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Vereinigung bibliothekarischer Verbände und Einrichtungen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die International Federation of Library Associations and Institutions (IFLA) ist die internationale Vereinigung bibliothekarischer Verbände und Einrichtungen (so auch die offizielle deutsche Bezeichnung).[1] Gegründet wurde die IFLA 1927 in Edinburgh (Schottland). Ihre ersten Präsidenten waren Isak Collijn (1927–1931) und William Warner Bishop (1931–1936). Im Jahr 2022 hatte die IFLA 1660 Mitglieder aus mehr als 140 Ländern,[2] die etwa 500.000 Bibliotheken repräsentieren.
Zweck der Vereinigung ist die Förderung und Entwicklung qualitativer Bibliotheks- und Informationsdienste aller Art, die Förderung des freien Zugangs zu Informationen und die Vertretung der Interessen des Bibliotheks- und Dokumentationswesens im Allgemeinen. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt die IFLA Publikationen heraus, darunter die viermal jährlich erscheinende Fachzeitschrift IFLA Journal[3], organisiert Seminare und Workshops sowie den jährlich im August stattfindenden Weltkongress „World Library and Information Conference“ (WLIC).[4] Während des Weltkongresses findet jährlich die IFLA-Generalversammlung der Mitglieder statt, die laut IFLA-Statuten das höchste Lenkungsgremium der Vereinigung ist.
Die Organisation arbeitet mit anderen internationalen Organisationen wie der UNESCO und der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) zusammen und hat Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen. Die Interessen des Bibliotheks- und Informationsbereichs werden außer von der IFLA auch durch das European Bureau of Library, Information and Documentation Associations (EBLIDA) vertreten. Die IFLA ist ein Gründungsmitglied der Kulturschutzorganisation Blue Shield International. In diesem Zusammenhang soll – oft gemeinsam mit der UNESCO bzw. den Vereinten Nationen – der nationale und internationale Schutz von Bibliotheken als Teil des kulturellen Erbes bei Kriegen, bewaffneten Konflikten oder Katastrophen sichergestellt werden.
Die Zentrale der IFLA befindet sich in Den Haag, Regionalbüros gibt es in Dakar, Singapur und Rio de Janeiro. Die sieben offiziellen Sprachen der IFLA, in denen sich die Mitglieder auf Konferenzen und bei Besprechungen verständigen, sind Arabisch, Chinesisch, Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch und Spanisch.[5]
IFLA-Präsidenten amtieren seit 2003 für jeweils zwei Jahre. Sie werden gewählt und sind vor ihrer eigentlichen Präsidentschaft zwei Jahre lang „president-elect“. Derzeitige IFLA-Präsidentin ist seit August 2023 die Australierin Vicki McDonald, State Librarian and Chief Executive Officer der State Library of Queensland.[6][7]
Die schwedische Bibliotheksfachzeitschrift Biblioteksbladet vom November 2022 beleuchtete Vorwürfe gegenüber der IFLA-Führung.[8][9] Das Magazin berichtete dabei über eine „toxische Atmosphäre“ im IFLA-Hauptquartier in Den Haag sowie über Vorwürfe von Korruption, der Unterdrückung von abweichenden Meinungen und damit zusammenhängender Berichterstattung. Diese wurden auch in innerbibliothekarischen Fachkreisen in Deutschland thematisiert.[10]
Die IFLA ist in acht Abteilungen (Divisions) gegliedert:
Diese Abteilungen unterteilen sich in 45 Sektionen. In den Sektionen wird ein großer Teil der fachlichen Arbeit geleistet: So werden z. B. die Fachveranstaltungen während der Weltkongresse durch die Sektionen eigenständig geplant und durchgeführt, die Sektionen führen Vorkonferenzen für ihre Themenbereiche durch, veranstalten eigene Arbeitstreffen (z. B. die sog. „Mid-Term-Meetings“) oder erstellen Veröffentlichungen. Geleitet werden die Sektionen durch eine Lenkungsgruppe, das „Standing Committee“, für das alle zwei Jahre Wahlen durchgeführt werden. Neben den Sektionen gibt es Ausschüsse zu den Haupttätigkeitsfeldern (Core Activities) der Organisation. Dazu zählen unter anderem das Free Access to Information and Freedom of Expression Committee, das Copyright and other Legal Matters Committee und die IFLA-CNDL Alliance for Bibliographic Standards.
