Immanuel Heinrich Ritter (geboren am 13. März 1825 in Ratibor, Oberschlesien; gestorben am 9. Juli 1890 in Johannisbad, Riesengebirge) war ein deutscher Rabbiner, Historiker, Buchautor und Übersetzer.

Jugend und Ausbildung

Ritter war der Sohn des Kaufmanns Philipp Ritter. Seine Mutter stammte aus dem Krakauer Zweig der Mendelssohn-Familie.

Immanuel Heinrich Ritter besuchte das Gymnasium in Ratibor, wurde aber aus Gesundheitsgründen vom Gymnasium dispendiert und legte das Abitur mit 17 Jahren als Externer ab. Gleichzeitig lernte er ein Jahr lang beim örtlichen Rabbiner Simon Löwe Torah und Talmud. Von April 1844 bis März 1847 studierte er an der Universität Breslau klassische Philologie, Philosophie und Geschichte und am Jüdisch-Theologisches Seminar Fraenckel’sche Stiftung bei Abraham Geiger, jedoch ohne Semicha. Danach war er als Hauslehrer tätig. 1848 immatrikulierte er sich erneut in Breslau und arbeitete als Hilfslehrer an der jüdischen Schule. Im Mai 1849 promovierte er zum Dr. phil. mit der Dissertation De Stoicorum logica, als erster Jude an der dortigen Philosophischen Fakultät, und legte das Staatsexamen für das Lehramt ab.

Beruf und Wirken

Im Jahr 1851 wurde Ritter als Religionslehrer bei der jüdischen Reformgemeinde in Berlin tätig, wo er zeitweise den dortigen Rabbiner Samuel Holdheim vertrat, dessen Stellung er 1860, nach Holdheims Tod, übernahm. Seit 1876 war er auch Religionslehrer am Werderschen Gymnasium und an der dritten Berliner Töchterschule.

Ritter schrieb mehrere philosophische und theologische Werke und übersetzte die englischen Historiker Henry Thomas Buckle und William Edward Hartpole Lecky. Er begründete am 20. Dezember 1871 den Verein für die Freiheit der Schule und richtete 1872 mit Wilhelm Loewe-Calbe, Paul Langerhans und Guido Weiss eine Petition an das Preußische Abgeordnetenhaus.

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Grabstätte

Er ist begraben auf dem Jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee.

Salomon Samuel schreibt über Ritters Predigten:

„Den Anspruch auf eigentliche Talmudgelehrsamkeit hat er nie erhoben […] Seine Themen sind meist allgemein religiös, etwa wenn er über ‚Demut‘ oder ‚das Gewissen‘ spricht.“[1]

Weiterhin merkt er an, dass „es ihm erspart blieb, religiöse Kämpfe durchzumachen.“[2]

Werke

  • De Stoicorum doctrina, praesertim de eorum logica. Dissertation, Breslau 1849, 44 S.
  • Geschichte der jüdischen Reformation. Vier Bände:
  • Kanzelvorträge aus dem Gotteshause der jüdischen Reformgemeinde. Selbstverlag, Berlin 1856.
  • Beleuchtung der Wagener’schen Schrift „Das Judentum und der Staat“. Hasselberg, Berlin 1857.
  • Die letzten zwölf Jahre in ihrer Bedeutung zur Geschichte der Juden in Preußen. In: Jahrbuch für die Geschichte der Juden und des Judenthums. 1860.
  • Die jüdische Freischule in Berlin. Eine pädagogisch-geschichtliche Skizze. In: Programm zur öffentlichen Prüfung der Zöglinge der Religionsschule der Reformgemeinde. Berlin 1861.
  • Petition vom 20. Dezember 1871 an das Hohe Haus der Abgeordneten, 1872. Von Ritter beantragt im Namen des „Vereins für die Freiheit der Schule“ die Zulassung privater Volksschulen ohne jeden konfessionellen Religionsunterricht. Berlin 1871.
  • Rede bei der Beerdigung des Geheimen Sanitätsraths Dr. Heiman Bressler. 1873.
  • Weihereden und Predigten. Den Bekennern aller Religionen zur Kenntniß des Judenthums gewidmet. J. Peiser, Berlin 1875, Reproduktion: Nabu Press, 2012, ISBN 978-1-248-91532-5.
  • Wir Juden. Rede am Neujahrstage. Stuhr, Berlin 1881.
  • Ein Wort an Juden und Christen. Predigt, 1883.
  • Zum Verständnis des Judenthums. Zwei Vorträge über seinen Charakter und seine Priesterlehre. Spener & Peters, Berlin 1885.
  • Die Bedeutung des Judenthums. Rede, gehalten am Versöhnungstage. Stuhr, Berlin 1885 (Digitalisat PDF).

Übersetzungen

Literatur

  • Jeannette Strauss Almstad, Matthias Wolfes: Ritter, Immanuel Heinrich. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 31, Bautz, Nordhausen 2010, ISBN 978-3-88309-544-8, Sp. 1118–1123.
  • Adolf Brüll: Ritter, Immanuel Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 53, Duncker & Humblot, Leipzig 1907, S. 404 f.
  • Ritter, Immanuel Heinrich, jüdischer Theologe, Lehrer. In: Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Band 8: Poethen–Schlüter. De Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-094025-1, S. 445 (books.google.de eingeschränkte Ansicht).
  • Ritter, Immanuel Heinrich. In: Isidore Singer (Hrsg.): Jewish Encyclopedia. Funk and Wagnalls, New York 1901–1906.
  • Eintrag RITTER, Immanuel Heinrich, Dr. In: Michael Brocke und Julius Carlebach (Herausgeber), bearbeitet von Carsten Wilke: Biographisches Handbuch der Rabbiner. Teil 1: Die Rabbiner der Emanzipationszeit in den deutschen, böhmischen und großpolnischen Ländern 1781–1871. K·G·Saur, München 2004, ISBN 3-598-24871-7, S. 743 f.
  • Chaim David Lippe: Bibliographisches Lexicon der gesammten jüdischen Literatur der Gegenwart, und Adress-Anzeiger. Ein lexicalisch geordnetes Schema mit Adressen von Rabbinen, Predigern, Lehrern, Cantoren, Förderern der jüdischen Literatur in der alten und neuen Welt, nebst bibliographisch genauer Angabe sämmtlicher von jüdischen Autoren der Gegenwart publicirten, speciell die jüdische Literatur betreffenden Schriftwerke und Zeitschriften. Wien 1879–81, S. 394.
  • Andreas Brämer: Rabbiner und Vorstand. Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Deutschland und Österreich 1808-1871. Wien 1999, S. 61, 198.
  • Carsten Wilke: Den Talmud und den Kant. Rabbinerausbildung an der Schwelle zur Moderne. Hildesheim und New York 2003, S. 562 f., 587.
  • Rudolf M. Wlaschek: Biographia Judaica Bohemiae. Dortmund 1995, S. 177.
  • Salomon Wininger: Große jüdische National-Biographie. 7 Bände. Chernivtsi (Czernowitz) 1925–1931, S. 203 f.

Einzelnachweise

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