Joachim Meyerhoff

deutscher Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Joachim Meyerhoff

Joachim Philipp[1] Maria Meyerhoff (* 18. Juli 1967 in Homburg/Saar) ist ein deutscher Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller.

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Joachim Meyerhoff (2024)

Leben

Zusammenfassung
Kontext

Herkunft, Kindheit und Jugend

Joachim Meyerhoff wurde als jüngster von drei Söhnen des Psychiaters und Ministerialdirigenten Hermann Meyerhoff (1932–1993) und der Krankengymnastin Susanne Meyerhoff, geb. Schultze (* 1937), in Homburg im Saarland geboren, wo sein Vater als leitender Abteilungsarzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Universitäts-Nervenklinik tätig war.[2][3][4] Seine Großmutter mütterlicherseits war die Schauspielerin Inge Birkmann, die in zweiter Ehe mit dem Philosophen Hermann Krings verheiratet war.[5] Sein Großvater väterlicherseits war der Herner Oberstadtdirektor und Bürgermeister Hermann Meyerhoff.[6]

Meyerhoff wuchs in Schleswig auf. Sein Vater hatte dort 1971 eine Stelle als ärztlicher Direktor der Kinder- und Jugendpsychiatrie angetreten. Die Familie lebte in einem Gebäude auf dem Gelände der Klinik im Stadtteil Hesterberg. In Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war, dem zweiten Teil seiner autobiografischen Romanreihe Alle Toten fliegen hoch beschreibt Meyerhoff seine Kindheit und Jugend dort. Trotz seiner Legasthenie begann er schon im Alter von sieben Jahren damit, Gedichte und Geschichten zu schreiben.

Künstlerische Karriere

Von 1989 bis 1992 absolvierte Meyerhoff eine Ausbildung zum Schauspieler an der Otto-Falckenberg-Schule in München.[7] In dieser Zeit wurde er nach eigener Aussage „theatersozialisiert“. Als Schauspielschüler riss er in den Münchner Kammerspielen die Karten ab und durfte die Vorstellungen besuchen, „wenn noch Platz war“.[8]

Nach Engagements am Staatstheater Kassel, in Bielefeld, Dortmund und an den Bühnen der Stadt Köln wurde er 2001 Ensemblemitglied des Maxim Gorki Theaters Berlin,[9] wo er auch oft Regie führte. 2002 wechselte er ans Deutsche Schauspielhaus in Hamburg, wo er bis 2005 verpflichtet blieb und unter anderem in Inszenierungen von Jan Bosse und Sebastian Hartmann spielte. Ab September 2005 war Joachim Meyerhoff Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters. Nach dem Ende der Spielzeit 2018/19 wechselte Meyerhoff an die Berliner Schaubühne.[10][11] Weiterhin steht Meyerhoff am Deutschen Schauspielhaus Hamburg in einzelnen Stücken auf der Bühne.[12]

Neben seiner darstellerischen Tätigkeit konzipiert Joachim Meyerhoff eigene Programme. Sein Projekt Alle Toten fliegen hoch sorgte im Burgtheater Wien regelmäßig für ein volles Haus.[13] In diesem autobiografischen, in sechs Teile unterteilten Programm erzählt Meyerhoff seine eigene Geschichte und die seiner Familie. Er berichtet von seinen Geschwistern, seinen Großeltern in München, seinem Vater, dem Aufwachsen auf dem Anstaltsgelände sowie seinem Austauschjahr in Amerika. Die ersten drei Teile dieser Serie wurden zum Berliner Theatertreffen 2009 eingeladen.[14] Von 2011 bis 2024 veröffentlichte er sechs Teile in Romanform bei Kiepenheuer & Witsch, die letzten drei ohne vorherige Bühnenvorlage.[15] Im fünften Band der Reihe, Hamster im hinteren Stromgebiet, der im September 2020 erschien, beschäftigt sich Meyerhoff unter anderem damit, wie sich ein Schlaganfall mit zeitweiliger Lähmung der linken Körperhälfte, den er im Dezember 2018 in Wien erlitten hat, auf sein Leben und sein künstlerisches Schaffen auswirkte.[16][17][18][19][20]

