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Stock zur Unterstützung beim Gehen, mitunter auch als modisches Accessoire Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Ein Spazierstock ist ein Utensil beim Spaziergang. Im Gegensatz zum Wanderstock steht beim Spazierstock nicht der Nutzwert, sondern die Optik im Vordergrund.
In der medizinischen Rehabilitation werden die dem Spazierstock ähnlichen Produkte als Handstöcke oder Gehstöcke bezeichnet in Abgrenzung gegenüber den Unterarmgehstützen und Achselstützen.[1]
Der Spazierstock im engeren Sinne hat oben einen Knauf, darunter kann eine Handschlaufe quer durch ein Loch im Stock gezogen sein. Unten hat er eine Spitze aus Metall. Später kommen abknickende und rundgebogene Griffe auf, die gut in der Hand schwingen. Die selteneren Damenstöcke sind zierlicher und häufig schmuckvoll gestaltet. Die natürliche Biegung aus Krummholz wurde schon früh ersetzt durch Holzbiegetechnik vermittels Heißdampf, was nach 1850 auch industriell weiterentwickelt wurde (Michael Thonet).
Der – meist männliche – Spaziergänger schwang den Spazierstock im Rhythmus des Gehens. Dabei fasste die Hand nur locker um den Griff, hielt ihn nach dem Nach-Oben-Schwenken vor dem Nach-Unten-Schwenken etwas fest oder bremste den Abschwung etwas, da der Stock sonst asynchron zu früh zu Boden geschwungen wäre, stieß ihn dann in oder auf den Boden und zog ihn mit dem Vorschwingen des Arms wieder zurück, dem er dann nach vorne und oben folgte. Die Arme wurden dabei genau so geschwungen wie ohne Stock. Große Könner konnten den Stock auch schwingen, ohne dass er den Boden berührte. Diese Handhabung ist nur noch selten zu beobachten.
Ein markanter Bewegungsablauf ergibt sich, wenn der Stock nur bei jedem zweiten Auftreten des gegenüber liegenden Fußes und nur kurz auf den Boden gesetzt wird.
Ein Gehstock erweitert die Ausdrucksmöglichkeiten durch Gesten und kann auch als Balancierobjekt oder Greifhilfe dienen.
Die ersten Stöcke waren vermutlich nicht mehr als abgebrochene Äste. Seither hat sich der Gebrauch, der Symbolismus und die Form des Gehstockes weiter entwickelt. So werden beispielsweise unter alten ägyptischen Grabbeigaben auch immer wieder Gehstöcke gefunden. Diese dürfen jedoch nicht mit den Amtsstäben hoher Würdenträger verwechselt werden, welche aufgrund ihres kurzen Stabes zum Gehen ungeeignet waren. Der Wert des Stocks bei den Ägyptern überdauerte vom Leben sogar in den Tod, wie die Funde aus dem Grab des Königs Tutanchamun belegen. Mehr als 100 Stöcke wurden in seinem Grab gefunden, vermutlich, um ihn im Leben nach dem Tod zu unterstützen und zu schützen.
Reisende des Mittelalters hätten die Straßen selten ohne den Schutz ihres Gehstockes bewandert. Neben der Hilfe beim Bewältigen von schwierigem und bergigem Gelände und beim Überqueren von Gräben diente der Wanderstab auch als Waffe zur Verteidigung gegen Wegelagerer und Hunde. Traditionelle Wandergesellen führen auch heute noch einen solchen beispielsweise durch das beim Wachsen ihn umschlingende Waldgeißblatt verdrehten Knotenstock. Er wird auch Stenz genannt. Diese Begleiter waren als Waffen und Werkzeuge unentbehrlich, ebenso zur Unterstützung, wie auch als Vorrichtungen um Geld und andere kostbare Gegenstände zu schmuggeln.
Die Rolle des Stocks als Zeichen des sozialen Status nahm während des 17. und 18. Jahrhunderts stark zu, als Könige und Aristokraten die mit kostbaren Juwelen und edlen Metallen verzierten „Accessoires“ in die Gesellschaft einführten. Das Begehren, den eigenen Status mittels kleiner aber feiner Details zu unterstreichen, führte dazu, die Kreativität auch auf dieses Gebiet auszudehnen. So ist es nicht verwunderlich, dass Porträts von Königen und Aristokraten häufig Gehstöcke aus Gold oder Silber zieren, die zusätzlich mit Edelsteinen besetzt sind.
