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deutsche Webvideoproduzentin und Klimawandelleugnerin Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Naomi Seibt (* 18. August 2000) ist eine deutsche Webvideoproduzentin, die insbesondere als Klimawandel-Leugnerin auf YouTube bekannt wurde. Mehrere Medien bezeichneten sie in diesem Kontext – in Abgrenzung zur schwedischen Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg – als „Anti-Greta“.
Naomi Seibt (YouTube) | |
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Allgemeine Informationen | |
Sprache | Deutsch, Englisch |
Genre | Neue Rechte |
Gründung | 24. Mai 2019 |
Auflösung | 30. April 2021 |
Abonnenten | über 104.000 |
Aufrufe | über 3.155.733 |
Videos | über 68 |
(Stand 10. Februar 2021) |
Ihr YouTube-Kanal wurde Ende April 2021 wegen Verstößen gegen die Community-Richtlinien zu Fehlinformationen und Belästigung gesperrt, ist aber Stand März 2024 wieder erreichbar.
Naomi Seibt wurde bereits im Alter von fünf Jahren eingeschult und übersprang die erste Klasse. Nach der Grundschule besuchte sie das bischöfliche Gymnasium St. Mauritz in Münster.[1] Sie erreichte 2013 im Münsteraner Regionalwettbewerb des Schülerwettbewerbs „Jugend forscht – Schüler experimentieren“ den ersten Platz im Bereich Physik und zusammen mit einer Klassenkameradin den zweiten Platz im Bereich Mathematik/Informatik,[2] 2014 den ersten Platz beim Landeswettbewerb Nordrhein-Westfalen im Bereich Chemie.[3] Im Jahr 2017 legte sie ihr Abitur mit einem Notenschnitt von 1,0 ab[4][1] und begann ein Studium der Volkswirtschaftslehre in Mannheim. Nach eigenen Angaben brach sie dieses aber ab, um ein Fernstudium der Psychologie aufzunehmen.[5][4]
Von Mai 2019 bis zur Sperrung im Frühling 2021 betrieb sie ihren YouTube-Kanal (siehe unten).
Im März 2021 gab Seibt an, auch das Psychologiestudium abgebrochen zu haben und sich selbstständig machen zu wollen.[6]
Größere Bekanntheit erlangte sie durch einen Auftritt im November 2019 auf der Jahreskonferenz des Europäischen Instituts für Klima & Energie (EIKE), einer Organisation, die den Einfluss des Menschen auf den Klimawandel bzw. dessen Auswirkungen herunterspielt. Von Februar[7] bis nach eigenen Angaben April 2020[8] arbeitete sie für das Heartland Institute, eine pseudowissenschaftliche amerikanische Denkfabrik[9], die den menschengemachten Klimawandel leugnet und eine Energiewende global bekämpft.
Laut eigener Aussage begegnete Seibt der Politik zum ersten Mal mit zwölf, als ihre Mutter sie zu einer Veranstaltung der örtlichen CDU mitnahm. Sie habe im Rahmen der Flüchtlingskrise 2015 angefangen, sich für Politik zu interessieren. Sie habe sich gefragt, weshalb die Flüchtlinge ‚so einfach‘ kommen dürften und warum vermeintlich Gesetze auf einmal nicht mehr gelten würden. Mit dieser Haltung sei sie in der Schule auf Ablehnung gestoßen. Später habe ihre Mutter ihr empfohlen, die Bücher des liberalen Ökonomen und Sozialphilosophen Friedrich August von Hayek zu lesen. Inzwischen bezeichnet sich Seibt als Anhängerin des Anarchokapitalismus.[10]
Nach eigenen Angaben vom Juni 2019 befürwortete Seibt die direkte Demokratie und wählte die Alternative für Deutschland (AfD),[11] war dort jedoch nicht Mitglied.[12]
Seibt startete ihren YouTube-Kanal im Mai 2019.[13] Nach Einschätzung des Spiegel verbreitete sie darüber rechtskonservative Thesen in deutscher und englischer Sprache. Sie agitiere gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (den sie als „Staatsmedien“ bezeichnet), Abtreibung und Seenotrettung. Der Kanal finanzierte sich über Spenden; er hatte Ende 2019 rund 37.000 Abonnenten, ihre Videos bis zu 100.000 Aufrufe.[14] Nach Einschätzung von Florentin Schumacher in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sollte der Einfluss der politisch als „neurechts“ verorteten Youtuberin nicht überschätzt werden, da ihre Videos durchschnittlich bislang nur „wenige zehntausend Klicks“ generierten.[15]
