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staatliche Beschlagnahme von Gegenständen des Schuldners zum Zwecke der Gläubigerbefriedigung Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Unter einer Pfändung versteht man im Zwangsvollstreckungsrecht (in Österreich auch Exekution genannt) die staatliche Beschlagnahme von Gegenständen des Schuldners zum Zwecke der Gläubigerbefriedigung.
Begleicht der Schuldner die fälligen Forderungen des Gläubigers nicht, so kann der Gläubiger seine Forderungen im Rahmen der Zwangsvollstreckung mit Hilfe der Gerichte zwangsweise einzutreiben versuchen. Voraussetzung ist ein vollstreckbarer Titel (etwa § 704 ZPO) mit Vollstreckungsklausel (§ 725 ZPO) und dessen Zustellung an den Schuldner. Häufigster Titel ist der Vollstreckungsbescheid (§ 688 Abs. 1 ZPO), der die Zahlung einer bestimmten Geldsumme in Euro zum Gegenstand hat. Erhebt der Schuldner gegen einen Mahnbescheid keinen Widerspruch, ergeht auf Antrag des Gläubigers ein Vollstreckungsbescheid (§ 692 Abs. 1 ZPO), aus dem der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreiben kann.
Der Pfändung unterliegen diejenigen beweglichen Sachen des Schuldners, die sich in seinem Eigentum befinden. Die Folge einer wirksamen Pfändung ist die Verstrickung und das Pfändungspfandrecht. Eine Pfändung ist kraft Gesetzes untersagt, wenn Unpfändbarkeit vorliegt.
In Deutschland richtet sich die Pfändung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO). Sie setzt im privaten Recht einen Vollstreckungstitel voraus, der dem Schuldner zugestellt werden muss. Den vollstreckbaren Titel ersetzt im öffentlichen Recht die Vollstreckungsanordnung.
Die Pfändung unterscheidet nach der Art des Pfandobjektes:
Der konkrete Ablauf einer Pfändung ist allgemein in den §§ 753 ff. ZPO sowie der von den Landesjustizverwaltungen erlassenen einheitlichen landesrechtlichen Gerichtsvollziehergeschäftsanweisung (GVGA) geregelt.
Die Sachpfändung wird von einem Gerichtsvollzieher (im Privatrecht) oder einem Vollziehungsbeamten im öffentlichen Recht durchgeführt. Der Gerichtsvollzieher sucht in der Wohnung des Schuldners nach pfändbaren Gegenständen. Hierzu zählen alle nicht lebensnotwendigen Gegenstände. Eine Reihe von Gegenständen (vor allem einfacher Hausrat, Arbeitsgeräte und Ähnliches) sind unpfändbar (Pfändungsschutz, siehe Aufstellung in § 811 ZPO).
Wird der Vollziehungsbeamte fündig, nimmt er die Gegenstände an sich oder versieht sie mit einem Pfandsiegel, dem so genannten Kuckuck. Vor der Pfändung sollte der Vollziehungsbeamte allerdings auch den Wert des Gegenstandes gegen die durch eine Pfändung entstehenden Kosten aufwiegen, da auch diese vom Schuldner beglichen werden müssen. Oftmals kommen dann nur wenige, besonders wertvolle oder neuwertige Geräte zur Pfändung, da andere durch ihren Wert die Schuld nicht decken würden. Von einer Taschenpfändung spricht man, wenn beispielsweise das Bargeld gepfändet wird, das der Schuldner bei sich trägt. Rechtlich bewirkt die Pfändung durch den Gerichtsvollzieher die Verstrickung der gepfändeten Sache und die Entstehung eines Pfändungspfandrechts. Die erweiterten Rechte machen den Gläubiger jetzt zum Pfändungspfandgläubiger.
