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österreichischer Unternehmer, Wirtschaftsforensiker und Sachverständiger Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Georg H. Jeitler (* 27. September 1979 in Wien), eigentlich Georg Hans Jeitler, ist ein österreichischer Unternehmer, Wirtschaftsforensiker und Sachverständiger. Bekanntheit erlangte er durch seine Tätigkeit als Gutachter für Gerichte und Staatsanwaltschaften u. a. in den Korruptionskomplexen der Telekom-Affäre und der Tetron-Affäre. Er ist Vizepräsident im Hauptverband der Gerichtssachverständigen, Landesverband W/NÖ/Bgld.
Georg H. Jeitler absolvierte seine Schullaufbahn in Baden bei Wien und legte im Jahr 2000 die Matura ab. Anschließend inskribierte er Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien und Rechtswissenschaften an der Universität Wien, widmete sich aber vorwiegend dem Aufbau seines bereits kurz vor Schulabschluss gegründeten Unternehmens.[1][2]
Berufsbegleitend absolvierte er das Bakkalaureats- und Magisterstudium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien. Wahlfächer belegte er aus Rechtswissenschaften, Philosophie und Betriebswirtschaft. Am Austrian Institute of Management der Fachhochschule Burgenland absolvierte Jeitler ein MBA-Studium im Bereich Management Consultancy, welches er mit Auszeichnung abschloss.[1][3][4]
Jeitler ist geprüfter Compliance-Officer und Absolvent des Lehrganges für Unternehmensbewertung an der Akademie der Wirtschaftstreuhänder. Er ist CMC-zertifizierter Unternehmensberater und CAAA-zertifizierter FV-Diplom-Kommunikationskaufmann.[5][4]
Erste berufliche Erfahrungen sammelte Jeitler ab Mitte der 1990er-Jahre als Organisator kommerzieller Veranstaltungen, im regionaljournalistischen Bereich sowie ab Ende der 1990er-Jahre als Seminartrainer und im grafischen Bereich.[1]
Im Jahr 2000 gründete er eine bis heute bestehende Werbeagentur, welche dieser in den folgenden Jahren gemeinsam mit seiner Ehefrau zu einer in verschiedenen Bereichen tätigen Kommunikationsagentur aufbaute.[6] Die Leistungen wurden in den folgenden Jahren sukzessive bis hin zur Unternehmensberatung erweitert.[1]
Ausgehend von beraterischer Tätigkeit für einen Auftraggeber war Jeitler von 2008 bis 2012 zudem unternehmerisch im Bereich des biologischen Bauens tätig[7] und sammelte erste Erfahrungen im Startup-Bereich. Er initiierte die Gründung eines biologischen Fertighausunternehmens.[1]
Im Jahr 2011 wurde Jeitler als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger eingetragen[5] und widmete sich u. a. dem damals noch nicht breit bekannten Themenkomplex der Compliance, vor allem mit Fokus auf Beratungs- sowie Kommunikationsleistungen wie z. B. Sponsoring.[8] Mit dem Österreichischen Media-Siegel etablierte er 2012 eine standardisierte Prüfung der Werthaltigkeit von Media- und Sponsoringtarifen.[9][10]
Ab 2012/2013 zog sich Jeitler schrittweise aus der Kommunikationsagentur zurück; in der Sachverständigentätigkeit erfolgte eine verstärkte Schwerpunktsetzung auf forensische Tätigkeiten im Bereich von Korruption und Wirtschaftskriminalität in Zusammenhang mit Beratungsleistungen.[11]
Neben der Tätigkeit als Sachverständiger und Wirtschaftsforensiker ist Jeitler heute als Unternehmens- und Organisationsberater in seinen diversen Fachbereichen tätig, u. a. zur Optimierung von Compliancesystemen und zu Antikorruption.[12][13] Seit 2019 ist er Partner im internationalen Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen Grant Thornton.[14]
