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württembergischer Architekt Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Heinrich Dolmetsch (* 24. Januar 1846 in Stuttgart; † 25. Juli 1908 ebenda) war ein deutscher Architekt, der insbesondere auf dem Gebiet des Kirchenbaus in Südwestdeutschland tätig war. Er sanierte oder restaurierte eine Vielzahl von Kirchen, errichtete 17 Kirchenneubauten und gab Gutachten über knapp 50 weitere Kirchenbauten ab.
Dolmetsch war Sohn des Weinwirts und Bäckers Zacharias Dolmetsch (1812–1870) und der Elisabeth Wagner (1813–1888). Er war ein Vetter des späteren Stuttgarter Stadthistorikers Eugen Dolmetsch (1859–1944) und studierte am Stuttgarter Polytechnikum bei Christian Friedrich von Leins. Er unternahm Studienreisen durch die deutschen Staaten sowie nach Österreich, Italien und Frankreich. Aus der 1874 geschlossenen Ehe mit Emma Lorenz ging der Sohn Theodor (* 1877) hervor, der ebenfalls die Architektenlaufbahn einschlug.
Dolmetschs Tätigkeit als Architekt begann mit dem Wiederaufbau der 1868 bei einem Brand zerstörten evangelischen Stadtkirche St. Veit in Gaildorf unter der Leitung von Leins. Angeregt durch diese Arbeit, spezialisierte er sich auf den Bau, Ausbau und Restaurierung von Kirchenbauten. Im Laufe seines Schaffens hat er an einer Vielzahl von Kirchenbauten in ganz Württemberg mitgewirkt; es sind nur wenige profane Bauten von ihm bekannt. Stilistisch wird er dem Historismus zugeordnet, gelegentlich wird er auch als Gotiker charakterisiert. Zur Wende zum 20. Jahrhundert wandte er sich dem Jugendstil zu, zunächst in Elementen der Ausstattung und der Innenarchitektur sowie der Verglasung, dann auch am Baukörper selbst.
Bautechnisch wird ihm mit der evangelischen Markuskirche in Stuttgart der weltweit erste Kirchturm in Stahlbetonbauweise zugeschrieben. Auch in den Bereichen Heizung und Belüftung von Großbauten versuchte er neue Wege zu beschreiten. Dolmetsch betätigte sich auch auf anderen Gebieten als der Architektur, so entwarf er einen Abendmahlkelch mit Hostienteller und zeichnete einen Bucheinband.
Durch seine große Erfahrung in Kirchenbauten galt er bald als Experte in Fragen der Akustik und wurde als solcher oft bei anderen Bauprojekten hinzugezogen. Er entwickelte einen Wand- und Deckenbelag unter Verwendung von geschrotetem Kork zur Reduzierung des Nachhalls, für den er ein Patent erhielt.
Als Oberbaurat starb Heinrich Dolmetsch im Alter von 62 Jahren und wurde am 27. Juli 1908 auf dem Stuttgarter Pragfriedhof beigesetzt. Bis zum Ersten Weltkrieg führte sein Sohn Theodor Dolmetsch gemeinsam mit Felix Schuster das Architekturbüro weiter.
Viele von Dolmetschs Kirchenbauten wurden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts „modernisiert“, Ornamente und Verzierungen wurden entfernt oder verkleidet, Bemalungen wurden abgelaugt oder überstrichen. Ursachen dafür waren nicht nur die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs und Geldmangel, sondern auch, dass der Historismus als Kitsch angesehen wurde. Erst Ende der 1980er Jahre setzte ein Umdenken ein, und man begann in den Werken dieser Stilepoche künstlerische Arbeiten zu sehen. Daher wurden einige Kirchen bei der fälligen Restaurierung so weit wie möglich in den von Dolmetsch entworfenen Zustand zurückversetzt, beispielsweise die Bonifatius-Kirche in Oberrot.
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