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Gruppen organischer Verbindungen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Polychlorierte Dibenzo-p-dioxine und Dibenzofurane (PCDD/PCDF) sind zwei Gruppen chemisch ähnlich aufgebauter chlorierter organischer Verbindungen. Sie gehören zu den sauerstoffhaltigen Derivaten halogenierter Kohlenwasserstoffe und werden im allgemeinen Sprachgebrauch, teilweise auch in der Literatur, als Dioxine – oder fälschlich als Dioxin (Singular) – zusammengefasst.
Als persistente organische Schadstoffe werden sie in der Umwelt kaum abgebaut. Spuren polychlorierter Dioxine und Furane kommen überall auf der Welt vor. Über die Nahrungskette reichern sich Dioxine in lebenden Organismen, bei Wirbeltieren vor allem in der Leber als dem Entgiftungsorgan der Stoffwechselkreisläufe an. Der Mensch nimmt Dioxine vor allem über tierische Nahrungsmittel (Fisch, Fleisch, Eier, Milchprodukte) auf.
Die giftigste Einzelverbindung unter den Dioxinen ist das sogenannte „Sevesodioxin“ (2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin, kurz 2,3,7,8-TCDD). Die akute Giftigkeit der übrigen polychlorierten Dibenzodioxine und Dibenzofurane wird relativ zu 2,3,7,8-TCDD angegeben. Polychlorierte Dioxine und Furane können bereits in geringen Mengen die Entstehung von Krebs aus vorgeschädigten Zellen fördern.
Die Mitglieder der beiden Stoffgruppen besitzen entweder ein Dibenzodioxin- (zwei Benzolringe, die über zwei Sauerstoffbrücken verknüpft sind) oder ein Dibenzofuran-Grundgerüst (zwei Benzolringe sind über ein Sauerstoffatom sowie direkt verbunden; dies entspricht einer zentralen Furan-Einheit). An diese Grundkörper können jeweils bis zu 8 Chloratome gebunden sein. Die Anzahl der Chloratome und ihre Position an den Benzolringen beeinflussen die Toxizität, die krebserzeugende Wirkung und die Abbaubarkeit polychlorierter Dibenzodioxine und Dibenzofurane.
Chloratome | PCDD-Isomere | PCDF-Isomere |
---|---|---|
1 | 2 | 4 |
2 | 10 | 16 |
3 | 14 | 28 |
4 | 22 | 38 |
5 | 14 | 28 |
6 | 10 | 16 |
7 | 2 | 4 |
8 | 1 | 1 |
Total | 75 | 135 |
„Dioxine“ kommen meist als Gemisch verschiedener halogenierter Dibenzodioxine und Dibenzofurane vor. Dieses Gemisch kann ein bestimmtes Häufigkeitsmuster (Kongenerenmuster) aufweisen, aus dem sich Rückschlüsse auf die Entstehungsursachen ziehen lassen.
Neben den polychlorierten Dibenzodioxinen und Dibenzofuranen (PCDD/PCDF) gibt es Dioxine, an deren Benzolringe andere Halogenatome gebunden sind. Von Bedeutung sind die polybromierten Dibenzodioxine und -furane (PBDD/PBDF). Dagegen werden polyfluorierte und polyiodierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane unter Praxisbedingungen so gut wie nicht gebildet. All diese Verbindungen werden unter dem Oberbegriff polyhalogenierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane (PXDD/PXDF) zusammengefasst. Berücksichtigt man alle denkbaren Kombinationen, umfassen die polychlorierten Dibenzodioxine 75 und die polychlorierten Dibenzofurane 135 verschiedene Einzelstoffe, sogenannte Kongenere. Werden alle möglichen Kombinationen von mit Chlor- und Bromatomen mischhalogenierten Kongeneren mit einbezogen, gibt es 1700 verschiedene Dibenzodioxine und 3320 Dibenzofurane.[1]
Nach IUPAC wird das Grundgerüst der Dioxine mit Dibenzo[b,e][1,4]dioxin, abgekürzt Dibenzo-p-dioxin, das der Furane mit Dibenzofuran bezeichnet. Diesen Bezeichnungen werden die Positionen der Chlor- oder Halogenatome (siehe Abbildungen ganz oben), gefolgt von ihrer Anzahl und Art vorgestellt (Beispiel: 1,2,4,6,8,9-Hexachlordibenzo[b,e][1,4]dioxin).
Eine vereinfachte Schreibweise lehnt sich an die IUPAC-Nomenklatur an und kürzt Dibenzo-p-dioxin mit DD, Dibenzofuran mit DF ab. Das mischhalogenierte 1,3,6,8-Tetrabrom-2,7-dichlordibenzo-p-dioxin wird danach verkürzt als 1,3,6,8-Br4-2,7-Cl2-DD geschrieben. In der Literatur wird das wegen seiner Giftigkeit besonders interessierende Kongener 2,3,7,8-Cl4DD oft mit 2,3,7,8-TCDD oder TCDD abgekürzt.
Einem anderen Vorschlag zufolge kann chlorierten Dioxinen (D) und Furanen (F) aufsteigend nach der Anzahl ihrer Chlorsubstituenten eine fortlaufende Nummer zugewiesen werden. Danach wird 2,3,7,8-Cl4DD als D 48, 2,3,7,8-Cl4DF als F 83 bezeichnet. Auch die Gruppen mit gleicher Anzahl an Chloratomen (Homologengruppen) können nach diesem System benannt werden, indem dem D oder F eine Zahl für den Chlorierungsgrad nachstellt wird. Die Gruppe der vierfach chlorierten Dioxine wird so zu D4 (keine Leerstelle), die Gruppe der fünffach chlorierten Furane zu F5. Dieses System wird gelegentlich zur Beschriftung von Tabellen und Chromatogrammen verwendet.[1]
Die erste Synthese von Octachlordibenzodioxin wurde vermutlich 1872 durchgeführt. In den 1950er-Jahren wurde nachgewiesen, dass 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin Chlorakne verursacht.[2][3][4]
Während des Vietnam-Kriegs setzten die Streitkräfte der Vereinigten Staaten dioxinverunreinigte Entlaubungsmittel wie Agent Orange ein, die bei der vietnamesischen Bevölkerung und bei den eigenen Soldaten zu gesundheitlichen Problemen führten. Berichte über eine erhöhte Anzahl an Missbildungen bei Neugeborenen in der vietnamesischen Bevölkerung und bei den Kindern von Vietnam-Veteranen sowie ein erhöhtes Krebsrisiko als Folge der Entlaubungsaktionen sind jedoch in der wissenschaftlichen Literatur umstritten.[5][6] Eine neuere Analyse existierender Studien kam zu dem Schluss, dass elterliche Agent-Orange-Exposition tatsächlich und dosisabhängig kindliche Missbildungen hervorrufe.[7] Die Auswahl der dort verwendeten Studien wurde kritisiert, da viele davon veraltet seien und kein Peer-Review-Verfahren durchlaufen hätten. Der Nachweis, dass Dioxin zu angeborenen Missbildungen führe, sei mit Ausnahme von Spina bifida und Anenzephalie noch nicht erbracht.[8]
Massenvergiftungen (Yushō-Krankheit) durch mit polychlorierten Dibenzofuranen und PCB belastetes Reisöl traten 1968 in Japan (Yusho) und 1979 in Taiwan (Yucheng) auf.