Georg H. Jeitler übt Lehrtätigkeiten im Hochschulbereich aus, etwa an der Wirtschaftsuniversität Wien[15], der Johannes-Kepler-Universität Linz[16] und der FH Campus Wien[17] zu betriebswirtschaftlichen Themen im Bereich der Wirtschaftskriminalität sowie an der IMC Fachhochschule Krems zu Kommunikationsthemen[18]. An der Fakultät Sicherheit der Fachhochschule Wiener Neustadt betreut er Masterarbeiten in der polizeilichen Fortbildung.[3]
Als Speaker spricht Jeitler vor allem zu Themen im Bereich Compliance, Wirtschaftskriminalität, Korruption und Kommunikation. In vielen seiner Vorträge behandelt er Risiken überbordender Compliance-Systeme.[19][20][21]
In Fachbeiträgen beschäftigt er sich u. a. mit Methoden der Wirtschaftsforensik[22], der Werthaltigkeit von Beratungsleistungen,[23] der Wirksamkeit von und Überregulierung durch Compliance-Systeme[24] sowie mit Honoraren und Branchenfragen in den Bereichen Beratung, Medien, Kommunikation und Werbung.[25]
Georg H. Jeitler ist allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger in verschiedenen wirtschaftlichen Fachgebieten u. a. zu Unternehmensführung, Unternehmensbewertung und Unternehmensberatung sowie zu Kommunikation, Medien und Urheberfragen.[5] Seit 2011 war er in zahlreichen Gerichtsverfahren[26] tätig.
Aus der Berichterstattung bekannt wurden u. a. folgende Tätigkeiten in medienpräsenten Großverfahren:
Erste Bekanntheit erlangte Jeitler im Jahr 2013 durch seine Tätigkeit als Sachverständiger im Rahmen der verschiedenen Verhandlungen der Telekom-Affäre III. und IV., in welcher sich dieser mit Werbe- und Beratungsleistungen sowie Lobbyingtätigkeiten rund um illegale Parteienfinanzierung auseinanderzusetzen hatte,[27][28][29][30][31][11][32][33] dies gemeinsam mit den Buchsachverständigen Matthias Kopetzky und Martin Geyer.[34][11] Für Aufsehen sorgte die kurzfristige Identifikation einer neuen Belastungszeugin durch Jeitler sowie ein Befangenheitsantrag, der jedoch vom Gericht als unbegründet verworfen wurde.[35]
Die Verfahren endeten mit diversen Schuldsprüchen u. a. gegen die Angeklagten Rudolf Fischer, Peter Hochegger, Klaus Wittauer und Gernot Rumpold.[36][37][38]
Die Finanzierung einer Werbebroschüre im Design des BZÖ durch das Land Kärnten im Rahmen der Kärntner Landtagswahl 2009 führte zu einem Ermittlungsverfahren, in welchem Jeitler 2014/2015 durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft als Sachverständiger beigezogen wurde.[39] Das durch Jeitler im Ermittlungsverfahren erstattete Gutachten gelangte an die Öffentlichkeit und führte von der Neuen Zürcher Zeitung ausgehend schon vor Anklageerhebung zu ausführlichen Berichterstattungen über die Causa.[40][41][42]
Im Jahr 2017 erfolgte die Anklage u. a. gegen den ehemaligen Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler, seinen ehemaligen Sprecher Stefan Petzner und die ehemaligen Landesräte Harald Dobernig und Uwe Scheuch.[43][44][45][46][47] Eine Wende erhielt die Verhandlung durch Geständnisse einzelner Angeklagter[48] sowie durch eine Ausweitung der Anklage.[49][50][51][52] Jeitler erstattete im Rahmen der Verhandlung sein Gutachten zur inhaltlichen Zuordnung und zum Werbewert der betreffenden Broschüre.[53][54]
Das Verfahren endete u. a. mit Schuldsprüchen gegen die Angeklagten.[55][56][57][58]
Im Jahr 2015 war Jeitler im Rahmen der gemeinhin als Blaulichtfunk-Affäre bekannten Tetron-Affäre tätig, in welcher dieser die Werthaltigkeit von Beratungsleistungen im Lobbyingbereich durch den Angeklagten Alfons Mensdorff-Pouilly untersuchte.[59][60][61][62][63] Die Einordnung des Vorgehens des als Lobbyist bekannten Angeklagten als „amateurhaftes Vorgehen“[64][65] sowie dessen Beschreibung als „kein Lobbyist im fachlichen Sinn“[66][67] wurde von den Medien breit aufgegriffen.
