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triviale, minderwertige Kunst Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Kitsch steht zumeist abwertend als Synonym für etwas, das unnötigerweise Gefühle oder Sehnsüchte wachruft. „Kitsch“ steht heute überwiegend für alles, was als übertrieben rührselig, anbiedernd oder niedlich empfunden wird, oder auch für Dinge, die oberflächlich „schick“ und praktisch wirken, aber letztendlich völlig überflüssig sind (vergleiche Ramsch). Unter Kitsch fallen überwiegend Kunstobjekte (wie zum Beispiel Putten und Postkartenmotive), Dekorationsobjekte (zum Beispiel Nippes und Gartenzwerge), Gebäudegestaltungen (zum Beispiel bestimmte Fassadengestaltungen) oder Gebäude selbst (Schlösser und Burgen wie beispielsweise Neuschwanstein). Aber auch Musikrichtungen wie zum Beispiel Volksmusik, Heimatmusik und Country-Musik werden oft als „kitschig“ wahrgenommen. Eine einheitliche Definition von Kitsch bleibt jedoch schwierig, weil sie rein subjektiv ist. Der Begriff „Kitsch“ hat Eingang in verschiedene Fremdsprachen gefunden, so unter anderem ins Englische (wo es bereits bestehende Begriffe wie Camp ablöst) und ins Portugiesische.[1]
Die genaue Abkunft des wahrscheinlich in den 1870er Jahren im Münchner Kunsthandel entstandenen Wortes bleibt unsicher und wird verschieden gedeutet. Der älteste bisher bekannte Beleg stammt aus dem Jahr 1878. Es handelt sich um ein satirisches Epigramm von Max Bernstein auf das in München ausgestellte Gemälde „Bosnische berittene Insurgenten“ von Franz Adam:
Die jüngere Forschung zur Etymologie des Kitschbegriffs konnte bereits für das Jahr 1860 einen Beleg für die Verwendung des Begriffs in Verbindung zu einem ästhetischen Gegenstand ausfindig machen. Im Text des Schriftstellers Wolfgang Müller von Königswinter wird ein Maler gefragt, ob er „schon viel Kitschen aufgenommen“ hat, woraufhin er die Schönheit der Landschaft lobt und antwortet, dass ihm „allerlei Skizzen entstanden“ sind. Der Begriff wird hier folglich als synonym für die Skizze verwendet.[3] Weitere Beispiele aus den Jahren 1864 und 1870 belegen die Verwendung des Kitschbegriffs als Bezeichnung für mittelmäßige Kunst, die zwar eigentlich billig, im Verhältnis zu ihrer minderen ästhetischen Qualität aber dennoch überteuert ist.[4]
Möglicherweise stammt der Begriff vom mundartlichen kitschen (Straßenschmutz oder Schlamm zusammenkehren, klatschen und klitschen). Er hätte danach einen lautnachahmenden Ursprung, der als Pejoration in das Bildhafte übertragen wurde – im Sinne von „zusammengeschmiertem Dreck“. Häufig genannt wird ebenfalls eine mögliche Abstammung von engl. sketch für „Skizze“ oder „flüchtige Malerei“, wie sie englische oder amerikanische Touristen jener Zeit für wenig Geld als Souvenir am Kunstmarkt nachfragten. Abraham Moles leitet den Begriff vom jiddischen verkitschen ab, was so viel bedeutet wie „jemandem etwas andrehen, was der nicht braucht“.[5]
Übersetzungen, die sich mit der Sprache der Roma beschäftigten, führten „Kitsch“ auf das Hindustani-Wort für Töpferton zurück (Geschichte der Zigeuner; ihre Herkunft, Natur und Art, Weimar und Ilmenau, 1835). Tatsächlich finden sich im gesamten Industal Artefakte, die sich im westlichen Sinn durchaus als Kitsch interpretieren lassen. Frühe touristische Mitbringsel, die man heute auch als „Airport Art“ kennzeichnet, sind möglicherweise der Ursprung dieses Lehnwortes im aktuellen europäischen Sprachgebrauch. Das Wort „Kitsch“ ist heute als Lehnwort in vielen Sprachen, zum Beispiel im Englischen, fester Bestandteil des jeweiligen Vokabulars.[6]
Die Schwierigkeit, Kitsch zu definieren, zeigt sich nicht zuletzt in der „Unübersetzbarkeit“ des deutschen Wortes. Britische Übersetzer zählten Kitsch zu den zehn am schwierigsten zu übersetzenden Begriffen; im Englischen verwendet man das Wort kitsch ebenfalls. Auch im Französischen gibt es keine adäquate Übersetzung, das Wort kitsch wird daher zum Teil auch dort verwendet. Zahlreiche Sprachen haben das Wort übernommen, darunter die türkische Sprache (kitsch oder kiç) und selbst die griechische Sprache (κιτς), welche mit wenigen Fremdwörtern auskommt.