Die Pfändung einer bereits gepfändeten Sache (keiner Forderung: siehe Thomas/Putzo § 829 Rn. 2 ZPO) für eine weitere Geldforderung wird Anschlusspfändung genannt. Gläubiger kann der alte oder, was häufiger ist, ein neuer Gläubiger sein (§ 826 ZPO). Bei mehreren Gläubigern kann nach § 827 ZPO jeder Gläubiger die Verwertung selbst betreiben, wobei der erste Pfändungspfandgläubiger gewöhnlich zuerst befriedigt wird. Zuständig ist der zuerst tätige Gerichtsvollzieher.[2]
Wie die Pfändung konkret abzulaufen hat, ist in Deutschland nur rudimentär geregelt. Da ein „Gerichtsvollziehergesetz“ bislang fehlt, ergeben sich Legitimation und Tätigkeit des Gerichtsvollziehers aus § 154 GVG (Gerichtsverfassungsgesetz) und vor allem den §§ 753 ff. ZPO. Bundeseinheitlich gilt die von den Landesjustizverwaltungen erlassene einheitliche Gerichtsvollziehergeschäftsanweisung (GVGA). Sie regelt die Art und Weise der Zwangsvollstreckung, ihre Beachtung ist Amtspflicht des Gerichtsvollziehers. Pflichtverletzungen, das sind in der Praxis insbesondere unterlassene Vollstreckungsmaßnahmen, Überpfändungen oder die Vollstreckung unpfändbarer Sachen, können zu Schadensersatzansprüchen des betroffenen Gläubigers oder Schuldners aus Amtshaftung gem. § 839 BGB führen.[3]
In der Literatur wird zum Teil kritisiert, dass die Bestimmungen zur Sachpfändung (§§ 811, 811a ZPO) seit 1877 praktisch unverändert geblieben sind und nur von Fall zu Fall durch die Rechtsprechung angepasst bzw. ausgelegt werden. Damit bestehe in diesem gesamten Gebiet erhebliche Rechtsunsicherheit, von der zunehmend weite Bevölkerungskreise betroffen seien.[4]
Gepfändete Sachen werden öffentlich versteigert (§ 814 ZPO), entweder vor Ort oder als allgemein zugängliche Versteigerung im Internet über eine Versteigerungsplattform,[5][6] gepfändetes Geld ist dem Gläubiger abzuliefern (§ 815 ZPO), gepfändete Wertpapiere sind, wenn sie einen Börsen- oder Marktpreis haben, von dem Gerichtsvollzieher aus freier Hand zum Tageskurs zu verkaufen (§ 821 ZPO). Bei der Verwertung ungetrennter Früchte hat der Gerichtsvollzieher die Aberntung bewirken zu lassen (§ 824 ZPO).[7] Auf Antrag des Gläubigers oder des Schuldners kann der Gerichtsvollzieher eine gepfändete Sache auch in anderer Weise verwerten, etwa dem Gläubiger selbst oder einer von dem Gläubiger benannten Person zu Eigentum übertragen (§ 825 Abs. 1 ZPO).[8][9][10]
Die Versteigerung beginnt mit dem Mindestgebot. Aus dem Erlös der Versteigerung werden die Ansprüche der Gläubiger befriedigt. Sollte danach noch Geld übrig sein, erhält es der Schuldner.[11]
Die Pfändung von Forderungen und anderen Vermögensrechten ist in §§ 828 ff. ZPO geregelt und erfolgt im deutschen Privatrecht in der Regel durch einen vom Vollstreckungsgericht erlassenen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, im öffentlichen Recht mittels einer durch die Vollstreckungsbehörde erlassenen Pfändungsverfügung. Auch Domains sind nach Ansicht des BGH pfändbar.[12]
von | bis | Unterhaltsberechtigte | volle Pfändung ab Höchstbetrag | |||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
0 | 1 | 2 | 3 | 4 | ≥ 5 | |||
1. Januar 2002 | 30. Juni 2005 | 930 | 1280 | 1475 | 1670 | 1865 | 2060 | 2851 |
1. Juli 2005 | 30. Juni 2011[15][16] | 990 | 1360 | 1570 | 1770 | 1980 | 2190 | 3020 |
1. Juli 2011 | 30. Juni 2013[17] | 1030 | 1420 | 1640 | 1850 | 2070 | 2280 | 3118 |
1. Juli 2013 | 30. Juni 2015[18] | 1045 | 1438 | 1657 | 1876 | 2095 | 2314 | 3166 |
1. Juli 2015 | 30. Juni 2017[19][20][21] | 1074 | 1480 | 1710 | 1930 | 2160 | 2380 | 3292 |
1. Juli 2017 | 30. Juni 2019[22] | 1140 | 1570 | 1800 | 2040 | 2280 | 2520 | 3476 |
1. Juli 2019 | 30. Juni 2021[23] | 1180 | 1630 | 1870 | 2120 | 2370 | 2620 | 3613 |
|
30. Juni 2022 | 1253 | 1724 | 1987 | 2249 | 2512 | 2774 | 3840 |
|
30. Juni 2023 | 1330[24] | ||||||
01. Juli 2023 | 30. Juni 2024 | 1409,99 | ||||||
Pfändungsfreier Anteil über dieser Grenze | 30 % | 50 % | 60 % | 70 % | 80 % | 90 % | 0 % | |
In Deutschland darf ein Schuldner bei Einkommenspfändung einen Teil seines monatlichen Nettoeinkommens behalten. Die Höhe der Pfändungsfreigrenzen ist nach der Anzahl der Unterhaltspflichten des Schuldners (Arbeitnehmer) gestaffelt.[15]
Der pfändungsfreie Betrag kann auf Antrag des Schuldners erhöht werden, wenn er ansonsten den notwendigen Lebensunterhalt nicht sicherstellen kann (§ 850f ZPO), wie bei mehr als fünf unterhaltsberechtigten Personen, hohen Unterkunftskosten, Diätverpflegung (§ 850f ZPO).[25]
Einkommen aus Überstunden ist nur zu 50 Prozent, Urlaubsgeld ist überhaupt nicht pfändbar. Die Jahresgratifikation (Weihnachtsgeld) ist bis zur Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, maximal aber bis 500 Euro, unpfändbar. Eine Reihe weiterer Einkunftsarten ist nicht oder nur unter besonderen Umständen pfändbar (wie Blindenzulagen, Schmerzensgeldrenten (§ 850a, § 850b ZPO)).
