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deutscher Choreograph Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Marco Goecke (* 12. April 1972 in Wuppertal) ist ein deutscher Choreograph.
Ab 1988 absolvierte Goecke eine Ballettausbildung an der Ballettakademie der Heinz-Bosl-Stiftung München sowie am Königlichen Konservatorium Den Haag, wo er 1995 sein Diplom erhielt. Darauf folgten Engagements an der Deutschen Staatsoper Berlin und am Theater Hagen.
2000 schuf Goecke seine erste Choreographie mit dem Titel Loch am Theater Hagen. Es folgten mehrere Choreographien für die Noverre-Gesellschaft Stuttgart mit Tänzern des Stuttgarter Balletts und eine Einladung an das New York Choreographic Institute. Im Juli 2003 gewann Goecke den Prix Dom Perignon in Hamburg mit dem Stück Blushing, getanzt vom Stuttgarter Ballett. Für die Weihnachtsgala 2003 im Staatstheater Stuttgart entstand der Pas de deux Ring them bells. Es folgten zahlreiche Auftragsarbeiten für internationale Kompanien.
Mit der Spielzeit 2005/06 wurde Goecke zum Hauschoreographen des Stuttgarter Balletts ernannt und kreierte im Dezember 2006 dort sein erstes Handlungsballett Nussknacker, das später auch für den ZDFtheaterkanal verfilmt wurde. Von 2006 bis 2012 hatte Goecke den Titel des Hauschoreographen auch beim Scapino Ballets Rotterdam inne. Von der Spielzeit 2013/14 an wurde Goecke Hauschoreograph beim Nederlands Dans Theater.
Neben den mehr als sechzig Werken, die Goecke innerhalb von wenigen Jahren geschaffen hat (siehe Werkliste), werden zahlreiche seiner bereits bestehenden Choreographien bei anderen Kompanien einstudiert, z. B. in Tel Aviv, Sao Paulo, bei Les Grands Ballets Canadiens de Montréal, Scapino Ballet Rotterdam, Ballett-Theater München, Saarländisches Staatstheater Saarbrücken, Staatstheater Hannover, Wiener Staatsoper und am Theater Augsburg.
2015 wurde sein Ballettstück Lonesome George uraufgeführt, das von der gleichnamigen Schildkröte handelt.[1] Er hatte die Arbeit daran bereits vor deren Tod im Jahr 2012 begonnen, aber wegen einer schweren Erkrankung unterbrechen müssen. Nach eigener Aussage hätte die Erkrankung auch tödlich verlaufen können, weshalb seither seine Arbeit beeinflusst sei von der Erkenntnis, wie fragil Menschen sind.[2]
Im Juli 2017 verkündete Tamas Detrich, designierter Intendant beim Stuttgarter Ballett und Nachfolger Reid Andersons, dass er Goeckes Vertrag als Hauschoreograf nicht über die Spielzeit 2017/18 hinaus verlängern würde. Im Februar 2018 wurde Goecke von der designierten Opernintendantin Laura Berman zum Ballettdirektor der Staatsoper Hannover ab der Spielzeit 2019/20 berufen. Im Juni 2018 schloss Gauthier Dance, die Tanzkompanie im Stuttgarter Theaterhaus, einen Vertrag mit Goecke als Artist in Residence ab Januar 2019.
Ab der Spielzeit 2019/20 bis Februar 2023[3] war Marco Goecke Ballettdirektor am Staatsballett Hannover.
Im Mai 2022 wurde Marco Goecke der Deutsche Tanzpreis 2022 zugesprochen, gemeinsam mit dem Berliner Choreografen Christoph Winkler.[4] Die Auszeichnung wurde am 15. Oktober 2022 im Essener Aalto-Theater bei einer Gala überreicht.