Das Verfahren endete mit Schuldsprüchen.[68][69][70][71][72][73]
Im Rahmen einer Streitigkeit zur 2009 erfolgten Vergabe einer Kampagne gegen Alkohol am Steuer durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie und der behaupteten Übernahme geistigen Eigentums zwischen zwei um den Auftrag werbenden Werbeagenturen war Jeitler als Gutachter tätig und stellte Übereinstimmungen der Werbespots fest.[74]
Der Ausgang des Verfahrens ist bisher unbekannt.
Im Rahmen parlamentarischer Anfragen[75][76][77][78] wurde bekannt, dass Jeitler für die Abteilung Revision des damaligen Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport in den Jahren 2015 und 2016 als Gutachter tätig war.
Im betreffenden Zeitraum war ein Sachverständiger zur Klärung eines Korruptionsverdachts rund um Vergaben im Sportbereich[79] durch das Ministerium beigezogen worden und es erfolgten Ermittlungen durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.[80][81] Anhand einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu einer offenbar in dieser Angelegenheit erfolgten Suspendierung wurde schlussendlich trotz Anonymisierung eine Tätigkeit Jeitlers aufgrund seiner Fachbereiche und des abgekürzten Nachnamens nachvollziehbar.[82]
Der Ausgang des Verfahrens ist bisher unbekannt.
Ab 2012 ermittelte die Österreichische Justiz zum Verdacht verdeckter Parteispenden im Zeitraum 2002 bis 2008 zugunsten der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), welche über die Agentur Mediaselect abgewickelt worden waren.[83] Im August 2013 wurde Jeitler als einer von zwei Sachverständigen bestellt. Er erstattete 2015 ein Zwischengutachten sowie im August 2018 sein Hauptgutachten, in welchem zulasten der Beschuldigten u. a. festgestellt wurde, dass Leistungen „ohne bedeutsamen Gegenwert“ und „in keiner fremdüblichen Form als erbracht festgestellt werden konnten.“[84]
Ausgehend von einer Berichterstattung des Nachrichtenmagazins profil[84] wurde im Rahmen des Nationalratswahlkampfes 2019 v. a. durch Peter Pilz kritisiert,[85] dass Jeitler Berührungspunkte mit der Österreichischen Volkspartei aufweise:[86] Jeitlers Ehefrau Carmen Jeitler-Cincelli war etwa vier Jahre nach Bestellung Jeitlers im Jahr 2017 für die Österreichische Volkspartei in den Nationalrat eingezogen, und personelle Veränderungen der Volkspartei im Jahr 2017 hatten dazu geführt, dass ein ehemaliger Schulkollege Jeitlers, Axel Melchior, zum Bundesgeschäftsführer der ÖVP bestellt worden war. Jeitler hatte dies gemeinsam mit dem Umstand, dass ihm auch der neue Parteichef Sebastian Kurz sowie die neue Generalsekretärin Elisabeth Köstinger bekannt seien, gegenüber der Staatsanwaltschaft offengelegt. Den Medien zugespielte Unterlagen führten zu einer entsprechenden Berichterstattung. Die Staatsanwaltschaft bestätigte gegenüber profil, dass die Offenlegungen erfolgt waren und kein Anhaltspunkt für eine Befangenheit bestanden habe.[84]
