender, silberner, rotgezungter und goldbewehrter Wolf.“[40] | |
Wappenbegründung: Das der Stadt St. Pölten von König Ferdinand I. am 3. November 1538 verliehene Stadtwappen besteht aus zwei Teilen. Der heraldisch rechte (vom Betrachter aus linke) Teil zeigt den umgekehrten österreichischen Bindenschild als Zeichen der landesfürstlichen Zugehörigkeit der Stadt. Der heraldisch linke Teil mit dem aufrecht stehenden Wolf ist Ausdruck der Herkunft aus dem Besitz des Bistums Passau. Das Pedum (Bischofsstab), das der Wolf im 15. Jahrhundert in den Pfoten hielt, ist verschwunden. |
Die Farben der Stadt sind rot-gelb. Das Siegel der Stadt zeigt das Stadtwappen mit der Umschrift „Landeshauptstadt St. Pölten“. Das Amtssiegel des Magistrates weist das Wappen und die Umschrift „Magistrat der Stadt St. Pölten“ auf.
Die Stadt verwendet seit den 1960er Jahren verschiedene Logos in Publikationen. Diese spiegeln die Entwicklungen der Stadt wider. So lautete der Text des ab 1986 benutzten Logos „Landeshauptstadt St. Pölten“, das aktuelle zeigt neben den stilisierten Sternen der Europaflagge den Text „st. pölten mitten in europa“.
Für Bürger, die ihren Hauptwohnsitz in St. Pölten haben, bietet die Stadtverwaltung elektronische Formulare an. Die Formulare basieren auf der Formularlösung AFORMSOLUTION des österreichischen IT-Unternehmens aforms und umfassen u. a. Förderungsanträge oder diverse Ansuchen.[42]
Seit dem Jahr 1869 liegen von der Statistik Austria erhobene Daten vor.[43]
Im Jahr 2011 hat die Stadtgemeinde St. Pölten 178.071.808,34 Euro eingenommen und exakt denselben Betrag ausgegeben.[44]
Per Stichtag 15. Mai 2001 arbeiteten in St. Pölten 40.041 Personen an 2.711 Arbeitsstätten. Davon beschäftigten die 23 größten Arbeitsstätten mehr als je 199 Arbeitnehmer, die 1.676 kleinsten 0 bis 4 Arbeitnehmer. Von den 23 größten Arbeitsstätten fielen 6 in den Produktionssektor, 17 in den Dienstleistungssektor.[46]
Die drei größten Arbeitsstätten 2001 beschäftigten jeweils über 999 Personen[48] (darunter das Krankenhaus und das Regierungsviertel).
Im Jahr 2001 arbeiteten 16.347 St. Pöltner in St. Pölten, 6.035 pendelten nach außerhalb zu ihrer Arbeit. Umgekehrt pendelten – da weit mehr Arbeitsplätze vorhanden sind als St. Pöltner Erwerbstätige – 24.866 Personen (rund 60 % aller in St. Pölten Erwerbstätigen) von außerhalb nach St. Pölten zu ihrer Arbeit. Das ergibt 41.213 in St. Pölten erwerbstätige Personen im Jahr 2001.[49]
Einige Medienunternehmen haben in St. Pölten ihren Sitz oder ihre Verwaltung. Dazu zählen „MFG-Das Magazin“, ein monatlich erscheinendes unabhängiges Printmedium, „@cetera“, „Campus Radio 94.4“, der Radiosender der Fachhochschule, und bis 2012 HiT FM, ein weiterer Radiosender. Daneben gibt es noch ein Studio des Österreichischen Rundfunks (ORF) für Niederösterreich, den Regionalfernsehsender „N1“ und den Privatsender „P3tv“. Die Redaktionen für den Raum Niederösterreich der Austria Presse Agentur (APA), des Wiener Kurier und Der Presse haben hier ebenfalls ihren Sitz.
Das Niederösterreichische Pressehaus in St. Pölten ist Herausgeber der Niederösterreichischen Nachrichten (NÖN), der „Burgenländischen Volkszeitung“ (BVZ), der „NÖ-Rundschau“, „Unser Gratisblatt“, der „Neuen Stadtzeitung“ und der „Landeshauptstadt-Zeitung“.