Im Frühjahr 2023 kehrte Meyerhoff für eine Produktion von Tschechows Frühwerk Die Vaterlosen (besser bekannt unter dem Titel Platonow) nach München zurück. Das Wiedersehen mit den Kammerspielen beschrieb er als ergreifend.[21] Für seine Interpretation des zynischen Dorfschullehrers Michail Wassiljewitsch Platonow wurde er vom Feuilleton gefeiert. Christian Gampert schrieb 2023 in der Zeit: „Joachim Meyerhoff spielt seine Figur so überreif-desillusioniert, dass gerade in den Beziehungskatastrophen [...] Momente heller Wahrhaftigkeit aufleuchten. Und damit auch des reinen Theaterglücks.“[22]

Privates

Meyerhoff hat zwei Töchter mit der Burgschauspielerin Christiane von Poelnitz[23] und einen Sohn aus einer anderen Beziehung.[24] Meyerhoffs zweitältester Bruder Martin starb 1985 bei einem Autounfall, als Joachim sich für ein Jahr als Austauschschüler in Laramie in den USA aufhielt.[25][26][27] Nach seiner Rückkehr aus den USA legte er das Abitur ab.

Rollen

Deutsches Schauspielhaus Hamburg

Schauspielhaus Zürich

Burgtheater Wien

Schaubühne am Lehniner Platz, Berlin

Münchner Kammerspiele

Filmografie

Regie und Projekte

  • 2001: Wenedikt Jerofejews Moskau – Petuschki
  • 2003: Erich Kästners Fabian
  • 2005: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war[31]
  • 2006: Marathon: 2:04:55
  • 2007–2009: Alle Toten fliegen hoch (Teile 1–3 eingeladen zum Berliner Theatertreffen 2009)
    • 2007: Alle Toten fliegen hoch, Teil 1: Amerika
    • 2008: Alle Toten fliegen hoch, Teil 2: Zuhause in der Psychiatrie
    • 2008: Alle Toten fliegen hoch, Teil 3: Die Beine meiner Großmutter
    • 2008: Alle Toten fliegen hoch, Teil 4: Theorie und Praxis
    • 2009: Alle Toten fliegen hoch, Teil 5: Heute wärst Du zwölf
    • 2009: Alle Toten fliegen hoch, Teil 6: Ach diese Lücke, diese entsetzliche Lücke

Literarische Werke

  • Amerika. In: Alle Toten fliegen hoch. Nr. 1. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2011, ISBN 978-3-462-04292-4.
  • Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war. In: Alle Toten fliegen hoch. Nr. 2. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2013, ISBN 978-3-462-04516-1.
  • Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke. In: Alle Toten fliegen hoch. Nr. 3. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2015, ISBN 978-3-462-04828-5.
  • Die Zweisamkeit der Einzelgänger. In: Alle Toten fliegen hoch. Nr. 4. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2017, ISBN 978-3-462-04944-2.
  • Hamster im hinteren Stromgebiet. In: Alle Toten fliegen hoch. Nr. 5. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2020, ISBN 978-3-462-00024-5.
  • Man kann auch in die Höhe fallen. In: Alle Toten fliegen hoch. Nr. 6. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2024, ISBN 978-3-462-00699-5.

Verfilmungen

Meyerhoffs autobiografischer Roman Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war wurde 2023 gleichnamig unter der Regie von Sonja Heiss verfilmt.

Ehrungen und Auszeichnungen

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Joachim Meyerhoff als Ehrenpreisträger beim Bayerischen Buchpreis 2019 in München

Literatur

  • Alexander Košenina: Gesetzesbrecher: Joachim Meyerhoffs literarische Selbsterfindung des Schauspielers. In: Germanisch-Romanische Monatsschrift 67 (2017), S. 339–346.
Commons: Joachim Meyerhoff – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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