Jeitler entwickelte in Bezug auf das forensische Vorgehen rund um die Werthaltigkeit von Beratungsleistungen den Begriff der Leistungsartefakte[87] zur Spezifikation der Spuren von Leistungserbringung sowie zugehörige Analysemodelle, welche er im Jahr 2018 auf der 9. Anti-Fraud-Management-Tagung des Deutschen Institutes für Interne Revision in Düsseldorf der Fachöffentlichkeit vorstellte.[88]
Unter dem Begriff des Leistungsartefakts verstehen sich Produkte aus Beratungsprojekten.[89] Jeitler unterscheidet zwischen primären Leistungsartefakten,[90] welche üblicherweise erwartbare und archivierte Dokumente wie etwa Rechnungen, Angebote oder Berichte – somit vorwiegend intentional erstellte Dokumente – umfassen, und sekundären Leistungsartefakten,[91] welche Spuren einer Leistungserbringung bezeichnen, die vielfach nicht intentional zur Dokumentation erstellt oder archiviert wurden, etwa Termineinträge oder Informationseinholungen bei Dritten und notwendigerweise in der Projektabwicklung entstehen.
Sekundäre Leistungsartefakte können typischerweise nur bei detaillierter Prüfung und Sichtung aufgefunden werden und erfordern die multi-iterative Bildung von Arbeitshypothesen[92] sowie detaillierte Fachkenntnis über die zu erwartenden Prozesse und die betreffenden Tätigkeitsbereiche.[93] Zur näheren Einordnung wird ein allgemeiner externer Referenzrahmen[94] sowie ein spezifischer Analyserahmen zur Positivhypothese[95] herangezogen. Es werden hierbei Positivhypothesen über die Projektstruktur im Falle einer tatsächlich erfolgten Durchführung des Beratungsprojektes gebildet sowie Negativhypothesen über ein Scheinberatungsprojekt und die damit zusammenhängenden Abwicklungen und dolosen Handlungen.[92]
Das Auffinden einer gewissen Struktur an Leistungsartefakten sowie die Analyse dieser schafft schlussendlich ein interpretierbares Bild über das Vorliegen tatsächlich erbrachter Leistungen.[96]
Georg H. Jeitler engagierte sich vor dem Eintritt ins Berufsleben bei diversen Vereinen und ehrenamtlichen Organisationen, wie etwa dem Roten Kreuz und der Freiwilligen Feuerwehr. Er war Schulsprecher sowie Bundesobmann-Stellvertreter einer bundesweiten Schülerorganisation.[3]
Seit 2006 ist Jeitler in diversen ehrenamtlichen Berufsgruppenvertretungsfunktionen in der Wirtschaftskammer sowie im Hauptverband der Gerichtssachverständigen tätig und fungiert als Prüfer für Sachverständigenzertifizierungen.[2] Im Jahr 2011 wurde er als Senatsmitglied in den österreichischen Werberat berufen. 2024 wurde er zum 2. Vizepräsidenten[97] im Hauptverband der Gerichtssachverständigen, Landesverband W/NÖ/Bgld, gewählt.
Georg H. Jeitler ist Mitglied des Rotary Club Wien-Hofburg, dem er 2017/2018 als Präsident vorstand[3] und Gründungsmitglied und ehemaliger Vizepräsident des Marketingclub NÖ.[3]
Georg H. Jeitler lebt in Baden bei Wien und arbeitet in Wien. Er hat drei Kinder mit der Unternehmerin und Nationalratsabgeordneten Carmen Jeitler-Cincelli, die in den Jahren 2002, 2005 und 2009[98] geboren wurden. Im Jahr 2023 wurde die Trennung des Paares bekannt.[3]
Georg H. Jeitler erhielt persönlich bzw. mit seinen Unternehmen diverse Auszeichnungen:
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