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Die Stadt Zwickau in Westsachsen erlebte im Zweiten Weltkrieg vom 12. Mai 1944 bis 11. April 1945 zehn Luftangriffe, fast ausschließlich durch die amerikanische Luftwaffe. Dabei warfen über 384 viermotorige Bombenflugzeuge und ungezählte Jagdbomber mehr als 1027 Tonnen Bomben auf Zwickau. 3629 Wohnungen wurden zerstört und 29 Industriebetriebe zerstört oder beschädigt. Darunter befanden sich ein großes Flugzeugreparaturwerk und wichtige Fahrzeughersteller. Es werden mindestens 591 Tote angegeben, darunter zahlreiche Frauen, Kinder und Ausländer. Im April 1945 erfolgten häufige Tieffliegerangriffe, und am 16. und 17. April kam Artilleriebeschuss dazu.
Zwickau war als Luftschutzort I. Ordnung eingestuft. Es gab einen Befehlsbunker für den Kreiseinsatzstab auf dem Windberg, unterhalb der (1964 abgerissenen) Bismarcksäule[1]. Vorhandene Bergwerkstollen und Tiefenkeller von Brauereien und Gasthöfen wurden als Luftschutzräume ausgebaut. In Eilmärschen strömten nach Fliegeralarm die Menschen über die Brücken in die „Bergkeller“ der Vereins- und Unionsbrauerei auf der Ostseite der Mulde. Nicht alle Stollen hielten den hochbrisanten Sprengbomben stand, so starben am 19. März 1945 im zum Gasthof „Zum Paradies“ gehörenden Hauptstollen 55 Schutzsuchende. Die großen Betriebe hatten alle ausgebaute Luftschutzbunker. Auch in Planitz gab es ausbetonierte Luftschutzstollen, am Fuß des Kreuzbergs und des Schloßbergs. Die Einwohner in Planitz waren aber insgesamt besonders schlecht geschützt. Zwickau hatte eine Berufsfeuerwehr, die jedoch durch Einberufungen zur Wehrmacht stark ausgedünnt war und mit Hilfskräften arbeiten musste. Die Werkfeuerwehren setzten auch Kriegsgefangene und „Ostarbeiter“ ein.
Fliegeralarme in Zwickau: 1940–1942: 0, 1943: 26, 1944: 82, 1945: 66 (bis 18. April).
In der Liste des RAF Bomber Command mit vorgesehenen Zielen in Deutschland war Zwickau mit dem Fisch-Decknamen „Poot“ (für Zwergdorsch) verzeichnet[2].
Die US-Armee beschlagnahmte für sich Wohnraum in der durch Flüchtlinge schon überfüllten Stadt und verschärfte so die Wohnungsnot.
Bei den Luftangriffen wurden 3629 zerstörte Wohnungen und 29 beschädigte Industriebetriebe erfasst, von den Dächern waren 80 % zerstört oder beschädigt[8]. 1952 wurde der Zerstörungsgrad von Zwickau mit 5 % angegeben.[9]
Heinrich Magirius hebt folgende Schäden und Verluste hervor[10]:
Folgende Wohnhäuser der Bürgerstadt mit Charakter des 16. Jahrhunderts wurden beim Bombenangriff am 19. März zerstört, ihre Ruinen beseitigt und kein Wiederaufbau:
Norbert Peschke[11] listet folgende verlorene Gebäude als historisch wertvoll auf:
Zerstört wurden auch:
Von den mindestens 591 Todesopfern der Luftangriffe auf Zwickau wurden beerdigt[12] auf dem Hauptfriedhof 320 (davon 256 in einem 400-m²-großen Sammelgrab in Abteilung IV/Gruppe III und 64 in Familiengrabstätten), auf dem Paulusfriedhof 36, dem Weißenborner Friedhof 8, dem Pölbitzer Friedhof 1, dem Eckersbacher Friedhof 5, dem Bockwaer Friedhof 5 und viele auf dem Friedhof in Planitz, wo es 78 Tote gegeben hatte. Am 28. März 1945 fand auf dem Hauptfriedhof die offizielle Trauerfeier für die am 19. März in Zwickau „beim Terrorangriff gefallenen Deutschen“ statt, mit den Angehörigen, dem Oberbürgermeister und Kreisleiter Ewald Dost (der sich am 13. Mai in amerikanischer Internierungshaft das Leben nahm), anderen städtischen offiziellen Persönlichkeiten, der Wehrmacht und der NSDAP. Der Trauerzug ging vorbei an Bombentrichtern, zerstörten Mauern, umgestürzten Grabsteinen und provisorisch wiederhergestellten Grabstätten, die durch Bomben aufgerissen worden waren (Folgen des Angriffs am 7. Oktober 1944, aber auch vom 19. März 1945).
Zu der Zahl von 591 Todesopfern in Zwickau, einschließlich Planitz (eingemeindet am 1. Januar 1944) und Cainsdorf (eingemeindet 1999), merkt Norbert Peschke an: „Es ist jedoch zu vermuten, dass später Aufgefundene und Vermisste nicht mehr (als Bombenopfer) registriert wurden, sodass mit einer höheren Zahl an Todesopfern gerechnet werden muss“[13].
Das mit Gras und Sträucherreihen bewachsene Massengrab mit den Bombentoten auf dem Hauptfriedhof ist (2019) kaum als solches erkennbar. Auch direkt an dem Gräberfeld gibt es keinen Hinweis auf eine Kriegsgräberstätte. Nur einige private Grabsteine von Familien sind anhand der Daten der Luftangriffe – ohne Hinweis auf den Bombentod – zu finden, keine von der Stadt oder dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge.
Auf dem Friedhof in Planitz steht am Hang ein Hochkreuz mit einer Namenstafel darunter: „Hier ruhen die Opfer des alliierten Luftangriffs vom 19. März 1945 auf Zwickau-Planitz“. Unter den 14 Namen findet sich der einer Mutter mit vier Kindern. Anmerkung: Es gab in Planitz nicht nur 14, sondern 78 Bombenopfer am 19. März 1945, wahrscheinlich sind die meisten in Familiengrabstätten beigesetzt worden.
Das Massengrab mit 256 Bombenopfern auf dem Hauptfriedhof Zwickau
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