Mit dem Austritt von 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin aus einem Reaktor der Chemiefabrik Icmesa im italienischen Seveso am 10. Juli 1976 (Sevesounglück) erlangte die Stoffgruppe der Dioxine allgemeine Bekanntheit. Ursache für das Unglück war ein durch Überhitzung entstandener Überdruck im Produktionssystem.[9] Tage nach dem Unglück starben in der näheren Umgebung Vögel und Kleintiere. Bei etwa 190 exponierten Personen wurden Fälle von Chlorakne festgestellt. Als Folge des Unfalls mussten die Häuser von 40 Familien abgerissen werden.[10] Nach 25 Jahren wurde bei den Betroffenen ein erhöhtes Sterberisiko an einigen Krebsarten sowie an Diabetes bei Frauen beobachtet, während sich für alle Krebsarten und das Gesamtrisiko bislang kein Anstieg feststellen ließ.[11]
In den USA erregten die Giftmüllskandale von Love Canal (ab 1978) und Times Beach (ab 1982) großes Aufsehen in den Medien.
Vor 1968 wurden in Deutschland mehr als 400.000 Tonnen Schlacke aus der Kupfergewinnung unter der Handelsbezeichnung Kieselrot als Belag für Sport- und Spielplätze verwendet. Erst 1991 entdeckte man, dass Kieselrot stark mit polychlorierten Dibenzodioxinen und Furanen belastet ist. Sportflächen mit Kieselrot-Deckschicht können bedeutende Dioxinquellen für die nähere Umgebung gewesen sein.[12]
Nach dem Inkrafttreten des Stockholmer Übereinkommens 2004 sind die Emission von PCDD/PCDF in die Umwelt durch die Anwendung der besten verfügbaren Techniken so weit wie möglich zu verringern oder zu verhindern.[13]
Im Juni 1998 wurde bei zwei Mitarbeiterinnen des Wiener Textilforschungsinstituts eine schwere Dioxinvergiftung festgestellt, drei weitere Mitarbeiter wiesen erhöhte Dioxinkonzentrationen im Blut auf. Die Umstände des Vorfalls konnten bisher nicht geklärt werden.[14] Im September 2004 wurde der ukrainische Oppositionspolitiker Wiktor Juschtschenko Opfer einer Dioxinvergiftung.
Seit 1980 findet jährlich die DIOXIN Conference, ein internationaler wissenschaftlicher Kongress über Dioxine und andere langlebige Organohalogene statt.[15]
Dioxin- und Furan-Moleküle sind fast vollkommen planar. Bei den 2,3,7,8-substituierten Dioxinen ähnelt das Molekül einem flachen, länglichen Rechteck mit einer Länge von 10 Å und einer Breite von 3 Å. Mit Ausnahme der Wasserstoff-Atome ragt beim 2,3,7,8-Cl4DD kein Atom mehr als 0,018 Å aus der Molekülebene heraus.
Bei Raumtemperatur sind Dioxine farblose, kristalline Feststoffe. Sie sind schwerflüchtig, wobei der Sättigungsdampfdruck noch weiter zurückgeht, je mehr Halogenatome im Molekül enthalten sind. Ihre Löslichkeit in Wasser ist äußerst gering, sie nimmt mit zunehmendem Halogenierungsgrad ab und steigt mit zunehmender Temperatur an. Dioxine lösen sich einigermaßen gut in organischen Lösungsmitteln wie Benzol, Anisol und Xylol. Sie sind lipophile (fettlösliche) Substanzen und reichern sich aufgrund ihres hohen Octanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten (KOW) im Fettgewebe, aber auch in Sedimenten und Böden an.[1] Ihre chemische Persistenz, beispielsweise gegenüber Säuren und Basen, ist sehr hoch.[3]
1-Cl1DD | 2-Cl1DD | 2,3-Cl2DD | 2,3,7,8-Cl4DD | Cl8DD | |
---|---|---|---|---|---|
Schmelzpunkt | 105 °C | 163 °C | 305 °C | 330 °C | |
Siedepunkt | 315 °C | 358 °C | 447 °C | 510 °C | |
Sättigungsdampfdruck über der unterkühlten Schmelze (25 °C) | 1,0 · 10−1 Pa | 9,3 · 10−3 Pa | 1,2 · 10−4 Pa | 2,8 · 10−7 bzw. 1,2 · 10−7 Pa | |
Wasserlöslichkeit (25 °C) | 278.000–318.000 ng/l | 8–200 bzw. 690 ng/l | 0,074 bzw. 0,4 (20 °C) ng/l | ||
log KOW | 5,00 | 5,60 | 6,80 bzw. 6,64 | 8,20 bzw. 8,60 |
Dioxine werden, außer für Forschung und Analytik, nicht gezielt hergestellt. Es gibt keinerlei technische Verwendung von Dioxinen.
Sie entstehen als Nebenprodukte bei einer Vielzahl thermischer Prozesse, bei der Herstellung chlororganischer Chemikalien oder bei beliebigen Oxidationsreaktionen von Kohlenwasserstoffverbindungen in Anwesenheit von Chlorverbindungen (beispielsweise Kochsalz NaCl). So können sich bei der Verbrennung organischer (kohlenstoffhaltiger) Verbindungen in Gegenwart organischer oder anorganischer Chlorverbindungen in einem Temperaturbereich von 300–600 °C („Dioxin-Fenster“, unten begrenzt durch die Assoziation der Dioxinmoleküle, oben durch deren Dissoziation) Dioxine bilden.[16] Verbrennungsprozesse mit möglicher Dioxinbildung sind beispielsweise die Feuerbestattung in Krematorien und die Müllverbrennung, die bis in die 1980er-Jahre eine der Hauptursachen für die Dioxinerzeugung war. Durch technische Maßnahmen, beispielsweise den Einbau von Filtern in Müllverbrennungsanlagen und durch Nachverbrennung in den Abgasströmen, kann der Ausstoß von PCDD/PCDF erheblich verringert werden. Allerdings ist die Verbreitung solcher Maßnahmen von Land zu Land unterschiedlich. In Deutschland sind die Immissionen im Bundes-Immissionsschutzgesetz bzw. den resultierenden Verordnungen zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV) geregelt. Mit der Verordnung über Verbrennungsanlagen für Abfälle und ähnliche brennbare Stoffe und der Verordnung über Anlagen zur Feuerbestattung wurden für industrielle Verbrennungsanlagen und Krematorien neue Grenzwerte eingeführt. Gegenüber Emissionen aus privaten Feuerungen ist die Dioxinbelastung aus neu genehmigten Anlagen zur Müllverbrennung bzw. Feuerbestattung deshalb deutlich zurückgegangen.
Bis Anfang der 1990er-Jahre enthielten auch die Abgase von Benzinmotoren in Kraftfahrzeugen und Flugzeugen polychlorierte (aber auch andere polyhalogenierte) Dibenzodioxine und Dibenzofurane. Grund dafür waren die den verbleiten Ottokraftstoffen zugesetzten Verflüchtigungszusätze auf Basis von 1,2-Dichlorethan oder 1,2-Dibromethan, die Bleiablagerungen im Motor („Brückenbildung“ an den Zündkerzen) durch die bei der Verbrennung der Bleialkyle entstehenden Bleioxide verhindern sollten. Erst mit der 19. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (19. BImSchV) vom 17. Januar 1992 wurde diese Dioxinquelle durch das Verbot der Beimischung von Chlor- und Bromverbindungen als Kraftstoffzusätze beseitigt.