Die IFLA organisiert jedes Jahr einen Weltkongress, auf der auch die Generalversammlung der Mitglieder als das oberste Verbandsgremium tagt. Der erste Kongress fand 1928 in Rom statt. Seitdem fand der Kongress jährlich statt, mit Unterbrechungen 1940–1946 wegen des Zweiten Weltkriegs und 2020 wegen der COVID-19-Pandemie.
Am 19. Juni 2023 veröffentlichte das Governing Board der IFLA seine Entscheidung, die IFLA-Weltkonferenz 2024 in Dubai durchzuführen. Dies stieß angesichts der dortigen Menschenrechtslage, aber auch wegen der konkreten Beschränkungen und Verbote für das durchführbare Programm, auf große Kritik unter den Mitgliedern. Stein des Anstoßes war hierbei, dass insbesondere Interessengruppen wie die LGBTQ+ Special Interest Group innerhalb der IFLA keine Möglichkeit haben würden, auf dem Weltkongress ein eigenes Format nutzen zu können, wie der IFLA vorab durch das Außenministerium der Vereinigten Arabischen Emirate mitgeteilt worden war.[11]
Der deutsche Berufsverband Information Bibliothek (BIB) verurteilte die Entscheidung der IFLA für Dubai als Veranstaltungsort „aufs Schärfste“ und kündigte am 27. Juni 2023 an, in Dubai nicht offiziell vertreten zu sein und auch keine Reisen seiner Mitglieder zu unterstützen.[12] Ebenso sprach sich der Verein Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VDB) gegen Dubai 2024 aus, da die dortige Regierung schon angekündigt habe, beschränkend bzw. verbietend in das Programm einzugreifen.[13]
Das Governing Board der IFLA führte aufgrund der Proteste bis zum 2. August 2023 eine – allerdings nicht bindende – Mitgliederumfrage durch, ob der Kongress in Dubai 2024 stattfinden solle; gesondert wurden die Ehrenamtlichen gefragt.[14] Obwohl bei dem Referendum die Mehrheit der IFLA-Mitglieder Dubai als Austragungsort ablehnte, hielt das Governing Board weiterhin am ursprünglichen Austragungsort fest.[15][16] Im Oktober 2023 zog der gastgebende Verband, die „Emirates Library and Information Association“, die Einladung nach Dubai zurück, sodass im Jahr 2024 kein Weltkongress stattfinden wird.[6]
Jahr | Kongressort | Ausrichtender Staat | Kongressmotto | Jahr | Präsidentschaft
und ggf. Motto |
Präsidentschaftsland |
---|---|---|---|---|---|---|
1928 | Rom | Italien | 1927–1931 | Isak G.A. Collijn | Schweden | |
1929 | Rom | Italien | ||||
Florenz | ||||||
Venedig | ||||||
1930 | Stockholm | Schweden | ||||
1931 | Cheltenham | Vereinigtes Königreich | ||||
1932 | Bern | Schweiz | 1931–1936 | William Warner Bishop | USA | |
1933 | Chicago | USA | ||||
Avignon | Frankreich | |||||
1934 | Madrid | Spanien | ||||
1935 | Madrid | Spanien | ||||
Barcelona | ||||||
1936 | Warschau | Polen | 1936–1947 | Marcel Godet | Schweiz | |
1937 | Paris | Frankreich | ||||
1938 | Brüssel | Belgien | ||||
1939 | Den Haag | Niederlande | ||||
Amsterdam | ||||||
1947 | Oslo | Norwegen | 1947–1951 | Wilhelm Munthe | Norwegen | |
1948 | London | Vereinigtes Königreich | ||||
1949 | Basel | Schweiz | ||||
1950 | London | Vereinigtes Königreich | ||||
1951 | Rom | Italien | ||||
1952 | Kopenhagen | Schweden | 1951–1958 | Pierre Bourgeois | Schweiz | |
1953 | Wien | Österreich | ||||
1954 | Zagreb | Kroatien | ||||
1955 | Brüssel | Belgien | ||||
1956 | München | Deutschland | ||||
1957 | Paris | Frankreich | ||||
1958 | Madrid | Spanien | ||||
1959 | Warschau | Polen | 1959–1963 | Gustav Hofmann | Deutschland | |
1960 | Lund | Schweden | ||||
Malmö | ||||||
1961 | Edinburgh | Vereinigtes Königreich | ||||
1962 | Bern | Schweiz | ||||
1963 | Sofia | Bulgarien | ||||
1964 | Rom | Italien | 1963–1969 | Sir Frank Francis | Vereinigtes Königreich | |
1965 | Helsinki | Finnland | ||||
1966 | Den Haag | Niederlande | Libraries and Documentation | |||
1967 | Toronto | Kanada | Library Service for a Nation Covering a Large Geographical Area | |||
1968 | Frankfurt am Main | Deutschland | Books and Libraries in an Industrial Society | |||
