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deutscher römisch-katholischer Theologe, Priester und Kirchenhistoriker Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Hubert Wolf (* 26. November 1959 in Wört, Ostalbkreis) ist ein deutscher römisch-katholischer Priester und Kirchenhistoriker. Wolf ist Leibniz-Preisträger 2003.
Wolf wurde 1959 im schwäbischen Wört geboren. Er absolvierte das Abitur im Mai 1978 am Peutinger-Gymnasium Ellwangen und studierte danach an der Eberhard Karls Universität Tübingen und der Ludwig-Maximilians-Universität München Katholische Theologie mit dem Schwerpunkt Mittlere und Neuere Kirchengeschichte sowie später Exegese des Neuen und Alten Testamentes. 1983 legte er seine Diplomprüfung ab und setzte seine Ausbildung im Priesterseminar fort. Wolf empfing 1985 die Priesterweihe und war bis 1990 in der Pfarrseelsorge seiner Heimatdiözese Rottenburg-Stuttgart tätig. Im gleichen Jahr wurde er mit der Arbeit Ketzer oder Kirchenlehrer? Der Tübinger Theologe Johannes von Kuhn (1806–1887) in den kirchenpolitischen Auseinandersetzungen seiner Zeit an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen promoviert. 1991 habilitierte er sich mit der Arbeit Die Reichskirchenpolitik des Hauses Lothringen (1680–1715); eine Habsburger Sekundogenitur im Reich? im Fach Mittlere und Neuere Kirchengeschichte an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen.
1992 erhielt er einen Ruf als ordentlicher Professor an die Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Im Jahre 1999 wechselte Wolf als C4-Professor an die Westfälische Wilhelms-Universität Münster und wurde hier als Nachfolger Arnold Angenendts zudem Direktor des Seminars für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte am katholischen Fachbereich. 2002 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Historischen Kommission für Westfalen gewählt. Im gleichen Jahr wurde er Leiter des DFG-Langzeitprojekts „Römische Inquisition und Indexkongregation“. Seit 2008 ist er Leiter des DFG-Langzeitprojekts „Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917–1929)“. Im Kollegjahr 2011/12 war Hubert Wolf als Forschungsstipendiat am Historischen Kolleg in München.
Hubert Wolf verfasste zahlreiche Artikel für das Biographisch-Bibliographische Kirchenlexikon (BBKL).
Hubert Wolf gilt als herausragender Vertreter der jüngeren Generation von Kirchenhistorikern, die das Fach aus dem engeren disziplinären Ghetto herausgeführt und in größere interdisziplinäre Zusammenhänge der Politik- und Wissenschaftsgeschichte eingebunden haben. Zu seinen Hauptforschungsgebieten zählt die Darstellung der reichskirchlichen Zusammenhänge und die Auswertung und Erschließung der in Rom gelagerten Archivbestände der Inquisition und päpstlichen Indexkongregation. Bereits seit 1992, also vor der offiziellen Öffnung der Archive 1999 durch Papst Johannes Paul II., hatte Wolf Zugang zu den Akten. Im gleichen Jahr wurde er in den international besetzten wissenschaftlichen Beirat des Archivs der Glaubenskongregation berufen.
Ein zufälliger Aktenfund führte zu seinem wissenschaftlichen Buch Die Nonnen von Sant’Ambrogio. Inhalt ist der Skandal im gleichnamigen römischen Kloster Mitte des 19. Jahrhunderts, der erhebliche Auswirkungen auf die Kirchengeschichte hatte. Das Buch erhielt ein starkes Presseecho[1][2][3] und kam in der Sachbuch-Bestenliste von Süddeutscher Zeitung und Norddeutschem Rundfunk im Mai 2013 auf Platz 1. Das 2015 erschienene Buch Krypta. Unterdrückte Traditionen der Kirchengeschichte enthüllt anhand von einigen Beispielen vergessene oder verdrängte Traditionen der Katholischen Kirche.
Seit 2013 leitet Wolf zusammen mit Andreas Wirsching die auf zwölf Jahre angelegte Herausgabe der Tagebücher von Michael Kardinal von Faulhaber.[4]
Im Juli 2019 forderte Wolf die Zulassung verheirateter Priester neben zölibatären Priestern in der römisch-katholischen Kirche.[5] Die katholische Kirche, so argumentiert Wolf, versuche den Anschein zu erwecken, als sei Ehelosigkeit schon immer eine Voraussetzung für das Priestertum gewesen. Tatsächlich wurde erst 1139 die Ehelosigkeit zur Voraussetzung für das Priesteramt; dadurch wurden Erbansprüche von Priesterkindern verhindert, wovon das kirchliche Vermögen profitierte. Diese Vorschrift sei jedoch lange nicht konsequent durchgesetzt worden. Beispielsweise seien im Münsterland noch im 17. Jahrhundert Priesterämter vom Geistlichen an seinen jeweiligen Sohn vererbt worden. Der Begriff „Zölibat“ wurde damals zwar ebenfalls genutzt, aber laut Wolf sehr unterschiedlich verstanden, etwa von der sexuellen Enthaltsamkeit an Sonntagen bis hin zum Heiratsverbot für verwitwete Priester. Erst im 19. Jahrhundert habe sich die Definition von Zölibat als dauerhafter sexueller Enthaltsamkeit durchgesetzt, und parallel dazu sei das Priestertum spirituell überhöht worden. Die katholische Kirche legte die explizite Forderung nach einem Pflichtzölibat zuletzt 1917 fest, im Codex Iuris Canonici. Seitdem sei ein Diskussionsverbot über den Zölibat mehrfach bekräftigt worden, unter anderem auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965).[6]
Ende 2022 kritisierte Wolf Papst Franziskus, da dieser in seinem Schlussdokument zur Amazonas-Synode „schlicht ignoriert“ habe, dass eine Dreiviertelmehrheit der Synodalen beschlossen habe, verheiratete Männer zu Priestern zu weihen. Denjenigen deutschen Bischöfen, die für das Diakonat der Frau seien, empfahl Wolf, beim Papst eine Sondergenehmigung zu beantragen, worauf er laut Kirchenrecht innerhalb von sechs Monaten reagieren müsse, und ihm anzukündigen, im Falle des Nichterhaltens einer Antwort es aufgrund der Notwendigkeit der pastoralen Situation einfach zu machen, bzw. bei einer ablehnenden Antwort ihren Rücktritt anzubieten. Es wäre spannend, so Wolf, „zu sehen, ob der Papst zehn Rücktritte annehmen würde“. Der Vorwurf der Protestantisierung der katholischen Kirche sei „eine Meistererzählung der Konservativen, eine absolute Verkennung der deutschen Situation und der Diskussionslage im Synodalen Weg“. Allerdings müsse man auch Bedenken der kurialen Mitarbeiter ernst nehmen und Gespräche führen, denn über „das Wohl und Wehe eines Projekts“ würden häufig „die Mitarbeiter auf der zweiten und dritten Ebene entscheiden“.[7]
Seit März 2020 untersucht Wolf im Vatikanischen Apostolischen Archiv die Archivalien des Pontifikats Pius’ XII. im Hinblick auf sein kirchenpolitisches Wirken während des Zweiten Weltkriegs.[8]
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