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französischer Historiker Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Pierre Nora (* 17. November 1931 in Paris) ist ein französischer Historiker, der unter anderem für seine Arbeiten über die französische Identität und für seine Verdienste in den Sozialwissenschaften bekannt ist. Sein Name wird oft mit der Disziplin Mentalitätsgeschichte in Verbindung gebracht.
Pierre Nora ist Sohn einer bürgerlichen, nicht-praktizierenden jüdischen Familie, er selbst gab an, „keinerlei religiöses Empfinden“ zu haben.[1] Er besuchte zunächst das renommierte Lycée Louis-le-Grand im Quartier Latin in Paris, besuchte danach aber nicht – wie oft zu lesen ist – die École normale supérieure, da er dreimal an der Aufnahmeprüfung scheiterte.[2] An der Universität erwarb er schließlich eine Licence in Philosophie. Nach seiner Agrégation d’histoire arbeitete er bis 1960 als Gymnasiallehrer in Oran (Algerien). Ab 1977 war er Studienleiter an der Pariser Elite-Hochschule für Sozialwissenschaften École des Hautes Études en Sciences Sociales (EHESS).
Nora war erfolgreich und später auch einflussreich im Verlagswesen tätig, zumal er seit 1965 beim renommierten Verlag Éditions Gallimard arbeitet. 1980 gründete er bei Gallimard zusammen mit dem Philosophen Marcel Gauchet die Zeitschrift Le débat, welche in der Nachfolge von Les Temps Modernes schnell zu einer der wichtigsten intellektuellen Zeitschriften Frankreichs wurde. 2001 wurde er zum Mitglied Académie française gewählt, in die er am 6. Juni 2002 feierlich aufgenommen wurde. Mit dem Historiker Pierre Vidal-Naquet verband ihn eine Freundschaft.[3]
Nora lebt seit 2013 mit der Journalistin Anne Sinclair zusammen.[4]
Pierre Nora setzt sich stets kritisch mit der französischen Geschichte und der kollektiven Identität der Franzosen auseinander. Bedeutung erlangte seine Idee vom „lieu de mémoire“, dem Erinnerungsort, womit er die Vorstellung verbindet, dass sich das kollektive Gedächtnis einer sozialen Gruppe (für Nora in der Regel die französische Nation) an bestimmten Orten kristallisiert. Der Begriff Ort ist dabei nicht geographisch zu verstehen; in jedem Fall besitzt solch ein Ort eine besondere Symbolkraft, die für die jeweilige Gruppe eine identitätsstiftende Funktion hat.
Auf Deutsch erschienen Auszüge aus seinem siebenbändigen Werk Les Lieux de mémoire 1990 unter dem Titel „Zwischen Geschichte und Gedächtnis“. Die Initiative zu dieser Übersetzung ging von dem Publizisten und Historiker Ulrich Raulff und dem Verleger Klaus Wagenbach aus.[5] Längere Auszüge wurden 2005 unter dem Titel Erinnerungsorte Frankreichs veröffentlicht.
Nora gehörte über Jahre weniger durch seine eigenen Werke, als durch seine Position des Herausgebers zu den einflussreichsten Historikern Frankreichs. So war er für die Edition einiger heute als wegweisend angesehener Titel verantwortlich, etwa von Raymond Aron, Michel Foucault oder Jacques Le Goff. Außerdem sorgte er für die Übersetzung von in Frankreich bis dahin weitgehend unbekannten deutschsprachigen Autoren wie Ernst Kantorowicz, Thomas Nipperdey oder Karl Polanyi.
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