1969 | Kopenhagen | Schweden | Library Education and Research in Librarianship | 1969–1974 | Herman Liebaers | Belgien |
1970 | Moskau | Russland | Lenin and Libraries | |||
1971 | Liverpool | Vereinigtes Königreich | The Organization of the Library Profession | |||
1972 | Budapest | Ungarn | Reading in a Changing World | |||
1973 | Grenoble | Frankreich | Reading in a Changing World | |||
1974 | Washington, D.C. | USA | National and International Library Planning | |||
1975 | Oslo | Norwegen | The Future of International Library Cooperation | 1974–1979 | Preben Kirkegaard | Dänemark |
1976 | Lausanne | Schweiz | IFLA | |||
1977 | Brüssel | Belgien | Libraries for All: One World of Information, Culture and Learning | |||
1978 | Strbské Pleso | Slowakei | Universal Availability of Publications | |||
1979 | Kopenhagen | Schweden | Library Legislation | |||
1980 | Manila | Philippinen | Development of Libraries and Information Systems | 1979–1985 | Else Granheim | Norwegen |
1981 | Leipzig | Deutschland | The Role of National Centres in National Library Development and in International Library Cooperation | |||
1982 | Montreal | Kanada | Networks | |||
1983 | München | Deutschland | Libraries in a Technical World | |||
1984 | Nairobi | Kenia | Basis of Information Services for National Development | |||
1985 | Chicago | USA | Libraries and the Universal Availability of Information | |||
1986 | Tokio | Japan | New Horizons of Librarianship towards the 21st Century | 1985–1991 | Hans-Peter Geh | Deutschland |
1987 | Brighton | Vereinigtes Königreich | Libraries and Information Services in a Changing World | |||
1988 | Sydney | Australien | Living together: People, Libraries, Information | |||
1989 | Paris | Frankreich | Les Bibliothèques et l’information dans l’économie hier, aujourd’hui et demain | |||
1990 | Stockholm | Schweden | Libraries: Information for Knowledge | |||
1991 | Moskau | Russland | Libraries and Culture: Their Relationship | |||
1992 | Neu-Delhi | Indien | Library and Information Policy Perspectives | 1991–1997 | Robert Wedgeworth | USA |
1993 | Barcelona | Spanien | The Universal Library: Libraries as Centres for the Global Availability of Information | |||
1994 | Havanna | Kuba | Libraries and Social Development | |||
1995 | Istanbul | Türkei | Libraries of the Future | |||
1996 | Peking | China | The Challenge of Change | |||
1997 | Kopenhagen | Schweden | Libraries and Information for Human Development | |||
1998 | Amsterdam | Niederlande | On Crossroads of Information and Culture | 1997–2003 | Christine Deschamps | Frankreich |
1999 | Bangkok | Thailand | On the Threshold of a New Century: Libraries as Gateways to an Enlightened World | |||
2000 | Jerusalem | Israel | Information for Cooperation: Creating the Global Library of the Future | |||
2001 | Boston | USA | Libraries and Librarians: Making a Difference in the Knowledge Age | |||
2002 | Glasgow | Vereinigtes Königreich | Libraries for Life: Democracy, Diversity, Delivery | |||
2003 | Berlin | Deutschland | Bibliothek als Portal: Medien – Information – Kultur /
Access Point Library: Media - Information - Culture[17] | |||
2004 | Buenos Aires | Argentinien | Libraries: Tools for Education and Development | 2003–2005 | Kay Raseroka | Botswana |
2005 | Oslo | Norwegen | Libraries - A voyage of discovery | |||
2006 | Seoul | Südkorea | Libraries: Dynamic Engines for the Knowledge and Information Society | 2005–2007 | Alex Byrne | Australien |
2007 | Durban | Südafrika | Libraries for the future: Progress, Development and Partnerships | |||
2008 | Québec | Kanada | Libraries without borders: Navigating towards global understanding | 2007–2009 | Claudia Lux
„Bibliotheken auf die Tagesordnung – |
Deutschland |
2009 | Mailand | Italien | Libraries create futures: Building on cultural heritage | |||
