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deutscher Theologe Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Helmut Thielicke (* 4. Dezember 1908 in Barmen (Wuppertal); † 5. März 1986 in Hamburg) war ein deutscher evangelischer Theologe. Unter Theologen ist vor allem seine Ethik bekannt, in der Öffentlichkeit wurde er vor allem als Prediger wahrgenommen.
Thielicke wuchs in Wuppertal auf, besuchte dort das altsprachliche Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium und legte 1928 sein Abitur ab. Daraufhin nahm er ein Studium der Evangelischen Theologie und Philosophie in Erlangen auf, musste sich aber kurz darauf einer Operation an der Schilddrüse unterziehen. Trotz der negativ verlaufenden Operation (Lungenembolie, Tetanie), die noch weitere vier Jahre für Komplikationen sorgte, gelang es Thielicke, sein Studium zu beenden und 1932 mit einer Arbeit über Das Verhältnis zwischen dem Ethischen und dem Ästhetischen in Philosophie promoviert zu werden. Nach weitgehender gesundheitlicher Wiederherstellung hörte Thielicke in Bonn dann Karl Barth, an dessen Lehre er besonders die Ausklammerung der natürlichen Anthropologie kritisierte, und wurde schließlich 1934 mit einer von Althaus in Erlangen betreuten Arbeit zu Geschichte und Existenz. Grundlegung einer evangelischen Geschichtstheologie auch in der Evangelischen Theologie promoviert.
Die Habilitation mit einer Schrift über Offenbarung, Vernunft und Existenz. Studien zur Religionsphilosophie Lessings erfolgte 1935 schon unter dem zunehmenden Druck des NS-Regimes, das dem in der Bekennenden Kirche tätigen Theologen dann eine Berufung nach Erlangen verwehrte. 1936 erhielt er eine Professur für Systematische Theologie in Heidelberg. Hier lernte Thielicke seine spätere Ehefrau Marie-Luise Herrmann kennen. Sie heirateten 1937. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor.
Nach wiederholten Verhören durch die Gestapo seit Mitte der dreißiger Jahre erfolgte 1940 Thielickes Absetzung. Thielicke wurde einberufen, konnte aber nach neun Monaten durch die Unterstützung des Landesbischofs Theophil Wurm 1940 ein Pfarramt in Ravensburg übernehmen und ab 1942 ein theologisches Amt in Stuttgart bekleiden, von wo aus er bis nach Kriegsende viele Verkündigungen und Vortragsreisen unternahm, die immer wieder von Reise-, Publikations- und Predigtverboten seitens der Regierung erschwert wurden.
In Stuttgart hielt er eine Serie vielbesuchter Donnerstag-Vorträge, die nach Kriegsende als Der Glaube der Christenheit, eine Art „Laien-Dogmatik“, erschienen. Im Zusammenhang mit den darin enthaltenen kritischen Bemerkungen über die Vorgänge zur NS-Zeit – etwa die Erwähnung des Tötens durch Vergasen oder durch Euthanasie-Spritzen – exponierte er sich deutlich.[1] Diese Bemerkungen wurden wohl erst nach Kriegsende in die Manuskripte eingefügt.[2] Zur NS-Zeit wären derart direkte Äußerungen sehr provokant gewesen. In anderen seiner Predigten jener Jahre finden sich keine politischen Bezüge.[3]
1943 veröffentlichte Thielicke ein kritisches theologisches Gutachten zu Rudolf Bultmanns Aufsatz über die Entmythologisierung des Neuen Testaments, nach dem es zu einem respektvollen, aber ergebnislosen Briefwechsel zwischen Thielicke und Bultmann kam. Auch zu der Widerstandsgruppe Freiburger Kreis trat Thielicke in Kontakt, jedoch ohne aktiv an den Umsturzplänen mitzuarbeiten.
Die Ausbombung Stuttgarts 1944 trieb Thielicke mit seiner Familie nach Korntal, von wo aus er in den folgenden Jahren seine Vortragsreisen und Predigtdienste fortsetzte, die anonym in der Schweiz in viele Sprachen übersetzt, an den verschiedenen Fronten des Krieges gelesen wurden.
Unmittelbar nach Kriegsende reiste Thielicke mit einer Gruppe Abgesandter der Kirche nach Frankfurt am Main und engagierte sich in Gesprächen mit der Militärregierung über die Neuerrichtung einer Fakultät und die Aufnahme des Studienbetriebs im politischen und akademischen Vakuum der Nachkriegszeit. An der neu entstandenen theologischen Fakultät der Universität Tübingen übernahm er 1945 einen Lehrstuhl für Systematische Theologie und wurde 1951 zum Rektor der Universität und Präsidenten der Westdeutschen Rektorenkonferenz gewählt. 1954 wurde er zur Gründung einer theologischen Fakultät nach Hamburg berufen, wo er als Dekan, Professor und Prediger an St. Michaelis, einer von Hamburgs Hauptkirchen, wirkte. Zu seinen Schülern gehörten unter anderem Hans Conzelmann und Jörg Zink.
Auf Vortragsreisen in die USA lernte er Billy Graham kennen und wurde 1977 von Jimmy Carter empfangen. Thielicke bereiste in den sechziger und siebziger Jahren Asien, Südafrika, Lateinamerika, Australien und Neuseeland. Nach seiner Emeritierung gründete er die Projektgruppe Glaubensinformation (heute Andere Zeiten), durch die er seine Erfahrungen von der Kanzel weitergeben und junge Prediger unterstützen wollte.
Helmut Thielicke starb am 5. März 1986 im Alter von 77 Jahren in Hamburg. Sein Grab befindet sich auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg im Planquadrat AF 36 nordwestlich Kapelle 9.[4]
Nach Thielicke benannt wurden der Thielickestieg hinter dem Hamburger Michel sowie der Dr.-Helmut-Thielicke-Park in Wellingsbüttel.
Thielicke war parteilos, stand aber der CDU nahe. Er befürwortete die Wiederbewaffnung und stand damit im Widerspruch zu Martin Niemöller und Gustav Heinemann. In den 1950er Jahren gehörte er zum westorientierten Kronberger Kreis um Eberhard Müller, Reinhold von Thadden-Trieglaff und Hanns Lilje. Den Ökumenischen Rat der Kirchen in Genf bezeichnete er als Politclub.[5]
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