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Starkregenereignis in Deutschland, Österreich, Polen und Tschechien Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Das Hochwasser in Mitteleuropa im September 2024 ist ein Starkregenereignis, verursacht durch das in Deutschland mit Anett (Boris) benannte Tief.
Tief Anett/Boris | |
---|---|
Hochwasser in Gars am Kamp, 14. September 2024 | |
Unwetter | Starkregen mit Hochwasser und frühem Wintereinbruch |
Wetterlage | Vb-Tief |
Daten | |
Entstehung | 12. September 2024 |
(Prognose Ende des Starkregens) | 16./17. September 2024 |
Folgen | |
Betroffene Gebiete | Mitteleuropa |
Opfer | mind. 12 Todesopfer mind. 4 vermisste Personen[1] [2][3] |
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Besonders betroffen waren Niederösterreich, Tschechien und das südliche Polen. Je nach Wettermodell mit bis zu 500 Liter je Quadratmeter Niederschlag wurde von einem „Jahrtausendhochwasser“ gesprochen.[4] Im Alpenraum führte das Wetterereignis zu einem außerordentlich frühen Wintereinbruch.[5]
Erschwerend kam zur Situation dazu, dass die Regenfälle mit starken Stürmen einhergingen, die gleichfalls Schäden anrichteten.
Der Spätfrühling und der Frühsommer 2024 waren durch zahlreiche schwere Unwetter in Zentraleuropa geprägt (Weihnachtshochwasser in Norddeutschland (2023/2024), Hochwasser in Südwestdeutschland, Süddeutschland und der Schweiz), verursacht durch einen sehr instabilen Jetstream. Erst im August setzte sich stabileres Sommerwetter durch. Dieser Monat war gebietsweise, so in Österreich, ein weiterer Allzeit-Wärmerekord-Monat.[6]
In der zweiten Septemberwoche wurde der Jetstream neuerlich instabil. Vor[7] und hinter einem nach Skandinavien ziehenden Tief Zilan (FU-Berlin-Name) kam es zu zwei massiven Kaltlufteinbrüchen bis in den zentralen Mittelmeerraum.[8][9] Innerhalb weniger Tage fielen die Temperaturen regional um 20 °C von hochsommerlichen Werten auf unter 10 °C.
Am 11. und 12. September bildete sich in der ausgedehnten Kaltfront von Zilan über Norditalien ein Tiefdruckwirbel mit Höhentiefkern, international Boris, von der FU Berlin Anett benannt.[9][10] Vor dem Skandinavientief herrschte eine starke Südströmung,[8] daher schlug das Italientief eine klassische Vb-Zugbahn in den Raum Pannonien/Karpatenbecken ein.[11] Die starken klimatischen Kontraste über Europa – Nord-/Südströmungen von über 2000 km Ausmaß, große Wärme im Mittelmeerraum, und Polarluft über der Nordsee[9] – führen zu massivem Feuchtigkeitstransport in das östliche Zentraleuropa und intensivem Stauniederschlag im Karpatenbogen und an den Nordalpen.
Verschärft wurde die Situation durch den Klimawandel, durch den sich das Mittelmeer erwärmt und die Atmosphäre mehr Luftfeuchtigkeit aufnehmen kann, was bei entsprechender Wetterlage zu mehr Niederschlägen führt.[12] Die Oberflächentemperatur des Mittelmeers lag 2024 auf Rekordniveau und erreichte Mitte September 2024 im nördlichen Mittelmeergebiet zwischen 25 bis fast 30 °C. Damit lagen die Werte teils deutlich über 4 °C über dem vieljährigen Mittel.[13]
Das deutsche Wettermodell ICON prognostiziert für den Raum Riesengebirge bis zu 500 Liter je Quadratmeter Niederschlag für 72 Stunden.[4] Solche Werte entsprächen möglicherweise einem tausendjährigen Hochwasser an Elbe und Oder.[4] Für den östlichen Nordalpenraum und die mittlere Donau gibt das österreichische AROME/INCA-Modell bis über 300 l/m²,[14][11] andere Modelle sogar 400 l/m².[15] Örtlich sind hundertjährliche Hochwässer möglich.[16] Hier könnte die Hochwasserwelle aber durch die großen Neuschneemengen in den Alpen gemildert werden. Für die Hochalpen von der Zentralschweiz bis in Österreich werden bis zu 2 Meter Neuschnee erwartet,[9][11] mit Schneefall bis in den höheren Dauersiedlungsraum um 1000 m.[17]
Kurz vor dem Hochwasser stürzte in Dresden ein Teil der Carolabrücke über die Elbe ein. Angesichts der Warnlage und prognostizierten Niederschläge war es notwendig, die den Überflutungsbereich der Elbwiesen blockierenden Teile unter hohem Zeitdruck zu entfernen.[18][19]