Folgende Kriterien lassen sich für Kitsch anführen:
Eine ältere Definition besagt:
Nach Gillo Dorfles Der Kitsch (1969) definiert sich Kitsch (hier vor allem im Bereich der Kunst) unter anderem durch folgende Kriterien:[7]
Eine Sonderform nicht nur in Frankreich bildet der sogenannte Nippes (franz. für „weiblicher Putz“), auch Nippsachen genannt; darunter werden kleine dekorative Kunstgegenstände von oft minderer Qualität subsumiert, die beispielsweise „als Zimmerschmuck zum Aufstellen auf sogenannten Nipptischchen“ dienen. Beispiele für Nippes sind Putten- bzw. Engelsfigürchen aus Porzellan oder kleine Vasen ohne praktische Funktion.[8][9]
In der Postmoderne ist der Begriff Kitsch teilweise durch das Wort Trash ersetzt worden, das einige Arten von Kitsch zum Kult erklärt und damit die negative Konnotation umkehrt.
Der im Umfeld der Popart etablierte Begriff Camp nimmt diese positive Umwertung bereits vorweg und entstammt der amerikanischen Ausformung und Erneuerung des Avantgardismus im sogenannten Underground der 1960er Jahre und der entstehenden Queer Culture. Jedoch ist nicht jeder Kitsch gleichzeitig Camp.[10]
Als psychologische oder soziale Attribute solcher als kitschig bezeichneten Empfindungen nennt die Kritik: Konfliktlosigkeit, Kleinbürgerlichkeit, Massenkultur, Verlogenheit, Stereotypisierung, Zurückgebliebenheit, Wirklichkeitsflucht, falsche Geborgenheit oder etwa „dümmlich Tröstende(s)“ (Adorno). Hans-Dieter Gelfert unterscheidet in Was ist Kitsch? den niedlichen, gemütlichen, sentimentalen, religiösen, poetischen, sozialen Kitsch, Naturkitsch, Heimatkitsch, Blut-und-Boden-Kitsch, mondänen, sauren, erotischen Kitsch, Gruselkitsch, erhabenen Kitsch, Monumentalkitsch, patriotischen, ideologischen Kitsch und Einschüchterungskitsch.
Dabei geht der Vorwurf der Kritik zunächst weniger auf einen Mangel an Wahrheit, wie bei schlecht gemachter Kunst, sondern häufig auf die psychologische Berechnung des Kitsches. Als beliebte Illustration einer solch „kalkulierten Gefühlsverlogenheit“ dienen etwa die gefühlsbetonten Stereotype der Schlagermusik oder Trivialliteratur sowie handwerklich oder maschinell verfertigte Bildwerke mit Idyllen- oder Kindchenschema.
