St. Peter und Paul (Obermarchtal)
Kirchengebäude im Alb-Donau-Kreis, Baden-Württemberg Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Die katholische Pfarrkirche und ehemalige Prämonstratenser-Stiftskirche St. Peter und Paul in Obermarchtal, einer Gemeinde im Alb-Donau-Kreis in Baden-Württemberg, wurde in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts errichtet und gegen Ende des 17. Jahrhunderts im Stil des Barock umgebaut. Die hoch über der Donau gelegene, weithin sichtbare Kirche gilt als eines der schönsten Beispiele frühbarocker Architektur in Süddeutschland. Im Jahr 2001 erhob der Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, die ehemalige Stiftskirche zum Münster.
Die Kirche St. Peter und Paul steht an der Stelle des bereits im 8. Jahrhundert gegründeten, dem Apostel Petrus geweihten Klosters Obermarchtal. Ende des 10. Jahrhunderts erfolgte durch den Herzog Hermann II. von Schwaben und seine Gemahlin Gerberga von Burgund die Neugründung eines Kanonikerstiftes, das den Aposteln Petrus und Paulus geweiht war. Im Jahr 995 wurde durch den Bischof Gebhard von Konstanz eine neue Klosterkirche geweiht. Im Jahr 1171 übergaben der Pfalzgraf Hugo II. von Tübingen und seine Gemahlin Elisabeth von Bregenz das Kanonikerstift den Prämonstratenserchorherren von Rot an der Rot, die in Obermarchtal ein Doppelstift einrichteten. Das Frauenstift starb allerdings nach einem Aufnahmeverbot für Chorfrauen im Jahr 1273 in den folgenden Jahren wieder aus. Unter dem Propst Walther II. von Schmalstetten wurde die alte Stiftskirche zu einer dreischiffigen Basilika umgebaut, deren Weihe im Jahr 1239 durch den Konstanzer Bischof Heinrich von Tanne erfolgte.
Dieser Bau, der Waltherische Bau genannt, diente bis zum Jahr 1686 den Chorherren als Kirche. In diesem Jahr wurde unter dem Abt Nikolaus Wierith der Grundstein für die heutige Kirche gelegt, die 1701 durch den Konstanzer Weihbischof Konrad Ferdinand Geist von Wildegg geweiht wurde. Als Baumeister war zunächst der Graubündner Tommaso Comacio verpflichtet worden. Ihm folgten die aus Au in Vorarlberg stammenden Architekten Michael Thumb und nach dessen Tod sein Bruder Christian und Franz Beer nach, die sich mit anderen Bauhandwerkern in der Auer Zunft zusammengeschlossen hatten und die die Barockbauten im süddeutschen Raum prägten.
Die beiden 68 Meter hohen Türme an der Ostseite besitzen einen quadratischen Unterbau und einen oktogonalen, von zahlreichen, unterschiedlich gestalteten Öffnungen durchbrochenen Aufbau. Sie werden von Zwiebelhauben gedeckt, auf denen kuppelartige Laternen aufgesetzt sind.
Die Südseite wird durch flache Pilaster gegliedert, zwischen denen oben Rundbogenfenster und unten in Rechteckfelder eingeschnittene, hochovale Fenster angeordnet sind. Die Fassade des kaum vorstehenden südlichen Querhauses wird von Eckpilastern begrenzt. Sie ist mit einem Volutengiebel mit leerer Nische und dreieckigem Abschluss versehen.
Die Westfassade wird durch vier Pilaster gegliedert. In der Mitte ist ein von Pilastern gerahmtes und von einem Segmentgiebel bekröntes Rundbogenportal eingeschnitten. Im Tympanon sieht man das Wappen des Bischofs und Kurienkardinals Walter Kasper. Über dem Portal öffnet sich ein Rundbogenfenster. Das Giebelfeld, das durch ein ausgeprägtes Gesims abgegrenzt wird, weist in der Mitte eine leere Nische und seitlich zwei Rundfenster auf, den oberen Abschluss bildet ein Dreiecksgiebel.