Weitere industrielle Prozesse, bei denen Dioxine entstehen können, sind beispielsweise:
Kritisch ist vor allem die Hitzeeinwirkung auf polychlorierte Phenole. Besonders leicht kondensieren diese in Gegenwart von Alkali über die Phenolate zu Dioxin, wie am Beispiel des Seveso-Giftes 2,3,7,8-TCDD, gebildet aus dem Natriumsalz von 2,4,5-Trichlorphenol (2,4,5-TCP):[17]
Auch natürliche Prozesse können zur Bildung von Dioxinen führen, zum Beispiel durch Blitzschlag verursachte Wald- oder Steppenbrände sowie mikrobielle Tätigkeiten oder Vulkanausbrüche. Es wird geschätzt, dass bei einem Waldbrand etwa 20 ng Toxizitätsäquivalente an Dioxinen pro kg Biomasse entstehen. Im Vergleich zu den anthropogenen Emissionen tragen natürliche Quellen nur in geringem Maß zur Dioxinbelastung der Umwelt bei.[1]
Beim mikrobiellen Abbau des Holzgerüststoffes Lignin und von Huminsäuren entstehen chlorierte Phenole, welche sowohl unter den Zersetzungsbedingungen als auch im Fall von Feuereinwirkung zu Dioxinen kondensieren können.
Auch bei verschiedenen Haus- und Industriebränden wurden PCDD/PCDF im Brandruß in einem Ausmaß vorgefunden, dass eine aufwendige Sanierung der betroffenen Gebäude notwendig wurde. In diesen Fällen waren Dioxin-Vorläuferverbindungen, wie PCB, oder größere Mengen anderer potentieller Vorläuferverbindungen, zum Beispiel PVC-Kabelhüllen, in der Brandlast vorhanden. Abhängig von den Brandbedingungen und Ausgangsmaterialien variierten Konzentration und Kongenerenverteilung der PCDD/PCDF im Ruß.[18]
Dioxine entweichen aus Anlagen der Metallindustrie, aus Müllverbrennungsanlagen und privaten Kaminen in die Luft. Die Emissionen haben in den letzten Jahren jedoch deutlich abgenommen. Dieser Erfolg ist vor allem auf die verbesserte Abgasreinigung in den Müllverbrennungsanlagen zurückzuführen. Die – illegale – Abfallverbrennung im Kamin oder im Garten macht heute den bedeutendsten Anteil der Dioxinemissionen aus. Die wilde Verbrennung von einem Kilogramm Abfall belastet die Umwelt so stark wie die Entsorgung von zehn Tonnen in einer modernen Müllverbrennungsanlage.[19]
Prozess | Emissionen | Anteil | |
---|---|---|---|
2004 | 2008 | ||
Metallindustrie und Röst- oder Sinteranlagen für Metallerz, Anlagen zur Gewinnung von Eisenmetallen und Nichteisenmetallen | 575 g/Jahr | 47 % | |
Herstellung und Verarbeitung von Metallen | 361 g | ||
Organische chemische Grundstoffe | 202 g/Jahr | 17 % | |
Chemische Industrie | 6,6 g | ||
Anlagen zur Entsorgung oder Verwertung von gefährlichen Abfällen oder Siedlungsmüll | 178 g/Jahr | 15 % | |
Abfall- und Abwasserbewirtschaftung | 52,9 g | ||
Verbrennungsanlagen | 163 g/Jahr | 13 % | |
Energiesektor | 661 g | ||
Anlagen zur Herstellung von Zementklinkern, Kalk, Glas, Mineralien oder keramischen Erzeugnissen | 63 g/Jahr | 5 % | |
Mineral verarbeitende Industrie | 42,6 g | ||
Sonstiges | 38 g/Jahr | 66,3 g | 3 % |
Summe | 1219 g/Jahr | 1190,4 g | 100 % |
Das unsachgemäße Recycling von Elektrogeräten kann zu bedeutenden Emissionen von Dioxinen führen. In Guiyu, dem größten Elektronikschrott-Recyclinggebiet von China,[22] wurden mit bis zu 2765 pg/m3 oder 48,9 pg TEQ/m3 die höchsten je gemessenen Dioxinkonzentrationen in der Atmosphäre festgestellt.[23]
Wesentliche Maßnahmen zur Minderung von Emissionen von Dioxinen und Furanen sind die thermische Zersetzung bei Temperaturen von über 850 °C und einer Verweilzeit von über zwei Sekunden sowie die Verhinderung der Neubildung (De-novo-Synthese) im Abgas.[24] Eine weitere Primärmaßnahme ist ein möglichst guter Abgasausbrand, wobei die Möglichkeit der Adsorption der Dioxine und Furane an kohlenstoffhaltigen Stäuben dadurch eingeschränkt wird.[24] Höhere Schwefeldioxidkonzentrationen im Abgas verhindern ebenfalls die Entstehung von Dioxinen und Furanen,[24] sind aber aus Sicht des Immissionsschutzes nicht erwünscht.
Sekundärmaßnahmen zur Minderung von Emissionen von Dioxinen und Furanen zielen auf ihre Zerstörung bzw. Ausschleusung aus dem Abgas ab. Katalysatoren[25] und katalytisch wirkende Oberflächenfilter[26] werden für die Zerstörung von Dioxinen eingesetzt. Die Abtrennung aus dem Abgas erfolgt mittels Adsorptionsmitteln.[27] und durch Staubabscheidung.[24]
Gaswäscher sind zur Abscheidung von Dioxinen und Furanen bestenfalls bedingt geeignet. Aus Kunststoff bestehende Wäscherkomponenten und Dichtungen können durch Adsorption und Desorption zur Verschleppung von Dioxinen und Furanen führen; eine dauerhafte Abscheidung findet nicht statt.[28] Befinden sich Gaswäscher in einer mehrstufigen Abgasreinigungsanlage, so müssen bei Anfahrvorgängen die Einrichtungen zur Minderungen von Dioxinen und Furanen bereits in Betrieb sein.[29]
Dioxine sind persistent (langlebig) und werden hauptsächlich über den Luftpfad, gebunden an Staubpartikel, in der Umwelt verteilt. Sie sind ubiquitär nachzuweisen, kommen also überall auf der Welt in Böden, Gewässern, Sedimenten, Pflanzen, Tieren, Menschen etc. vor.
Der Eintrag von Dioxinen und Furanen in die Atmosphäre erfolgt in erster Linie mit dem Rauch von Verbrennungsprozessen. Daneben spielt die Verdampfung von an Böden angelagerten (adsorbierten) oder im Wasser gelösten Molekülen eine Rolle. Über die Atmosphäre werden Dioxine und Furane großflächig verteilt (Ferntransport), so dass sie selbst in Umweltproben aus entlegenen Regionen gefunden werden können. Niedrig halogenierte Dioxine kommen in der Atmosphäre überwiegend in der Gasphase vor, höher halogenierte sind zum größten Teil an Aerosol-Partikel gebunden. Das Mengenverhältnis von gasförmigen zu partikelgebundenen Molekülen wird für die Cl4DF mit 13, für Cl8DF mit 0,05 angegeben.
