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britische Dampflokomotiv-Baureihe der London and North Eastern Railway Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Klasse A3 der britischen London and North Eastern Railway (LNER) ist eine Baureihe von Schlepptenderlokomotiven für Schnellzüge mit der Achsfolge 2’C1’ Pacific und Dreizylinder-Triebwerk. Die ersten 52 Lokomotiven wurden als Klasse A1 abgeliefert, wurden jedoch schrittweise durch Einbau neuer, leistungsfähigerer Kessel in Lokomotiven der Klasse A3 umgebaut. Die bekannteste Lokomotive dieser Klasse ist die Nr. 4472 Flying Scotsman, die als erste britische Lokomotive offiziell schneller als 100 Meilen pro Stunde (161 km/h) fuhr.[2]
LNER-Klassen A1 und A3 | ||
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Lokomotive LNER A3 Flying Scotsman im Zustand um 1959 | ||
Lokomotive(n) | A1 | A3 |
Nummerierung | ||
GNR: | 1470–1481 | |
LNER: | 4470–4481 2543–2582 | 2500–2508 2595–2599 2743–2752 2795–2797 |
BR: | 60102–60112 60044–60054 | 60035–60043 60084–60101 |
Technische Daten | ||
Anzahl: | 52 | 27 Neubau + 51 umgebaute A1 |
Hersteller: | GNR-Werkstätte Doncaster (32) NBL (20) | GNR-Werkstätte Doncaster (27) |
Baujahr(e): | 1922–1925 | 1929–1930 |
Ausmusterung: | Umbau in A3: 1927–1948 | 1959–1966 |
Bauart: | 2’C1’ h3 | |
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) | |
Länge über Puffer: | 21.466 mm (70 ft 5 1⁄8 in) | |
Länge Lok alleine | 13.392 mm (43 ft 11 1⁄4 in) | |
Breite: | 2743 mm (9 ft) | |
Höhe: | 3987 mm (13 ft 1 in) | |
Fester Radstand: | 4420 mm (14 ft 6 in) | |
Radstand Lok alleine: | 10.896 mm (35 ft 9 in) | |
Gesamtradstand: | 18.558 mm (60 ft 10 5⁄8 in) | |
Dienstmasse Lok alleine: | 93,9 t | 97,8 t |
Dienstmasse mit Tender: | 152,8 t | 156,6 t |
Reibungsmasse: | 60,9 t | 67,2 t |
Radsatzfahrmasse: | 20,0 t | 22,4 t |
Höchstgeschwindigkeit: | 160 km/h Rekord: 174 km/h | |
Indizierte Leistung | 1270 kW (1700 hp)[1] |
|
Anfahrzugkraft: bei 85 % max. Kesseldruck | 133 kN | 162 kN |
Kuppelraddurchmesser: | 2032 mm (6 ft 8 in) | |
Laufraddurchmesser: | vorn: 965 mm (3 ft 2 in) hinten: 1018 mm (3 ft 8 in) | |
Steuerungsart: | Außenzylinder: Walschaerts Innenzylinder: konjugierte Steuerung von Grisley | |
Zylinderdurchmesser: | 508 mm (20 in) | |
Kolbenhub: | 660 mm (26 in) | |
Kesselüberdruck: | 12,4 bar (180 lbf sq in) | 15,2 bar (220 lbf sq in) |
Rostfläche: | 3,83 m² | |
Strahlungsheizfläche: | 20,0 m² | |
Verdampfungsheizfläche: | 272,2 m² | 250,1 m² |
Überhitzerfläche: | 48,8 m² | 65,3 m² |
Kesseldurchmesser: | 1956 mm | |
Brennstoffvorrat: | 8,1 t Kohle | |
Wasservorrat: | 18,9 m³ |
