Die OZNA (auch OZN-a bzw. vereinfacht OZNa; grammatisch vom Akronym OZN[1] für serbokroatisch Одељење за заштиту народа Odjeljenje za zaštitu naroda, slowenisch Oddelek za zaščito naroda, mazedonisch Одделение за заштита на народот, d. h. Abteilung für Volksschutz) war der während des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1944 gegründete Geheimdienst und die Geheimpolizei Jugoslawiens. Sie erledigte Verhaftungen, Verhöre und Folterungen in eigenen Gefängnissen, Liquidierungen, die Einrichtung von Konzentrationslagern, die Bewachung der Grenzen, die Deportation von Leuten in geschlossene Gebiete, die Ausweisung und Verfolgung von Ausländern, die Organisation von Zwangsarbeit, Zensur, die Kontrolle von Wahlen sowie die Vorbereitung und Durchführung von politischen Prozessen.[2] Nach Kriegsende wurde die OZNA im Jahre 1946 aufgelöst und daraus die zivile Geheimpolizei Uprava državne bezbednosti, kurz UDB (ab 1966 Služba državne bezbednosti, SDB) und der Militärgeheimdienst Kontraobaveštajna služba, kurz KOS (ab 1955 Organ bezbednosti, OB), gebildet.
Im Jahr 1943 wurde von Dalibor Jakaž ein „Hauptnachrichtenzentrum“ (Glavni obavještajni centar, kurz GOC) der Tito-Partisanen gegründet. Jakaž war zuvor von der Kommunistischen Internationale in Moskau zum Agenten ausgebildet worden. Am 13. Mai 1944 ging daraus die OZNA unter Führung von Aleksandar Ranković hervor, in dem Jakaž die Auslandsabteilung in Belgrad leitete.[3] Bereits im Laufe des Jahres 1944 entstanden auch eigene OZNA-Abteilungen auf Ebene einiger Republiken, so in Slowenien unter Ivan Maček-Matija, in Kroatien unter Ivan Krajačić, in Serbien unter Slobodan Penezić-Krcun, in Belgrad unter Miloš Minić und in der Vojvodina unter Petar Relić[4].
Josip Broz Tito beschrieb die wesentlichsten Aufgaben der OZNA:
„Einer der Garanten für den Erhalt der neuen demokratischen Gewalt im Föderativen Demokratischen Jugoslawien ist der Aufbau und die Instandsetzung der Organe für Staatssicherheit. […] Die Abteilung zum Schutz des Volkes muss zu einer festen Stütze unserer Armee, unserer Staatsgewalt im Kampf gegen den Okkupanten und all seiner Helfershelfer werden. Die Organe der OZNA müssen die konsequentesten Beschützer und Hüter der Errungenschaften des Volksbefreiungskampfes sein. Unerbittlich gegenüber unserem Feind, gerecht jedem ehrlichen Menschen gegenüber, wird die OZNA die beliebteste Organisation unseres Volkes.“[5]
Massenexekutionen wurden unter der Leitung und Aufsicht der OZNA vom Korpus narodne odbrane Jugoslavije (KNOJ) organisiert und ausgeführt.[6]
Die OZNA hatte zuletzt fünf Abteilungen:
- Nachrichtendienst, für die Organisation nachrichtendienstlicher Aktivitäten in okkupierten Gebieten.
- Gegenspionage, zum Sammeln von Informationen über politische Gruppierungen der Freiheitskämpfer, feindlichen Geheimdienstaktivitäten und bewaffneten nationalen Gruppen, die eine Gefahr für das Regime darstellten (nach der Auflösung der OZN entstand hieraus die UDB).
- Militärische Spionageabwehr, für die nachrichtendienstliche Sicherheit der Tito-Partisanen (nach der Auflösung der OZN wurde sie als KOS direkt der Armee unterstellt).
- Technische Abteilung, zur Bearbeitung der technischen Aufgaben des Geheimdienstes.
- Abteilung für die Beobachtung und Bekämpfung ausländischer Nachrichtendienste (ab 1945).[7]
- Zdenko Radelić: OZNA/UDBA – Drastičan obračun s neprijateljima : Primjer Hrvatske (1940-ih i 1950-ih). In: Historijski Zbornik. Band 70, Nr. 1, 2017, S. 97–136.
- Blanka Matkovich: Croatia and Slovenia at the End and After the Second World War (1944–1945) : Mass Crimes and Human Rights Violations Committed by the Communist Regime. BrownWalker Press, 2017, ISBN 978-1-62734-691-7, Formation and the Role of the Yugoslav Intelligence and Counter-Intelligence System in the Second World War, S. 47 ff. (englisch).