Umgekehrt konzentriert die Verteidigung von Kitsch oder Trivialität sich zumeist auf die Qualität des Zugebens einfacher Gefühle, beispielsweise des Patriotismus, aber auch auf den Erfolg, wie etwa den Erfolg von Trivialliteratur. In der Trivialliteratur verschmelzen die Gefühle von Kindern und Jugendlichen mit Bedürfnissen vieler Erwachsener jeden Alters. So ist der meistgelesene Schriftsteller deutscher Sprache weder Goethe noch Thomas Mann, sondern Karl May. (Siehe auch Walter Benjamin: „Was die Deutschen lasen, während ihre Klassiker schrieben“).[11]
Danach wäre die Entscheidung, ob etwa Karl May Kitsch ist oder nicht, abhängig vom Alter seiner Leser – eine kaum haltbare Definition. So relativiert sich vielfach der Wert typischer Kitsch-Kritik wie: Kitsch sei die „Gestaltung erkenntnisloser Wunschbilder“. Vielmehr erscheint die Definition von Kitsch an die Definition von Kunst unauflöslich gebunden. Je undeutlicher der Begriff von Kunst, desto unfassbarer der Kitsch, denn es ist schwer bestreitbar, wie etwa Umberto Eco[12] einwirft, dass die der Kunst zugeschriebenen Wirkungen – wie Anstöße zum Denken, Erschütterung, Emotionen – ebenso von Kitsch ausgehen können.
Eine unkritische Herabsetzung anderer Menschen, anderer Empfindungs- und Ausdrucksart kann indessen im Kitsch-Begriff ein Heim für dumpfe und sogar gefährliche Empfindungen haben, wie es etwa Adolf Hitler in Mein Kampf (S. 75/76) tat.
Hermann Broch sieht dementsprechend in Adolf Hitler den Prototyp des Kitsch-Menschen:
„Der Spießergeist, dessen Rein-Inkarnation Hitler gewesen ist … entpuppt sich immer wieder als der des prüden Raubtiers, das jegliche Grausamkeit, also nicht zuletzt auch die Scheußlichkeiten der Konzentrationslager und Gaskammern ohne weiteres hinnimmt … Vielerlei Gründe lassen sich für das böse Phänomen anführen, beispielsweise das Abreißen der abendländischen Werttradition sowie die hierdurch bewirkte seelische Unsicherheit und Haltlosigkeit, von der eine so traditionsschwache Zwischenschicht wie das Spießertum sicherlich am intensivsten erfaßt worden ist.“
Jemand, der Kitsch herstellt, ist nach Broch „nicht einer, der minderwertige Kunst erzeugt, er ist kein Nichts- oder Wenigkönner … er ist kurzerhand ein schlechter Mensch, er ist ein ethisch Verworfener, ein Verbrecher, der das radikal Böse will. Oder etwas weniger pathetisch gesagt: er ist ein Schwein.“
Broch steht mit seiner Kritik des Kitsches in einer im weitesten Sinne marxistisch geprägten Tradition, mit der sich Namen wie Walter Benjamin, Theodor W. Adorno oder Ernst Bloch verbinden. Deren eigentliches Interesse geht dabei über eine Kritik totalitärgesellschaftlicher oder spätbürgerlicher Verhältnisse weit hinaus. Benjamin beschreibt einen Menschen, der sich positiv auf kitschige Dinge (speziell in der Kunst) bezieht, als „möblierten Menschen“[13] (in dem Sinne, wie ein Mensch eine fertig möblierte und ausgestattete Wohnung bezieht). Der Kitsch erscheint Adorno, der ihn als „Verkennung ästhetischer Sinnzusammenhänge“ und als verwesendes Ornament bestimmt, als der unverfälschte Ausdruck des Verfalls aller Kultur zur Massenkultur in der Moderne:
„Heute, da das Bewußtsein der Herrschenden mit der Gesamttendenz der Gesellschaft zusammenzufallen beginnt, zergeht die Spannung von Kultur und Kitsch.“
Die Volkskunst, wie etwa Trachten und Trachtenschmuck, geschnitztes Holzgeschirr und so weiter, mit ihrer europäischen Blütezeit im 18. Jahrhundert, wird dem Kitsch oft wie ein Echtes einem Falschen gegenüber dargestellt. Aus dieser Sicht drückt der Kitsch weitgehend den Niedergang des Brauchtums in der Moderne aus. Es ist aber eine prinzipiell unbefriedigende Vereinfachung zu sagen: Volkskunst sei Handarbeit, Kitsch maschinell imitierte Volkskunst. Handarbeit kann maschinelle Produktion imitieren. Außerdem gehen ästhetische Qualitäten in eine solche Vereinfachung nicht ein. Brauchtum und Volkskunst können jedoch erstarren und niedergehen, während die kritische Sicht im Kitsch den Niedergang immer schon auf höchster Stufe vollendet sieht.