Im 19. und frühen 20. Jahrhundert setzte sich der Gehstock auch beim Mittelstand der Bevölkerung durch. Vornehme Herren aus Adel und Bürgertum wurden in der Öffentlichkeit selten ohne einen Spazierstock in der Hand gesehen, Damen benutzten meist einen Schirm als Alternative. Der Spazierstock wurde in dieser Zeit von den Adligen und reichen Bürgern auch als Waffe zur Selbstverteidigung entdeckt, da man ihn ja praktisch immer bei sich trug (siehe auch Canne (Kampfsport)). Die industrielle Revolution, die in Europa zur Mitte des 19. Jahrhunderts ihren Einzug hielt, verstärkte die Beliebtheit des Stocks enorm, da auf Grund von maschinellen Fertigungsmethoden der Preis eines Spazierstocks nun auch für einen Normalbürger bezahlbar war. Stöcke dienten jetzt nicht mehr in erster Linie als Gehhilfe, allenfalls als Stütze, um eine gerade Körperhaltung zu gewährleisten. Hauptzweck war es, die optische Erscheinung des Spaziergängers zu unterstreichen, dazu wurde der Stock ähnlich wie Hut und Handschuhe meist passend zur Kleidung gewählt. Um den sozialen und wirtschaftlichen Stand hervorzuheben, wurden teurere Spazierstöcke oft aus edlen Materialien gefertigt, beispielsweise mit Silbergriff oder -knauf, manchmal auch mit kunstvoll geschnitztem Griff, etwa in Form eines Tierkopfes. In der Zeit der ersten Reisen zu Sehenswürdigkeiten wurden diese besuchten Orte als bunte Bild-Plaketten mit kleinen Stocknägeln an den Spazierstöcken dokumentiert.
Zu dieser Zeit begannen „erfinderische Geister“ dem Stock mehr und mehr zusätzliche Funktionen angedeihen zu lassen. Der Funktions- oder auch Systemstock war geboren. Mehr als 1500 Patente für die zum Teil kuriosesten Stockvarianten wurden angemeldet, darunter waren beispielsweise Erfindungen wie der Fahrradstock, an dem eine Art ausklappbares Notfahrrad montiert war, oder bekanntere Erfindungen wie der Stockschirm, der sogenannte Stockdegen oder auch die Stockpistole.
Während die meisten dekorativen Stöcke in England und in Frankreich hergestellt wurden, produzierten Carl Fabergé in Russland und die Tiffanystudios in den USA einige der ausgezeichnetsten und kostspieligsten Stöcke der Welt, welche heute in keiner bedeutenden Sammlung fehlen.
Nach dem Ersten Weltkrieg begann die Abwertung des Spazierstocks. In seinen Filmen benutzte Charlie Chaplin den dünnen, sich durchbiegenden Spazierstock nur noch als Karikatur eines Accessoires der bürgerlichen Gesellschaft. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente der Spazierstock meist nur noch als Spaßutensil, oft mit Fahrradklingel und Flaschenhalter ausgestattet und beispielsweise bei Vatertagsausflügen eingesetzt.
Inzwischen wird der Spazierstock in Deutschland überwiegend als altmodisches Accessoire angesehen, für den normalen Spaziergang entbehrlich, das zudem den Träger dem Verdacht aussetzt, an einer Gehbehinderung zu leiden. Demzufolge werden Stöcke heute fast nur noch als Hilfsmittel zum Gehen verwendet. Ihr Aussehen ist deshalb funktional anders. Ihr Griff ist anatomisch der zugreifenden Hand angepasst und bildet zum Stock einen rechten Winkel. Er wird auch Fritzgriff genannt, nach Friedrich II. (Friedrich der Große) oder Der Alte Fritz. Die Spitze des Stocks ist mit einem das Ausrutschen verhindernden Gummi (Krückenkapsel) versehen. Er ist nicht mehr Spazierstock, sondern eher Krückstock, also eine Gehhilfe. Die Stöcke erhalten im Allgemeinen nicht mehr die Aufmerksamkeit der ästhetischen Schönheit, die ursprünglich bei ihrer Herstellung besonders beachtet wurde. Dennoch genießt der Gehstock ein außerordentliches Wiederaufleben in der Popularität, vor allem unter Sammlern, die von der Geschichte, der Kunstfertigkeit und den versteckten Schätzen fasziniert sind, die in ihnen gefunden werden können.
In Deutschland wurde 1980 das Stockmachermuseum Lindewerra gegründet.
Stöcke werden in den Industrieländern zunehmend in der Form von Nordic-Walking-Stöcken als Ausdauer-Sportgerät eingesetzt. Paarweise, wechselweise abwechselnd eingesetzt dienen diese zum Abstoßen vom Boden und haben vor allem die Aufgabe, auch die Armmuskeln in den Bewegungsablauf einzubauen. Diese Stöcke tragen am Griff eine Handschlaufe, am Ende eine Hartmetallspitze und darüber eine Gummikappe mit profiliertem Abrollbogen.
Der Begriff kommt von der Abstammung vom Langlaufen, dem Nordic Skiing, bei dem die Stöcke jedoch auch synchron eingesetzt werden können, wie übrigens auch beim Inlineskaten.
Unter der Bezeichnung Cane-Fu (abgeleitet als Wortspiel von Kung-Fu und engl. cane = Spazierstock) lebt die Selbstverteidigungstradition unter Zuhilfenahme des mitgeführten Spazierstockes wieder auf, in Deutschland organisiert im Rahmen der ICF (Initiative Cane-Fu).