Ein Abbau in der Atmosphäre findet lediglich bei gasförmig vorliegenden Dioxinen und Furanen statt. Durch UV-Strahlen kommt es zur direkten Photolyse, daneben sind auch Reaktionen mit Hydroxyl-Radikalen von Bedeutung. Den atmosphärischen Abbaureaktionen unterliegen vor allem an den peri-Positionen (1,4,6,9) substituierte PCDD sowie an Position 1 und 9 substituierte PCDF. Mit zunehmendem Halogenierungsgrad sinkt dagegen die Anfälligkeit für diese Abbaumechanismen.
Als Austragsweg aus der Atmosphäre überwiegt die trockene Deposition durch Absetzen (Fall Out) von Partikeln gegenüber der nassen Deposition etwa im Verhältnis 5:1. Bei der nassen Deposition überwiegt das Ausregnen (Particle Scavenging) gegenüber dem Auswaschen (Gas Scavenging).
In Gewässer gelangen Dioxine und Furane vor allem durch Deposition aus der Atmosphäre und mit dem Abwasser. Als lipophile Verbindungen lagern sie sich zu einem großen Teil an im Wasser gelöste Kolloide wie Huminstoffe, an im Wasser schwebende (suspendierte) organische Partikel oder die lipophile Kahmhaut auf dem Wasser an. Frei im Wasser gelöste PCDD/PCDF können sich in die Atmosphäre verflüchtigen, unmittelbar an der Wasseroberfläche findet ein Abbau durch Photolyse statt. An Partikel gebundene Dioxine und Furane werden zum größten Teil in den Sedimenten abgelagert. Anhand von zeitlichen Trends der Konzentrationen in datierten Sedimentkernen können Rückschlüsse auf historische Emissionen gemacht werden. Allerdings muss beachtet werden, dass sich die Kongenerenmuster durch verschiedene Abbauprozesse (z. B. reduktive Dehalogenierung) verändern können. Der Anteil von niedrig chlorierten PCDD/PCDF kann daher über längere Zeiträume zunehmen. Trotzdem kann aufgrund der vor dem Jahr 1900 dominierenden niedrig chlorierten PCDD geschlossen werden, dass in dieser Zeit der Eintrag durch die Dimerisierung von 2,4-Dichlorphenol groß war. Seit etwa den 1960er-Jahren sind die Einträge von PCDD und PCDF in das Esthwaite Water in Nordengland rückläufig (siehe Grafiken rechts).[30] Dies ist vor allem auf technische Maßnahmen in der Industrie und bei der Müllverbrennung zurückzuführen.
Die Belastung des Bodens geht überwiegend auf atmosphärische Deposition zurück, auf Wiesen und Feldern können daneben das Ausbringen von Klärschlamm oder Pflanzenschutzmitteln beigetragen haben. Dioxine und Furane adsorbieren an die organische Bodensubstanz und werden dort weitgehend zurückgehalten. Sie sind vor allem in den obersten fünf Zentimetern anzutreffen, eine Verlagerung in die Tiefe findet wegen der geringen Wasserlöslichkeit kaum statt. Böden sind neben den Sedimenten die wichtigste Senke für PCDD/PCDF. Die Halbwertszeiten im Boden liegen im Bereich von Jahren bis Jahrzehnten. Austrags- oder Abbauprozesse, wie etwa Verflüchtigung, Photolyse an der Bodenoberfläche, Abbau durch Mikroorganismen und Pilze oder die Aufnahme in Pflanzen verlaufen sehr langsam. Der Dehalococcoides-Stamm CBDB1 baute in Laborversuchen beispielsweise in 56 Tagen 60 % von 1,2,3-Trichlordibenzodioxin zu 2-Monochlordibenzodioxin ab, was in der Umwelt jedoch nicht erreicht wird.[31] Durch Bodenerosion können adsorbierte Dioxine in nennenswertem Umfang ausgetragen werden.
In oder auf Pflanzen gelangen Dioxine und Furane hauptsächlich über die Luft, durch Diffusion aus der Gasphase oder die bereits erwähnten Mechanismen der trockenen und nassen Deposition. Sie befinden sich hauptsächlich in den Blättern und Nadeln. Pflanzenfressende Tiere nehmen Dioxine über das Futter auf. Da sie dabei oft geringe Mengen der meist stärker als die Pflanzen belasteten Bodenpartikel mitfressen, kann das merklich zur Gesamtaufnahme beitragen. Dioxine und Furane werden überwiegend in Leber und Fettgewebe eingelagert und reichern sich im Verlauf der Nahrungskette immer stärker an. Im Wasser sind gelöste oder an Schwebstoffe gebundene Dioxine besonders gut für Kleinlebewesen verfügbar, daher reichern sie sich dort über die Nahrungsketten stark an.[1]
Hühner in Freilandhaltung nehmen Dioxine und Furane hauptsächlich durch das Aufpicken von Bodenpartikeln auf. In den Eiern kommen diese Substanzen aufgrund ihrer Fettlöslichkeit überwiegend im Eidotter vor, das zu einem Drittel aus Fett besteht. Seit Januar 2005 gilt für Eier EU-weit ein Dioxin-Grenzwert von 3 pg TEQ Dioxinen/g Fett oder 6 pg TEQ/g Fett für Dioxine und dioxinähnliche PCB. Bei Stichproben waren Eier von Hühnern in Freilandhaltung meist stärker mit Dioxinen belastet als Eier aus Boden- oder Käfighaltung. Die Grenzwerte werden bei Freilandhaltung gelegentlich überschritten.[32][33]
Daneben können Nutztiere Dioxine durch verunreinigte Futtermittel aufnehmen. So mussten im Mai 2010 in Deutschland mehrere Legehennenbetriebe geschlossen werden, nachdem kontaminierter Mais zu Biofutter verarbeitet wurde.[34] Im Dezember 2010 wurden erneut belastete Proben von Eiern und Geflügelfleisch gefunden.[35] Als Quelle der Dioxinkontamination erwies sich der Futtermittelproduzent Harles und Jentzsch, der für die Herstellung von Tierfutterfetten technische Fette aus der Biodieselproduktion verwendet hatte. Nach Schätzungen der Bundesregierung wurden bis zu 3000 Tonnen belastetes Tierfutterfett hergestellt und an Legehennen, Mastschweine und Mastgeflügel verfüttert.[36]
In der EU werden die Höchstmengen an Dioxinen – alleine und in Kombination mit Polychlorierte Biphenylen (PCB) – in Lebensmitteln durch die Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 geregelt. Die jeweiligen Höchstgrenzen hängen dabei vom Erzeugnis ab und orientieren sich auch daran, was durch gute Herstellungspraxis oder gute landwirtschaftliche Praxis erreichbar ist. Die niedrigsten Grenzwerte für Dioxine und dioxinähnliche PCBs (ausgedrückt als WHO-Toxitizitätsäquivalentsfaktoren, WHO-TEF) gibt es mit 0,1 pg/kg (Dioxine), bzw. 0,2 pg/kg (Dioxine und dioxinähnliche PCB) in Lebensmitteln für Säuglinge und Kleinkinder. Die höchsten zulässigen Grenzwerte gibt es mit 5,0 pg/kg Fett (Dioxine), bzw. 10,0 pg/kg Fett (Dioxine und dioxinähnliche PCB) für Pferde- und Wildschweinfleisch.[37]
Fische sind oft stark mit Dioxinen belastet, das gilt insbesondere für Fische mit einem hohen Fettgehalt. Besonders häufig werden die EU-Grenzwerte (4 pg TEQ Dioxine/g Frischgewicht oder 8 pg TEQ der Summe aus Dioxinen und dioxinähnlichen PCB) bei Fischen aus dem Ostseegebiet überschritten. In Schweden und Finnland gilt eine Ausnahmeregelung, nach der Lachs, Hering, Flussneunauge, Bachforelle, Saiblinge sowie Rogen der Kleinen Maräne in den Verkehr gebracht werden dürfen, selbst wenn sie die Dioxingrenzwerte der EU überschreiten. Die Verbraucher müssen über das damit verbundene Gesundheitsrisiko informiert werden. Außerdem muss sichergestellt werden, dass die Ware nicht in andere Länder gelangt.[37]
Da Dioxine sehr lipophil (fettlöslich) sind, reichern sie sich bei Menschen und Tieren insbesondere im Fettgewebe an. Als Indikator für die Dioxin-Belastung von Menschen wird häufig Muttermilch untersucht,[38] da sich aufgrund des hohen Fettgehaltes Dioxine darin anreichern und Proben leicht zu bekommen sind. Der Nachweis von Dioxinen in Muttermilch gelang schwedischen Wissenschaftlern erstmals 1984, die Kieler Bundesanstalt für Milchforschung stellte 1985 fest, dass in Muttermilch die Dioxin-Richtwerte für Kuhmilch häufig überschritten wurden. Es wurde empfohlen, Säuglinge nicht länger als ein halbes Jahr zu stillen.[39] Bedingt durch gesetzliche Regelungen und daraus resultierende technische Maßnahmen ist in Mitteleuropa die Gesamtbelastung durch Dioxine deutlich zurückgegangen.