Typisch ist hier die Haltung von Marcel Reich-Ranicki, das Triviale aus anderen als qualitativen Gründen zu analysieren:
„Die Mehrheit des Volkes liest keine Literatur, jedenfalls keine, die sich ernst nehmen ließe. So konnte die herrliche Literatur der Weimarer Republik mit Thomas Mann an der Spitze politisch (gegen den Nationalsozialismus) nichts bewirken. Es gehört übrigens zu den Sünden der Literaturkritik, daß sie sich damals um die Trivialliteratur, beispielsweise die Romane der Hedwig Courths-Mahler, überhaupt nicht gekümmert hat. Man hätte zeigen müssen, wie das Zeug gemacht ist. […] Und das habe ich [später in den 1970er Jahren] auch getan: ein Buch von Luise Rinser, von Hans Habe, von Willi Heinrich und dergleichen. Ich habe versucht zu erklären und nachzuweisen, wie diese Bücher gemacht sind. Es hat ja keinen Sinn zu sagen: Das ist Kitsch.“
Das Publikum von Volkskunst, Volksmusik, Trivialliteratur, Zirkus und so weiter wird oft mit dem für den Kitsch empfänglichen in Zusammenhang gebracht. Die Gegenüberstellung eines solchen Publikums gegen ein Publikum mit „gehobenen Ansprüchen“ hat die Kritik immer herausgefordert und aus ihr überhaupt eine Kritik des „gesunden Volksempfindens“ gemacht. Walter Benjamin schreibt: „Sein Publikum [das des Zirkus] ist weit respektvoller als das irgend welcher Theater oder Konzertsäle. … Es ist immer noch eher denkbar, daß während Hamlet den Polonius totsticht, ein Herr im Publikum den Nachbar um das Programm bittet als während der Akrobat von der Kuppel den doppelten Salto mortale macht. Eben deshalb ist freilich das Zirkuspublikum im Ganzen auch das unselbstständigste: in alle Schranken gepferchtes Kleinbürgertum.“[14]
Den Kitsch aber darzustellen, als wäre mit dem Begriff zugleich die Sache selber neu erfunden worden, kann nicht unbedingt einleuchten. Ein Beispiel mag hier zeigen, dass man beim Kitsch von einer altbekannten eher als von einer modernen Erscheinung oder Befindlichkeit sprechen kann. In den Römischen Gesprächen antwortet Michelangelo auf die Frage, ob nicht die niederländische Malerei frommer als die italienische sei:
„Die niederländische Malerei wird, Herrin, im allgemeinen jedem Frommen mehr gefallen als ein italienisches Werk, das ihm keine Träne entlocken wird, wie ein niederländisches es tut, jedoch nicht wegen der Trefflichkeit und Güte dieser Malerei, sondern wegen der Milde jenes frommen Beschauers. Den Frauen wird sie gut gefallen, insbesondere den sehr alten oder den ganz jungen, und ebenso auch den Mönchen und Nonnen und einigen amusischen Edelleuten, denen die Empfindung für wahre Harmonie fehlt. Die Niederländer malen recht eigentlich, um das äußere Auge zu bestechen, etwa durch Dinge, die gefallen, oder durch solche, über die man nichts Schlechtes sagen kann, wie Heilige und Propheten … und wiewohl dies alles gewissen Augen wohlgefällt, so fehlt darin in Wahrheit doch die echte Kunst, das rechte Maß und das rechte Verhältnis, die Auswahl und die klare Verteilung im Raum und schließlich sogar Inhalt und Kraft.“
Werbung will Kaufanreize schaffen; damit sind ihr manipulative Vereinfachung und triviale Erfüllungsverheißungen geradezu immanent, sodass sie par excellence ein Feld für die sogar gezielt kalkulierte Anwendung von Kitsch ist.