Die Stöcke der jeweiligen Epoche lassen viele Schlüsse über die damaligen Lebensumstände und Gepflogenheiten zu. Zum Beispiel trugen viele Damen des 18. und 19. Jahrhunderts einen „vinaigrette“ Stock, um sich vor einer Vielzahl von Unpässlichkeiten zu schützen. Im Lauf der Geschichte ist Essig für seine medizinischen Qualitäten berühmt geworden. Ein Schwamm, der mit der heilenden Flüssigkeit getränkt war, wurde in einen kleinen Behälter mit Bohrungen, der auf dem Handgriff des Stocks angebracht war, gelegt. Wenn nun eine Dame in Ohnmacht fiel oder sie jemanden mit einer gefürchteten Krankheit antraf, war in ihrem vinaigrette stets die „universal anwendbare Medizin“ parat. Auf eine ähnliche Art und Weise tränkten viele Damen einen Schwamm mit Parfum, um sich vor den unangenehmen Gerüchen zu schützen, die an unhygienischen öffentlichen Plätzen angetroffen wurden.
Während der Unruhen der Bevölkerung Frankreichs im 19. Jahrhundert wurden Stöcke häufig an öffentlichen Plätzen oder während öffentlichen Versammlungen verboten, weil sie des Öfteren tödliche Waffen wie Klingen, Spitzen und Gewehre verbargen (siehe auch Canne de Combat). Unruhestifter benutzten Stöcke mit versteckten Rasiermessern beispielsweise dazu, Polizeipferde in gedrängten Versammlungen unauffällig zu sabotieren, indem sie ihre Knöchel zerschnitten. Wenn die Polizei nach dem Übeltäter suchte, war die Waffe bereits wieder in ihrer unschuldig ausschauenden Tarnung versteckt und der Täter konnte ungestraft von dannen ziehen. Stöcke wurden sogar dazu benutzt, Untertanentreue zu demonstrieren. Ein solcher Stock hatte z. B. einen mit irgendeinem Motiv beschnitzten Elfenbeingriff. Wenn nun aber ein Licht auf ihn traf, warf er einen Schatten, der das Profil Napoleons zeigte und den Träger als Gefolgstreuen des entmachteten Kaisers kennzeichnete. Diverse Stöcke kennzeichneten auch Mitglieder von Organisationen.
Im 19. Jahrhundert waren in Deutschland die Ziegenhainer Stöcke, kurz Ziegenhainer, sehr beliebt, vor allem unter Studenten. Die „echten Ziegenhainer“ waren aus dem harten Holz der Kornelkirsche gefertigt und hatten gleich drei Funktionen: Spazierstock, Wanderstock und Abfangstock bei studentischen Duellen. Sie hatten ihren Namen von dem studentischen „Bierdorf“ Ziegenhain südöstlich von Jena, wo Ende des 18. Jahrhunderts die ersten Stöcke angefertigt wurden. Zuerst wurden sie von Jenaer Studenten getragen, kamen dann aber schließlich überall in Mode. Preiswertere Ausführungen waren aus Weißdorn. Eine aufwendigere Art des Ziegenhainers war der gedrehte Stock. Natürlich entsteht der Drehwuchs durch die Waldrebe, die sich um einen jungen Ast der Kornelkirsche windet. Man konnte dem Drehwuchs aber auch durch einen starken Draht nachhelfen. Später ahmte man den knorrigen Wuchs auf der Drechselbank nach.
Es gibt im Allgemeinen drei Arten von Gehstöcken: dekorative Stöcke, Volkskunststöcke und Systemstöcke.
Dekorative Stöcke waren in erster Linie dazu da, ihren Träger noch mehr zur Geltung zu bringen. Anders als ihre Systemstockgegenstücke war ihre Funktion in den meisten Fällen rein ästhetisch. Die Vielzahl der Materialien und der Formen dieser dekorativen Stöcke wurde nur durch die Phantasie der Handwerker, die sie herstellten, begrenzt. Sehr beliebte Materialien waren Elfenbein, Gold, Silber, Porzellan, Juwelen, Emaille und sogar Glas.
Anders als ihre oben genannten Gegenstücke waren Volkskunststöcke eher dazu gedacht, Aufmerksamkeit auf ihren Hersteller zu lenken. Diese Stöcke waren weniger mit Gold und Edelsteinen geschmückt, als vielmehr mit aufwendigen Schnitzereien. Auch wenn sie eigentlich einen anderen Zweck hatten, so sind einige wohl mit die schönsten Stöcke der Welt.
Diese sind möglicherweise die faszinierendsten und am meisten gesammelten Gehstöcke. Diese Kategorie besteht aus Stöcken mit einem Doppel- oder versteckten Zweck, wie einer Klinge, einer Whiskyflasche und -glas oder einem Gehstock, der von Ärzten getragen wird und Skalpelle und Spritzen enthält. Auch Musikinstrumente, Angelruten, Fernrohre, Nähzeug und Korkenzieher sind überliefert. Mehr als 1500 Patente für Gerätstöcke wurden während des 18. und 19. Jahrhunderts beantragt.
Im 18. und 19. Jahrhundert kamen im deutschsprachigen Raum insbesondere Spazierstockinstrumente auf.[2] Belegt sind Stockklarinette, Stockblockflöte, Stockquerflöte und Stockgeige.[3]
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