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Name in der Literatur mit tieferer Bedeutung Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Als sprechende Namen, auch redende Namen oder gräzisiert Aptronym, bezeichnet man Namen von Personen oder Örtlichkeiten in literarischen und filmischen Werken, die – gemäß der Redewendung nomen est omen – die betreffenden Personen und Orte durch ihre äußere Benennung ihrem inneren Wesen nach charakterisieren.
Reizvoll erscheint eine solche Namensgebung insbesondere dann, wenn sie eine hintergründige Anspielung darstellt, die vom Leser eine Entschlüsselung verlangt. Demgegenüber gibt es vor allem in Kinderbüchern kaum zählbare Beispiele für Namensgebung von Personen, die direkt und unverschlüsselt ein besonderes Charakteristikum der fiktiven Person ausdrücken.
Sprechende Namen zählen zu den ältesten Stilmitteln der Literatur. Bereits in der mündlichen Überlieferung von Mythen und Sagen wurden die Akteure häufig mit einem Namen bedacht, der ihre Eigenschaften verdeutlicht. So bedeutet etwa der Name des Prometheus der griechischen Sage „der Vorausschauende“, der seines Bruders Epimetheus „der danach Denkende“.
In der klassischen allegorischen Literatur bedürfen die Namen meist keiner Interpretation seitens des Lesers. So trifft der Pilger in John Bunyans The Pilgrim’s Progress unter anderem den Riesen „Verzweiflung“, der Herr der „Burg des Zweifels“ ist.
Eine ästhetisch reizvolle Codierung sprechender Namen kann mit den verschiedensten Stilfiguren erfolgen, insbesondere
In weitestem Sinn sind die meisten Personennamen (siehe beispielsweise Hubert) und auch Namen/Bezeichnungen von Dingen (z. B. Burg) ‚sprechende Namen‘, denn sie sind hinsichtlich ihrer Wortherkunft (siehe Etymologie) von anderen Bedeutungen, oft aus alten Sprachen abgeleitet.
In neuerer Zeit hat das Konzept sprechender Namen (Bezeichner) auch Anwendung im technischen Bereich gefunden, so etwa über Namenskonventionen in der Programmierung.
Im Wörterbuch der Sprach- und Kommunikationswissenschaften wird eine Kurzdefinition gegeben: Ein sprechender oder redender Name ist ein vor allem in fiktionalen Texten genutzter Typ von Eigennamen, der sich durch Nähe zu einem Appellativum auszeichnet. Redende Namen erzeugen Konnotationen, indem sie Wörter oder Wortbestandteile aus natürlichen Sprachen übernehmen. Damit bieten sie Hinweise auf die Charakterisierung der so benannten Figur oder des so benannten Ortes. Sprechende Namen beschränken sich mithin nicht auf die Benennung der Figur bzw. des Ortes, sondern weisen mithilfe der lexikalischen Bedeutung der übernommenen Wörter auf Eigenschaften bzw. Charakteristika des Benannten hin. Als Beispiel wird etwa angegeben, dass der Name Superman auf einen Mann mit Superkräften hinweist.[1]
In der Typologie literarischer Namen von Hendrik Birus bilden sprechende Namen einen von vier Namenstypen neben verkörperten, klassifizierenden und klangsymbolischen Namen. Sie basieren auf Assoziationen von Ähnlichkeit (Similarität) zu der Bedeutung von Elementen des allgemeinen Wortschatzes. Birus bringt ein Beispiel aus der Bibel, bei dem diese Ähnlichkeit explizit ausgeführt wird: „Wie jemand heißt, so ist er: Nābāl [hebr. ‚Tor‘] heißt er, und voll Torheit ist er.“[2]
Viele biblische Namen sind sprechend oder wurden als sprechende Namen gedeutet. Eine unvollständige Liste wäre:
Filme
Serien von Actionfiguren
In der realen Welt kommen sprechende Personennamen gelegentlich durch absichtsvolle Namensvergabe durch die Eltern (etwa dadurch, dass Träger eines bestimmten Familiennamens ihrem Nachwuchs gezielt bestimmte Vornamen geben, um bestimmte Wortspiele oder Doppeldeutigkeiten zu ermöglichen), durch Missverständnisse oder durch Bedeutungsverschiebungen infolge des unterschiedlichen semantischen Gehalts oder der unterschiedlichen Aussprache bestimmter Wörter in verschiedenen Sprachen vor.
Gelegentlich wirken sprechende Namen auch nach Art einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung: So wurde beispielsweise der Wunsch des späteren Nationalspielers Erich Kühnhackl, Eishockey-Profi zu werden, durch seinen Namen verstärkt.
Vom entgegengesetzten Fall erzählt der Song „A Boy Named Sue“ von Johnny Cash: Um zu gewährleisten, dass sein Sohn nicht „weibisch“ wird, habe der Vater ihm den weiblichen Vornamen „Sue“ gegeben.
Eine besondere Rolle nimmt die Namensgebung in von Studenten an rechtswissenschaftlichen Fakultäten zu bearbeitenden Fällen ein. Üblicherweise werden die Beteiligten in den Sachverhalten mit A, B usw. bezeichnet. Im Bürgerlichen Recht werden darüber hinaus K für Käufer oder S für Schuldner verwandt, im Strafrecht T für Täter oder O für Opfer. Es kann jedoch auch vorkommen, dass in Sachverhalten die Beteiligten einen anscheinend vollen bürgerlichen Namen erhalten. Dieser ist dann ein sprechender Name, wenn seine Kurzform gleichzeitig seine Beteiligtenstellung in der rechtlichen Würdigung entspricht. Beispiele:
Darüber hinaus werden Namen für Prozessbeteiligte verwendet, die eine besondere charakterliche Eigenschaft aufweisen können:
In der Kryptologie werden die beteiligten Parteien in Erklärungen ebenfalls häufig nicht nur alphabetisch Alice und Bob, Carol und Dave genannt, sondern entsprechend ihren Rollen. So fungiert etwa Eve, von engl. eavesdropper (zu deutsch Lauscher), als unerwünschte Mithörerin, Trudy, von engl. intruder, als Eindringling in ein Computersystem.
In der Programmierung dienen sprechende oder genauer selbsterklärende Namen der Verbesserung der Lesbarkeit von Programmtexten. Komplexere Programme ohne sprechende Namen sind auf Grund der schlechteren Lesbarkeit schwerer wartbar, die Fehlersuche und Weiterentwicklungen werden damit erschwert. Sprechende Namen zu verwenden kann mittels Namenskonventionen für alle Quelltextteile vorgeschrieben oder empfohlen werden, die in der Programmiersprache mit einem Bezeichner (Namen) anzusprechen sind, beispielsweise für Datenfelder und/oder Funktionen.
Beispiel: Während ein Compiler Quelltext-Konstrukte wie „Proz“ oder „Numm5“ oder „Text4“ oder „ROUTINE_AB“ (grundsätzlich auch „XZ56AB“ = vollkommen nicht-sprechend) problemlos verarbeiten könnte, werden – z. B. bei der Wartung – Bezeichnungen wie „MWStSatz“ oder „RechnBetrag“ oder „StrasseHsNr“ oder „BERECHNEN_RABATT“ (= sprechende Namen) hinsichtlich ihres ‚Verwendungszwecks‘ leichter verstanden.
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