Im Jahr 1908 baute die Great Western Railway (GWR) die erste britische Lokomotive mit der in den USA bereits 1901 eingeführten Achsanordnung Pacific, die Nr. 111 The Great Bear. Diese blieb zunächst ein Einzelstück. Erst 1922 konstruierte Sir Nigel Gresley für die Great Northern Railway (GNR) erneut eine Pacific-Lokomotive, die für eine Anhängelast von 610 t (600 tn. l.) ausgelegt war. Die in den bahneigenen Werkstätten in Doncaster gebaute erste Lokomotive trug die Nummer 1470 und den Namen Great Northern. Kurze Zeit später folgte die zweite mit der Nummer 1471, die den Namen Sir Frederick Banbury erhielt.[3]
Beide Lokomotiven übernahmen zunächst Dienste, die für Atlantic-Lokomotiven der Klasse C1 ausgelegt waren und damit selten ein Gewicht von 510 t (500 tn. l.) erreichten. Sie wurden zunächst von London King’s Cross vor Zügen Richtung Schottland eingesetzt, die kein besonders straffen Fahrplan hatten. Bei einer Versuchsfahrten im September 1922 mit einem 630 t (620 tn. l.) schweren Zug, der aus 20 leeren Reisezugwagen bestand, legte die Nr. 1471 auf der East Coast Main Line die 170 km (105.5 mi) lange Strecke von King’s Cross nach Grantham in 122 Minuten zurück.[4] Dies entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 83,5 km/h.
Weil sich die Lokomotiven im täglichen Einsatz bewährten und während der Versuchsfahrten gute Resultate zeigten, bestellte die GNR weitere zehn Pacific-Lokomotiven mit den Nummern 1472 bis 1481, die bis August 1923 abgeliefert wurden.[5] Bei der letzten Lokomotiven wurden die auf dem Kessel angeordneten Bauteile und das Führerhaus in einer niedrigeren Ausführung gebaut, sodass die Lokomotive auch im Streckennetz der ehemaligen North British Railway (NBR) verkehren konnte, das im Vergleich zur GNR ein kleineres Lichtraumprofil aufwies.[6] Obwohl bei Ablieferung die GNR bereits in die LNER eingegliedert war, trugen die Lokomotiven noch die GNR-Nummern,[7] hatten aber bereits den LNER-Anstrich ohne rotes Untergestell.[5] Die später legendäre Flying Scotsman wurde aber an der British Empire Exhibition bereits mit der LNER-Nummer 4472 und Namensschild ausgestellt.[6] Bei der LNER erhielten die beiden Vorserienlokomotiven die Nummern 4470 und 4471, die Serie-Lokomotiven die Nummern 4472 bis 4481.[8]
Nach umfangreichen Erprobungen und Versuchsfahrten im Sommer 1923 erwiesen sich die GNR-Pacific-Lokomotiven, die bei der LNER als Klasse A1 bezeichnet wurden, als überlegen im Vergleich zu den nahezu zeitgleich von Vincent Raven für die North Eastern Railway (NER) gebauten Pacific-Lokomotiven der Klasse A2. Dies lag insbesondere daran, dass der Kohlenverbrauch während den Messfahrten etwa 8 %[9] geringer war.[10] Aus diesem Grund wurde die A1 zur Standard-Schnellzuglokomotive der LNER erklärt, und 1924 weitere 40 Lokomotiven bestellt, die die Nummern 2543 bis 2582 erhielten. Die eine Hälfte wurde in Werkstätten in Doncaster, die andere bei der North British Locomotive Company (NBL) in Glasgow gebaut. Diese Lokomotive wurden alle wie die Nr. 1481 für das kleinere Lichtraumprofil der ehemaligen NBR gebaut.[6]