Berechnungsbeispiel (ohne Unterhaltszahlung, ohne o. g. Ausnahmen): Bei einem monatl. Nettoeinkommen in Höhe von 2600 € beträgt der Pfändungsfreibetrag 1573,66 €, d. h., es können maximal 1026,34 € pfändbar sein.[26]
Am 1. Juli jedes Jahres ändern sich die Pfändungsfreigrenzen entsprechend der prozentualen Änderung des steuerlichen Grundfreibetrags nach § 32a Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der am 1. Januar des jeweiligen Jahres geltenden Fassung.[27]
Für einen Pfändungsschutz bei Kontopfändungen nach §§ 829, 833a ZPO wird in Deutschland seit dem 1. Januar 2012 ein Pfändungsschutzkonto (kurz P-Konto) benötigt. Jede Bank in Deutschland ist deshalb (im Rahmen einer Übergangsregelung zur Vorbereitung des neuen Kontopfändungsschutzrechts ab dem 1. Januar 2012) seit dem 1. Juli 2010 gesetzlich verpflichtet, auf Wunsch eines Kunden (nur bei einer natürlichen Person) ein bereits bestehendes Konto in ein Pfändungsschutzkonto umzuwandeln. Dadurch sind Kontosperrungen bis zu einem gesetzlich geregelten sog. Pfändungsschutzbetrag (und für einen bestimmten Zeitraum) nicht mehr möglich. Je Person ist nur ein P-Konto möglich. Pfändungsfreie Sozialleistungen und Unterhaltspflichten erhöhen dabei den Pfändungsfreibetrag nur dann, wenn der P-Kontoinhaber dies gegenüber seiner kontoführenden Bank unter Vorlagen von Nachweisen beantragt hat.
Gegen das Vorgehen des Gerichtsvollziehers bei der Pfändung kann der Schuldner mit der Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO vorgehen. Möchte sich der Schuldner gegen den der Pfändung zugrundeliegenden titulierten Anspruch wenden, kann er Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO erheben.
Da bei der Pfändung in das bewegliche Vermögen durch den Gerichtsvollzieher die Eigentumslage von ihm nicht geprüft wird, kommt es auch durchaus vor, dass etwas gepfändet wird, das dem Schuldner gar nicht gehört. Für solch einen Fall hat die deutsche Zivilprozessordnung (ZPO) Rechtsbehelfe vorgesehen, die dem eigentlichen Eigentümer wieder zu seinem Recht verhelfen. Aufgrund von § 771 ZPO – der sogenannten Drittwiderspruchsklage – kann der Eigentümer auf gerichtlichem Weg sein Recht einfordern. Voraussetzung dafür ist, dass die Zwangsvollstreckung schon begonnen hat – in der Regel mit Pfändung – und nicht beendet ist, sowie die Beeinträchtigung des Eigentums an einer Sache oder eines eigentumsähnlichen Rechts. Hat die Klage Erfolg, so spricht das Gericht in seinem Urteilstenor die Unzulässigkeit der Pfändung aus und stellt die Zwangsvollstreckung bzgl. des Gegenstandes ein. Inhaber eines Pfand- oder Verwertungsrechts vor Pfändung in der Zwangsvollstreckung können ihre Rechte ebenfalls im Wege der Klage geltend machen. Der Unterschied hier besteht jedoch darin, dass Inhaber eines Pfand- oder Verwertungsrechts die Zwangsvollstreckung nicht verhindern sollen. Vielmehr wird diesen im Wege der Klage auf vorzugsweise Befriedigung gem. § 805 ZPO aus dem Erlös der Versteigerung ein privilegierter Rang im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern eingeräumt.
Das Exekutionsverfahren ist als Vollstreckungsverfahren ein Zivilverfahren.
Im Schweizer Recht wird eine Anwesenheitspflicht des Schuldners bei der Pfändung stipuliert (Art. 91 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG).[28] Dem Gläubiger wird nach erfolgloser oder unzureichender Pfändung ein Verlustschein ausgestellt, mit dem er später seine Forderung geltend machen kann, sollte der Schuldner wieder zu Vermögen kommen.[29]
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