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Gruber geht
Film von Marie Kreutzer (2015) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Das von Marie Kreutzer inszenierte österreichische Filmdrama Gruber geht (2015) basiert auf dem gleichnamigen Roman von Doris Knecht und porträtiert den zynischen Werbemanager John Gruber, dessen luxuriöser und egozentrischer Lebensstil durch eine plötzliche Krebsdiagnose ein jähes Ende findet. Im Spannungsfeld zwischen der medizinischen Behandlung und der unerwarteten Schwangerschaft seiner Bekanntschaft Sarah entwickelt sich eine Charakterstudie, in der sich der Protagonist angesichts seiner Sterblichkeit einer emotionalen Reifung und Neuordnung seiner Prioritäten stellen muss.

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Handlung
Zusammenfassung
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Die Handlung des Films konzentriert sich auf den mitte-dreißig-jährigen Wiener Werbemanager John Gruber (Manuel Rubey), der ein rasantes, luxuriöses und egozentrisch geprägtes Leben führt. Seine Existenz ist gekennzeichnet durch materiellen Reichtum, teure Sportwagen, Drogenkonsum – insbesondere Kokain – sowie oberflächliche sexuelle Beziehungen, die er als „Weiber“ zu bezeichnen pflegt. Gruber pflegt eine zynische, selbstverliebte Lebenshaltung, die seine familiären Bindungen zu Mutter und Schwester weitgehend vernachlässigen lässt.[2]
Die narrative Entwicklung setzt ein, als Gruber zu einem Verkaufstermin nach Zürich fliegt. Während des Fluges lernt er die Berliner DJane Sarah (Bernadette Heerwagen) kennen, die unter dem Künstlernamen „Sahara“ auftritt und zu seinem Überraschung nicht seinem üblichen Beuteschema entspricht. Die beiden verbringen eine Nacht miteinander. In einer folgenden Szene liest Sarah einen ungeöffneten Brief vor, den Gruber seit längerem bei sich trägt – die Nachricht stammt von einem Krankenhaus und enthält eine Einladung zu einem Termin in der Krebsstation. Die daraufhin offiziell bestätigte Krebsdiagnose stellt für Gruber eine existenzielle Zäsur dar, zumal ihm die Überlebenschancen mit „zwischen 30 und 70 Prozent“ angegeben werden. Widerwillig nimmt er die empfohlene Therapie in Angriff.[3]
Parallel zu Grubers Krankheitsverarbeitung entwickelt sich eine zweite Handlungsebene in Berlin. Sarah stellt fest, dass sie von Gruber schwanger ist. Anfänglich erwägt sie eine Abtreibung, ändert jedoch auf dem Weg zur Klinik angesichts eines Kinderspielplatzes ihre Entscheidung und beschließt, das Kind zu bekommen. Während Gruber durch die Chemotherapie zunehmend an Kraft und seine Haare verliert, bereitet sich Sarah freudig auf die Geburt vor. Die divergierenden Lebenslinien führen zu einem Treffen in Wien, bei dem die beiden jedoch nicht zu dem von Sarah erhofften emotionalen Wiedersehen finden.[2]
Die Handlung erreicht einen weiteren Wendepunkt, als Gruber tatsächlich gesundet. Diese positive Entwicklung steht jedoch im Kontrast zu einem tragischen Ereignis: Sarah erleidet eine Fehlgeburt, was die Beziehung zwischen den beiden Protagonisten einer finalen Bewährungsprobe unterwirft. Der Film inszeniert diese Konstellation als komödiantische Selbstfindungs-Odyssee, die die Transformation eines zynischen Egozentrikers thematisiert, der durch die Konfrontation mit seiner eigenen Sterblichkeit und die unerwartete Vaterschaft zu menschlichen Zügen findet.[4]
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Produktion
Zusammenfassung
