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Schuppe (Schmetterling)

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Schuppe (Schmetterling)
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Die Schuppen der Schmetterlinge finden sich auf ihren Flügeloberseiten und werden auch „Schmetterlingsstaub“ genannt.[1] Sie sind charakteristisch für die Ordnung der Schmetterlinge[2] und waren auch namensgebend für ihre wissenschaftliche Bezeichnung als „Lepidoptera“ (aus altgriechisch λεπίδος lepidos, deutsch Schuppe und πτερόν pteros, deutsch Flügel).[3] Schuppen können auch auf Kopf- (Caput), Brust- (Thorax) und Hinterleibabschnitt (Abdomen) sowie Genitalien ausgebildet sein. Die Schuppe ist der kleinste mosaikförmige Teil der Farbgebung des Schmetterlingsflügels.[2] Beschuppung der Schmetterlinge bezieht sich immer nur auf deren Adultformen, die fertig ausgebildeten Imagines.

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Rand eines Mottenflügels mit lamellären Schuppen
Ausschnitt ca. 600 µm × 600 µm in ca. 200-facher Vergrößerung unter Polarisationsfilter

Außer Schmetterlingen tragen nur einige Köcherfliegen ähnliche Schuppen auf ihren Flügeln, z. B. die afrikanische Art Pseudoleptocerus chirindensis.[4]

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Form

Die Schuppen sind meist Hohlstrukturen, nur einige primitive Motten (Urmotten, Micropterigidae) bilden kompakte Schuppen. Sie können aufgrund ihrer äußeren Form in drei Klassen eingeteilt werden:[3]

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Aufbau

Unterhalb der Oberkante ihrer Unterseite besitzen die Schuppen, ähnlich wie Dachpfannen, eine stiftförmige Ausbildung.[1] Diese ist in einer zylindrischen Ausformung der Flügeloberseite des Schmetterlings verhakt.[3] Die Verhakung kann mechanisch gelöst werden, womit sich die Schuppe irreversibel vom Flügel löst,[5] ohne weitere Verletzungen auszulösen.

Die äußere Oberfläche der Schuppen ist fein strukturiert (oft parallel rillenförmig), während die aufliegende Seite glatt ist.[3]

Das Hauptmaterial der Schuppen besteht wie das der Cuticula aus Chitin. Es besitzt gegen Luft einen Brechungsindex von 1,58.[6]

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Färbung und Reflexion

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Das Farb- und Reflexionsmuster des Schmetterlingsflügels ergibt sich aus dem mosaikförmigen Zusammenwirken vieler tausender Einzelschuppen sowie dem physikalischen Zusammenwirken von Absorption und Reflexion des einfallenden Lichtes auf den Flügel.[7]

Farbstoffe

Die dunkle Färbung der Flügel wird überwiegend durch Pigmentierung der Schuppen mittels Melanin erreicht, welche Licht absorbieren.[8] Jede Schuppe ist im Wesentlichen einfarbig,[1] Farbverläufe kommen vor.

UV-Muster

Manche Ritterfalter produzieren UV-Flügelmuster entweder durch UV-Absorption oder UV-Reflexion, um artspezifische Signale austauschen zu können (etwa zur Revierabgrenzung oder Partnersuche), die von ihren Prädatoren kaum erkannt werden.[9][10]

Polarisationsmuster

Manche auffallend bunte Schmetterlingsflügel produzieren Polarisationsmuster, welche allerdings meist nicht durch die Schuppen erzeugt werden, sondern vielmehr durch Mikrostrukturen der darunterliegenden Cuticula.[11] Die transparenten Schuppen (Glasschuppen) der Ritterfalter (wie Graphium sarpedon) können Polarisationsmuster erzeugen.[12][13]

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Mikrostrukturen auf Schuppen des Papilio palinurus erzeugen ein leuchtendes Grün, bestehend aus Reflexionen von blauem und gelbem Licht.[7]
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Papilio palinurus: leuchtendes Grün aus Doppelreflexion von Blau und Gelb

Reflexionseffekte

Auffällige Reflexionsmuster (Metallglanz, Irisieren, Schimmern, Schillern) produziert häufig nur eines der Geschlechter. Starke Lichtreflexionen ermöglichen innerartliche Signale über größere Sichtentfernungen.[14]

Spezielle Reflexionseigenschaften entstehen durch Interferenz des Lichts an feinen Oberflächenstrukturierungen (Strukturfarbe genannt).[6][8][14][15][16] Die Mikrostrukturen sind vor allem aus Chitin aufgebaut.[6] Reflexionsmuster können für den Menschen sichtbares Licht wie UV-Licht als Einstrahlquelle reflektieren und sichtbares Licht oder UV-Licht abgeben, manchmal auch als Polarisationsmuster. Dabei können die Reflexionsmuster von einer Vielzahl Eigenschaften der Lichtquelle wie der Oberflächenstrukturen abhängen. Es gilt, dass die der Reflexion zugrunde liegenden Mikrostrukturen die Größenordnung der Wellenlänge des Lichtes einnehmen müssen. Das Grundelement wird als Photonischer Kristall bezeichnet.[6] Diese Strukturen müssen sich periodisch öfters wiederholen, um z. B. Bragg-Reflexionen zu erzeugen, wie z. B. in der häufig vorkommenden feinen Riffelung (die in den REM-Bildern oben gut zu sehen ist).