2010 | Göteborg | Schweden | Open access to knowledge - promoting sustainable | 2009–2011 | Ellen Tise[18]
„Libraries Driving Access to Knowledge“ |
Südafrika |
2011 | San Juan (Puerto Rico) | USA | Libraries beyond libraries: Integration, Innovation and Information for all | |||
2012 | Helsinki | Finnland | Libraries Now! - Inspiring, Surprising, Empowering | 2011–2013 | Ingrid Parent[19]
„Bibliotheken: Kräfte des Wandels – |
Kanada |
2013 | Singapur | Singapur | Future Libraries: Infinite Possibilities | |||
2014 | Lyon | Frankreich | Libraries, Citizens, Societies: Confluence for Knowledge | 2013–2015 | Sinikka Sipilä[20]
„Starke Bibliotheken, |
Finnland |
2015 | Kapstadt[21] | Südafrika | Dynamic Libraries: Access, Development and Transformation | |||
2016 | Columbus[22] | USA | Connections. Collaboration. Community. | 2015–2017 | Donna Scheeder
„Bibliotheken: Ein Aufruf zum Handeln – |
USA |
2017 | Breslau | Polen | Libraries. Solidarity. Society. | |||
2018 | Kuala Lumpur | Malaysia | Transform Libraries, Transform Societies | 2017–2019 | Gloria Pérez-Salmerón
„Libraries: motors for change“ |
Spanien |
2019 | Athen[23] | Griechenland | Libraries: dialogue for change | |||
2019–2021 | Christine Mackenzie
„Let’s work together“ |
Australien | ||||
2021 | Virtuell | Virtuell | Let’s work together! | |||
2022 | Dublin | Irland | Inspire, Engage, Enable, Connect | 2021–2023 | Barbara Lison | Deutschland |
2023 | Rotterdam | Niederlande | Let’s work together, let’s Library | |||
2024 | Der Kongress wurde wegen Protesten gegen den Veranstaltungsort abgesagt.[25] | 2023–2025 | Vicki McDonald | Australien | ||
2025 |
Das Nationalkomitee der IFLA in Deutschland (IFLA-NK) stellt das Bindeglied zwischen internationalen und nationalen Fachgemeinden dar. Mitglieder des IFLA-NK sind der Bibliotheksdachverband BID, der DBV, die Berufsverbände BIB und VDB, die Bibliotheken DNB, BSB, SBB-PK und SLUB, das Goethe-Institut, die Arbeitsgemeinschaft der Spezialbibliotheken (ASpB), die Vorsitzende des IFLA-Nationalkomitees und ihre Stellvertreterin sowie das Sekretariat des IFLA-Nationalkomitees, welches allerdings kein Stimmrecht hat.[26] Das IFLA-NK versucht, sicherzustellen, dass deutsche Bibliotheken angemessen in IFLA-Gremien vertreten sind und dass sich bibliothekarischer Nachwuchs für die Arbeit der IFLA interessiert. Um diese Ziele zu erreichen, organisiert das IFLA-NK regelmäßige Informationsveranstaltungen auf bibliothekarischen Kongressen und Tagungen, sorgt für Übersetzungen von IFLA-Materialien ins Deutsche und bietet Unterstützungs- und Vernetzungsleistungen für in Gremien tätige Aktive an.
Seit März 2023 lässt der Berufsverband VDB seine Mitgliedschaft im Nationalkomitee ruhen „angesichts der fehlenden Transparenz hinsichtlich des Umgangs mit den öffentlichen Vorwürfen bezüglich der Verantwortlichkeiten für Finanzentscheidungen von Vorstand und Geschäftsführung der IFLA sowie der Interaktion von Governing Board und Geschäftsstelle“.[27] Ausgelöst wurden diese Entscheidung durch Berichte in der Zeitschrift des schwedischen Bibliotheksverbandes über die IFLA.[8][9][28]
Vergleichbare internationale Institutionen aus verwandten Bereichen sind unter anderem:
Die 1895 von Paul Otlet als International Institute of Bibliography gegründete International Federation for Information and Documentation (FID) gibt es seit 2002 nicht mehr.
Publikationsorgan der IFLA ist das IFLA-Journal (ISSN 0340-0352), eine wissenschaftliche Fachzeitschrift mit Peer-Review in den Bereichen Bibliotheken, Bibliotheks- und Informationswissenschaft und Informationsfreiheit.
Das IFLA-Journal wird vierteljährlich von SAGE Publications im Auftrag der IFLA veröffentlicht. Die erste Ausgabe erschien im März 1975. Sämtliche seither erschienenen Ausgaben sind online verfügbar.[29]
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