Harun Farocki wurde als Sohn des in den 1920er Jahren nach Deutschland eingewanderten indischen Arztes Abdul Qudus Faroqhi und seiner Frau Lili in Neutitschein in Mähren geboren. Er wuchs in Indien und im heutigen Indonesien, später in Bad Godesberg und ab 1958 in Hamburg auf.[2] Während seiner Zeit in Bad Godesberg besuchte er das Aloisiuskolleg.[3]
In den 2000er Jahren schuf Harun Farocki eine Reihe von künstlerischen Arbeiten, die im Ausstellungs- und Museumskontext gezeigt werden, unter anderem Installationen über Gefängnisse oder auch Shopping-Malls. 2006 kuratierte er zusammen mit seiner Frau Antje Ehmann in Wien die Ausstellung Kino wie noch nie, die 2007 in Berlin gezeigt wurde. An der Documenta 12 (Kassel 2007) nahm Harun Farocki mit der Medieninstallation Deep Play (2007) teil. Farocki kuratierte diverse Filmprogramme, z.B. eine Filmreihe im Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien (2005) mit Werken von Rosa von Praunheim, Werner Schroeter, Klaus Wildenhahn und anderen.[4]
Farocki war der Lehrer des Regisseurs Christian Petzold an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin und beeinflusste dessen Werk nachhaltig. Die beiden wurden Freunde und in den folgenden zwanzig Jahren war Farocki bei vielen Drehbüchern Petzolds Co-Autor und seine Essays eine wichtige Inspiration. Ihr letztes gemeinsames Werk ist der Film Phoenix aus dem Jahr 2014.[5][6]
Er starb am 30. Juli 2014 im Alter von 70 Jahren in der Nähe von Berlin. Seine letzte Ruhestätte fand Farocki auf dem Friedhof der Dorotheenstädtischen und Friedrichswerderschen Gemeinden im Berliner Ortsteil Mitte.[7] Im September 2015 gründeten Freunde des Filmemachers das Harun Farocki Institut (HaFI) als „Plattform zur Erforschung von Farockis visueller und diskursiver Praxis und als flexible Struktur für neue Projekte“ in Berlin.[8]
2014: Phoenix (B gemeinsam mit Christian Petzold; Regie: Petzold)
Filme auf DVD
2009: Filme 1967 – 2005. absolut MEDIEN. ISBN 978-3-89848-969-0. (Insgesamt zwanzig Filme auf fünf DVDs.)
Hörspiele und Features (Auswahl)
1973: Subjekt? – Objekt? Aus dem Leben des Rentners W. – Ein Porträt (WDR)
1974: Berufsarbeit und Entfremdung – Sechs Studien zum Bewußtsein abhängig Arbeitender
1976: Barfüßiges Denken. Berufstätige zu ihrer Arbeit (WDR)
1976: Gespräche mit Zeitgenossen (WDR)
1976: Das große Verbindungsrohr, Regie: Walter Adler (WDR)
1977: Das hohe Fenster oder Das Halsband des Todes. Eine Montage, Regie: Otto Düben (SDR)
1978: So long good-bye (WDR)
Schriften (Auswahl)
Das große Verbindungsrohr und Wie man sieht. In: Die Republik, Nummer 76–78 vom 9. September 1986. Texte im Zusammenhang mit den Filmen Zwischen zwei Kriegen und Wie man sieht.
Gemeinsam mit Kaja Silverman: Von Godard sprechen. Vorwerk 8, Berlin 1998, ISBN 3-930916-18-5. Aus dem Englischen übersetzt von Roger M. Buergel. Mit einem Vorwort von Hanns Zischler. Neuausgabe als Schriften, Bd. 2. Hrsg. von Doreen Mende. Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln 2018, ISBN 978-3-96098-224-1
Rote Berta Geht Ohne Liebe Wandern. Strzelecki Books, Köln 2009, ISBN 978-3-9812714-8-5, Publikation anlässlich der Ausstellung Harun Farocki – Ausstellung und Filmprogramm im Museum Ludwig. Autobiographisch, Beschreibung der Entstehung einiger seiner Werke.