Als architektonische Beispiele von Kitsch werden Werke in der US-amerikanischen Spielerstadt Las Vegas bezeichnet. Dort befinden sich Nachbauten des Eiffelturms, der Pyramiden, oft in anderen Materialien als das Original und sogar in gänzlich anderen Farben. Im gleichen Atemzug werden die verschiedenen Disneyländer genannt, die Beispiele von Bauten aus verschiedenen Weltregionen zeigen. Diese sind meist nur bis zum ersten Obergeschoss gemauert, dann folgt ein Aufbau mit anderen Materialien.
Häufig als „architektonischer Kitsch“ wird auch der sogenannte „Landhausstil“ bezeichnet. Dabei handelt es sich um Einfamilienhäuser, die mit Sprossenfenster-Imitaten, halbrunden Erkern, verwinkelten Außenwänden, Rundbogenfenstern, Krüppelwalmdächern und manchmal sogar Türmchen ausgestattet werden. Es handelt sich um Stilelemente, welche viele Menschen mit traditioneller Architektur assoziieren, die jedoch mit der lokalen und regionalen Bautradition meist rein gar nichts zu tun haben, und daher in einem historisch gewachsenen Dorf- oder Altstadt-Ensemble eher als störender Fremdkörper wirken. Zweck dieser Bauweise ist es, eine Art Heimeligkeit und „heile Welt“ zu suggerieren. Diese Bauweise kam in den späten 80er Jahren in Mode und war vor allem in den 90er Jahren zeitweise sehr populär, nachdem über Jahrzehnte hinweg in erster Linie die Architektur der Moderne praktiziert wurde und Wohngebäude in der Regel in einem eher schlichten, schmucklosen Stil errichtet worden waren.
Oftmals wurde durch diesen Baustil sogar regionaltypische Architektur verdrängt. So fielen u. a. viele Jurahäuser im bayrischen Altmühltal Neubauten im Landhausstil zum Opfer.
Das Rustikale findet sich auch in der Innenarchitektur – besonders in den 1960er und 1970er Jahren war romantisierende Eiche-Rustikal-Einrichtung und schmiedeeiserner Dekoration beliebt, besonders im kleinbürgerlichen Milieu.[15] Zum Kitsch werden auch Stilmöbel wie der Gelsenkirchner Barock gerechnet,[16] also seriell produzierte Möbel, die vergangene Stile grob imitieren.[17]
Bereits Künstler der italienischen Hochrenaissance wie Raffael, Correggio oder Luini reüssierten mit überzogen süßlichen Darstellungen der Madonna mit dem Jesuskind.
Der Schweizer Kunsttheoretiker Georg Schmidt definiert Kitsch als „idealistischen Naturalismus“, bei dem es zum Widerspruch zwischen künstlerisch-naturalistischen Darstellungsmitteln und innerer Gesinnung komme.
