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Gottheit des Pastafarianismus Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Das Fliegende Spaghettimonster (englisch Flying Spaghetti Monster, kurz: FSM) wird in der 2006 veröffentlichten Religionsparodie[1][2] Das Evangelium des Fliegenden Spaghettimonsters als Gottheit bezeichnet, die mit dem Satz „Es werde Licht“ das Universum erschaffen haben soll. Autor ist der US-Amerikaner Bobby Henderson.
Der Vorlage etablierter Religionen folgend wurden in den folgenden Jahren kirchliche Strukturen und Gemeinden in verschiedenen Ländern aufgebaut und die staatliche Anerkennung als Religions- und Weltanschauungsgemeinschaft angestrebt und teils erlangt. Als Name dieser Weltanschauung sind Pastafaritum[3] und Pastafarianismus (ein Kofferwort aus Pasta und der Rastafari-Bewegung) verbreitet, ihre Mitglieder bezeichnen sich selbst als Pastafari.
Der Name des Fliegenden Spaghettimonsters rührt von seiner Ähnlichkeit mit einer großen Portion Spaghetti mit Fleischbällchen (Spaghetti with meatballs) und Stielaugen her. Statt von der „Hand Gottes“ sprechen Pastafari von „Seinem Nudeligen Anhängsel“ (His Noodly Appendage).
Der Anlass für die Gründung dieser Religion war die öffentliche Diskussion um die Unterrichtung von Intelligent Design im Biologieunterricht an US-amerikanischen Schulen. Unter Verweis auf das – gerade auch von den Verfechtern des Intelligent Designs verwendete – Argument der Gleichberechtigung und der bisher nicht erfolgten Widerlegung der Argumente des Intelligent Designs (Argumentum ad ignorantiam) forderte Henderson in einem offenen Brief[4] an die Schulbehörde von Kansas, auch seine Glaubenslehre müsse wie die kreationistische im Unterricht vermittelt werden dürfen. Diese Forderung wurde als Parodie verstanden und sollte zeigen, dass religiöse Inhalte im naturwissenschaftlichen Unterricht nichts zu suchen haben, völlig ungeachtet des persönlichen Glaubens.
Seitdem gewinnt das FSM weltweit an Sympathisanten. Die Aktion hat sich zu einem soziokulturellen Phänomen entwickelt. Der Fundamentaltheologe an der LMU München Thomas Schärtl-Trendel nannte es in einem Aufsatz eine „skurrile, in einem Internet-Blog kreierte Gottheit“.[5] Dutzende Blogs trugen zur weiteren Verbreitung bei. Ebenfalls Aufsehen erregen die enormen Preisgelder, die auf eine Widerlegung der Idee ausgelobt werden. Eine bestehende Wette des Kreationisten Kent Hovind[6] parodierend, schreibt der Blog Boing Boing:
“We are willing to pay any individual *$ 250.000 if they can produce empirical evidence which proves that Jesus is not the son of the Flying Spaghetti Monster.”
„Wir sind bereit, jedem 250.000 US-Dollar zu zahlen, der empirische Beweise erbringen kann, dass Jesus nicht der Sohn des Fliegenden Spaghettimonsters ist.“
Das Preisgeld wurde inzwischen auf über eine Million Dollar erhöht. Es geht hier jedoch nur darum, das Prinzip der Unmöglichkeit eines solchen Beweises zu unterstreichen: Es ist keine Glaubenslehre der Pastafari, dass Jesus der Sohn des Fliegenden Spaghettimonsters sei.
Im Juni 2005 schrieb Bobby Henderson einen offenen Brief an die Schulbehörde von Kansas, USA, in dem er forderte, seine Glaubensrichtung – den FSMismus (englisch FSMism) – ebenso wie die fundamentalistisch-christliche Überzeugung des Kreationismus in öffentlichen Schulen zu unterrichten.[12][13] Die Zahl der Besuche auf Hendersons Website begann seitdem allmählich zu steigen und erreichte im August 2005 einen Höhepunkt, nachdem sie in diversen Blogs verlinkt worden war.