Laut der Investigativ-Plattform Correctiv wurde Seibt bereits 2017 von David Berger unterstützt, dem Betreiber des rechten Blogs Philosophia Perennis, in dem sie einen Gastbeitrag zum Thema Nationalismus veröffentlichen konnte. Kurz darauf habe die rechtsextreme Identitäre Bewegung in ihrem Blog auf ein Interview von Seibt verwiesen. Im Juli 2019 sei sie schließlich von Brittany Pettibone, der damaligen Freundin und heutigen Ehefrau von Martin Sellner, interviewt worden. Hierin zeige sich die Strategie eines „Netzwerkes“ aus der „Sphäre der Neuen Rechten“, „Nachwuchs“ aufzubauen, um „ein junges Publikum zu erreichen“.[13]
In einem ihrer Videos nannte Seibt gemäß Guardian den zur weiß-nationalistischen Alt-Right-Szene gezählten Internetaktivisten Stefan Molyneux eine „Inspiration“. Ihre Mutter, die Anwältin Karoline Seibt, wies den Vorwurf zurück, dass Seibt die extreme Rechte unterstütze.[16] Kurze Zeit später bestätigte Seibt in einem Interview auf Nachfrage, sie sei „weiterhin ein Fan, absolut“ von Molyneux.[17] 2020 verglich sie die Sperrung von Molyneuxs YouTube-Kanals mit einer Bücherverbrennung.[18] Für das Buch Sicher ohne Staat des verschwörungstheoretischen Autors und Journalisten Oliver Janich hat Seibt einen Teil für Spotify auf Englisch eingelesen, nach ihren Worten unentgeltlich als Freundschaftsdienst.[19]
Interview-Anfragen für Seibt kamen von Sendern wie Fox News, InfoWars und RT Deutsch. Auch auf den Kanälen von Verschwörungsideologen wie Oliver Flesch und Samuel Eckert trat sie auf.[20]
Seibt trat im Zusammenhang mit EIKE und dem Heartland Institute, beides Organisationen aus der Klimawandelleugnerszene, in Erscheinung.
Recherchen von Correctiv und der ZDF-Sendung Frontal21 aus dem Jahre 2020 legen nahe, dass Seibt für das Heartland Institute Youtube-Videos produzieren sollte, um „Klimaschutzmaßnahmen zu verhindern“.[5][21] Als „junge Influencerin“ sollte sie „zum Star der Szene“ der Klimawandelleugner aufgebaut werden. Auch die Washington Post ging davon aus, dass Seibt vom Heartland Institute aufgebaut werde.[22] Nach Darstellung der Tageszeitung Die Presse reagierte Seibt auf die Recherchen von ZDF und Correctiv mit einem Videobeitrag unter dem Titel „How dare you“ (eine Bezugnahme auf Greta Thunberg), in dem sie den investigativen Journalisten „Vertrauensbruch“ und „Verunglimpfung“ vorwarf. Seibt betonte in ihrem Beitrag, sie werde sich „nicht unterkriegen und entmutigen lassen“.[23] Sie selbst bezeichnet sich als „Klima-Realistin“ und behauptet, der Einfluss der Menschen auf das Klima sei marginal.[4]
Von verschiedenen Medien wurde Seibt als „Anti-Greta“ bezeichnet, die gegensätzliche Positionen zu Greta Thunberg vertrete.[5][14][16][22][23][24] Unter anderem verweist die Washington Post darauf, dass Seibt Thunberg kopiere.[22] Seibt bestritt dies gegenüber der Weltwoche. Sie bezeichne sich als „libertär“ und wähle die AfD.[23]
Der Klimatologe Michael E. Mann kommentierte den vermeintlichen Versuch des Heartland Institutes, Seibt als Anti-Greta aufzubauen. Es zeige, wie zynisch die Klimawandelleugnerszene sei – diese fasse alles als Hütchenspiel um Ablenkung und Täuschung auf, mehr bliebe ihr nicht mehr übrig.[25]
Das Ende ihrer Zusammenarbeit mit dem Heartland Institute begründete sie damit, verschiedene Social-Media-Unternehmen hätten ihre Accounts wegen „mangelnder Klimafreundlichkeit“ gekündigt, aus demselben Grund sei sie von der nordrhein-westfälischen Landesmedienanstalt mit einem Bußgeld von 400 Euro belegt worden. Nach Recherchen von Thomson Reuters trifft dies aber nicht zu: Ihre Social-Media-Kanäle waren am 21. Mai 2020 sämtlich aktiv. Sie behauptete auch, die Landesmedienanstalt habe ihr mit der Löschung ihrer Accounts gedroht und das Bußgeld verhängt, weil sie in Kooperation mit dem