In der bildenden Kunst entstand der Kitsch Mitte des 19. Jahrhunderts auf der Grundlage von Romantik, Biedermeier und Realismus, wobei die Grenzen zwischen Kunst und Kitsch nicht immer leicht zu definieren sind. Beispiele für die Gratwanderung zwischen Kunst und Kitsch bieten die Werke von Ludwig Richter und Carl Spitzweg. Richter vereinigte in seinem Spätwerk großes künstlerisches Können mit schwer genießbarer Süßlichkeit. Spitzweg, ebenfalls stark talentiert, wählte süßliche Themen, von denen er sich zugleich mit Ironie distanzierte. Eindeutiger dem Kitsch zugeordnet werden können Eduard von Grützner mit seinen Zechenden Mönchen, Julius Adam mit seinen Kätzchen und Carl Jutz mit seinen Hühnerhöfen, die sie in immer gleicher Weise wiederholten. Neben diesen Themen, die besonders mit den Namen bestimmter Maler verbunden sind, sind der Röhrende Hirsch, das Alpenglühen, die Almhütte und der Sonnenuntergang am Meer häufige Themen von Kitschgemälden, die dem Fundus der Spätromantik entnommen wurden.
Dass solche Themen auch heute noch sehr erfolgreich sein können, beweist der amerikanische Massenmaler Thomas Kinkade.
Der US-amerikanische Künstler Jeff Koons verwendete Zeugnisse der Konsumkultur als Ausgangspunkte und verfremdete oder imitierte sie. Er bearbeitete so auch Objekte aus der Alltagskunst und der Werbung. Wie letztere greift er immer wieder auf sexuelle und andere Schlüsselreize zurück, verleiht ihnen durch Verfremdung allerdings eine ironische Brechung.
Die volkstümliche Musik ist die Kombination von Popmusik und Schlager mit Elementen traditioneller Volksmusik. Schon in der leichten Musik des 19. Jahrhunderts finden sich viele Werke, die als kitschig eingeordnet werden können.
Als subtileres Beispiel für Verkitschung könnte auch die Vereinfachung des Schubertschen Liedes Der Lindenbaum durch Friedrich Silcher angegeben werden (Näheres dazu im vorletzten Artikel).
Volkstümliche Theaterstücke, die oft in einem bäuerlichen Milieu spielen, das es so nie gegeben hat, werden für das Fernsehen bearbeitet und dann vor Publikum in einem Theatersaal aufgezeichnet.
Kritiker bezeichnen Sendungen wie die Volkstümliche Hitparade als Kitsch, weil dort gut aussehende Menschen Playback vor einer idealisierten Landschaft mit Schnee aus Schaumstoff singen.
Beispiele:
Mit dem Begriff Schnulze gleich welcher Kategorie werden immer Sentimentalität und Rührseligkeit verbunden. Das Genre Heimatfilm zeigt oft Landschaften, die sich durch ihre Unberührtheit auszeichnen. Dazu gehören meistens Almwiesen, Täler und Berghänge. Im Vordergrund stehen zudem meistens Traditionen, Trachten und volkstümliche Musik. Im Mittelpunkt der Heimatfilme stehen meistens Autoritäten wie Ärzte, Förster oder Pfarrer. Den Filmen wird vorgeworfen, Gut und Böse seien sauber getrennt und die Handlung meistens vorhersehbar.
Der sogenannten Trivialliteratur wird vorgeworfen, sich in realitätsfremder klischeehafter Weise Themen wie Liebe, Tod, Abenteuer, Verbrechen, Krieg und so weiter zu widmen. In Sprache, Verständlichkeit, Emotionalität sei sie so strukturiert, dass sie den Erwartungen eines großen Massenpublikums gerecht werde, indem sie diesem eine schöne Welt mit einer klaren Unterscheidung zwischen Gut und Böse vorgaukele. Als das vielleicht wesentlichste ihrer Merkmale lasse sich in diesem Sinne festhalten: Sie durchbreche den Erwartungshorizont des Lesers nicht.
Auch gegen kanonisierte Werke der Literatur wird gelegentlich der Vorwurf erhoben, sie seien „kitschig“. So plädierte 2011 der Germanist und Philosoph Richard David Precht dafür, im Schulunterricht nicht mehr Johann Wolfgang Goethes Roman Die Leiden des jungen Werthers zu lesen, da er dieses Werk für „verlogene Sozialromantik“ halte.[18]
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