Bei der ehemaligen Abteikirche Obermarchtal handelt sich um eine Emporen-Wandpfeilerkirche mit schwach vortretendem Querhaus und leicht eingezogenem Chor. Im Grundriss entsprechen die drei Langhausjoche den drei Chorjochen, wobei zwischen Langhaus und Chor ein querhausartig vergrößertes Joch geschaltet ist. Der Chor schließt mit einer halbrunden, muschelartig ausgebildeten Apsis. Gemeinderaum (ohne westlichen Vorraum und ohne „Querhaus“) und Chor weisen eine gleich große, quadratische Grundfläche auf.
Sowohl Langhaus als auch Chor werden von gurtgegliederten Stichkappentonnen gedeckt, die Querarme von Kreuzrippengewölben, die Abseiten von Quertonnen. Das Tonnengewölbe im Gemeinderaum weist halbkreisförmigen Querschnitt auf, das im Chor ist etwas flacher[1]. Den westlichen Abschluss des Langhauses bildet eine Vorhalle, über der die Orgelempore eingebaut ist. Zwischen den Wandpfeilern sind Emporen eingezogen, die die Abseiten in Kapelle und Emporengeschoss teilen. An den Wandpfeilerstirnen stehen kannelierte Pilaster vor Rücklagen. Die Pilaster tragen ein weit ausladendes Gebälk. Kapellen und Emporen besitzen in etwa gleiche Höhe. Die Kapellen werden durch Ovalfenster, die Emporen durch Rundbogenfenster beleuchtet. Die Oberkante des Emporengeländers liegt ungefähr auf Höhe der Unterkante des Pilasterkapitells. In den Querarmen wird die Empore zu einem schmalen Verbindungssteg[2]. Eine als Triumphbogen ausgebildete Arkade führt zum Chor. Hier werden die Wandpfeiler in der Emporenzone zu Freipfeilern. Da die Emporen über Durchgänge miteinander verbunden sind, führt die Empore um den gesamten Innenraum.
Zusammen mit der Schönenbergkirche bei Ellwangen zählt die ehemalige Prämonstratenserkirche St. Peter und Paul zu den Prägebauten des „Vorarlberger Münsterschemas“[3].
Die Stuckarbeiten wurden von Michael Schnell, Christoph Zöpf und vor allem von Johann Schmuzer, einem der Begründer der Wessobrunner Schule, ausgeführt. Die mächtigen Wandpfeiler sind mit aufwändig skulptierten Kapitellen verziert. Über dem Chorbogen ist eine Kartusche mit der Jahreszahl MDCXCII (1692), dem Jahr der Vollendung der Arbeiten, angebracht. Die Gewölbe, die Stichkappen, die Rippen und Gurtbögen sind mit einem reichen Stuckdekor aus Akanthusranken, Puttenköpfen, Frucht- und Lorbeerkränzen überzogen. Im Chor wird die Pracht des Stucks im Vergleich zum Langhaus noch einmal gesteigert[4]. An der Decke im Chor wird das Christusmonogramm IHS von einem Fruchtkranz gerahmt
Die Hauptorgel von St. Peter und Paul wurde zwischen 1778 und 1780 von Johann Nepomuk Holzhey gebaut, der zu den bedeutendsten Orgelbauern des süddeutschen Barock zählt. Das Instrument hat drei Manuale und 43 Register, wobei zwei Register nur im Bass bzw. im Diskant ausgebaut sind.