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Bragg-Reflexion,
links additive Interferenz, rechts subtraktive

Beispiele

  • Viele Bläulinge erzeugen einen Farbschimmer zu einer andersfarbigen Grundfarbe. Um die zugrunde liegenden Mikrostrukturen zu analysieren, wurden die vorkommenden Strukturraster untersucht.[17] Albulina metallica erzeugt stark gelbgrüne Reflexionsmuster durch relativ gleichmäßig angeordnete geschichtete Mikrostrukturen.[6] Cyanophrys remus erzeugt Reflexionsmuster durch dorsal angeordnete lange und ventral kurze Mikrostrukturen.[6]
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Männlicher Großer Schillerfalter: Braun durch Pigmentierung, Lila durch Reflexion bei 380 nm ± 50 nm[18]
  • Das typische Schillern der Schillerfalter (sowohl für Apatura ilia wie Apatura iris) hat seine Ursache in besonderen Hohlräumen in den Schuppen der männlichen Tiere, während die Schuppen bei beiden Geschlechtern braun pigmentiert sind.[19] Die Reflexion im Lilabereich liegt bei einer Wellenlänge von bei 380 nm ± 50 nm und tritt nur in einem Winkel von 18° aus.[18] Die Reflexionen werden durch das Zusammenspiel zweier Typen von Schuppen erzeugt. Typ I liegt zuoberst, Typ II darunter. Typ I erzeugt die schimmernde Reflexionswirkung aufgrund seiner Nanostrukturen, ähnlich wie bei Morphofaltern.[20]
  • Leuchtend schimmernde Reflexionserscheinungen erzeugen manche Morpho-Arten durch Mikrostrukturen ihrer Schuppen. Im blauen Laser konnte an zwei Arten experimentell ermittelt werden, dass bis zu 75 % des blauen Lichtes reflektiert werden unter verschiedenen Einstrahlwinkeln. Dabei spielen Interferenzen zwischen zwei Lagen von Schuppen eine Rolle, wobei die obere Lage weitgehend transparent (ohne Pigmentierung) ist, während die untere komplexere Feinstrukturen auf ihrer Oberfläche trägt.[14]
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Papilio ulysses: strahlendes Hellblau durch UV-Doppelreflexion
  • Einige männliche Papilio-Arten zeigen ein sehr effektvolles Reflexionsverhalten, beispielsweise Papilio ulysses und Papilio blumei. Sie sind im sichtbaren Licht gut unterscheidbar. Unter UV-Licht zeigt P. ulysses zwei Reflexionsmaxima. Das eine stammt von einer Mikro-Vertiefung, das andere von einer Mikro-Erhöhung auf seinen Schuppen. Unter verschiedenen UV-Einstrahlwinkeln ändern sich die Reflexionsmaxima. Die leuchtend hellblaue Farbe des P. ulysses setzt sich aus zwei unterschiedlichen Spektralfarben zusammen, welche je nach UV-Lichtwinkeleinfall alternieren. P. blumei weist gleichartige Feinstrukturen auf, aber Änderungen des Einstrahlwinkels haben keinen Effekt; er weist nur ein Reflexionsmaximum im Grünbereich auf, welches aber deutlich ausgeprägt ist. Hier geht die blaue Reflexion auf starke Polarisierungseffekte seiner Schuppenmikrostrukturen zurück.[21]
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Funktionen

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Flügelmusterung

Die Flügelmusterung spielt vielfältige Rollen bei Tarnung, eventueller Mimese, Warnfärbung, Mimikry, Partnerwahl und innerartlicher Kommunikation.[3]

Zwecke der Tarnung und Mimese (Phytomimese) sind bei vielen unscheinbaren oder formauflösenden Flügelmusterungen offensichtlich.

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Abbildung von Henry Walter Bates (1862). Die obere und die dritte Reihe zeigen Dismorphia-Arten (Mimikry), die zweite und die letzte Reihe zeigen Ithomiini-Arten (Aposematismus).

