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französischer Schriftsteller Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Charles-Augustin Sainte-Beuve (* 23. Dezember 1804 in Boulogne-sur-Mer, Frankreich; † 13. Oktober 1869 in Paris) war ein französischer Literaturkritiker und Schriftsteller.
Charles-Augustin Sainte-Beuve erhielt seine Schulbildung in Boulogne-sur-Mer und im Pariser Lycée Charlemagne und studierte danach Medizin an der Universität Lüttich. Nachdem er 1827 eine lobende Kritik über die Oden und Balladen von Victor Hugo veröffentlicht hatte, befreundeten sich die beiden. Sie besuchten gemeinsam den romantischen Literaturzirkel von Charles Nodier, und Sainte-Beuve hatte eine Liaison mit Hugos Gattin Adèle Foucher. Sein literarischer Aufstieg begann mit Tableau historique et critique de la poésie française et du théâtre français au XVIe siècle von 1828, einer historisch-kritischen Arbeit im Stile F. Walter Scotts. In den folgenden Jahren verfasste er Poesiebände unter Pseudonym (Poésies, Consolations und Pensées d'août). „Dunkle, unbestimmte Sehnsucht, überwallendes Gefühl und ein Übermaß von Selbstzergliederung“ (Meyers Konversationslexikon) machen seine Protagonisten zu Geistesverwandten des „Werther“.
Nach der Julirevolution ließ er sich eine Zeitlang vom Saint-Simonismus mitreißen; er schrieb für die Pariser Blätter „Globe“ und „National“ und verfasste mit Volupté (1834) einen Roman. Erst mit der Anstellung bei der „Revue des Deux Mondes“ konnte er seine frühen literarhistorischen Arbeiten fortsetzen und seine Talente voll entfalten. Honoré de Balzac, der leidenschaftliche Erzähler eigener Erlebnisse, hat ihm in Les illusions perdues (dt.: Verlorene Illusionen) von 1839 in der Figur des talent- wie skrupellosen Emporkömmlings Lucien Chardon ein fragwürdiges Denkmal gesetzt.[1]
1840 erhielt Sainte-Beuve die Stelle eines Konservators an der Bibliothek Mazarin; 1845 wurde er zum Mitglied der Académie française ernannt. Nach dem Staatsstreich Napoleons III. erhielt Sainte-Beuve die Professur der lateinischen Poesie am Collège de France, jedoch führten seine Vorlesungen zu Unruhe unter der mehrheitlich republikanisch gesinnten Studentenschaft, so dass er bald Leseverbot erhielt. Da auch seine Lehrtätigkeit an der École normale supérieure (1857–61) ein jähes Ende fand, zog er sich in das Privatleben zurück. Napoleon III. belohnte seine Dienste im Jahre 1865 durch eine Berufung in den Senat.
Am 20. September 1830 traf sich Sainte-Beuve mit Paul-François Dubois, Miteigentümer der Zeitung Le Globe, in den Wäldern von Romainville zum Duell. Die beiden Duellanten feuerten im Regen vier Schüsse ab, ohne zu treffen. Sainte-Beuve, der seinen Regenschirm nicht aus der Hand gegeben hatte, bemerkte: „Lieber tot als nass“.
Friedrich Nietzsche, eigentlich ein bekennender Gegner von Sainte-Beuve, veranlasste 1880 die Gattin seines Freundes Franz Overbeck, Ida Overbeck, die Causeries du lundi ins Deutsche zu übersetzen. Bis dahin war Sainte-Beuve trotz seiner großen Bedeutung in Frankreich noch nie auf Deutsch erschienen, da er als Repräsentant einer in Deutschland verpönten französischen Denkart galt. 1880 erschien Ida Overbecks Übersetzung unter dem Titel „Die Menschen des XVIII. Jahrhunderts“. Nietzsche schrieb an Ida Overbeck am 18. August 1880: „Vor einer Stunde, liebe Frau Professor erhielt ich die ‚Menschen des 18. Jahrhunderts‘, ich blätterte darin und sah dies und jenes gute Wort und hinter jedem guten Wort so viel, viel mehr! Es entzückte mich, und zugleich ergriff mich das Gefühl einer tiefen unaussprechlichen Entbehrung. Ich glaube, ich habe geweint, und es müßte sonderbar zugehen, wenn dieses kleine gute Buch nicht manchem Anderen die Empfindung dergestalt erregte.“ Ida Overbecks Übersetzung ist ein bedeutendes Dokument des deutsch-französischen Kulturtransfers, blieb aber weitgehend unbeachtet. Erst 2014 erschien eine kritische und kommentierte Neuausgabe dieser Übersetzung.[2]
Theodor W. Adorno hat die essayistisch-biographische Schreibweise der Sainte-Beuve’schen Literaturkritik als „bequemen second hand-Realismus des menschlich Näherbringens“ und „versierte Oberflächlichkeit“ charakterisiert.[3]
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