1988 betrug in urbanen Gegenden der EU die durchschnittliche Belastung von Muttermilch mit PCDD/PCDF 29,5 pg I-TEQ pro Gramm Milchfett. Bis 1993 sank die Belastung um ein Drittel auf 19,2 pg I-TEQ pro Gramm Milchfett.[40] Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat für Deutschland noch neuere Daten veröffentlicht: Danach lag in Deutschland 1986 der durchschnittliche Dioxingehalt noch bei 35,7 pg und sank bis zum Jahr 2009 auf 6,3 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g Milchfett. Obwohl auch dieser Wert für Säuglinge den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) berechneten täglichen Aufnahmewert (TDI) überschreitet, raten WHO, BfR und die Nationale Stillkommission ohne Einschränkungen zum Stillen. Gleichzeitig empfiehlt die Stillkommission, den Schadstoffgehalt der Muttermilch weiter zu verringern.[41]
Da Dioxine allgegenwärtig sind, lässt sich ihre Aufnahme nicht vermeiden. Beim Menschen erfolgt die Aufnahme von Dioxinen zu 90–95 % über die Nahrung,[42] besonders über fetthaltige tierische Lebensmittel wie Milchprodukte, Fleisch und Fisch, aber auch Gemüse.[43] In der Schweiz werden nahezu zwei Drittel dieser Aufnahme (PCB inbegriffen) über den Verzehr von Milchprodukten und Fleisch aufgenommen.[44] In Schweden beträgt die Aufnahme durch die Nahrung rund 100 pg I-TEQ/Tag, wovon die Hälfte auf den Verzehr von Fisch und Meeresfrüchten zurückzuführen ist.[45] Die durchschnittliche Dioxin-Aufnahme von US-Amerikanern liegt heute mit etwa 1 pg TEQ/kg Körpergewicht und Tag in derselben Größenordnung. Säuglinge nehmen im Schnitt täglich 35–53 pg TEQ/kg Körpergewicht auf. Dank einer höheren Ausscheidungsrate und durch ihr Wachstum sind die Dioxin-Gehalte im Gewebe von Säuglingen aber nur etwa dreimal höher als bei Erwachsenen.[46]
Dioxine können über die Lunge aufgenommen werden, insbesondere wenn sie an Feinstaub gebunden sind. Aus der Luft nehmen Menschen täglich normalerweise 2–6 pg I-TEQ auf, etwa 5 % der Gesamtaufnahme. Beim Rauchen einer Zigarette entstehen etwa 0,1 pg I-TEQ PCDD/PCDF, weshalb starke Raucher über die Lunge etwas mehr resorbieren. Eine Aufnahme über die Haut ist zwar möglich, sie spielt aber nur bei außergewöhnlich hoher Dioxinbelastung eine Rolle.[1]
Im Körper werden aufgenommene Dioxine und Furane an die Lipide und Lipoproteine des Blutes angelagert und weiterverteilt. Sie reichern sich vor allem im Fettgewebe und in der Leber an. Beim Menschen enthält das Fettgewebe etwa 30 ng I-TEQ/kg. Im Fett eingelagerte Dioxine sind biologisch inaktiv, sie werden erst beim Abbau des Fetts wieder freigesetzt. Das ist insbesondere für die Belastung von Säuglingen über die Muttermilch von Bedeutung.
Die Metabolisierung von Dioxinen in der Leber geschieht durch reduktive Dehalogenierung oder als Hydroxylierung durch den Cytochrom-P450-Enzymkomplex. Über epoxidische Zwischenstufen werden Halogenatome abgespalten und Hydroxygruppen in das Dioxinmolekül eingebracht. An einen Hydroxyrest kann in einem weiteren Schritt beispielsweise Glucuronsäure angehängt werden. Die Abbaurate ist bei den 2,3,7,8-substituierten Kongeneren am geringsten, wodurch ihr relativer Anteil im Körper steigt. Kongenere mit drei und mehr Halogenatomen je Phenylring werden ebenfalls kaum abgebaut. Metabolisierte und unmetabolisierte Dioxine werden mit dem Kot ausgeschieden. Die biologischen Halbwertszeiten können von Art zu Art stark unterschiedlich sein, so betragen sie für 2,3,7,8-Cl4DD bei der Ratte 17–31 Tage, beim Menschen 6–10 Jahre.[1]
Die Festlegung von Höchstgehalten orientiert sich nicht direkt an der Toxizität, sondern „im Wesentlichen an der nicht vermeidbaren Belastung der Lebensmittel durch Dioxine aus der Umwelt, der so genannten Hintergrundbelastung“.[47]
Aufgrund von Tierversuchen wurden NOAEL-Werte ermittelt, aus denen verschiedene Staaten und Organisationen unter Berücksichtigung eines Sicherheitsfaktors Empfehlungen für die tolerierbare tägliche Aufnahme (TDI) von Dioxinen hergeleitet haben. Die Weltgesundheitsorganisation empfahl 1991 eine TDI von 1 bis 10 pg I-TEQ/kg Körpergewicht und Tag,[1] 1998 wurde die empfohlene TDI auf 1–4 pg I-TEQ/kg gesenkt. Ein im Auftrag der EU-Kommission tätiger Ausschuss veröffentlichte 2001 eine tolerierbare wöchentliche Aufnahme (TWI) von 14 pg TEQ/kg, was der gesenkten WHO-TDI entspricht.[48] In Deutschland entspricht die Aufnahme von Dioxinen der zulässigen Aufnahme: Das Bundesinstitut für Risikobewertung geht von „einer täglichen Aufnahme von 1–2 Picogramm WHO-PCDD/F-PCB-TEQ pro kg Körpergewicht über die Nahrung aus“.[49]
Seit 2006 sind in der EU die Grenzwerte in einzelnen Lebensmitteln sowohl als Toxizitätsäquivalente Dioxine wie auch für die Summe der TEQ aus Dioxinen und dioxinähnlichen PCB festgelegt. Die Grenzwerte gelten pro Gramm Fettanteil (bei Fisch pro Gramm Muskelfleisch) und betragen demnach seit 2012:[50]
Bei einem Fettanteil im Eigelb von 32 % und einem angenommenen Dottergewicht von 30 g dürfte man also mit fünf Eiern bis zu 125 pg Dioxin aufnehmen – ebenso wie mit knapp 40 g Fisch.