Nach der Ablieferung dieser Lokomotiven hatte die LNER 52 Pacific-Lokomotiven. Es waren bei der ehemaligen GNR 31, bei der ehemaligen NER 16 und bei der ehemaligen NBR 5 Lokomotiven eingeteilt. Dies erlaubte der LNER sämtliche Schnellzüge der East Coast Mainline, die zwischen London King’s Cross und Edinburgh verkehrten, sowie der West Riding Limited, ein Schnellzug, der von London King’s Cross über Doncaster und Leeds nach Bradford verkehrte, mit Pacific-Lokomotiven zu bespannen.[11]
Gresley arbeitete ständig an Verbesserungen der Klasse A1. So wurden im Mai 1926 auf der Nr. 2562 Isinglass Versuche mit einem neuen Überhitzer der Bauart ‘E‘ gefahren. Er brachte aber im Vergleich zum Robinson-Überhitzer keine nennenswert höheren Dampftemperaturen, so dass die Änderung auf der Serie nicht eingeführt wurde.[12] Erfolgreicher war eine von Bert Spencer ausgearbeitete Änderung an der Steuerung, die das Fahren mit kleinen Füllungen optimierte und ab 1927 eingebaut wurde, wenn die Lokomotiven zur Revision kamen.[13]
1927 konstruierte Gresley für die A1-Klasse einen neuen, leistungsfähigeren Kessel, der für einen Betriebsdruck von 15,2 bar (220 lbf sq in) anstelle von 12,4 bar (180 lbf sq in) ausgelegt war. Gleichzeitig wurden auch der Überhitzer vergrößert. Der breitere Dampfsammelkasten des Überhitzers erforderte seitliche Ausschnitte an der Rauchkammer, die mit quadratischen Abdeckplatten verschlossen wurden – ein äußerliches Merkmal der umgebauten Lokomotiven, die in die Klasse A3 eingeteilt wurden. Der neue Kessel war schwerer als der Originalkessel der A1, was den Achsdruck der Lokomotive von 20,3 t (20 tn. l.) auf 22,4 t (22 tn. l.) ansteigen ließ; die Strecken waren aber mittlerweile so ausgebaut, dass der höhere Achsdruck mittlerweile kein Problem mehr darstellte.[14]
Die erste A3-Lokomotive war die Nr. 4480 Enterprise, die während einer Revision den neuen Kessel erhielt und im Juli 1927 die Werkstätte in Doncaster verließ. Im gleichen Jahr folgten drei Lokomotiven, die im Streckennetz der ehemaligen NER verkehrten: die Nr. 2573 Harvester, die Nr. 2578 Bayardo und die Nr. 2580 Shotover.[15] Da die A3-Lokomotiven eine deutlich höhere Leistung bei einem geringeren Wasser- und Kohleverbrauch aufwiesen, wurden alle A1 in A3 umgebaut. Dieser Umbau erfolgte während der üblichen Revisionen, bei welchen der Kessel immer ausgetauscht wurde, da die Überholung des Kessels mehr Zeit in Anspruch nahm als die Instandsetzung des Untergestells. Der Umbau aller A1-Lokomotiven in A3-Lokomotiven war bis Ende 1948 abgeschlossen. Zwischen 1928 und 1935 wurden weitere 27 Lokomotiven von den Werkstätten in Doncaster neu gebaut. Dies waren die Nr. 2500–2508, 2595–2599, 2743–2752 und 2795–2797.