Warnfärbung

Manche deutlich kontrastreichen Musterungen besonders mit großen gegliederten Gelb- und Rotanteilen werden als Warnfärbung (Aposematismus) interpretiert, zumal wenn deren Träger Toxine für ihre möglichen Fressfeinde tragen (z. B. Ithomiini-Arten, Altinote dicaeus callianira).[22]

Mimikry

Mimikry (oder Bates’sche Mimikry) wird z. B. den großen Flecken des Tagpfauenauges als Scheinaugen zugeschrieben, die beim Auffliegen ein Wirbeltierauge imitieren.[23] Mimikry beinhaltet auch die Nachahmung aposematistisch gefärbter Tiere einer anderen Art, ohne jedoch über Toxine zu verfügen.

Innerartliche Kommunikation

Geschlechterspezifischen Musterungen kommt besondere Bedeutung zu bei der Partnersuche, Partnerwahl und Reviermarkierung. Insbesondere auffällige Erscheinungen der Flügelmusterung ermöglichen Signalweitergabe über größere Sichtentfernungen[14] und spielen oft eine Rolle in der innerartlichen Kommunikation, das plötzliche Zur-Schau-Stellen beim Aufklappen der Flügel kann aber auch starke Signalwirkung besitzen und einen panikartigen Fluchtreflex anderer Individuen auslösen.

Da UV- und Polarisationsmuster für Wirbeltieraugen kaum erkennbar sind, bieten diese speziellen Musterformen eine gute Möglichkeit zur innerartlichen Signalübermittlung, ohne die Aufmerksamkeit der Fressfeinde zu erregen.

Auftriebshilfe

Als Hohlkörper tragen die Schuppen zur Flugfähigkeit bei und verleihen dem Flügelschlag Stabilität.[1][3] Bei Aufwärtsbewegungen der Flügel werden sie auf den Untergrund gepresst und verhalten sich aerodynamisch, aber da sie locker beweglich angebracht sind, üben sie einen zusätzlichen Luftwiderstand bei Abwärtsbewegungen aus, wodurch weniger Muskelarbeit benötigt wird und eine Bremswirkung beim Absenken zu Landemanövern erreicht wird.

Der Verlust großer Teile der Beschuppung kann daher das Flugverhalten und die Flugfähigkeit beeinträchtigen.

Tarnung des Geleges

Verschiedene weibliche Schmetterlinge tarnen ihre Gelege bei Eiablage mit einigen Flügelschuppen (Afterwolle genannt), z. B. Augen-Eulenspinner, Frühlings-Kreuzflügel, Südliches Kleines Nachtpfauenauge.[24][25]

Wärmespeicherung

Melanin der Schuppen kann als Wärmeabsorber und -speicher dienen und die gespeicherte Sonnenwärme an den Körper abgegeben werden. Dunkle Flügelmuster konnten bei Weißlingen (Pieris) in Relation mit differentieller Körperwärmeverteilung gebracht werden.[26]

Wachsschuppen

Frisch in einem Ameisennest geschlüpfte myrmecophile Schmetterlinge wie Ameisenbläulinge können entkommen, da sie bewachste Schuppen tragen, welche die sie verfolgenden Knotenameisen irritieren und eine Weile behindern, den jungen Schmetterling zu überwältigen.[3][27]

Schuppenbüschel zum Aussteuern

Taubenschwänzchen nutzen spezielle verlängerte Schuppen, die wie Haarbüschel aussehen und die zur Namensgebung der Tiere beitrugen, zur Aussteuerung ihres kolibrihaften Schwirrflugverhaltens.

Duftschuppen

Viele männliche Coliasarten und Monarchfalter tragen Duftschuppen, welche anderen „normalen“ Schuppen ähneln, aber Pheromone verteilen helfen, um Weibchen anzulocken. Damit die Pheromone nicht durch Flügelschläge verweht und verschwendet werden, sitzen die Duftschuppen auf den Hinterflügeloberseiten an einer Stelle, an der sich Vorder- und Hinterflügel überdecken.[28]

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Evolutionäre Entwicklung

Die stammesgeschichtliche Entwicklung der Schmetterlingsschuppen war eine entscheidende Eigenschaft, welche Schmetterlinge von anderen Insekten unterscheidet.[2] Die Schuppen entwickelten sich aus Sinnesborsten der gemeinsamen Insektenvorfahren.[2] Die Schuppen sind z. B. den Sinnesborsten von Drosophila homolog, entsprechende Gene wurden als homolog charakterisiert.[2] Da auch wenige Köcherfliegen ähnlich beschuppte Flügel tragen, werden die beiden Ordnungen Lepidoptera und Trichoptera auf einen gemeinsamen Vorfahren Amphiesmenoptera zurückgeführt.[29]

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Einzelnachweise

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