Polychlorierte Dibenzodioxine und -furane sind sehr giftig, das 2,3,7,8-TCDD wird teilweise als „die giftigste vom Menschen hergestellte Verbindung“ bezeichnet.[46] Bei Mäusen beträgt die Dosis, bei der 50 % der Tiere sterben (sogenannte LD50) etwa 100 µg 2,3,7,8-TCDD/kg Körpergewicht. Allerdings kann die Giftwirkung von TCDD selbst für nahe verwandte Tiere stark unterschiedlich sein, beim Hamster wirken erst etwa 1.000 µg/kg tödlich, während es für Meerschweinchen mit etwa 1 µg/kg extrem giftig ist. Für den Menschen ist die tödliche Grenzdosis nicht bekannt, sie liegt aber deutlich höher als beim Meerschweinchen.[46] Bei dem Chemieunfall im italienischen Seveso 1976 starben durch das ausgetretene 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin (seitdem „Sevesodioxin“ genannt) nur Vögel und Kleintiere. Bei etwa 190 Menschen wurde Chlorakne, eine schwere Form von chronischer Akne, festgestellt, die bei akuter Dioxinvergiftung auftreten kann. Die Konzentrationen von Sevesodioxin im Blutserum betrugen bis zu 56 ppb.[51] Der bisher höchste Wert von 144 ppb wurde im Blutfett einer Frau in Österreich gemessen.[52] Bei Wiktor Juschtschenko wurde eine Konzentration von 100 ppb festgestellt.[53]
Die toxische Wirkung von Dioxinen beruht auf ihrer Bindung an ein in Tieren und Menschen weit verbreitetes Zellprotein, den Arylhydrocarbonrezeptor (AhR). Das Dioxin bindet in der Zelle an diesen Rezeptor, der Enzym-Substrat-Komplex lagert sich an die DNA an und löst damit die verstärkte Bildung von fremdstoffabbauenden Enzymen, insbesondere von Cytochrom-P450-Monooxygenasen aus. Die Stärke der Bindung und damit die Toxizität hängt von dem jeweiligen Dioxin- oder Furan-Kongener (Anzahl und Stellung der Halogenatome) ab. Die Neigung zur Bindung an den Ah-Rezeptor ist bei den 2,3,7,8-substituierten Dioxinen und Furanen am höchsten.
Als weitere Wirkmechanismen der Dioxine und Furane wurden ihre Bindung an den Rezeptor für den epidermalen Wachstumsfaktor (EGF), ihre agonistische Wirkung für Schilddrüsenhormone und Auswirkungen auf den Vitamin-A-Stoffwechsel diskutiert.
Beim Menschen ist die Chlorakne das Leitsymptom schwerer akuter Dioxinvergiftungen. Sie wird durch Hautkontakt mit Dioxinen oder durch Dioxin-Konzentrationen im Blutserum von mehr als 800 ng/kg ausgelöst. Durch Schädigung der Leber wird der Stoffwechsel gestört, wodurch die Gehalte an Lipiden, Cholesterin und Transaminasen im Blut ansteigen. Im Tierversuch führen Dioxine und Furane zu anhaltender Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit. Es kommt zu starkem Gewichtsverlust, dem „Wasting-Syndrom“. An neurologischen Störungen können sie unter anderem Übelkeit, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Reizbarkeit, Depressionen und eine allgemeine Veränderung der Psyche verursachen. Bei höheren Dosen können über Veränderungen der Schilddrüse immuntoxische Effekte ausgelöst werden, wofür Menschen weniger anfällig zu sein scheinen als einige Säugetiere.[1]
Zur chronischen Toxizität geringerer PCDD/PCDF-Konzentrationen gehört ihre fetotoxische und fruchtschädigende (teratogene) Wirkung. Bei der Maus führen bereits sehr niedrige Dosierungen von 1 ng/kg Körpergewicht/Tag zur Bildung von Gaumenspalten oder Schäden an Niere und Schilddrüse. Bei Affen traten bei dieser Dosierung keine fruchtschädigenden Wirkungen auf, allerdings war die Zahl der Fehlgeburten erhöht. Ein Anstieg der Konzentrationen bestimmter Enzyme (Enzyminduktion) durch Binden an den Ah-Rezeptor ist bei Nagetieren schon bei geringer Dosis möglich. Dioxine und Furane haben keine direkte gentoxische Wirkung. Sie können die Entstehung von Krebs aus einer vorgeschädigten Zelle beschleunigen (tumorpromovierende Wirkung). Das 2,3,7,8-TCDD gilt als eine der am stärksten tumorpromovierenden Substanzen überhaupt. Bei Ratten können Dioxine Leberkrebs, aber auch Karzinome in Lunge, Schilddrüse und Nebenniere auslösen. Ob Dioxine beim Menschen Krebs auslösen können, ist nicht abschließend gesichert. Verschiedene Studien fanden bei stark exponierten Personen ein erhöhtes Auftreten von Leukämie, Tumoren der Atmungsorgane und der Gallenblase sowie des Weichteilsarkoms. Für eine statistisch abgesicherte Aussage waren die Fallzahlen der einzelnen Studien zu klein, außerdem wurden die Einwirkung anderer Chemikalien und des Rauchens nicht berücksichtigt.[1] Fachgremien der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der amerikanischen Gesundheitsbehörden und der US-Umweltbehörde EPA stufen 2,3,7,8-TCDD als für Menschen krebserregend ein.[46] Jüngste Untersuchungen an Eiern von Wachteln (Coturnix japonica), Fasanen und Weißen Leghorn-Hühnern belegen die sehr unterschiedliche speziesabhängige Toxizität von TCDD, 2,3,4,7,8-Pentachlordibenzofuran (PeCDF) und TCDF.[54]
Da die Giftigkeit der einzelnen Dioxin- und Furan-Kongenere unterschiedlich ist, wurde zur besseren Abschätzung der Gefährlichkeit von „Dioxingemischen“ das System der Toxizitätsäquivalente (TEQ) eingeführt. Das Konzept wurde in den 1980er-Jahren entwickelt, um die Belastung eines nach einem Transformatorenbrand mit PCDD, PCDF und PCB verseuchten New Yorker Bürogebäudes einschätzen zu können.[46] Die Toxizität des 2,3,7,8-TCDD, der giftigsten Verbindung unter den polychlorierten Dibenzodioxinen, wird dabei willkürlich als 1 gesetzt. Die übrigen Kongenere erhalten, abhängig von ihrer Toxizität und dem angewandten Berechnungsmodell Toxizitätsäquivalenzfaktoren (TEF) zwischen 0,0001 und 1. Ein Dioxin/Furan mit einem Toxizitätsäquivalent von 0,5 wird als halb so giftig angesehen wie das 2,3,7,8-TCDD.
