Loading AI tools
Schweizer Jurist und Sinologe Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Harro Heinrich Alexander von Senger (* 6. März 1944 in Genf) ist ein Schweizer Jurist und Sinologe.
Harro von Senger wurde als Sohn des Schweizer Architekten Alexander von Senger (1880–1968) und dessen Frau Dorothee (Doris), geb. Lange (1909–1990), in Genf geboren und wuchs in Willerzell bei Einsiedeln auf. Er ist der Enkel des Komponisten, Dirigenten und Musikpädagogen Hugo de Senger (1835–1892).[1] Von 1955 bis 1963 besuchte von Senger die Stiftsschule von Einsiedeln, an der im Juli 1963 die Maturaprüfung bestand. Seit dem Wintersemester 1963/64 studierte von Senger Rechtswissenschaft, Russisch und Chinesisch an der Universität Zürich. 1967 erwarb er dort das Lizentiat beider Rechte und legte 1968 ein Examen in klassischem Chinesisch ab. 1969 wurde er in Zürich mit einer rechtswissenschaftlichen Promotion zum Thema Kaufverträge im traditionellen China zum Dr. jur. promoviert; 1980 erfolgte die Habilitation zum Thema Partei, Ideologie und Gesetz in der Volksrepublik China. Korreferent der Habilitationsschrift war Hermann Lübbe. Nach langen Aufenthalten in Taiwan, der VR China und Japan wurde von Senger im Februar 1981 mit einer von Peter Greiner betreuten Arbeit zum Thema Chinesische Bodeninstitutionen im Taihō-Verwaltungskodex an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg zum Dr. phil. promoviert.
1981 wurde von Senger Privatdozent für Sinologie an der Universität Zürich. Von 1981 bis 1989 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter, seit 1989 ist er Experte des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung in Lausanne. 1989 wurde er unter Berufung zum Beamten auf Lebenszeit Professor für Sinologie an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau; von 1993 bis 1994 war er Dekan der dortigen Philosophischen Fakultät II. Seit dem 1. April 2009 ist von Senger emeritiert.
Von Senger ist Autor mehrerer Fachpublikationen und des ersten westlichen Buches über die chinesischen 36 Strategeme sowie über Moulüe – Supraplanung.
Von Bedeutung, wenn auch in der breiteren Öffentlichkeit bislang wenig wahrgenommen, sind seine Arbeiten über das chinesische Recht, in denen er über das Aufzeigen der engen Verflechtung des chinesischen Rechtssystems mit der Partei-Ideologie der Kommunistischen Partei Chinas die eminente Bedeutung des Sinomarxismus noch in der gegenwärtigen Zeit verdeutlicht.[2]
Von Harro von Senger stammen zahlreiche Veröffentlichungen über Menschenrechte. Themen sind unter anderem der Bedeutungswandel des Wortes „Mensch“ als Bestandteil des Wortes „Menschenrechte“ in den 200 Jahren seit der Französischen Revolution und die Frage, ob das antike China, insbesondere die konfuzianische Denkschule, einen auch Frauen umfassenden Begriff des Menschen gekannt habe.[3]
Neben der Menschenrechtsgeschichte beschäftigt er sich auch mit sinomarxistischen und weitgehend auf UNO-Dokumente abstellenden Menschenrechtspositionen der chinesischen Regierung[4] und weist darauf hin, dass die Volksrepublik China auf globaler Ebene im Rahmen der Vereinten Nationen, namentlich im UNO-Menschenrechtsrat in Genf, eine starke Position einnehme, eine Tatsache, mit der man sich im Westen kaum auseinandersetze.[5]
Er macht ferner darauf aufmerksam, dass westliche Staaten und die Volksrepublik China im Menschenrechtsrat in einer Mehrzahl von inhaltlichen Menschenrechtsfragen übereinstimmende Positionen verträten. Die recht grosse chinesisch-europäische Schnittmenge an gemeinsamen Menschenrechtspositionen scheinen aber laut Senger europäische Staaten ihren Völkern gegenüber geheim zu halten.[6] In ihren Menschenrechtsverlautbarungen würden diese Staaten ihren Völkern den Anschein vorspiegeln, zwischen europäischen und chinesischen Menschenrechtspositionen gebe es einzig und allein eine gewaltige Kluft, welche europäische Staaten mühsam zu überbrücken hätten. Auch auf den ungeklärten Umgang europäischer Staaten mit gültigen, aber vom Westen abgelehnten Resolutionen des UNO-Menschenrechtsrates und schon der UNO-Menschenrechtskommission weist er hin.[7] Zudem ging er der Frage nach, warum das Vereinigte Königreich und damit Europa die Europäische Menschenrechtskonvention (in Kraft seit 1953) zwar z. B. auf die Falklandinseln und St. Helena, nie aber auf Hongkong erstreckt und so eine einmalige historische Gelegenheit, europäischen Menschenrechtswerten auf chinesischem Boden zum Durchbruch zu verhelfen, vertan haben.[8] Nicht nur die in der Volksrepublik China von offizieller Seite vorgenommene strategemische Analyse[9] und Abwehr[10] westlicher gegenüber der VRCh geübter Menschenrechtskritik, sondern auch die im antiken wie zeitgenössischen China zu beobachtende Verwirklichung individueller Menschenrechte durch einzelne Chinesen nicht mit Hilfe des Rechts, sondern mit Hilfe von Strategemen[11] sind Gegenstand seiner Untersuchungen.
In einer Veröffentlichung stellte er 1998 die vom damaligen deutschen Bundespräsidenten Roman Herzog vertretene These der Universalität eines kleinen, nicht verhandelbaren Kernbereichs der Menschenrechte der UNO-Position gegenüber, welche die universale gleichrangige Gültigkeit aller – politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, individuellen und kollektiven – Menschenrechte hervorhebt.[12]
In seinem Werk Moulüe – Supraplanung. Unerkannte Denkhorizonte aus dem Reich der Mitte (München 2008) stellt er die chinesische Strategemkunde in den grösseren Gesamtzusammenhang der als Moulüe bezeichneten chinesischen Planungskunst, führt in die zwei 100-Jahresziele der Kommunistischen Partei Chinas ein[13] und beleuchtet die im Westen unterschätzte, zu Beginn des 21. Jahrhunderts in der Volksrepublik China nicht weniger als zu Mao Zedongs Zeiten massgebliche Rolle des Sinomarxismus als einer von der Kommunistischen Partei Chinas benutzten „Richtschnur ihres Handelns“. An der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg betreute Harro von Senger die womöglich erste westliche Doktorarbeit über „Supraplanung“.[14]
In seiner deutschen Übersetzung von Sun Zi Bingfa unter dem Titel Sun Zi. Die Kunst des Krieges zeigt Harro von Senger unter anderem gestützt auf eine – soweit bekannt weltweit erstmals vorgenommene – wortgetreue Übersetzung eines Schlüsselsatzes auf, dass dieses älteste Militärtraktat der Welt als Ursprung der chinesischen Moulüe (Supraplanung) angesehen werden kann.[15]
Harro von Sengers bekanntestes und weit verbreitetes Werk ist das 1979 erstmals erschienene Buch Strategeme. Das Buch wurde mehrfach aufgelegt und in viele Sprachen übersetzt.
Quelle: FreiDok plus[16]
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Every time you click a link to Wikipedia, Wiktionary or Wikiquote in your browser's search results, it will show the modern Wikiwand interface.
Wikiwand extension is a five stars, simple, with minimum permission required to keep your browsing private, safe and transparent.