Moritz Gudenus (1596–1680) war 1626 reformierter Prediger in Abterode, nachdem er 1625 Marburg wegen seines Bekenntnisses hatte verlassen müssen. Er wurde 1630 katholisch, trat in Kurmainzer Dienste und starb als Amtmann in Treffurt. Von seinen fünf Söhnen war der älteste, Johann Daniel (1624–1694), Doktor der Theologie, Titularbischof von Utica und Mainzer Weihbischof für Hessen, Thüringen und das Eichsfeld in Erfurt. Der zweite, der promovierte Jurist Johann Christoph Freiherr von Gudenus (1632–1705), wurde Reichshofkanzleitaxator, Kurmainzer Geheimer Rat und Ministerresident in Wien sowie Hofpfalzgraf. Er begründete die seit 1907 gräfliche niederösterreichische Linie, der Bruder Urban Ferdinand Gudenus begründete die seit 1732/46 freiherrliche steiermärkische Linie die auch Besitz in Ungarn hatte. Die Linien der jüngeren Brüder Georg Friedrich (1636–1701), Kurmainzer Amtmann zu Treffurt, und Dr.jur. Johann Mauritz Bodo (1639–1688), Kurmainzer Regierungsrat, Stadtschultheiß und Universitäts-Professor in Erfurt, starben bereits im 18. Jahrhundert aus. Von den Söhnen des letzteren war Christoph Ignaz (1674–1747) Titularbischof von Anemurium und Weihbischof in Erfurt, Johann Leopold (1676–1713) war Doktor der Theologie, Titularbischof von Pergamum und Weihbischof von Worms, während Daniel Mauritz (1681–1749) wie der Vater Stadtschultheiß von Erfurt wurde und Friedrich Wilhelm (1683–1757) als Generalfeldzeugmeister des fränkischen Kreises gestorben ist.[2]
Benannt nach der Familie ist die Gudenushöhle in Niederösterreich.
Standeserhöhungen
Der rittermäßige Reichsadelsstand wurde am 5. März 1668 den Brüdern Christoph, Johann Daniel, Urban Ferdinand und Johann Moritz Gudenus verliehen. Der Reichsritterstand mit der Anrede „Edler Herr“ erfolgte am 7. Mai 1696 und der Reichsfreiherrenstand mit Anrede „Wohlgeboren“ am 20. September 1696.[1]
Das ungarische Indigenat wurde am 5. Dezember 1703 verliehen. Die Würde des niederösterreichischen alten Ritterstandes erfolgte am 10. Februar 1714. Das böhmische Inkolat im Herrenstande wurde am 15. April 1756 für Franz de Paula Freiherrn von Gudenus verliehen.[1]
Die Deszendenz des 1874 verstorbenen Gabriel Freiherrn von Gudenus wurde durch von Kaiser Franz Joseph am 16. August 1907 in Ischl in den österreichischen Grafenstand erhoben. Das Diplom wurde am 22. Oktober 1907 in Wien ausgestellt.[1] Als eines von 64 gräflichen Geschlechtern erhielt die Familie am 14. Juni 1907 einen erblichen Sitz im Herrenhaus, dem Oberhaus des österreichischen Reichsrates.[1]
Die als Wohltäterin bekannte Gräfin Ernestine Gudenus, geb. Thun-Hohenstein (1853–1910), war Mitbegründerin des Krankenhauses[4] und des Roten Kreuzes in Waidhofen[5]. Seit 2018 ist Ferdinand Gudenus (*1990) im Besitz von Waidhofen und Vestenötting.[1] Er ist der jüngste Sohn aus der Ehe von Leopold Gudenus und Pia Gräfin v. Spee. Die Familie nahm um 2000 den aus Burkina Faso stammenden Schwarzafrikaner Salfo 'Salif' Nikiema (*1988) bei sich als Pflegekind auf. Salif war wegen körperlicher Misshandlungen von der österreichischen Ärztehilfsorganisation „Noma Hilfe Österreich“ für medizinische Behandlungen als Teenager nach Österreich vermittelt worden. Durch seinen beeindruckenden Werdegang wurde er vom damaligen Staatssekretär für Integration Sebastian Kurz 10 Jahre später zum „Integrationsbotschafter“ ernannt[6]. Danach wurde er von den Schlossherren Leopold und Pia Gudenus adoptiert. Das erleichterte es ihm 2015 die österreichische Staatsbürgerschaft zu erwerben[7]. Heute lebt er mit seiner Familie in Waidhofen, ist Bankangestellter und wurde 2020 für die ÖVP in den Gemeinderat gewählt.