Aufgrund der guten Vorhersagen[17] konnten die Hochwasserschutzmaßnahmen zeitnah umgesetzt werden.[15][16][20] So wurden Stauräume vorsorglich, wie von den Draukraftwerken[21] oder dem Stausee Ottenstein in Niederösterreich abgesenkt, um nachkommendes Wasser aufzufangen.[22] Vor Schneebruch wird insbesondere in Südösterreich gewarnt.[23] Unnötige Autofahrten sollten vermieden werden,[24] auch die ÖBB rieten von Zugfahrten ab.[25] Einige Regionen am Rand des Ereignisses (etwa das Burgenland) waren weniger von Überschwemmungen als von Sturmschäden betroffen.[26]
Am 14. September wurden vorerst 24 Ortschaften in den Bezirken Horn, Krems, Tulln und Zwettl aufgrund der hohen Pegelstände am Kamp, gegen Abend weitere 18 zu Katastrophengebiete erklärt[27], während an der Donau der mobile Hochwasserschutz in der Wachau aber auch oberhalb bei Mauthausen errichtet wurde.[28] Zum Regen kamen auch große Schneemengen oberhalb von 1000-1500 Meter dazu. So wurde in Obertauern 90 cm Neuschnee gemessen. Dies hielt einerseits viel Wasser in den Bergen gebunden, anderseits führte er aber neben dem Sturm zu zahlreichen Baumbrüchen und damit verbunden Straßenbehinderungen und Stromausfällen, aber auch zu Lawinengefahr.[29]
Am 15. September am frühen Morgen wurde durch die Landesregierung Niederösterreich das ganze Bundesland Niederösterreich zum Katastrophengebiet erklärt.[30] Zahlreiche Bäche, darunter die Perschling und der Wienfluss, traten am selben Tag über die Ufer, sodass auch in der Stadt Wien erste Evakuierungen notwendig wurden. In Waidhofen an der Thaya wurde am Sonntag bereits 100-jährliches Hochwasser ausgerufen.[30] Um 10 Uhr Ortszeit veröffentlichte der Landeskrisenstab, dass ein Feuerwehrmann bei Auspumparbeiten ums Leben kam; die erste in Österreich verstorbene Person infolge des Hochwassers.[1]
In Wien war die Situation vor allem im Bereich des Wienflusses kritisch, im 14. Bezirk wurden einzelne Häuser evakuiert, leichte Überflutungen gab es auch bei der Mündung in den Donaukanal. Im Bereich der mit besserem Hochwasserschutz versehenen Donau blieb der Wasserstand dagegen unter Kontrolle, ebenso beim Liesingbach.[31] Es gab allerdings Einschränkungen im Verkehr, auch die U-Bahnen fuhren nur eingeschränkt, insbesondere die teilweise am Wienfluss entlangfahrende U4.
In der Steiermark waren die Feuerwehren in Zusammenarbeit mit den Energieversorgern stark gefordert, nachdem an diesem Tag etwa 25.000 Haushalte durch zahlreiche Sturmschäden ohne Strom waren. Aus den südlichen, weniger betroffenen Bezirken wurden die Katastrophenhilfszüge der Feuerwehr nach Niederösterreich beordert um dort Unterstützung zu leisten.[32]
In Polen lief die Wölfelsgrunder Talsperre bei Międzygórze trotz Notablass über. Aus Sicherheitsgründen wurden mehrere im Gefahrenbereich gelegene Ortschaften evakuiert.[33] Am Morgen des 15. Septembers wurde von den polnischen Behörden die erste ertrunkene Person vermeldet[2]; ein Mann ist im Dorf Krosnovice nahe Klodzko ertrunken.[3]
Am 14. September meldeten rumänische Behörden vier getötete Personen in den Landkreisen Galati und Vaslui infolge des Hochwassers.[3] Über 5000 Häuser sind indes bislang beschädigt worden.[3]
Als erste Bedrohungen von Bratislava auftraten, wurden entlang der March bereits am 13. September in der Záhorie Flächen ausfindig gemacht, die geflutet werden und so Rückhaltungen der March, für die ein HQ100 Hochwasser befürchtet wird, ermöglicht werden.[34]
In Tschechien wurde ein Krisenstab eingerichtet und der Abfluss aus den Stauanlagen an der Moldau vor Beginn der Regenfälle massiv erhöht, um Kapazitäten für die erwarteten Wassermassen zu schaffen. Zahlreiche Veranstaltungen wurden aus Sicherheitsgründen abgesagt, zudem wurden Menschen in Überschwemmungsgebieten aufgefordert, Notgepäck für etwaige Evakuierungen bereitzuhalten und Keller zu leeren.[35]
In Prag wurde an der Moldau vorsorglich die Innenstadt mit mobilen Hochwasserschutzwänden abgeschottet. Am 14. September wurden in Brünn ein Krankenhaus vorsorglich evakuiert. Im Westen des Landes waren schon seit dem Morgen wegen der Stürme etwa 60.000 Menschen ohne Strom.[36] Diese Zahl stieg bis zum 15. September auf über 250.000 Haushalte an.[2] In der Nacht von 14. auf 15. September ordnete der Bürgermeister von Český Těšín die Evakuierung der Stadt an da ein Nebenfluss der Oder überzulaufen drohte.[2] Der Gebirgsort Mala Upa war aufgrund eines Murenabganges von der Außenwelt abgeschnitten.[3]
Die Talsperre Husinec lief über.[2]
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