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Orgel in Kufstein, Österreich Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Heldenorgel in der Festung Kufstein wurde 1931 als Tönendes Denkmal errichtet, d. h. als Kriegerdenkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs.[1] Nach zwei Erweiterungen ist sie die größte Freiluftorgel der Welt.
Orgel der Festung Kufstein | |
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Allgemeines | |
Alternativer Name | Heldenorgel |
Ort | Festung Kufstein |
Orgelerbauer | E. F. Walcker & Cie. |
Baujahr | 1931 |
Letzte(r) Umbau/Restaurierung | 2008/09 durch Orgelbau Eisenbarth |
Epoche | Spätromantik |
Abbildungen | |
Bürgerturm (rechts) mit Orgel und Spieltischhäuschen (links) | |
Technische Daten | |
Anzahl der Pfeifen | 4.948 |
Anzahl der Register | 65 |
Anzahl der Manuale | 4 |
Windlade | Schleiflade |
Tontraktur | Elektrisch |
Registertraktur | Elektrisch |
Anzahl der 32′-Register | 1 |
Max Depolo gab im Juni 1924 den Anstoß, eine große Freiluftorgel in Kufstein zu errichten. Sie sollte auch dem „Fremdenverkehr einen kräftigen Anstoß geben“.[2] 1926 wurde eine Riesenfreiorgel mit 80 Registern geplant, die Vinzenz Goller befürwortete. Sie sollte von der Salzburger Orgelbau-AG Cäcilia (→ Max Dreher) errichtet werden.[3]
In Kufstein gab es zunächst Bedenken, die veranschlagten Kosten von 300.000 S könnten nicht allein aus Spenden gedeckt werden, sodass die Stadt Kufstein und somit der Steuerzahler einen erheblichen Teil der Kosten zu tragen hätte. Diese Bedenken versuchte man durch Einwerbung von Mitteln bei „von deutschen Vereinen, besonders in Amerika“ zu entkräften, worauf Direktor Laval der Orgelbauanstalt Cäcilia bei einem Vortrag am 11. November 1927 hinwies.[4] Zuvor waren Einladungsschreiben nach Amerika gesandt worden.[5] Die Finanzierung sollte durch die Zeichnung von Patenschaften für die Orgelpfeifen erfolgen:
„Der Werbeausschuß für dieses Heldendenkmal des deutschen Volkes denkt sich die Aufbringung der Summe so, daß Behörden, Vereine, Familien oder Einzelpersonen im Gedächtnisse an ihnen nahestehende gefallene Helden je eine Pfeife oder ein Register oder Bruchteile davon zeichnen: 1200 Pfeifen zu 100 S = 120.000 S, 1600 Pfeifen zu 80 S = 128.000 S, 1700 Pfeifen zu 50 S = 85.000 S würden die aufzuwendenden Kosten hereinbringen. In der Anlage der Orgel sollen die Namen der Spender ersichtlich gemacht werden. Namhafte Firmen Oesterreichs und Deutschlands haben Widmungen zugesagt; das mächtigste Register des Instrumentes, die Bombarde 32', wird auf Grund der Widmung eines Industriellen für das 82. deutsche Infanterieregiment Göttingen erklingen.“
Am 1. Dezember 1930 wurde „im Einvernehmen mit den Sachverständigen der Hochschule für Musik in Wien“ der Auftrag zum Bau eines infolge der Weltwirtschaftskrise wesentlich bescheidener geratenen Instruments an die Firma E. F. Walcker & Cie. aus Ludwigsburg vergeben.[7] Die Disposition erstellte Franz Schütz, der auch später das Abnahmegutachten ausfertigte. Das Instrument mit elektrischer Traktur wurde in den folgenden Monaten in den Bürgerturm der Festung eingebaut und war zur damaligen Zeit bereits die größte Freiluftorgel der Welt. Sie hatte 26 Hochdruck-Register und ein Glockenspiel, verteilt auf zwei Manuale und Pedal. Der Organist bespielte die Orgel von einem 90 m entfernten Spieltisch, welcher in einem Spieltischhäuschen stand, das zu diesem Zweck eigens errichtet wurde. Durch den Einbau einer Organola konnte die Orgel auch ohne einen Organisten zum Klingen gebracht werden.[8]
Die Einweihungsfeierlichkeiten fanden am Sonntag den 3. Mai 1931 statt, eine Woche vor Beginn der Deutschen Bankenkrise. Nach vorsichtiger Schätzung waren über 20.000 Gäste (darunter 15.000 Auswärtige)[9] in Kufstein anwesend.[8] Die kirchliche Weihe nahm Fürsterzbischof Ignatius Rieder vor, der auch die Begrüßungsrede hielt und eine Feldmesse im Hof der Festung zelebrierte. Die Festrede hielt der Bürgermeister von Kufstein, Georg Pirmoser, als weiterer Redner trat der Bundespräsident der Republik Österreich, Wilhelm Miklas, in Erscheinung. Auch der Abgeordnete Kurt Schuschnigg hielt eine Festrede.[10] Neben zahlreichen Vereinen waren Abordnungen des Österr. Bundesheeres und des Deutschen Stahlhelms vertreten, ebenso der Deutsche Gesandte in Wien, Kurt Rieth. Nach den Festreden erklang nach einem Moment der Stille die Orgel zum ersten Mal, gespielt von Franz Schütz mit dem Kirchenlied Großer Gott, wir loben dich.[8] Die Stadt Kufstein sandte an den deutschen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg folgendes Telegramm:
„Bei der Einweihung der Heldenorgel auf der Feste Geroldseck, des Ehrenmales für die im Weltkriege gefallenen Deutschen und Oesterreicher, gedenken in Ehrfurcht und Treue ihres bewährten Führers im Felde und nunmehrigen Oberhauptes des deutschen Volkes die anwesenden deutschen und österreichischen Kriegskameraden und Festteilnehmer.“
Die Eröffnungsfeierlichkeiten wurden von Radio-Wien[12] sowie in Deutschland von den Sendern Leipzig,[13] Berlin[14] und München[15] übertragen.