Kongener | BGA 1985[55] | NATO (I-TEF) 1988[56] | WHO 1998[37] | WHO 2005[57] | WHO 2022[58] |
---|---|---|---|---|---|
2,3,7,8-Cl4DD | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 |
1,2,3,7,8-Cl5DD | 0,1 | 0,5 | 1 | 1 | 0,4 |
1,2,3,4,7,8-Cl6DD | 0,1 | 0,1 | 0,1 | 0,1 | 0,09 |
1,2,3,6,7,8-Cl6DD | 0,1 | 0,1 | 0,1 | 0,1 | 0,07 |
1,2,3,7,8,9-Cl6DD | 0,1 | 0,1 | 0,1 | 0,1 | 0,05 |
1,2,3,4,6,7,8-Cl7DD | 0,01 | 0,01 | 0,01 | 0,01 | 0,05 |
Cl8DD | 0,001 | 0,001 | 0,0001 | 0,0003 | 0,001 |
2,3,7,8-Cl4DF | 0,1 | 0,1 | 0,1 | 0,1 | 0,07 |
1,2,3,7,8-Cl5DF | k. A. | 0,05 | 0,05 | 0,03 | 0,01 |
2,3,4,7,8-Cl5DF | 0,01 | 0,5 | 0,5 | 0,3 | 0,1 |
1,2,3,4,7,8-Cl6DF | 0,01 | 0,1 | 0,1 | 0,1 | 0,3 |
1,2,3,6,7,8-Cl6DF | 0,01 | 0,1 | 0,1 | 0,1 | 0,09 |
1,2,3,7,8,9-Cl6DF | 0,01 | 0,1 | 0,1 | 0,1 | 0,2 |
2,3,4,6,7,8-Cl6DF | 0,01 | 0,1 | 0,1 | 0,1 | 0,1 |
1,2,3,4,6,7,8-Cl7DF | 0,01 | 0,01 | 0,01 | 0,01 | 0,02 |
1,2,3,4,7,8,9-Cl7DF | 0,01 | 0,01 | 0,01 | 0,01 | 0,1 |
andere Cl7DF | 0,001 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Cl8DF | 0,001 | 0,001 | 0,0001 | 0,0003 | 0,002 |
andere PCDD und PCDF | 0,01 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Der Gesamt-TEQ-Wert eines Dioxine-Furane-Gemisches errechnet sich durch Multiplizieren der Konzentrationen der einzelnen PCDD- oder PCDF-Kongenere mit ihrem Toxizitätsäquivalenzfaktor (TEF). Die so erhaltenen Werte werden zum TEQ-Wert aufsummiert.
Historisch existieren unterschiedliche Toxizitätsäquivalenzfaktoren. Die Werte der NATO-Forschungsgruppe Committee on the Challenges of Modern Society (I-TEF) sind am Weitesten verbreitet und zum Beispiel in der Europäischen Union zur Berechnung von Dioxinen und Furanen aus Müllverbrennungsanlagen und Müll mitverbrennenden Anlagen vorgeschrieben.[59] In Deutschland sind Dioxine und Furane auch bei Kraftwerken mit I-TEF-Werten zu bestimmen, wenn die Kraftwerke feste oder flüssige Brennstoffe einsetzen.[60]
Das Bundesinstitut für Risikobewertung warnte vor eine Übernahme der WHO-TEF von 2005, da diesen keine neuen toxikologischen Erkenntnisse zugrunde liegen und die Absenkung mehrerer Faktoren zur Folge hätte, dass bei unverändertem Grenzwert eine höhere Dioxine- und Furane-Menge in Lebensmitteln zulässig wäre. Außerdem wäre eine Vergleichbarkeit von Messwerten mit historischen Messreihen nicht mehr gegeben.[61] Seit 2012 beziehen sich die Höchstgehalte in Lebensmitteln auf die WHO-TEF von 2005, wobei die TEQ angepasst wurden.[50]
Das System der Toxizitätsäquivalente wird nur für PCDD/PCDF sowie für einige PCB angewendet, die dem 2,3,7,8-TCDD stereochemisch ähneln (“dioxin-like”, dl-PCBs). Bei bromhaltigen oder gemischthalogenierten Kongeneren gibt es noch zu wenig Daten für ihre Einstufung. Von ihrer Giftigkeit her sind sie mit den chlorierten Dioxinen und Furanen vergleichbar. Sie zählen zu den dioxin-like compounds (DLC), also den dioxin-ähnlichen Verbindungen, für die vorläufig eine Relative Potenz (REP) die Gefährlichkeit im Verhältnis zu 2,3,7,8-TCDD angibt. Zu den DLC werden unter anderem auch Vertreter der Polychlorierten Naphthalene (PCN), methylsubstituierten PCDD/PCDF oder polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) gezählt.[62]
Bei biologischen Proben werden für die Berechnung des TEQ meist nur die 2,3,7,8-substituierten PCDD/PCDF (17 Kongenere) berücksichtigt.[63] Bei den internationalen Berechnungsverfahren werden teilweise zusätzlich die nicht nachweisbaren Kongenere mit dem Wert ihrer halben Nachweisgrenze berücksichtigt und der Gesamtwert als ITEQ(½ NWG) angegeben. Neben der Angabe der Konzentration in TEQ wird auch eine andere Bestimmungsmethode verwendet, bei der die Gesamtsumme aller nachgewiesenen vier- bis achtfach chlorierten Dioxine und Furane berechnet wird. Bei beiden Berechnungen (TEQ und Gesamtsummen) werden die ein- bis dreifach chlorierten Dioxine und Furane nicht berücksichtigt, da ihr toxikologischer Wirkungsmechanismus nicht mit dem der höher chlorierten Dioxine vergleichbar ist. In der Regel werden diese Verbindungen deshalb nicht bestimmt.[1]
Eine Studie der Europäischen Kommission über Verbesserungen der Richtlinie zur Verbrennung und Mitverbrennung von Abfall (2000/76/EG) hat im Jahr 2007 empfohlen:[64]
Die Europäische Kommission hat im Jahr 2010 bei Überführung der Abfallverbrennungs- und Abfallmitverbrennungsrichtlinie in die Industrieemissionsrichtlinie (2010/75/EU) keine Änderungen der bisherigen Vorschrift zur Anwendung der NATO (I-TEF)-Werte vorgenommen. Der deutsche Bundesrat hat an Stelle der bisher gültigen NATO (I-TEF)-Werte am 14. Dezember 2012 vorgeschlagen, künftig in Kraftwerken, Müllverbrennungsanlagen und Müll mitverbrennenden Zement- und Kalkwerken die WHO-TEF 2005 sowie die Faktoren für zwölf dioxinähnliche PCB einzuführen.[65][66]
Bei einer akuten Vergiftung ist keine Möglichkeit zur raschen Entgiftung bekannt.[67] Wegen der Einlagerung im Fettgewebe des Körpers können sie selbst durch Blutwäsche nicht oder nur langsam ausgeschieden werden. Auch für die in der medizinischen Literatur vorgeschlagene Gabe von Paraffin-Öl und medizinischem Alkohol gibt es bislang keinen Erfolgsbeweis, jedoch lassen neuere Erkenntnisse sowie Vergleiche mit anderen Schadstoffen und Giften diesen Ansatz erfolgversprechend erscheinen. Eine erfolgreiche Therapie wäre demnach durch das Verabreichen bestimmter Fettersatzstoffe möglich, wie z. B. Olestra. Diese Fettersatzstoffe werden vom Darm nicht aufgenommen, lösen aber bei der Darmpassage einen Teil der im Körper vorhandenen Dioxine, die mit ausgeschieden werden.[68]