Die Idee wurde in zahlreichen Modifikationen vorgestellt, die in den USA regional vertretene christliche Sekten parodieren: der Cult of Oregano, die Reformed Church of Alfredo, Orthodox Monsterist Church of West Virginia, Mystical Order of the Flying Spaghetti Monster, die Moomin Church of His Spaghettiness von Jersey (Kanalinseln) oder die SPAM (The Spaghetti & Pulsar Activating Meatballs, deutsch: Die spaghetti- und pulsaraktivierenden Fleischbälle; die Abkürzung ist ein Wortspiel mit Spam).
→ Hauptartikel: Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland
In Deutschland wurde 2006 die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Berlin-Brandenburg als eingetragener Verein in Templin gegründet. Später öffnete dieser sich bundesweit und wurde zur Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V.
Im April 2014 beantragte die österreichische „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters“ die offizielle Anerkennung.[14][15] Die staatliche Anerkennung als Glaubensgemeinschaft verwehrte das österreichische Kultusamt der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters jedoch mit der Begründung, es fehle ein Bezug zur religiösen Lehre.[16] Daraufhin wurde ab dem 8. Januar 2018 vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) der Antrag der „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters“ (KdFSM) auf Anerkennung als Bekenntnisgemeinschaft verhandelt. Nach Kompetenzstreit hatte der Verfassungsgerichtshof im November 2017 das Bundesverwaltungsgericht für zuständig erklärt.
Der Richter erklärte am ersten Verhandlungstag die Absicht, bis zu 300 Pastafari als Zeugen zu ihrer religiösen Praxis des „Pastafarimus“ zu befragen. Die Religionsredaktion des ORF vermutet dahinter das Ziel, „festzustellen, ob es die für die Anerkennung notwendige Zahl von mindestens 300 Gläubigen in Österreich auch tatsächlich gibt.“ Das BVwG urteilte nach 4 Jahren Verhandlungsdauer am 22. März 2018[17] jedoch abschlägig.[18] Zur Erläuterung: Zur Anerkennung als Religionsgemeinschaft wäre neben einem Neuantrag der Nachweis einer Mitgliedszahl von mindestens 2 Promille der Bevölkerung – etwa 17.000 Menschen – und der einer Bestehensdauer der Gemeinschaft von 20 Jahren in Österreich nötig gewesen.[19]
Seit 2012 gibt es in Polen Bestrebungen, die „Polnische Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters“ (Polski Kościół Latającego Potwora Spaghetti) öffentlich-rechtlich anerkennen zu lassen. Im März 2013 wurde der Registrierungsantrag vom Ministerium für Öffentliche Verwaltung und Digitalisierung abgewiesen, mit der Begründung, dass die Kirche nicht zum Zwecke der gemeinschaftlichen religiösen Glaubensbekennung und Missionierung, sondern vielmehr zur Religionskritik gegründet sei (in Polen sind nichtreligiöse Weltanschauungsgemeinschaften nicht den Kirchen gleichgestellt).[20] Die Antragstellung und ihre Abweisung fanden ein starkes Presseecho.[21]
Im Jahr 2011 berichtete der US-Militärangehörige Justin Griffith, dass er auf seiner militärische Erkennungsmarke („dog tag“) die Aufschrift „Atheist/FSM“ prägen ließ. Individuelle Erkennungsmarken sind erlaubt, solange sie den Vorschriften des US-Militärs entsprechen.[22][23]
Im August 2013 war Eddie Castillo, ein Student der Texas Tech University, landesweit die erste Person, die aus religiösen Gründen die Genehmigung erhielt, auf seinem Führerscheinfoto ein Nudelsieb auf dem Kopf zu tragen.[24]
Im Januar 2019 wurde dem US-Militärangehörigen John Hoskins negativ beschieden, dass er aus religiösen Gründen, wie die Sikhs, im Dienst einen Bart tragen dürfe.[25]