1931 wurde Fritz Heitmann für Konzerte auf der Heldenorgel verpflichtet.[16]
Bereits 1931 geriet die Errichtung und Widmung des Instruments in einer österreichischen unabhängigen Wochenschrift für alle Frauen unter Kritik. In einem Text, der mit dem Schlagbegriff Krieg ist Mord untersetzt ist, wird u. a. die Frage aufgeworfen: Wann endlich werden wir das Aushängeschild „Helden“ wegtun?[17]
„Die Orgel wiegt 7000 kg, hat einen Rauminhalt von 200 cbm und eine Grundfläche von 60 qm. Zum Betrieb der Heldenorgel werden 3 Motoren von insgesamt 6 PS und eine Dynamomaschine verwendet. Ein Selbstspielapparat ‚Organola‘ ermöglicht den Betrieb auch auf automatischem Wege.“[18]
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1971 wurde das Instrument von der Erbauer-Firma erweitert und mit einer neuen Technik versehen. Bis 2008 umfasste es 4.307 Pfeifen, 46 Register auf vier Manualen und diverse Spielhilfen.
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2009 wurde eine Ergänzung auf 65 Register und der Neubau des Spieltischs sowie der elektrischen Traktur durch die Firma Orgelbau Eisenbarth (Passau), die die Orgel seither auch betreut, durchgeführt. Das 500-adrige Kupferkabel wich einem Glasfaserkabel. Die Orgel wurde in vier Kammern aufgeteilt, um ihren Klang mit stufenlos regelbaren Lamellen an den Austrittsfenstern steuern zu können.[19] Seitdem umfasst das Instrument 4948 Pfeifen und eine elektronische Setzeranlage. Nach Umbau des Spieltischhäuschens kann man den Organisten bei seinem Vortrag auch sehen.[20] Der Organist kann sein Spiel durch eine Lautsprecheranlage verzögerungsfrei hören, während der Orgelklang infolge der Schallgeschwindigkeit mit einigen Zehntelsekunden Verspätung bei den Zuhörern ankommt.
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Die Heldenorgel wird täglich mittags um 12:00 Uhr – in den Monaten Juli und August zusätzlich abends um 18:00 Uhr – zum Gedenken an die Gefallenen beider Weltkriege gespielt. Seit dem 30. Mai 1981, dem 50-Jahr-Jubiläum der Orgel, wird dabei auch aller Opfer von Gewalt gedacht.
Am Ende des etwa zehnminütigen Vortrages erklang bis 2022 in einer Orgelfassung die Weise vom Guten Kameraden. Im Zuge der Umwidmung der Orgel beschloss der Gemeinderat am 16. November 2022, ab dem Jahr 2023 solle ein anderes, jährlich wechselndes Lied das tägliche Orgelspiel beenden (2023 die Europahymne). Das Volle Werk ist in der ganzen Stadt zu hören, bei günstigen Witterungs- und Windverhältnissen sogar bis ins Kaisertal.
Im Jahr 2022 entstand, im Laufe einer Initiative des Kulturreferenten Klaus Reitberger, eine emotional geführte Diskussion über den Namen und die Widmung der Orgel, sowie über das bisher täglich gespielte Schlusslied Ich hatt’ einen Kameraden. Angestoßen wurde die Diskussion im Rahmen einer literarische Aufarbeitung der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts, beim Projekt Kufstein schreibt Stadtgeschichte. Dabei kritisierte der Autor Franz Gratl den Ist-Zustand. Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Kufstein beschloss in der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 16. November 2022, den Namen „Heldenorgel“ beizubehalten, den Heldenbegriff hier aber neu zu definieren und der Orgel folgende neue Widmung zu verleihen:[21]
Der Gemeinderat Kufstein distanziert sich ausdrücklich von jeglichem ethnonationalistischen, chauvinistischen oder kriegsverherrlichenden Gedankengut, das bei der Erbauung und ursprünglichen Widmung der Heldenorgel offenbar eine Rolle gespielt hat.
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