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Die Produktion des Spielfilms Gruber geht erfolgte als zweiter abendfüllender Kinofilm der Regisseurin Marie Kreutzer nach ihrem Debüt Die Vaterlosen und basiert auf dem gleichnamigen Debütroman der österreichischen Autorin und Kolumnistin Doris Knecht, der 2011 für den Deutschen Buchpreis nominiert war. Produziert wurde der Film von der Wiener Firma Allegro Film mit den Produzenten Helmut Grasser und Constanze Schumann in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Rundfunk (ORF) im Rahmen des Film-/Fernseh-Abkommens. Als weitere institutionelle Partner traten das Österreichische Filminstitut, die staatliche Förderinitiative Filmstandort Austria (FISA) sowie das Land Steiermark auf. Der Filmfonds Wien unterstützte das Projekt in zwei Phasen: zunächst 2011 im Rahmen der Projektentwicklung mit Referenzmitteln in Höhe von 23.400 Euro, anschließend 2013 in der Kategorie „Herstellung von Kinofilmen“ mit einem Produktionszuschuss von 440.000 Euro. Drehortregion war aus Sicht des Fonds Wien, ergänzt um Aufnahmen in der Steiermark und in Berlin.[5][6]
Die Adaption des Romans übernahm Marie Kreutzer selbst. Sie beschreibt den Schreibprozess als ähnlich zu ihrer Arbeit an einem Originaldrehbuch, mit dem Unterschied, dass die zentrale Figur bereits aus der Vorlage vorgegeben war und der Roman ihr als „Inspirationsquelle und Stütze“ diente. Knecht war in der Stoffentwicklung beratend, aber nicht operativ eingebunden. Laut Kreutzer unterstützte die Autorin das Projekt, mischte sich jedoch nicht in die Drehbucharbeit ein und ließ der Regisseurin gestalterische Freiheit, während sie selbst den Roman immer wieder heranzog, um Tonfall und innere Monologe der Hauptfigur in Dialoge und filmische Situationen zu übersetzen.[7]
Die Produktion ging auf eine Konstellation zurück, in der Allegro Film die Rechte an der Vorlage bereits erworben hatte und nach einer Regie suchte. Wenige Tage nachdem Kreutzer den Roman privat gelesen hatte, sei sie – nach eigener Aussage – von Allegro kontaktiert und mit der Frage konfrontiert worden, ob sie die Verfilmung übernehmen wolle, was sie zusagte. Die Besetzung der Titelrolle war zunächst im Rahmen einer geplanten Koproduktion mit einer deutschen Hauptfigur angedacht, wurde nach dem Beschluss einer rein österreichischen Produktion jedoch in Österreich neu konzipiert. Im anschließenden Casting setzte sich Manuel Rubey durch, den Kreutzer zunächst als „offensichtliche Wahl“ betrachtete, der sie aber durch sein Spiel und sein Vertrauen in Kamera und Regie überzeugte und für die Figur des Werbers John Gruber besetzt wurde. Als weibliche Hauptrolle wurde Bernadette Heerwagen verpflichtet, dazu kamen unter anderem Doris Schretzmayer und Patricia Hirschbichler in zentralen Nebenrollen. Die Dreharbeiten begannen laut Produktionsangaben am 24. März und endeten am 25. April 2014. Gedreht wurde in Wien, in steirischen Schauplätzen sowie in Berlin, wobei die deutsche Hauptstadt im Film auch die Stadt markiert, in der der Protagonist die DJane Sarah kennenlernt.[8]
Kreutzer beschreibt die Dreharbeiten als im Vergleich zum Vorgängerfilm logistisch deutlich aufwendiger, da Gruber geht mit rund 42 unterschiedlichen Drehorten in ständig wechselnden Settings realisiert wurde und damit ein kontinuierlicher Ortswechsel und die Arbeit mit vielen kleineren Rollen und Tagesgästen am Set verbunden war, was eine hohe organisatorische und inszenatorische Flexibilität erforderte. Die Bildgestaltung übernahm – wie bereits bei Die Vaterlosen – die Kamerafrau Leena Koppe, mit der Kreutzer in einer längeren Vorbereitungsphase detaillierte Auflösungskonzepte und den gewünschten visuellen Tonfall erarbeitete. Koppe drehte im digitalen Format ARRI RAW im Cinemascope-Seitenverhältnis 1:2,39. Für Szenenbild und Ausstattung war Martin Reiter verantwortlich, das Kostümbild lag bei Monika Buttinger, während Ulrike Kofler den Schnitt und damit die Montage des Materials übernahm. Die Musik stammt von Florian Blauensteiner und Florian Horwath.[9]