Ab 1945 wurden die noch nicht umgebauten A1 als A10 bezeichnet um sie von der anders umgebauten A1 Nr. 4470 Great Northern zu unterscheiden.[3] Dieser Umbau, der in die Klasse A1/1 eingeordnet wurde, erfolgte 1945 nach den Plänen von Gresleys Nachfolger Edward Thompson. Das optische Erscheinungsbild des Umbaus wurde als wenig gelungen kritisiert. Die umgebaute Lokomotive erhielt einen neuen Kessel der Klasse A4 und die Außenzylindern wurden nach hinten versetzt, um Platz für eine unabhängige dritte Walschaerts-Steuerung für den Mittelzylinder zu schaffen, damit die von Thompson abgelehnte Gresley-Steuerung ersetzt werden konnte. Von der ursprünglichen Lokomotive blieb dabei nur wenig erhalten und Thompson wurde sowohl innerhalb der LNER als auch von Eisenbahnfreunden heftig kritisiert, insbesondere für seine Entscheidung, ausgerechnet den ersten Prototyp der erfolgreichen Serie umzubauen. Es wurden keine weiteren Lokomotiven zu A1/1 umgebaut, erst unter Thompsons Nachfolger Arthur Peppercorn wurden neue A1 entwickelt, die jedoch auf einem umfassend überarbeiteten Entwurf von Peppercorn basierten.[16]
Die Lokomotiven erhielten der bei der LNER zwischen 1925 und 1926 ihre Namen. Alle Lokomotiven, mit Ausnahme von fünf, hatten Namen berühmter Rennpferde. Die Namensschilder waren über dem Radschutzkasten der mittleren Kuppelachse angebracht.[17]
Doncaster (1922–1923) | |||
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LNER-Nr. | Name | LNER-Nr. | Name |
4470 | Great Northern | 4476 | Royal Lancer |
4471 | Sir Frederichk Branbury | 4477 | Gay Crusader |
4472 | Flying Scostsman | 4478 | Hermit |
4473 | Solario | 4479 | Robert the Devil |
4474 | Victor Wild | 4480 | Enterprise |
4475 | Flying Fox | 4481 | St. Simon |
Doncaster (1924–1925) | North British Locomotive (1924) | ||||||
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LNER-Nr. | Name | LNER-Nr. | Name | LNER-Nr. | Name | LNER-Nr. | Name |
2543 | Melton | 2553 | Prince of Wales 1) | 2563 | William Whitelaw | 2573 | Harvester |
2544 | Lemberg | 2554 | Woolwinder | 2564 | Knight of the Thistle | 2574 | St Frusquin |
2545 | Diamond Jubilee | 2555 | Centenary | 2565 | Merry Hampton | 2575 | Galopin |
2546 | Donovan | 2556 | Ormonde | 2566 | Ladas | 2576 | The White Knight |
2547 | Doncaster | 2557 | Blair Athol | 2567 | Sir Visto | 2577 | Night Hawk |
2548 | Galtee More | 2558 | Tracery | 2568 | Sceptre | 2578 | Bayardo |
2549 | Persimmon | 2559 | The Tetrarch | 2569 | Gladiateur | 2579 | Dick Turpin |
2550 | Blink Bonny | 2560 | Pretty Polly | 2570 | Tranquil | 2580 | Shotover |
2551 | Prince Palatine | 2561 | Minoru | 2571 | Sunstar | 2581 | Neil Gow |
2552 | Sansovino | 2562 | Isinglass | 2572 | St Gatien | 2582 | Sir Hugo |
1) zuerst Manna
Doncaster (1928–1929)[18] | Doncaster (1930)[19] | Doncaster (1934–1935)[20] | |||
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LNER-Nr. | Name | LNER-Nr. | Name | LNER-Nr. | Name |
2743 | Felstead | 2595 | Trigo | 2500 | Windsor Lad |
2744 | Grand Parade | 2596 | Manna | 2501 | Colombo |
2745 | Captain Cuttle | 2597 | Gainsborough | 2502 | Hyperion |
2746 | Fairway | 2598 | Blenheim | 2503 | Firdaussi |
2747 | Coronach | 2599 | Book Law | 2504 | Sandwich |
2748 | Colorado | 2795 | Call Boy | 2505 | Cameronian |
2749 | Flamingo | 2796 | Spearmint | 2506 | Salmon Trout |