Das Umweltbundesamt (UBA) betreibt in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die Dioxin-Datenbank des Bundes und der Länder.[69] Die Messprogramme werden in Kompartimente unterteilt, die sich in die folgenden Kategorien gliedern lassen: Boden, Luft, Biota, Wasser, Abfall, Lebensmittel und Humanproben. Es sind – soweit möglich – kompartiment- und standortbezogen Aussagen über den aktuellen Belastungszustand von „Material“ mit Dioxinen und PCB zu treffen. Auch in Österreich (Kuhmilch[42]) und der Schweiz (Boden[70][71]) wurden in den letzten Jahren Messprogramme durchgeführt. Zwischen 2004 und 2007 wurde von den Alpenländern Deutschland, Italien, Österreich und Slowenien und der Schweiz das EU-Projekt MONARPOP (MOnitoring Network in the Alpine Region for Persistent and other Organic Pollutants) durchgeführt. Dabei wurden für PCDD/PCDF sowie weitere Substanzen aus dem Dreckigen Dutzend die Langstreckenverfrachtung in entlegene alpine Regionen, die vorrangigen Quellgebiete, das Ausmaß der Belastung im Alpenraum und die in Bergwäldern akkumulierten Lager sowie die biologischen Wirkungen der gemessenen Belastungen untersucht.[72][73]
Polychlorierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane sind als „prioritärer gefährlicher Stoff“ in Anhang X der europäischen Richtlinie 2000/60/EG (Wasserrahmenrichtlinie) aufgeführt.[74]
Die spurenanalytische Bestimmung der Dioxine ist aufwändig und wird von spezialisierten Analyselaboren durchgeführt.[75] Probenahme und Aufarbeitung hängen von der Art der untersuchten Probe ab. Der Dioxingehalt kann in Lebensmitteln und Futtermitteln aber auch in Luft, Abgas, Asche, Wasser, Klärschlamm, Boden, Pflanzen, Blut, Fettgewebe, und Textilien bestimmt werden. Die EU-Verordnungen 278/2012 (Tierfutter)[76] und 252/2012 (Lebensmittel)[77] beschreiben die aufwendige spurenanalytische Bestimmung der Dioxine. Hier wird zwischen zwei Analysenverfahren unterschieden. Zum einen kann die klassisch angewendete Kapillar-Gaschromatographie durchgeführt werden. Die Untersuchung mit dieser Methode dauerte früher in der Regel zwischen 2 und 3 Wochen und war dementsprechend hochpreisig. Heute beträgt die Bearbeitungszeit in Routinelabors ca. 2–3 Arbeitage. Der Preis der Analytik ist aufgrund der Methodenoptimierung deutlich gesunken und liegt in der Größenordnung zwischen 250 und 450 €/Probe. Etwas günstiger ist das Screening-Verfahren mittels Bioassays, das allerdings nicht zwischen den einzelnen Kongeneren unterscheiden kann. Positive Proben aus dem Bioassay-Screening müssen daher stets nochmals mit einem Referenzverfahren bestätigt werden.
Bei der Probenvorbereitung und Extraktion für die Gaschromatographie wird zwischen den Verfahren der Flüssig/Flüssig-Verteilung und der Fest/Flüssig-Extraktion unterschieden. Für die Letztere wurde lange Zeit die Soxhlet-Extraktion verwendet. In den vergangenen Jahren gewann die Extraktion mit überkritischen Fluiden (SFE) an Bedeutung. Für die Dioxin-Extraktion wird vor allem Kohlendioxid oder Lachgas bei Drücken von mehreren hundert Bar verwendet.
Um mitextrahierte Substanzen abzutrennen, die bei der weiteren Analyse stören würden, ist vor der eigentlichen Bestimmung oft eine Matrixabtrennung (Clean-Up) notwendig. Dazu kann der Extrakt mit Hilfe einer Flüssigchromatographie-Säule gereinigt werden, auch die Gel-Permeations-Chromatographie wird hierzu angewandt. Mit Hilfe der Kapillar-Gaschromatographie können die einzelnen Kongenere der PCDD und PCDF voneinander getrennt werden. Diese müssen anschließend mit den jeweiligen Toxizitätsäquivalenzfaktoren (TEF) multipliziert werden, um die Gesamtbelastung der Probe bewerten zu können. Zur Detektion wird standardmäßig ein Massenspektrometer eingesetzt. Vorzugsweise sollten zur zuverlässigen Identifizierung hochauflösende Massenspektrometer verwendet werden.[78] Auch Ionenfallensysteme, die im MS/MS-Modus arbeiten, können verlässliche Informationen liefern.[79] In jedem Fall ist eine Zertifizierung der Laboranalytik durch regelmäßige Teilnahme an Ringversuchen zur Qualitätssicherung erforderlich. Lediglich bei ersten orientierenden Übersichtsanalysen können auch Elektroneneinfangdetektoren (ECD) oder Flammenionisationsdetektoren (FID) zum Einsatz kommen. Zur sicheren Quantifizierung werden häufig isotopenmarkierte 13C-Dioxin-Kongenere als interne Standards verwendet. Sie werden den Proben möglichst frühzeitig im Aufarbeitungsgang in einer bekannten Menge beigemischt, durchlaufen die weitere Aufarbeitung und erscheinen gleichzeitig mit den zu analysierenden Dioxinen im Chromatogramm.[1]
Dabei handelt es sich um einen zellbasierten in-vitro-Test, wie z. B. der sogenannte CALUX®-Assay. CALUX steht für chemically activated luciferase gene expression.[80] Dieser Assay beruht auf eine Ah-Rezeptor (aromatic hydrocarbon) vermittelte Expression eines Luciferase-Genes in gentechnisch veränderten Ratten-Hepatomzellen.[81] Gelangen Dioxine oder dioxinähnliche Substanzen in die Zelle, so binden diese an den Ah-Rezeptor. Dieser Komplex wandert in den Zellkern und bindet dort an die DNA. Dies ermöglicht das Ablesen des Luciferase-Genes und somit die Bildung der Luciferase. Nach Zugabe des Substrates Luciferin beginnen die Zellen zu leuchten. Stark toxische Verbindungen, wie das 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin (TCDD) binden stärker an den Rezeptor und lösen damit auch eine stärkere Zellantwort aus. Die mit einem Luminometer gemessene Lichtintensität ist demnach direkt der Toxizität der in der Probe enthaltenen Dioxinen parallel. Da der Bioassay spezifisch auf Dioxine/Furane und dioxinähnliche PCB reagiert, ist eine aufwändige Probenvorbereitung nicht notwendig. Zumeist wird eine einfache Flüssig/Flüssig-Extraktion mit hydrophoben Lösungsmitteln und eine anschließende Festphasenextraktion durchgeführt. Positive Tests bedürfen stets der Bestätigung über ein anerkanntes Referenzverfahren (z. B. HR-GC-MS, GC-MS/MS).
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