[8] Ebenso engagiert er sich mit Hilfsprojekten für seine Heimat.[9]
1729 wurde die Pfarrkirche Els wiederhergestellt.[10] In den Jahren 1780 bis 1799 erfolgte der Bau des Jagdschlösschens Els durch Johann Heinrich Reichsfreiherr von Gudenus. Els wurde Verwaltungssitz der Herrschaften Hartenstein, Hohenstein und Felling[11]. Der Schüttkasten Els ist durch eine Allee mit dem Jagdschlösschen verbunden. Els befindet sich heute nach wie vor im Besitz eines Zweiges der Familie, der im Vergleich zur übrigen Familie eher im rechtsnationalem politischem Spektrum angesiedelt ist[12]. Stammvater ist der österreichische Bobfahrer und Leichtathlet Johann Baptist Gudenus (1908–1968)[13]. Aus diesem Zweig stammen auch der FPÖ-Politiker John Gudenus (1940–2016)[12] und dessen Sohn Johann Gudenus (*1976)[14], der nach der Ibiza-Affäre 2019 von allen politischen Ämtern zurücktrat ist und auch die FPÖ verließ[15]. Er ist mit Tajana Gudenus verheiratet, welche ein Flüchtlingskind und ebenfalls „Integrationsbotschafterin“ ist.[16]
1840 wurde Schloss Mühlbach gekauft und im Stil des Historismus umgebaut. Seit 2012 gehört es Martin Gudenus (*1951), Bürgermeister der Marktgemeinde Hohenwarth-Mühlbach am Manhartsberg (seit 2015)[17]. Der ehemals barocke Schlossgarten und der 15 Hektar große Englische Landschaftspark wurden 2003 liebevoll revitalisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Schlosspark finden regelmäßig Kulturveranstaltungen statt[18].
Freiherrliche Linie (Steiermark und Ungarn)
Seit 1806 ist Schloss Thannhausen (Steiermark) bis heute im Besitz der Familie. Die zugehörige Burg Neuhaus wurde 1982 verkauft. 1823 erwarb Ferdinand Freiherr von Gudenus die Herrschaft Frondsberg; Schloss Frondsberg in Rabendorf (Gemeinde Birkfeld, Steiermark) wird ebenfalls bis heute von der Familie bewohnt. Schloss Külml in Feistritz bei Anger befand sich von 1811 bis 1954 im Familienbesitz.
Ein Zweig dieser Linie wanderte nach Ungarn aus und besaß die Güter Gáad and Lugoshely[19], im Banat (heute Rumänien), die nach dem Zweiten Weltkrieg enteignet wurden. Aus diesem Zweig stammt der Historiker und Genealoge János József Gudenus (*1947), der seit 1990 ungarische Handbücher des Adels unter dem Namen A magyarországi főnemesség XX. századi genealógiája publiziert[20].
Familienwappen von 1660 und im Adelsbrief von 1668
Blasonierung: Die älteste Darstellung eines Familienwappens Gudenus geht auf das Jahr 1660 zurück.[21] Das Stammwappen im Adelsbrief von 1668 zeigt in Blau auf grünem Dreiberg einen silbernen Geharnischten mit goldenem Rock und eisernem Brustharnisch, in der Rechten einen grünen Palmzweig haltend, mit der Linken einen goldenen Stab auf den Boden setzend, der oben in einem Kreuz und darüber einer Krone endet; auf dem Helm mit blau-goldenen Decken der Mann wachsend.