2750 | Papyrus | 2797 | Cicero | 2507 | Singapore |
2751 | Humorist | 2508 | Brown Jack | ||
2752 | Spion Kop |
Die Lokomotiven der Baureihen A1 und A3 konnten die 632 km (393 mi) lange Strecke von London nach Edinburgh ohne Halt zurücklegen. Für diese Fahrten waren fünf Lokomotiven mit Korridortendern gekuppelt, die den Personalwechsel während der Fahrt erlaubten. Wasser konnte während der Fahrt mit der Schöpfvorrichtung aus Trögen gefasst werden, außerdem war der Kohlenvorrat dieser Tender um eine Tonne vergrößert.[21]
Die erste Nonstop-Fahrt auf dieser Strecke fand am 1. Mai 1928 statt und war damals eine Sensation.[22] Die fahrplanmässige Fahrzeit auf der Strecke betrug anfangs 8 Stunden und 15 Minuten,[23] jedoch legte bereits der Eröffnungszug die Strecke in 8 Stunden und 3 Minuten zurück.[24] Die Fahrten fanden nur während der Sommersaison statt. Im Sommerfahrplan 1932 wurde die Fahrzeit auf siebeneinhalb Stunden gekürzt, was eine beachtliche Reisegeschwindigkeit von 84,3 km/h (52,4 mph) ergab. Ab dem Sommerfahrplan 1933 wurden die Fahrten von den stromlinienverkleideten Klasse A4 übernommen.[25]
Die Nonstop-Fahrten der LNER waren primär eine Antwort auf die von der London, Midland and Scottish Railway (LMS) im Winterfahrplan 1927/28 eingeführten 300 km (482 mi) lange Nonstop-Fahrten zwischen London und Carlisle und erlaubten der LNER den Weltrekord für die längste Nonstop-Fahrt von der LMS zurückzuholen. Im Vergleich zu anderen Fahrten hatte der Fahrplan viel Fahrzeitreserve und die Lokomotiven waren aufgrund des nur 390 t schweren Zuges nicht stark gefordert.[26]
Die noch nicht zur A3 umgebaute Nr. 4472 Flying Scotsman fuhr am 30. November 1934 als erste britische Lokomotive offiziell 100 mph (161 km/h),[2] ein Rekord, der seit 1904 inoffiziell von der GWR 3700 Class City of Truro gehalten wurde, einer 2’B-Lokomotive der Great Western Railway.[27]
Noch schneller fuhr die A3 Nr. 2750 Papyrus am 5. März 1935. Auf einer Langstrecken-Versuchsfahrt zwischen Newcastle und London erreichte sie mit einem 220 t schweren Zug 174 km/h und auf 431,7 km eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 109 km/h. Damit blieb sie die schnellste unverkleidete Dampflokomotive in Großbritannien, denn schneller waren nur die Stromlinienlokomotiven der LNER-Klasse A4 und der Coronation-Klasse der London, Midland and Scottish Railway (LMS).
Auch im normalen Betrieb überschritten die Lokomotiven regelmäßig 90 mph (145 km/h).
Die Heißdampflokomotiven hatten die Achsfolge 2’C1’. Das führenden zweiachsigen Drehgestell gewährleistete besonders gute Laufeigenschaften bei hohen Geschwindigkeiten. Die Schleppachse stützte den schweren Stehkessel. Sie war seitlich verschiebbar in einem Außenrahmen gelagert, wobei die Gleitbahnen der Achslager Radien aufwiesen, die ein Auslenken der Achse um einen virtuellen Drehpunkt ermöglichten. Diese von F.J. Cartazzi entwickelte Bauart wurde bei vielen Lokomotiven der LNER verwendet.
Obwohl die A3 vom äußeren Eindruck hecklastig wirken, war es gelungen, das auf der hinteren Laufachse ruhende Gewicht (Achslast) gering zu halten und damit einen Schwachpunkt vieler Pacific-Lokomotiven zu vermeiden, wie er beispielsweise auch bei der deutschen Baureihe 10 auftrat. Bei Versuchen hatte man festgestellt, dass hoch belastete Laufachsen wegen ihres kleineren Durchmessers das Gleis besonders beanspruchten.