Die Fernwärmeversorgung der Stadt erfolgt durch die „Fernwärme St. Pölten GmbH“. Diese ist eine Tochtergesellschaft der Stadt St. Pölten und der EVN. Die Wärme wird seit 2009 zu zwei Drittel von der EVN Wärme über die 31 km lange Fernwärmetransportleitung vom Kraftwerk Dürnrohr geliefert.[50]
Seit 1904 gibt es die „Voith St. Pölten“. Die heutige Voith Austria Holding mit Firmensitz in St. Pölten fertigt vor allem Papiermaschinen, Turbinen und Turbogetriebe. Zählte die Voith St. Pölten 1961 noch 3031 Beschäftigte, waren es 2012 nur noch 870 bei einem Jahresumsatz von 271,2 Millionen Euro. Im Februar 2015 wurde bekannt, dass Voith-Paper den Standort St. Pölten schließt und 150 Stellen streicht.[51] Die 1986 gegründete und im Alleinbesitz der norwegischen „O.N. Sunde AS“ befindliche Sunpor Kunststoff GmbH unterhält zwei Produktionsstandorte in den Stadtteilen Radlberg und Stattersdorf. Das Unternehmen beliefert insbesondere die Hersteller von Wärmedämmplatten für die Gebäudedämmung, hatte 2009 160 Mitarbeiter und einen Umsatz von 140 Millionen Euro.[52] Unterradlberg ist seit 1970 Standort der Egger Gruppe, der Spanplatten (2014: 392 Mitarbeiter), die radlberger Getränke und in einer Brauerei das „Egger Bier“ herstellt.[53] Am Standort der heutigen Papierfabrik in Stattersdorf wird bereits seit 1579 Papier erzeugt, seit 1798 ist sie im Besitz der Familie Salzer (heute Salzer Papier GmbH).[54] Im Stadtteil Pottenbrunn befindet sich ein Werk des Schweizer Konzerns Geberit AG. Dort werden sanitärtechnische Produkte unter anderem für Duschen und WCs gefertigt.[55] 2012 hatte der Standort über 420 Mitarbeiter.[56]
Die seit 1907 betriebene ÖBB Hauptwerkstätte St. Pölten beschäftigte Ende der 1920er Jahre noch über 1500 Arbeiter, 2011 waren es nur noch 576. 2022 wurde in St. Pölten der ÖBB-Bildungscampus eröffnet, der auf einem ehemaligen Hallen-Gelände der ÖBB in der Nähe der ÖBB-Technische Services und des Lehrlingsheims für bis zu 550 Personen innerhalb von 30 Monaten um rund 75 Millionen Euro realisiert wurde.[57]
Die 1973 gegründete kika Möbelhandelsgesellschaft m.b.H. ist seitdem im Besitz der Familie Koch. In St. Pölten befindet sich der Unternehmenssitz, ein 1977 eröffnetes Möbelhaus und ein Lager (Stadtteil Spratzern) des europaweit operierenden Einrichtungshändlers, der 2018 Teil der SIGNA-Gruppe wurde.[58] Die im Besitz der Familie Leiner befindliche und 1910 gegründete Rudolf Leiner GmbH hat seither ihren Unternehmenssitz sowie eine Filiale in St. Pölten. Im Stadtteil Spratzern befindet sich ein Lager der Firma.[59]
Im Stadtteil Spratzern befindet sich eines der sieben großen österreichischen Lager der österreichischen Handelskette SPAR Österreich.
Die 1924 gegründete und bis heute als Familienbetrieb geführte Baumarkt Nadlinger Handelsges.m.b.H., hat ihren Firmensitz im Stadtteil Spratzern, wo ein Hagebaumarkt und Baustoff-Großhandel betrieben wird. 2015 übernahm[60] man den ehemaligen Baumax Standort im Stadtteil Viehofen, der seit 2016 als „Hagebaumarkt St. Pölten Nord“ weitergeführt wird.[61]
In St. Pölten entstanden ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zahlreiche Industrieunternehmen, viele von ihnen haben nicht bis in die heutige Zeit überdauert.
In St. Pölten werden 44 Prozent der Alltagswege autofrei zurückgelegt (Stand 2016). Das ist der siebente Platz im Vergleich mit den anderen Landeshauptstädten.[66] Je Tausend Einwohner gab es im Jahr 2017 565 PKWs in der Stadt.[67]
Der folgende Graph zeigt einen Vergleich der österreichischen Landeshauptstädte in sieben umwelt-relevanten Bereichen, welcher 2020 durch die Umweltorganisation Greenpeace durchgeführt wurde (je mehr Punkte umso besser):[68]
Hier fehlt eine Grafik, die leider im Moment aus technischen Gründen nicht angezeigt werden kann. Wir arbeiten daran! |
Die Stadt liegt am Schnittpunkt der West Autobahn A 1 mit der Kremser Schnellstraße S 33 und wird von der Wiener Straße B 1 durchquert. Der Anschlussknoten der gerade in Planung befindlichen und heftig diskutierten Traisental Schnellstraße S 34 soll in St. Pölten liegen.
In der Nähe der Innenstadt bestehen zehn Parkhäuser mit insgesamt etwa 3900 Stellplätzen.
