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französischer marxistischer Philosoph, Soziologe und Intellektueller Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Henri Lefebvre (* 16. Juni 1901 in Hagetmau, Département Landes; † 29. Juni 1991 in Navarrenx, Département Pyrénées-Atlantiques) war ein französischer marxistischer Soziologe, Intellektueller und Philosoph. Er galt als einer der „Väter“ der Pariser Studentenunruhen im Mai 1968.
Lefebvre besuchte das renommierte Lycée Louis-le-Grand in Paris. Er wollte ursprünglich Mathematiker werden, studierte dann aber nach einem abgebrochenen Jurastudium Philosophie an der Universität in Aix-en-Provence bei dem katholischen Philosophen Maurice Blondel und an der Sorbonne in Paris bei Léon Brunschvicg und schloss 1920 sein Studium mit der Promotion ab.
Er erwarb das Diplom für den höheren Schuldienst und war von 1929 bis 1940 Philosophielehrer.[1] 1928 schloss er sich der Kommunistischen Partei Frankreichs (KPF) an. Er gehörte damals der Gruppe „Philosophes“ (Paul Nizan u. a.) an, die in ihrer Zeitschrift Revue marxiste Ansätze zu einer philosophischen Kritik der bürgerlichen Ideologie entwickelten. 1930 erhielt er eine Professur, wurde aber 1940 wegen seiner Parteizugehörigkeit wieder entlassen.
1940 besiegte Deutschland Frankreich und besetzte es. Im selben Jahr schloss Lefebvre sich der französischen Résistance an. Nach der Befreiung Frankreichs 1944 wurde er als künstlerischer Leiter des französischen Rundfunks in Toulouse rehabilitiert. Nach dem Krieg machte Lefebvre auch als Verfasser von Artikeln und Essays über den Marxismus und dessen Hauptvertreter auf sich aufmerksam. Erhebliches Aufsehen erregte sein Werk Critique de la vie quotidienne (1946), eine Kritik der bürgerlichen Gesellschaft, die Lefebvre in späteren Werken fortsetzte.
Von 1944 bis 1949 war er Direktor der Radiodiffusion Française, einer Rundfunkanstalt in Toulouse. 1949 bis 1961 Maitre de Recherches am Centre national de la recherche scientifique (CNRS).
1958 schloss ihn die KPF aufgrund seiner kritischen Äußerungen über Chruschtschow und den Aufstand in Ungarn in seinem Buch Probleme des Marxismus heute aus der Partei aus. Trotz des Ausschlusses blieb Lefebvre dem Marxismus zeitlebens verbunden.
1961 bis 1965 war Lefebvre Professor für Soziologie an der Faculté des Lettres der Universität Straßburg, danach an der Universität Paris-Nanterre. Seit 1967 leitete er den Fachbereich Soziologie in Nanterre. Seine letzte Stelle war am Institut d’Urbanisme von Paris.
Lefebvre starb 1991. Er hat ein außerordentlich umfangreiches Werk hinterlassen. In ihrem Nachruf schrieb die englische Zeitschrift Radical Philosophy: „der produktivste französische marxistische Intellektuelle starb in der Nacht vom 28. zum 29. Juni 1991, weniger als zwei Wochen nach seinem 90. Geburtstag. Während seiner langen Karriere kam sein Werk mehrmals in Mode und wieder außer Mode. Es hat die Entwicklung nicht nur der Philosophie, sondern auch der Soziologie, Geographie, Politikwissenschaft und Literaturwissenschaft beeinflusst.“[2]
In Deutschland wurde seine Kritik des Alltagslebens am bekanntesten.
Lefebvre wurde als Kritiker moderner Städte bekannt. Aus seiner Sicht waren Städte technokratische Gebilde, die das gesellschaftliche Leben fragmentieren und lähmen, was ursächlich in der funktionalistischen städtischen Ausrichtung auf kapitalistische Produktionsverhältnisse begründet sei.[3] Dies habe zu einem Bruch im „organischen Wachstum“ von Städten geführt. Anders als in der Vormoderne seien sie weniger durch eine über längere Zeit verlaufende Ko-Entwicklung von Gesellschaft und Raum entstanden, sondern durch radikalere Eingriffe in größerem Maßstab und kurzen Zeitfenstern, die laut Lefebvre von wirtschaftlichen, politischen und technischen Entwicklungen und Motiven angestoßen werden.[3] Die Funktionalisierung und Partikularisierung von Räumen führe auch zur Fragmentierung der Gesellschaft, was beispielhaft im anonymisierten Zusammenleben und der individualisierten Arbeit von Menschen in modernen Städten zu bemerken sei.[3]
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