Um das Gewicht der Lokomotive so weit wie möglich nach vorne zu verlagern, hat Gresley bei der Konstruktion des Kessels eine stark geneigte vordere Stehkesselquerwand vorgesehen, die sich bis zur Kesselmitte erstreckte und nicht wie üblich an der Unterseite des Langkessels endete. Dabei entstand in der unteren Hälfte des Kessels ansatzweise eine Verbrennungskammer, wodurch die schwere Rohrwand und damit der Schwerpunkt des Kessels nach vorne verlagert wurde.
Auch bei der Schleppachse selbst wurde Gewicht gespart, indem auf ein Deichselgestell verzichtet wurde. Die Achse war in einem Außenrahmen gelagert, wobei die spezielle Form der Achslager nicht nur eine seitliche Verschiebbarkeit, sondern dabei auch eine Bewegung um einen ideellen Drehpunkt bewirkte (Bauart Cartazzi).
Die Kuppelradsätze wurden von drei Dampfzylindern angetrieben. Nach der Bauart de Glehn übertrug der mittig unter der Rauchkammer angeordnete Innenzylinders seine Kraft auf den als Kropfachse ausgebildete ersten Treibradsatz, während die Außenzylinder auf den zweiten Treibradsatz arbeiteten. Alle Zylinder wurden mit Frischdampf versorgt.
Die Lokomotiven waren wie alle Dreizylinderlokomotiven von Sir Nigel Gresley mit seiner speziellen Steuerung für den Mittelzylinder ausgestattet. Bei dieser Steuerung wird die Bewegung des Schiebers des Innenzylinders über ein Gestänge abgeleitet, das vor den Zylindern angebracht ist und von der herkömmlichen Walschaerts-Steuerung der Außenzylinder bewegt wird.
Gresleys Bauweise, die nur zwei einfache Hebel erforderte, hatte den Vorteil, dass auf ein schlecht zugängliches drittes Steuerungsgestänge zwischen den Rädern verzichtet werden konnte, wie es beispielsweise bei den deutschen Einheitslokomotiven der Baureihen 01.10, 03.10 und 05 verwendet wurde. Allerdings wurde mit betriebsbedingt zunehmendem Verschleiß das Lagerspiel so groß, dass es nicht mehr möglich war, alle drei Zylinder gleichmäßig mit Dampf zu versorgen, weil sich die spielbedingten Ungenauigkeiten der beiden Außensteuerungen und des Übertragungsgestänges addierten.
Die A1 und A3 waren mit einem vierachsigen Schlepptender ausgerüstet. Dieser hatte keine Drehgestelle, sondern fest im Rahmen gelagerte Achsen. Wie bei der LNER üblich waren die Tender mit einer Schöpfeinrichtung ausgestattet, mit der bei laufender Fahrt Wasser aus einem Trog zwischen den Schienen gefasst werden konnte. Die Tender von fünf Lokomotiven wurden mit einem schmalen Seitengang für den Personalwechsel während der Fahrt versehen (Korridortender).
Ab 1954 erhielten einige A3 bei einem fälligen Kesseltausch die etwas leistungsfähigeren Kessel der LNER-Klasse A4. 1957 und 1958 wurden alle A3 mit Kylchap-Blasrohranlage ausgerüstet, die eine der Lokomotiven versuchsweise bereits 1937 erhalten hatte.
Weil die Schornsteine der A1 und A3 wegen der engen britischen Fahrzeugbegrenzungslinie sehr kurz waren, wurde die Sicht des Lokpersonals durch Dampf- und Rauchverwirbelungen entlang des Kessels behindert. Erst ab Ende der 1950er Jahre wurden nach deutschem Vorbild Witte-Windleitbleche montiert, womit das Problem gelöst war.