Heartland Institute amerikanische Verschwörungstheorien verbreite. Die Landesmedienanstalt schrieb in einer Antwort auf eine Anfrage von Reuters, sie habe kein Bußgeld gegen Seibt verhängt, sondern lediglich die Löschung zweier Videos verlangt, in denen die Heartland Foundation erwähnt wurde, und verwies zur Begründung auf das deutsche Medienrecht, das Themenplatzierung gegen Entgelt verbietet. Ein weiterer Grund für die Beendigung der Zusammenarbeit ist nach Seibts Darstellung, dass die Arbeit für eine Lobbyorganisation der Öl- und Gasindustrie ihre Glaubwürdigkeit und ihr Plädoyer für maximale Freiheit und unbeschränkten Individualismus beschädige.[18][8]
Im Oktober 2020 hielt Seibt eine Rede beim von Abgeordneten der AfD organisierten Kongress der Freien Medien im Bundestag, in dem sie den unter anderem von Christian Drosten entwickelten PCR-Test zum Nachweis von SARS-CoV-2 scharf angriff: Der Test erfülle nicht die wissenschaftlichen Anforderungen und sei nicht spezifisch genug.[26] Viele der vorgebrachten Argumente müssen aber laut Faktencheck als zumindest weitgehend „falsch“ beziehungsweise „unbelegt“ eingeordnet werden.[27][28][29][30]
Nach dem Attentat auf die Synagoge in Halle 2019 behauptete Seibt in einer Diskussion auf YouTube, dass Juden in der öffentlichen Wahrnehmung an erster Stelle als unterdrückt gelten, „gewöhnliche Deutsche“ dagegen ganz unten und Muslime irgendwo dazwischen stehen würden. Seibt persönlich verneinte, sich antisemitisch geäußert zu haben, und meinte, zwischen diesen Gruppen sollten keine Unterschiede gemacht werden. Imran Ahmed vom Center for Countering Digital Hate hielt es jedoch für offensichtlich, dass Seibt damit uralte Stereotype einer angeblichen Privilegiertheit von Juden zum Ausdruck bringe; Weiße würden nach dieser Sicht von Juden unterdrückt.[16] Von Frontal21 gefragt, ob ihre Aussagen als antisemitisch verstanden werden könnten, antwortete Seibt, wenn jemand das „als etwas Anderes wahrnimmt“, könne sie „diese Wahrnehmung natürlich nicht beeinflussen“.[31] Auf Nachfrage der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung führte Seibt aus, der Anschlag in Halle sei zwar antisemitisch motiviert gewesen und zu verurteilen, aber es sei „falsch, nur über jüdische Opfer zu sprechen“, da es „auch deutsche Opfer“ gegeben habe.[4]
Seit Mai 2020 teilt Seibt über ihren Twitter-Account Informationen zur rechten Verschwörungsideologie QAnon, die Zahl ihrer Follower stieg danach an.[32] In einem Livestream sagte sie Ende Juni 2020, sie halte es für möglich, dass die US-Organisation Planned Parenthood mit den Körperteilen abgetriebener Föten Handel treibe. Seibt war zumindest zeitweise davon überzeugt, dass das Onlinekaufhaus Wayfair auf seiner Webseite nicht nur Möbel anbiete, sondern in Wahrheit Kinder.[18]
Am 5. Mai 2021 wurde von YouTube die endgültige Sperrung ihres YouTube-Kanals am 30. April 2021 aufgrund von Verstößen gegen die YouTube-Community-Richtlinien zu Fehlinformationen und Belästigung bestätigt.[33]
Auf der „Internationalen Klima- und Energiekonferenz“ des AfD-nahen Vereins Europäisches Institut für Klima & Energie (EIKE) berichtete Seibt in einem Vortrag im November 2019, sie sei „früher selbst ‚Klimaalarmistin‘ gewesen“, habe dann aber angefangen, „Vieles in Frage zu stellen: den Feminismus, den ‚Kultursozialismus‘ – und schließlich das ‚99-Prozent-Märchen‘ vom menschengemachten Klimawandel“.[34]
Anfang Februar 2020 hielt Seibt eine Rede auf einem Empfang der AfD in Münster,[5] Ende Februar 2020 sprach sie auf einer Nebenveranstaltung der Conservative Political Action Conference (CPAC) in den USA.[16]
Im Sommer 2020 trat sie bei Episode 19 (Mit Rechten Reden) des Podcasts In extremen Köpfen des deutschen Psychologen Leon Windscheid auf. Dabei wurde unter anderem ihr früheres Leben erörtert.[35]
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