Am 22. Mai 2024 wurde Goecke zum Künstlerischen Leiter und Hauschoreographen des Balletts am Theater Basel ernannt, beginnend mit der Spielzeit 2025/2026.[5][6] Dies wurde unter anderem in einem Kommentar der Frankfurter Allgemeinen Zeitung kritisiert,[7] während in der Süddeutschen Zeitung begrüßt wurde, dass Goecke eine zweite Chance erhält.[8]
Am 11. Februar 2023 sorgte Goecke am Rande der Premiere des Stücks Glaube Liebe Hoffnung in der Staatsoper Hannover für einen Theaterskandal,[9][10] indem er der Tanztheater-Kritikerin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), Wiebke Hüster, den in einem Hundekotbeutel aufgesammelten Kot seines Dackels[11] auf die rechte Wange[12] schmierte. Der Fall erregte internationale Aufmerksamkeit.[13][14][15] Zuvor hatte er ihr vorgeworfen, für Abonnementskündigungen in Hannover verantwortlich zu sein, und ihr Hausverbot angedroht. Laut der FAZ reagierte er mit seiner Attacke auf eine am selben Tag erschienene Rezension Hüsters über die Produktion In the Dutch Mountains am Nederlands Dans Theater in Den Haag, in der etwa steht, man werde „beim Zuschauen abwechselnd irre und von Langeweile umgebracht“, das Stück sei „eine Blamage und eine Frechheit“, und beides müsse man „dem Choreographen umso mehr anlasten, als Virtuosität und Präsenz der Tänzer des Nederlands Dans Theater nach mehr verlangen“.[16] Hüster hatte unmittelbar nach dem Vorfall Strafanzeige bei der Polizei erstattet. Die FAZ wertete den Übergriff Goeckes als Körperverletzung und „Einschüchterungsversuch gegenüber unserer freien, kritischen Kunstbetrachtung“.[17][18] Die Staatsanwaltschaft Hannover nahm Ermittlungen wegen Körperverletzung und Beleidigung auf.[19] Letztlich wertete sie den Vorfall als tätliche Beleidigung und stellte das Verfahren Ende 2023 gegen Zahlung eines vierstelligen Geldbetrages ein.[20]
Am 13. Februar 2023 wurde Goecke suspendiert und ein Hausverbot der Staatsoper Hannover ausgesprochen.[21] Goecke rechtfertigte sich, indem er behauptete, sein Werk sei über Jahre durch die Journalistin „beschmutzt“ worden.[22] Er sei zwar „ein bisschen erschrocken“ über sich selbst, wolle sich aber nicht bei Hüster entschuldigen.[23] Wenn ihn das seine Karriere koste, sei er damit einverstanden.[24] Einen Tag später, am 14. Februar, entschuldigte er sich dann doch bei ihr und „allen Beteiligten“: „Im Nachhinein wird mir klar bewusst, dass dies eine schändliche Handlung im Affekt und eine Überreaktion war.“[25] Hüster bestritt zudem, dass ihre Kritiken über Goeckes Stücke „oft gehässig“ gewesen seien, zwei ihrer neun Kritiken seien sogar „überschwänglich positiv“ gewesen.[26] Am 16. Februar 2023 gab die Staatsoper Hannover bekannt, dass der Vertrag mit Goecke mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden sei. Aufgrund seines Fehlverhaltens sei er als Führungskraft nicht mehr tragbar. Seine Stücke sollen in Hannover jedoch weiter gespielt werden.[27] Das Nationaltheater Mannheim strich aufgrund des Vorfalls eine im April 2023 vorgesehene Aufführung einer Choreographie von Marco Goecke.[28] Nachfolger Goeckes in Hannover wurde sein bisheriger Stellvertreter Christian Blossfeld, der das Ballett der Staatsoper schon seit der Suspendierung kommissarisch geleitet hatte.[29] Goecke erklärte im August 2023, er habe infolge eines Burn-outs aus dem Affekt heraus gehandelt.[30] Für Juni 2024 wurde Goeckes Rückkehr als Choreograph an der Staatsoper Hannover angekündigt.[31]
Rezeption erfuhr der Vorfall durch das Theaterhaus Jena,[32] wo das Stück „Die Hundekot-Attacke“ mit dem Untertitel „Eine Vorstellung über Finsternis, Schönheit und Vergebung, basierend auf einer wahren Begebenheit“ am 27. Oktober 2023 uraufgeführt wurde.[33] Die Inszenierung wurde zum Berliner Theatertreffen 2024 eingeladen.[34]
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