Aus der LNER-Klasse A1 leitete Gresley die Güterzuglokomotiven der LNER-Klasse P1 mit der Achsfolge 1’D1’ Mikado ab. Es wurden lediglich zwei Lokomotiven mit den Nummern 2392 und 2394 gebaut, deren Kessel, die Zylinder und Triebwerk baugleich zur A1 waren. Einzig die Steuerung wurde modifiziert um größere Füllungen fahren zu können. Die Lokomotiven hatten für den Güterverkehr recht große Kuppelräder mit einem Durchmesser von 1575 mm (5 ft 2 in) und verwendeten ein Booster-Triebwerk auf der Schleppachse unter der Feuerbüchse. Das Haupttreibwerk konnte eine Zugkraft von 170 kN (38.500 lbf) aufbringen, das Hilfstriebwerk zusätzliche 38 kN (8500 lbf). Die beiden Lokomotiven wurden im schweren Kohlenverkehr zwischen Peterborough und London eingesetzt[28] und wurden 1945 verschrottet, obwohl sie noch 1942 neue A3-Kessel erhalten hatten.[29]
Alle 79 A3-Lokomotiven überdauerten den Zweiten Weltkrieg. Die erste Lokomotive wurde 1959 ausgemustert, die übrigen folgten zwischen 1961 und 1966. Ab 1961 ersetzten neue Diesellokomotiven der Bauart „Deltic“, die spätere BR-Klasse 55, die A3 vor den Expresszügen der East Coast Main Line zwischen London und Edinburgh, die bis dahin ihr Haupteinsatzgebiet gewesen waren. Sie übernahmen zunächst nachrangige Leistungen auf anderen Strecken, darunter auch noch Expresszüge, bspw. zwischen Leeds und Edinburgh, wurden dann aber zügig ausgemustert. Als letzte Lokomotive stellte British Railways im Januar 1966 die Maschine 60052 Prince Palatine ab.[10]
Die einzige bis heute erhaltene Lokomotive der Klasse A3 ist die Nr. 4472 Flying Scotsman, eine der bekanntesten Dampflokomotiven überhaupt (siehe Bilder). Die 1963 ausgemusterte Lokomotive, die bei der British Railways die Nummer 60103 getragen hatte, wurde von Alan Pegler gekauft und wieder mit ihrer charakteristischen grünen LNER-Lackierung und ihrer alten Nummer versehen. Außerdem erhielt sie einen zweiten Tender, um längere Strecken ohne Wassernehmen zurücklegen zu können. In dieser Form wurden mit der Lokomotive zahlreiche Sonderfahrten unternommen, unter anderem auch in den USA und Australien, wo sie im Jahr 1989 einen weiteren Rekord aufstellte: In 9 Stunden und 25 Minuten wurde ohne Halt eine Strecke von 422 Meilen (679 km) zurückgelegt – die längste jemals durchgeführte Nonstopfahrt mit einer Dampflokomotive.
Weitere private Eigentümer folgten, aber schließlich ließ der Zustand der Lokomotive keinen Einsatz mehr zu. Nachdem die Besitzer die finanziellen Mittel für eine Restaurierung nicht aufbringen konnten, stand die Flying Scotsman für einige Jahre zerlegt und mit ungewissem Schicksal in London. 1996 erwarb Tony Marchington die Lokomotive, und sie wurde für 750.000 £ sehr aufwendig restauriert. Seit 1999 ist die Flying Scotsman wieder betriebsfähig, und im Jahr 2004 wurde sie an das National Railway Museum in York verkauft. Die Lokomotive wurde weiterhin regelmäßig auf Sonderfahrten eingesetzt, meist auf der Bahnstrecke York–Scarborough. Ab 2006 wurde sie grundsaniert und dabei vollständig zerlegt. Anfang 2016 war die Flying Scotsman wieder einsatzbereit, die erste Testfahrt erfolgte am 8. Januar 2016 in Bury.[30]> Am 15. Mai 2016 wurde die Lokomotive bei ihrem ersten Einsatz in Schottland auf Fahrten über die Borders Railway und die Forth Bridge von tausenden Zuschauern begrüßt.[31]
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