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Krieg Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Konflikt im Nigerdelta hat seine Wurzeln in ethnischen Differenzen im Vielvölkerstaat Nigeria. In der Kolonialzeit waren die Briten hauptsächlich in Küstennähe, also im Süden, präsent, während sie im Norden nur indirekte Herrschaft über lokale muslimische Herrscher ausübten.
Der Zeitpunkt der Unabhängigkeit 1960 fiel zusammen mit dem Beginn der Erdölförderung, wobei die Fördergebiete im christlichen Süden lagen, die Mehrheit der Bevölkerung jedoch im muslimischen Norden lebte. Das Nigerdelta erklärte sich 1967 unter dem Namen Biafra für unabhängig, wurde jedoch im Biafra-Krieg bis 1970 gewaltsam wieder eingegliedert.
So entstand der bis heute ungelöste Streit um die Erdölförderungen im Nigerdelta zwischen den betroffenen Völkern einerseits und den vor Ort tätigen internationalen Erdölkonzernen, insbesondere das Unternehmen Royal Dutch Shell, und der nigerianischen Zentralregierung andererseits.
Die Bewegung für das Überleben des Ogoni-Volkes organisierte 1993 gewaltfreie Demonstrationen für die Rechte der Bewohner in den Ölfördergebieten, die vorübergehend zur Einstellung der Ölproduktion führten. Daraufhin wurde das Gebiet vom nigerianischen Militär besetzt; nach einem inszenierten Schauprozess wurden einige Anführer, darunter der weltweit bekannte Ken Saro-Wiwa, 1995 hingerichtet.
Danach wurden die Proteste immer militanter und die Strukturen immer unübersichtlicher. Die lokale Macht wurde bereits nach einem Bericht von 2005 faktisch von bewaffneten Banden ausgeübt. Die Polizei ist schlecht ausgebildet und korrupt.[1]
Die Erdölförderung schädigt immer mehr die Ökologie und damit die Landwirtschaft, Aquakultur und Fischerei. Der Schaden trifft die lokale Bevölkerung, die Einnahmen aus der Erdölförderung fließen währenddessen anderswo hin. Heute durchkreuzen über 7000 Kilometer (Stand: 2010) zum Teil völlig veraltete Ölpipelines das Nigerdelta. Aufgrund vieler Lecks und häufiger Öldiebstähle läuft nahezu dauerhaft Öl aus und verteilt sich im Land.
Dieser Abschnitt ist keine vollständige Chronologie, sondern eine Darstellung der Lage in einigen ausgewählten Jahren.
Am 11. Dezember 1998 trafen sich in Kaiama im Bundesstaat Bayelsa von Nigeria Jugendliche der Ethnie Ijaw aus über fünfhundert Gemeinden und vierzig Clans im Nigerdelta, um zu beraten, wie man im Staat Nigeria das Überleben der Ijaws im Nigerdelta auf Dauer sicherstellen könnte.[2]
Am 24. September 2004 erklärt Alhaji Mujahid Dokubo-Asari den „all-out war“ an die ausländischen Ölgesellschaften und Botschaften[3]. Ein am 1. Oktober 2004 mit dem nigerianischen Präsidenten Olusegun Obasanjo vereinbartes Abkommen über eine sofortige Waffenruhe, über die Auflösung aller Milizen und militanten Gruppen und über die vollständige Entwaffnung[4] war schon wenige Wochen später hinfällig. Asari verweigerte in einem offenen Brief an den Präsidenten die Zusammenarbeit und proklamierte die Souveränität des Nigerdeltas.[5]
Der ständige Angriff auf Ölquellen und Pipelines im Nigerdelta führt zu einem Abfall der Erdölproduktion und zu einem weltweiten Anstieg des Ölpreises.
Ab Jahresbeginn 2006 tritt ein bisher unbekanntes militantes Movement for the Emancipation of the Niger Delta (MEND) auf, das insbesondere im Januar und Februar mit ihren Überfällen auf Anlagen der Royal Dutch Shell deren Erdölproduktion empfindlich traf.
Inzwischen bildet die MEND eine vom Joint Revolutionary Council (JRC) gesteuerte Allianz mit der Martyrs Brigade[6], die von Cynthia White gegründet wurde, nachdem sie als frühere Sprecherin von Alhaji Mujahid Dokubo-Asari die NDPVF verlassen hatte.
Am 14. August 2006 warnte das Auswärtige Amt vor Reisen in die Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers und Akwa Ibom nicht zuletzt angesichts der erhöhten Gefahr von Geiselnahmen.[7]
Am 15. August verkündete Präsident Olusegun Obasanjo den militärischen Kampf („force for force“) gegen Geiselnehmer und eine ständige Küstenüberwachung.[8][9]
Am 20. August 2006 wurden von der Joint Military Task Force (JTF)[3] zehn vermeintliche MEND-Mitglieder getötet, die aber Mitglieder einer Delegation gewesen sein sollen, die nach einer erfolgreichen Verhandlung den am 8. August entführten Shell-Mitarbeiter aus der Geiselhaft befreit hatten. Die Geisel ist vermutlich auch ums Leben gekommen.
Am 22. August 2006 empfahl die US-amerikanische Regierung ihren Staatsangehörigen, dem Nigerdelta fernzubleiben[8]
Datum | Entführung | Täter | Quelle |
---|---|---|---|
3. August 2006 | Ein deutscher Mitarbeiter der Baufirma Bilfinger Berger in Port Harcourt wurde entführt. Zu der Geiselnahme bekannte sich eine bislang unbekannte Rebellengruppe. Die Entführer bekräftigten ihre Forderung nach einer Entlassung zweier ihrer Anführer aus nigerianischer Haft. Der Deutsche wurde am 20. August wieder aus der Geiselhaft entlassen. | Bewegung für das Volk des Niger-Deltas (MONDP) | FAZ[10] TAZ[11] |
4. August 2006 | Drei philippinische Ölarbeiter wurden von Bewaffneten aus einem Bus nahe Port Harcourt entführt. Sie wurden zehn Tage später freigelassen. | ||
8. August 2006 | Ein Shell-Mitarbeiter wurde entführt und ist vermutlich am 20. August in einem Gefecht mit der Joint Task Force (JTF) des nigerianischen Militärs ums Leben gekommen. | Al-Dschasira[12] Vanguard[8] | |
9. August 2006 | Zwei Norweger und zwei Ukrainer wurden von einem Versorgungsschiff vor der nigerianischen Küste als Geiseln genommen und am 16. August 2006 wieder freigelassen. | ABC[13] | |
10. August 2006 | Ein belgischer Arbeiter und sein marokkanischer Kollege wurden in Port Harcourt entführt. Beide kamen am 14. August wieder frei. | ||
13. August 2006 | Mindestens fünf ausländische Ölarbeiter (ein Deutscher, zwei Briten, ein Ire und ein Pole) wurden kurz vor Mitternacht aus einem Nachtclub in Port Harcourt verschleppt. Der Deutsche Staatsangehörige wurde am 23. August 2006 wieder freigelassen. | WELT[14] n-tv[15] Vanguard[8] HRW[9] | |
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