Nicotinamid

Arzneistoff, Amid des Vitamins B3 Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Nicotinamid

Nicotinamid (auch Niacinamid und Nikotinsäureamid) ist das Amid der Nicotinsäure (Niacin, Vitamin B3). Es besitzt große biochemische Bedeutung als ein wichtiger Bestandteil der Koenzyme NAD+ und NADP+, welche zu einer reversiblen Wasserstoff-Bindung befähigt sind. Dabei wird der Pyridinring reduziert, wobei der Stickstoff seine positive Ladung verliert:

Schnelle Fakten Strukturformel, Allgemeines ...
Strukturformel
Strukturformel von Nicotinamid
Allgemeines
Trivialname Nicotinamid
Andere Namen
  • Nicotinsäureamid
  • Niacinamid
  • Pyridin-3-carbonsäureamid
  • Pyridin-3-carboxamid (IUPAC)
  • Vitamin PP (von Pellagra-Preventing)
SummenformelC6H6N2O
CAS-Nummer98-92-0
PubChem 936
ATC-Code

A11HA01

DrugBank DB02701
Kurzbeschreibungweißes Pulver[2]
VorkommenLeber, Muskeln von Säugetieren, Hefe, Milch, Getreidekeimlinge
Physiologie
FunktionMenschliches Antipellagra-Vitamin, Baustein der Coenzyme NADH und NADPH
Täglicher Bedarf2–17 mg[3]
Folgen bei MangelAppetitlosigkeit, Gewichtsabnahme, Rückgang körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit, Schlafstörungen, Verstimmung, Verwirrungszustände, Gedächtnisstörungen, Zungenbrennen, Durchfall, Pellagra
ÜberdosisBei Patienten, die täglich 3 g Nicotinamid über 3 bis 36 Monate einnahmen, wurden Übelkeit, Kopfschmerzen, Urtikaria, Müdigkeit, Gesichtsstarre und Adaptationsstörungen (Anpassungsstörungen) der Augen registriert. Nach sehr hohen Dosen (bis 9 g täglich) wurden Leberschädigungen (Hepatotoxizität, Ikterus und cholestatische Hepatitis) beobachtet.[4]
Eigenschaften
Molare Masse122,12 g·mol−1
Aggregatzustandfest
Dichte 1,4 g·cm−3 (20 °C)[2]
Schmelzpunkt
  • 126–128 °C (Polymorph I)[5]
  • 112–117 °C (Polymorph II)[5]
  • 107–111 °C (Polymorph III)[5]
  • 101–103 °C (Polymorph IV)[5]
Löslichkeitleicht in Wasser (691 g·l−1 bei 20 °C)[6]
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[6]

Achtung

H- und P-Sätze H: 319
P: 305+351+338[6]
Toxikologische Daten

3500 mg·kg−1 (LD50, Ratte, oral)[6]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
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Nicotinamid ist ein Vitamer Niacins.[7]

Synthese

Nicotinamid wird auf Basis von Acrolein und Ammoniak hergestellt. Diese reagieren zu β-Picolin, welches zu 3-Cyanpyridin (Nicotinsäurenitril) ammonoxidiert wird. Die Hydrolyse davon führt zu Nicotinamid.

Verwendung

Zusammenfassung
Kontext

Bei Menschen, die sich hauptsächlich von Hirse oder Mais ernähren, tritt häufig die Hautkrankheit Pellagra auf. Diese Krankheit ist auf unzureichende Zufuhr von Nicotinsäure, Nicotinamid oder deren biochemische Vorstufe L-Tryptophan zurückzuführen.[8] Deshalb wird Nicotinamid als Arzneistoff (Nicobion) eingesetzt.[9]

Nicotinamid wird klinisch zur Prävention oder Therapie in der Onkologie, insbesondere bei nicht-melanotischen Hautkrebsformen, erprobt.[10]

Es bestehen Hinweise auf eine Wirksamkeit gegen multiresistente Keime wie MRSA und Pseudomonas.[11][12]

Tierversuche an transgenen Mäusen zeigten, dass Nicotinamid den Verlust des Erinnerungsvermögens der Tiere verhindern konnte. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, dass es auch eine Rolle bei der Behandlung von Alzheimerpatienten spielen kann.[13] Am Fadenwurm Caenorhabditis elegans konnte durch Nahrungszugabe von Nicotinamid eine 10 % höhere Lebenserwartung beobachtet werden, die die beteiligten Forscher auf erhöhte Bindung freier Radikale und den zugehörigen verringerten oxidativen Stress zurückführten.[14]

In Kosmetikartikeln wie Haar- oder Hautpflegeprodukten soll Nicotinamid eine glättende Wirkung besitzen und Unregelmäßigkeiten der Hautoberfläche neutralisieren.[15] Nicotinamid regt die Synthese von Proteinen, Keratin und Ceramiden in der Haut an. Dies führt zu einem positiven Effekt auf Hauterkrankungen wie Akne und Rosazea und verringert die Hautalterung („Anti-Aging-Effekt“).[16] Früher wurde die Nikotinsäureamid-Kombination Dyspnoced als „Asthma-Pulver“ oder Inhalation zur Vorbeugung und Behandlung von Asthmaanfällen von der Firma Dr. Böwing angeboten.[17]

Einzelnachweise

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