In Russland sind Pastafari verschiedenen Repressionen von Sicherheitsbehörden, Justiz und russisch-orthodoxen Aktivisten ausgesetzt. So kam es 2013 zu Verhaftungen bei Kundgebungen in Moskau.[26] Im Mai 2022 wurde Michail Iosilevich, Gründer der russischen Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters, vor dem Bezirksgericht von Nischni Nowgorod wegen Zusammenarbeit mit einer „unerwünschten Organisation“ (Organisation Otkrytaya Rossiya – Offenes Russland) zu einer Haftstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Amnesty International bezeichnete ihn als Gefangenen aus Gewissensgründen und forderte seine sofortige Freilassung.[27][28]
2019 forderte das kommunistische Parteikomitee der Provinz Hainan die Medizinische Universität von Hainan (Hainan Medical College) auf, unter den Mitarbeitern und Studenten nach Anhängern der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Ausschau zu halten und diese den Behörden zu melden.[29]
In Neuseeland hat sich die Spaghettimonster-Kirche bereit erklärt, Trauungen von schwulen und lesbischen Paaren durchzuführen, was zwar staatlicherseits seit 2013 möglich ist, aber bislang von der anglikanischen und der katholischen Kirche abgelehnt wird.[30][31] Seit dem 10. Dezember 2015 darf die Spaghettimonster-Kirche offiziell kirchliche Trauungen durchführen. Als „Ministeroni“ (Päpstin) wurde Karen Martyn ernannt, die als erste Person in Neuseeland legal Paare im Namen der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters trauen darf.[32] Im Census 2018 wurden in Neuseeland 4248 Mitglieder der Church of the Flying Spaghettimonster gezählt.[33]
Die weltweit erste, rechtlich anerkannte Eheschließung nach Spaghettimonster-Ritus – eines heterosexuellen Paars – wurde am 16. April 2016 in Neuseeland, auf einem kleinen Schiff bei der Küstenstadt Christchurch, geschlossen.[34][35]
Pastafari begehen folgende Feiertage und Feste:
Im Jahresverlauf:
Traditionelle Kopfbedeckung der Pastafari ist der Piratenhut. Das ergibt sich aus der klaren Forderung im Evangelium des Fliegenden Spaghettimonsters:
Außerdem zeugt es von mangelndem Respekt, unseren Glauben zu verbreiten, ohne das Ornat Seiner Wahl zu tragen – die Kluft der Piraten. Das lässt sich gar nicht genug betonen, allerdings leider nicht näher erklären, weil hier der Platz dazu nicht reicht. Die präzise Erklärung lautet: ES wird böse, wenn wir es nicht tun.[47]
Seit 2011 wird als Folge einer Aktion des österreichischen Atheisten Niko Alm auch das Nudelsieb getragen,[48][49][50] weshalb die Träger auch als Almisten bezeichnet werden.[51] Bis zu diesem Zeitpunkt „wurde dem Nudelsieb im Pastafaritum keinerlei Sonderrolle zugeschrieben“.[52] Als offizielle Kopfbedeckung ist es insbesondere unter langjährig engagierten Pastafari umstritten, wenngleich es sich durch die Bekanntheit der politischen Aktion Alms weltweit stark verbreitet hat.[53]
Alm hatte sich für sein Führerscheinfoto mit einem Nudelsieb als Kopfbedeckung ablichten lassen. Er wollte damit ein Privileg kritisieren, das Mitgliedern von Religionsgemeinschaften gegenüber Nicht-Mitgliedern gewährt werde.[54] Die Kirche des fliegenden Spaghettimonsters war ihm in diesem Zusammenhang bekannt, die von ihm mitbegründete offizielle österreichische Dependance existiert jedoch erst seit 2012. Im österreichischen Recht gibt es keine Regelung für Führerscheine in Bezug auf religiöse Kopfbedeckungen, anders als in der Bundesrepublik Deutschland. Es muss lediglich das Gesicht vollständig erkennbar sein (§ 2 Abs1 Z1 lit. h Führerscheingesetz-Durchführungsverordnung).[55] Der Führerschein wurde nach einer Vorladung zum Amtsarzt ausgestellt und von Alm drei Jahre nach Beantragung im Jahr 2011 abgeholt.[56] Bei Rüdiger Weida, dem seinerzeitigen Vereinsvorsitzenden der KdFSMD e. V., der sich 2011[57] in Deutschland mit Jollyfish-Piratentuch für das Führerscheinfoto ablichten ließ, war der religiöse Bezug hingegen für den Beamten auf der Führerscheinstelle eindeutig erkennbar.[58]