Das Instrument blieb weitgehend erhalten, es fanden jedoch immer wieder Eingriffe unterschiedlichster Art statt. Kleine Reparaturen und größere dem Zeitgeschmack entsprechende Veränderungen bis hin zu einer „Renovierung“ in den 1960er-Jahren verursachten eine vollständige Zerstörung Holzheys klanglicher Konzeption und den Verlust wertvoller Originalsubstanz. Zumindest die historischen Labialpfeifen wurden bis auf die Prospektpfeifen verschont. Zudem wurde ein fortschreitender Befall von Anobien erkennbar.
In den Jahren 2011 und 2012 wurde das Instrument von der Werkstatt des Orgelbauers Johannes Rohlf rekonstruktiv nach dem Vorbild original erhaltener Holzhey-Orgeln restauriert. Mit einem Aufwand an Kosten von mehr als 1 Mio. Euro bei einem Arbeitsaufwand von 15.500 Arbeitsstunden näherte man sich wieder dem Charakter der ursprünglich erbauten Orgel. Sie wurde am 7. Oktober 2012 wieder eingeweiht und gilt als ein herausragendes Beispiel historischer süddeutscher Orgelbaukunst.[6] Die Disposition der Hauptorgel lautet:[7]
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In den Jahren 1782 bis 1784 kam ein weiteres Instrument von Holzhey als Chororgel mit 2 Manualen und 26 Registern hinzu. Von dieser sind nur noch die Windanlage, der separierte Spieltisch, die Gehäuse und die Prospektpfeifen erhalten.
Im Kapitelsaal links des Münsters befindet sich eine kleines Werk von Reiser Orgelbau aus Biberach an der Riss. Verteilt auf ein Hauptwerk, ein schwellbares Positiv und ein Pedal erklingen hier 15 Register. Der Kapitelsaal ist in der Regel nicht frei zugänglich.
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Das Geläut auf den beiden Türmen des Münsters wird auch als das größte historische Gesamtgeläut in Baden-Württemberg bezeichnet. Es besteht aus 13 Glocken, von denen zwölf zwischen 1300 und 1750 gegossen wurden. Die älteste Glocke, die Evangelistenglocke, stammt aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts und wiegt 75 Kilogramm. Die zweitälteste Glocke aus dem Jahr 1491 ist mit der Inschrift versehen: „in der cit des hungers und der dirri und vidervertikait bin ich gemach vorden“. Die beiden schwersten Glocken wiegen 4900 bzw. 2200 Kilogramm und wurden im 17. Jahrhundert unter dem Abt Nikolaus Wierith gegossen. Sechs Glocken im Nordturm wurden 1688 von der aus Lothringen stammenden Glockengießerei der Gebrüder Rosier in Rottenburg am Neckar hergestellt. Die 130 Kilogramm schwere, dem heiligen Heinrich Suso geweihte Glocke wurde 1989 von der Glockengießerei Bachert gestiftet.
Nr. | Name | Schlagton | Gewicht | Werkstatt | Gussjahr |
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1 | Hosanna | A(s)° | k. A. | Gebr. Rosier | 1688 |
2 | Gloriosa | c′ | k. A. | Gebr. Rosier | 1688 |
3 | k. A. | e′ | k. A. | Biberacher Gießhütte | 1491 |
4 | k. A. | g′ | k. A. | Gebr. Rosier | 1688 |
5 | k. A. | a′ | k. A. | Gebr. Rosier | 1663 |
6 | k. A. | h′ | k. A. | Gebr. Rosier | 1688 |
7 | k. A. | c″ | k. A. | Gebr. Rosier | 1688 |
8 | k. A. | d″ | k. A. | Gebr. Rosier | 1688 |
9 | k. A. | es″ | k. A. | Gebr. Rosier | 1688 |
10 | k. A. | e″ | k. A. | A. Bachert | 1989 |
11 | k. A. | ges″ | k. A. | C. und N. Arnold | 1756 |
12 | k. A. | a″ | k. A. | vmtl. Biberacher Gießhütte | Anfang 14. Jhdt. |
13 | Wetterglocke | a″ | k. A. | Gebr. Rosier | 1663 |
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