In St. Pölten befinden sich zwölf Bahnhöfe, von denen der St. Pöltner Hauptbahnhof der Größte ist. Es gibt folgende Eisenbahnlinien mit zumindest Personenverkehr:
Als Ergänzung zum LUP-Busnetz ist die Einführung eines drei Linien umfassenden Oberleitungsbusnetzes mit der geplanten Bezeichnung O-LUP nach den Vorbildern der O-Bussysteme in Salzburg und Linz geplant. Die Linienführung soll sich bis nach Wilhelmsburg und Herzogenburg erstrecken.[71][72][73]
Zehn Prozent des innerstädtischen Verkehrs erfolgt in St. Pölten mit dem Fahrrad. Das bestehende Routennetz soll in den kommenden Jahren von 165 auf 219 Kilometer erweitert und verknüpft werden. Ein Mix von Radwegen, Geh- und Radwegen, Radfahrstreifen und Mehrzweckstreifen ist geplant. Im Jahr 2005 wurde die Fußgängerzone in der Innenstadt für Radfahrer geöffnet.[74]
Weiters ist St. Pölten Ausgangspunkt für viele Radwanderstrecken, hauptsächlich entlang des von Mariazell bis zur Donau reichenden Traisentalradweges.
Der Flugplatz Völtendorf befindet sich am Areal des ehemaligen Garnisonsübungsplatzes Völtendorf.
St. Pölten beherbergt das Universitätsklinikum St. Pölten mit 3100 Angestellten und 1100 Betten sowie ein Heereskrankenhaus, 225 Ärzte und zehn Apotheken. Die rettungsdienstliche Versorgung wird durch zwei Dienststellen des Samariterbundes (St. Pölten und St. Georgen) und einer Bezirkstelle sowie einer Ortstelle (Spratzern) des Roten Kreuzes aufrechterhalten. In der Landeshauptstadt befindet sich eine der vier Rettungsleitstellen von 144 Notruf Niederösterreich (ehemals LEBIG) in Niederösterreich.
St. Pölten ist der Standort des einzigen Krematoriums des Landes Niederösterreich
Pflegeheime
Als Sicherheitsbehörde für die Stadt fungiert die Landespolizeidirektion Niederösterreich. Ihr unterstellt als Dienststelle des Wachkörpers für das Stadtgebiet ist das Stadtpolizeikommando St. Pölten.
In der Stadt befinden sich die Bereichsalarmzentrale der Freiwilligen Feuerwehren in St. Pölten und den Bezirken St. Pölten-Land und Lilienfeld. Im Gegensatz zu den meisten anderen Landeshauptstädten hat St. Pölten keine Berufsfeuerwehr, sondern aktuell 14 Freiwillige Feuerwehren sowie 10 Betriebsfeuerwehren.[76]
Kindergärten, Schulen und Hochschulen
Weitere Bildungseinrichtungen sind die VHS St. Pölten das Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Niederösterreich und die Kommunalakademie Niederösterreich. Die Stadt beherbergt das Bildungszentrum der Sicherheitsexekutive (BZS) St. Pölten der Sicherheitsakademie. Die Niederösterreichische Landesakademie wurde 2017 aufgelöst.
Bibliotheken In St. Pölten befinden sich fünf größere öffentliche Bibliotheken.
Wissenschaftliche Fachbibliotheken sind
Der Stadtentwicklungsplan sieht mit Stand November 2020 die Errichtung eines Sees im Süden vor, der dem Hochwasserschutz dienen soll und als Freizeitgebiet, flächenmäßig etwas kleiner als der Ratzerdorfersee im Norden. Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) hofft auf die Unterstützung der Bevölkerung. Einige Grundstücksflächen sind noch zu erwerben, eine Umweltverträglichkeitsprüfung wird nötig sein. Der Realisierungszeitraum soll 5 bis 10 Jahre betragen.[84]
Neben diversen Fitness-Studios gibt es in St. Pölten viele Sportvereine, unter anderem:
In St. Pölten befindet sich auch eine Hauptstelle der Niederösterreichischen Landessportschule.
In St. Pölten fand alljährlich in der dritten Maiwoche ein ATP-Turnier statt, das 2006 nach Pörtschach verlegt wurde, ehe es 2008 eingestellt wurde.
In den Jahren 2007 bis 2019 fand hier der Ironman 70.3 Austria statt – ein Triathlon-Bewerb über die halbe Ironman-Distanz (1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren und 21,1 km Laufen). Seit 2020 wird dieser Bewerb als Challenge-Rennen ausgetragen.
Im Herbst 2003 kam es um das Priesterseminar St. Pölten unter Bischof Kurt Krenn zu einem Skandal wegen homosexueller Handlungen und kinderpornografischer Fotos.[85] Das Seminar wurde 2004 aufgelöst.
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