Rüdiger Weida, aka Bruder Spaghettus, kämpft darüber hinaus seit 2013 gerichtlich für eine Ablichtung mit Piratentuch als religiöser Kopfbedeckung auf seinem Personalausweis. Ein Personalausweisantrag mit entsprechendem Passbild wurde von der ausstellenden Behörde abgelehnt. Die von Weida dagegen im Dezember 2013 gerichtete Klage vor dem Verwaltungsgericht Potsdam wurde mit Urteil vom 13. November 2015 abgewiesen.[59] Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ließ das Berufungsverfahren nicht zu und wies auch die Nichtzulassungsbeschwerde im Jahr 2016 zurück. Weida erhob daraufhin vor dem Bundesverfassungsgericht Klage. Auch in diesem Fall geht es um die grundsätzliche Frage, ob die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters als Weltanschauungsgemeinschaft anerkennungswürdig ist und das Piratentuch mithin als religiöse Kopfbedeckung zu werten ist.[60]
Bezüglich der Eintragung seines Ordensnamens Bruder Spaghettus im Personalausweis in der Rubrik „Ordens- oder Künstlername“ hatte er hingegen im Jahr 2019 mehr Erfolg. Wie Daniela Wakonigg berichtet, erfolgte jedoch „die Eintragung des Namens […] als Künstlername und nicht als Ordensname, denn die Eintragung von Ordensnamen ist derzeit auf die verfassungsrechtlich geschützten Religionsgemeinschaften beschränkt.“[61]
Der Belgier Alain Graulus beantragte 2013 einen Personalausweis mit einem Foto, das ihn mit türkisfarbenem Nudelsieb aus Kunststoff als Kopfbedeckung zeigt. In Belgien ist das Tragen von Kopfbedeckungen auf Ausweisdokumenten nur gestattet, wenn der Antragsteller dafür religiöse oder medizinische Gründe anführen kann. Graulus beruft sich auf solchen religiösen Schutz mit dem Hinweis auf seine Zugehörigkeit zum Pastafarianismus. Die Einwohnerbehörde der Provinzhauptstadt Hasselt verweigerte die Ausstellung des Dokuments.[62]
Der tschechische Politiker Lukas Novy hat sich in Brno (Brünn) einen vorläufigen Personalausweis ausstellen lassen, auf dessen Foto er das Nudelsieb trug. Auf Intervention des tschechischen Innenministeriums wurde der Personalausweis für ungültig erklärt, da der Glaube an das Fliegende Spaghettimonster nicht als Religion anerkannt ist.[63]
Am 2. Januar 2014 hat in Chautauqua County (New York) Christopher Schaeffer seinen Amtseid als Gemeinderatsmitglied des Pomfret Town Councils mit einem Nudelsieb auf dem Kopf geschworen.[64][65]
Ein Album von electroboy aus dem Jahr 2019 heißt Das fliegende Spaghettimonster und bezieht sich auf dieses.[66]
Die Tierart Staatsqualle (Bathyphysa conifera) hat den Spitznamen „Fliegende Spaghettimonster“.[67]
Das Bild Touched by His Noodly Appendage („Von seinem nudeligen Anhängsel berührt“, links) von Niklas Jansson parodiert Michelangelos Fresko Die Erschaffung Adams (rechts).
Der Dokumentarfilm I, Pastafari: A Flying Spaghetti Monster Story aus dem Jahr 2019 erzählt die Geschichte von Kirchenmitgliedern im Kampf um ihre Anerkennung als Religions- und Weltanschauungsgemeinschaft.[68][69][70]
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