Aus produktionstechnischer Sicht wurde Gruber geht als österreichischer Kinofilm im Genre Drama mit einer Laufzeit von rund 90 bis gut 100 Minuten realisiert, wobei Allegro Film als Hauptproduktionsfirma fungierte, der ORF als Koproduzent und Fernsehbeteiligter auftrat und die öffentliche Finanzierung durch ein Bündel nationaler und regionaler Förderinstitutionen abgesichert war. Die Dreharbeiten umfassten Innen- und Außenmotive in Fitnessstudios, Krankenhaussituationen und urbanen Lebenswelten in Wien und Berlin. Presseberichte schildern beispielsweise die Entstehung einer Schlüsselszene in einem Wiener Fitnesscenter, in der die physische Überforderung der Figur beim Bankdrücken den Moment markiert, in dem Gruber seine Krebserkrankung erstmals realisiert, und verweisen damit exemplarisch auf die enge Verzahnung zwischen inszenatorischer Gestaltung, Schauplätzen und der thematischen Ausrichtung der Produktion.[7]
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Rezeption
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Die Filmkritik nahm Marie Kreutzers Literaturverfilmung Gruber geht überwiegend positiv auf, wobei insbesondere die Balance zwischen der Schwere der Thematik und einer humorvollen, unsentimentalen Inszenierung gewürdigt wurde. Rezensenten hoben hervor, dass sich der Film erfolgreich den Klischees typischer „Krebs-Dramen“ entziehe und stattdessen als Tragikomödie funktioniere, die Sentimentalität durch eine gewisse Leichtigkeit und den Zynismus der Hauptfigur breche. Die Inszenierung wurde dafür gelobt, dass sie dem Protagonisten im Vergleich zur Romanvorlage mehr Zeit für dessen charakterlichen Wandel einräume, wodurch die Entwicklung vom Egozentriker zum geläuterten Patienten an Glaubwürdigkeit gewinne.[10]
Ein zentraler Fokus der Rezeption lag auf der schauspielerischen Leistung von Manuel Rubey. Seine Darstellung des John Gruber wurde als „grandios“ bezeichnet, da es ihm gelinge, den primär unsympathischen, arroganten Protagonisten als charmant-strauchelnden Antihelden anzulegen, dessen Schicksal das Publikum trotz seiner charakterlichen Defizite berühre. Die Chemie zwischen Rubey und Bernadette Heerwagen, die als Sarah den emotionalen Gegenpol bildet und Grubers harte Schale aufbricht, wurde als tragendes Element der Narration hervorgehoben. Kritiker bemerkten, dass die intimen Momente zwischen den beiden Hauptfiguren oft keiner großen Worte bedürften, sondern rein über die Bildsprache und das Schauspiel funktionierten.[11]
Im Vergleich zu Doris Knechts gleichnamigem Bestseller attestierten einige Kritiker der Regisseurin, den „atemlosen, schnoddrigen“ Stil der Vorlage adäquat in eine filmische Sprache übersetzt zu haben, wobei die Adaption von manchen Rezensenten qualitativ sogar über das Buch gestellt wurde. Allerdings wurde angemerkt, dass die Verfilmung gewisse „Ecken und Kanten“ des Romans glätte; so seien explizite Passagen zur Sexualität sowie die Drogenvergangenheit der Schwester oder der Alkoholismus des Schwagers in der Leinwandversion ausgespart worden. Visuell wurde die Inszenierung oft als „dunkel“ und stilisiert beschrieben, wobei das sterile, von Designermöbeln und Statussymbolen geprägte Umfeld des Protagonisten dessen emotionale Isolation unterstreiche. Auch die musikalische Untermalung, insbesondere die wiederkehrenden Referenzen auf Bob Dylan, wurde als stimmiges atmosphärisches Element identifiziert.[12]
Trotz des generellen Lobs gab es auch kritische Stimmen, die das Drehbuch als zu konventionell oder vorhersehbar einstuften. So wurde bemängelt, dass die Handlung stellenweise an ein „Schicksalsdrama wie aus einem Groschenroman“ erinnere und der Protagonist trotz seiner elitären Attitüde zu einem „schleimigen“ Klischee verkomme. Andere Rezensionen sahen in der Wandlung des Protagonisten ein zwar gut gespieltes, aber dramaturgisch erwartbares Muster, bei dem die Krebserkrankung lediglich als Katalysator für eine klassische Läuterungsgeschichte diene. Vereinzelt wurde zudem die Verständlichkeit und Notwendigkeit der in den Film eingebauten englischsprachigen Passagen hinterfragt.[2]
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Auszeichnungen
- 2015 Romy für Leena Koppe in der Kategorie Beste Kamera Kinofilm
Weblinks
Commons: Gruber geht – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Gruber geht bei IMDb
Einzelnachweise
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