- William Klinger: Il terrore del popolo : storia dell'Ozna, la polizia politica di Tito. Ed. Italo Svevo, Triest 2012, ISBN 978-88-6268-225-1 (italienisch).
- Michael Portmann: Kommunistische Abrechnung mit Kriegsverbrechern, Kollaborateuren, 'Volksfeinden' und 'Verrätern' in Jugoslawien während des Zweiten Weltkriegs und unmittelbar danach (1943–1950). GRIN Verlag, 2002, ISBN 978-3-638-70864-7, 5.4 “OZNA sve dozna”: Die kommunistische Geheimpolizei, S. 75–77.
- Marko Lopušina: Ubij bližnjeg svog : Jugoslovenska tajna policija 1945–1995. Beograd 1996 (serbisch).
Tibor Várady: Weltgeschichte und Alltag im Banat : Fälle aus einem Anwaltsarchiv von der Monarchie bis zum Kommunismus. Böhlau Verlag, Wien 2016, ISBN 978-3-205-20338-4, S. 125: „Man kann sogar etwas respektlos fragen, warum man den Buchstaben „A“ ans Ende der OZNA und des UDBA angehängt hatte, wo eigentlich jeweils die Kürzel OZN und UDB bereits komplette Wörter anzeigten. (Das Kürzel von Uprava državne bezbednosti müsste beispielsweise UDB und nicht UDBA sein.) Alle sprachen aber von OZNA und UDBA, und auch offiziell wurden diese Abkürzungen benutzt. Jetzt, wo ich dem nachforsche – mit sehr verspätetem Mut –, fällt mir dazu nur ein, dass man in der traditionellen serbischen Aussprache keine kleinen Ersatzvokale zwischen die Konsonanten einer Abkürzung setzt, ein „u/de/be“ oder „o/zett/en“ kann also den möglichen Zungenbrecher nicht erleichtern. OZN und UDB auszusprechen dürfte aber nicht einmal den kampferprobten, harten Geheimpolizisten leicht gefallen sein – und wäre auch nicht elegant gewesen. Durch ein Anhängen des „A“ wurden die geheimpolizistischen Kürzel besser aussprechbar und wohlklingender, und so erhielt dieses Buchstaben-Kuckucksei seine volle Legitimation.“
Arnold Suppan: Hitler – Beneš – Tito : Konflikt, Krieg und Völkermord in Ostmittel- und Südosteuropa. Hrsg.: Michael Gehler, Wolfgang Mueller (= Internationale Geschichte. Band 1). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2014, ISBN 978-3-7001-7309-0, 9. Rache, Vergeltung, Strafe (In Jugoslawien), S. 1277 (austriaca.at [PDF]).
Interview der Journalistin Darka Stuparić mit Dalibor Jakaž für den „Vjesnik“, anläßlich des 30. Gründungstags der OZN am 13. Mai 1974. Zitiert nach: Hans-Peter Rullmann: Mordauftrag aus Belgrad : Dokumentation über die Belgrader Mordmaschine. Ost-Dienst, Hamburg 1980, S. 3 f.
Michael Portmann: Die kommunistische Revolution in der Vojvodina 1944–1952 : Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur (= Zentraleuropa-Studien. Band 13). Wien 2008, S. 64.
Arnold Suppan: Hitler – Beneš – Tito : Konflikt, Krieg und Völkermord in Ostmittel- und Südosteuropa. Hrsg.: Michael Gehler, Wolfgang Mueller (= Internationale Geschichte. Band 1). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2014, ISBN 978-3-7001-7309-0, 9. Rache, Vergeltung, Strafe (In Jugoslawien), S. 1277 (austriaca.at [PDF]). Zitiert nach Marko Lopušina: Ubij bližnjeg svog : Jugoslovenska tajna policija 1945–1995. Beograd 1996, S. 47–51. und Jera Vodušek Starić: Überlegungen zur Sowjetisierung Nachkriegs-Jugoslawiens. In: Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung. Berlin 1998, S. 86–98.
Florian Thomas Rulitz: Die Tragödie von Bleiburg und Viktring : Partisanengewalt in Kärnten am Beispiel der antikommunistischen Flüchtlinge im Mai 1945. Erweiterte und überarbeitete 2. Auflage. Mohorjeva Hermagoras, Klagenfurt 2012, ISBN 978-3-7086-0655-2, S. 293.
Edda Engelke, Mateja Čoh: „Jeder Flüchtling ist eine Schwächung der Volksdemokratie“ : Die illegalen Überschreitungen am jugoslawisch-steirischen Grenzabschnitt in den Fünfzigerjahren. Lit Verlag, Münster 2011, ISBN 978-3-643-50364-0, S. 24.