Zehn, zwanzig, dreißig, vierzig. Fragment einer Autobiografie (=Schriften. Bd.1. Hrsg. von Marius Babias, Antje Ehmann). Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln 2017, ISBN 978-3-96098-223-4.
Meine Nächte mit den Linken. Texte 1964–1975 (= Schriften. Bd. 3. Hrsg. von Volker Pantenburg). Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln 2018, ISBN 978-3-96098-225-8.
Ich habe genug!. Texte 1976–1985 (= Schriften. Bd. 4. Hrsg. von Volker Pantenburg). Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln 2019, ISBN 978-3-96098-226-5.
Unregelmäßig, nicht regellos. Texte 1986–2000 (= Schriften. Bd. 5. Hrsg. von Tom Holert). Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König, Köln 2021, ISBN 978-3-96098-990-5.
Lerne das Einfachste!. Texte 2001–2014 (= Schriften. Bd. 6. Hrsg. von Volker Pantenburg). Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König, Köln 2022, ISBN 978-3-7533-0325-3.
Modell / Realität – Christoph Hübner im Gespräch mit Harun Farocki, Deutschland 2004, 60 Min., aus der Reihe Dokumentarisch arbeiten, Buch und Regie: Christoph Hübner und Gabriele Voss, Produktion: ARD, WDR, ZDF und 3sat, Erstausstrahlung: 20. Februar 2005 auf 3sat, Angaben vom WDR zum Film (Memento vom 4. November 2005 im Internet Archive)
Von '68 lernen heißt sehen lernen. In: Tagesspiegel. 14.Juli 2009 (Online)., Harun Farocki im Interview von Patrick Wildermann.
„Ich hätte nie was anderes gemacht“, Jungle World, Nr. 32, 7. August 2014, Harun Farocki im Interview von Philipp Goll über „Die Worte des Vorsitzenden“.
Harun Farocki und Susanne Koppensteiner (Hrsg.): Harun Farocki, Nebeneinander. Anlässlich der Ausstellung Harun Farocki, Nebeneinander im Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien (23. März 2007 – 10. Juni 2007), König, Köln 2007, ISBN 978-3-86560-286-2.
Frederik Lang: Auf der Suche nach dem verlorenen Kino. Genreambitionen von Hartmut Bitomsky und Harun Farocki. In: Filmblatt, Bd. 27 (2022), 78, S. 53–68.
Mira Anneli Naß: Instrumentelle und operative Bilder. Bildkonzepte von Allan Sekula und Harun Farocki im Vergleich. In: Fotogeschichte. Bd. 44 (2024), Heft 172.
Peter Nau: Zwischen Zwei Kriegen– Filmprotokoll mit 68 Abbildungen. Verlag Filmkritik, München 1978.
Volker Pantenburg: Film als Theorie. Bildforschung bei Harun Farocki und Jean-Luc Godard. transcript, Bielefeld 2006, ISBN 3-89942-440-9.
Frederic Ponten, Erhard Schüttpelz: Abspann / Vorstand. Harun Farockis ‚Schöpfer der Einkaufswelten‘. In: Natalie Binczek u.a. (Hrsg.): Dank sagen. Politik, Semantik und Poetik der Verbindlichkeit. Wilhelm Fink, München 2013, ISBN 978-3-7705-5669-4, S.207–218, S.157–170.
Aurel Sieber: Epistemiken des Essayistischen. Zur künstlerischen Praxis Harun Farockis. Transcript, Bielefeld 2023. ISBN 978-3-8376-6591-8
Conny E. Voester: Harun Farocki – Filmmacher, Kritiker. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 16, 1990.
Harun Farocki:Zehn, zwanzig, dreißig, vierzig: Fragment einer Autobiografie. Hrsg.: Marius Babias, Antje Ehmann. Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln 2017, ISBN 978-3-96098-223-4.