Gräfliches Wappen von 1907
Blasonierung: Das gräfliche Wappen von 1907 ist geviert mit einer zwischen Feld 3 und 4 eingeschobenen schwarzen Spitze und belegt mit blauem Herzschild, darin auf grünem Boden eine Frauengestalt mit wallendem goldenen Gewand und eisernem Brustharnisch, in der Rechten einen grünen Palmzweig haltend, mit der Linken einen goldenen Stab auf den Boden setzend, der oben in einem Kreuz und darüber einer Krone endet. 1 und 4 von Silber und Rot sieben Mal schrägrechts geteilt; 2 und 3 in von Schwarz und Gold geteiltem Feld auf natürlichem Felsboden ein dreizinniger roter Turm mit Toröffnung und aufgezogenem goldenen Fallgatter. Oben befinden sich drei Helme; auf dem rechten mit rot-silbernen Decken ein offener Adlerflug; auf dem mittleren mit blau-goldenen Decken ein silberner Geharnischter wachsend; auf dem linken mit schwarz-goldenen Decken der Zinnenturm zwischen zwei Büffelhörnern. Die Schildhalter sind zwei widersehende goldene Löwen.[1]
Stammwappen derer von Gudenus, Siebmachers Wappenbuch (Erweiterung 1703), Fränkische Abteilung
Stammwappen derer von Gudenus, als Teil eines Allianzwappens (mit Hoyos), Gudenus’sche Forstverwaltung
Freiherrenwappen derer von Gudenus, Tyroff: Wappenbuch der österreichischen Monarchie, 1831–1868
Freiherrenwappen, Exlibris des Freiherrn Valentin Ferdinand von Gudenus (1732)
Freiherrenwappen, Grabstein des Maximilian Christoph Freiherr von Gudenus, Ostenfriedhof Eichstätt
Gemehrtes Wappen derer von Gudenus, Schloss Waidhofen a.d. Thaya
Johann Daniel von Gudenus (1624–1694), Weihbischof in Erfurt
Urban Ferdinand von Gudenus (1634–1699), Rektor der Universität Mainz, Leibarzt des Mainzer Kurfürsten
Johann Moritz von Gudenus (1639–1688)
Christoph Ignatius von Gudenus (1674–1747), Weihbischof in Erfurt
Johann Christoph von Gudenus (1676–1712), Rektor der Universität Mainz
Daniel Moritz Gudenus (1681–1749), kurmainzischer Regierungsrat und Stadtschultheiß zu Erfurt
Philipp Franz von Gudenus (1710–1783), Freiherr, Militär, Zeichner der Gudenus-Handschrift
Ernst von Gudenus (1833–1914), Freiherr, Besitzer der Herrschaft Thannhausen (Steiermark), Politiker (Mitglied des Abgeordnetenhauses)[22]
Heinrich Johann Baptist von Gudenus (1839–1915), Graf, österreichischer Gutsbesitzer und Politiker (erbliches Mitglied des Herrenhauses)[23]
Josef von Gudenus (1841–1919), Graf, österreichischer Gutsbesitzer (Mühlbach) und Politiker (Landmarschall von Niederösterreich; Mitglied des Abgeordnetenhauses)[24]
Maria Walburga Josefa (1720–1743) ⚭ Joseph Volkradt Graf von Auersperg
Johann Baptist Franz de Paula Joseph Freiherr von Gudenus (1721–1786), Fkhr auf Waidhofen etc. ⚭ Oktavia Gräfin von Nimptsch[29]siehe untenJüngere Stammlinie (Niederösterreich)
Johanna Elisabeth Katharina (1696–1776) ⚭ (1) Johann Josef Freyherr Brasican von Emerberg, (2) Wolf Anton Graf von Uiberacker auf Sieghartstein und Pfanngau[28]
Eleonora Leopoldina (1698–1760) ⚭ (1) Josef Reichard Graf Kletzl von Altenach, (2) Franz Maria Graf Ferrari[28]
Urban Ferdinand Gudenus (1634–1699) ⚭ Lotharia Mechtildis von Birkig[28][29]
Johann Christoph Gudenus (1676–1712) ⚭ Christine von Gobel zu Weilersbach[29]
Philipp Franz Ignaz Freiherr von Gudenus (1710–1783) ⚭ Christine von Schaumberg[29]siehe untenJüngere Stammlinie (Steiermark)
Georg Friedrich Gudenus (1636–1701) ⚭ (1) Johanna Franziska von Birkig († 1680), (2) Dorothea Sibylla von der Weser († 1689), (3) Magdalena Franziska Isselbach († 1733)[28]
Johann Moritz Gudenus (1639–1688) ⚭ Maria Katharina Böning (1648–1730)[28]
Beate Ponsold:Bauaufnahme und Bauforschung zu Schloss Felling in Niederösterreich. Das Waldviertel. In: Das Waldviertel. Zeitschrift für Heimat- und Regionalkunde des Waldviertels und der Wachau. Nr.4, 2020, S.141–150.