Galactose

organische Verbindung, Einfachzucker, Schleimzucker Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Galactose

Die Galactose (fachsprachliche Schreibung), kurz Gal, auch Galaktose (traditionelle Schreibung, von altgriechisch γάλα gála, Genitiv: τοῦ γάλακτος toû gálaktos, deutsch „Milch“) oder auch Schleimzucker, ist eine natürlich vorkommende chemische Verbindung aus der Gruppe der Monosaccharide (Einfachzucker). Galactose kommt z. B. in den meisten Lebewesen als Baustein von Oligo- und Polykondensaten der Kohlenhydrate in verschiedenen Schleimhäuten vor, woher sich der deutsche Name ableitet. Im Vergleich mit Saccharose hat eine 10%ige D-Galactoselösung eine Süßkraft von 63 %.[4]

Schnelle Fakten Strukturformel, Allgemeines ...
Strukturformel
Struktur von Galactose
Fischer-Projektion, offenkettige Darstellung
Allgemeines
Name
  • D-(+)-Galactose
  • L-(−)-Galactose
Andere Namen
  • (2R,3S,4S,5R,6)-Pentahydroxyhexanal
  • (2S,3R,4R,5S,6)-Pentahydroxyhexanal
  •  (SNFG-Symbol)
Summenformel C6H12O6
Kurzbeschreibung

weißer geruchloser Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 200-416-4
ECHA-InfoCard 100.000.379
PubChem 3037556
Wikidata Q66589593
Eigenschaften
Molare Masse 180,16 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,5 g·cm−3 (D-Form)[1]

Schmelzpunkt
  • 164–168 °C (D/L, α-Form):[1][2]
  • 143–145 °C (D-Isomer, β-Form)[3]
Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1][2]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[1][2]
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0°C, 1000 hPa).
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Eigenschaften

Zusammenfassung
Kontext

Galactose ist eine Hexose und hat wie alle Hexosen die Summenformel C6H12O6. Sie ist stereoisomer (genauer gesagt ein C4-Epimer) zur Glucose und gehört zur Untergruppe der Aldohexosen.

Galactose hat wie die meisten natürlichen Zucker D-Konfiguration; L-Galactose besitzt in der Praxis nur untergeordnete Bedeutung. Wenn „Galactose“ ohne weiteren Namenszusatz (Präfix) erwähnt wird, so ist immer D-Galactose gemeint.

Weitere Informationen D, Keilstrichformel ...
D-Galactose – Schreibweisen
Keilstrichformel Haworth-Schreibweise

α-D-Galactofuranose

β-D-Galactofuranose

α-D-Galactopyranose

β-D-Galactopyranose
Sessel-Darstellung
α-D-Galactopyranose (links) und β-D-Galactopyranose (rechts)
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Jeder Ringform und jedem Stereoisomer ist eine eigene CAS-Nummer zugeordnet:

Weitere Informationen offen- kettig, Furanose ...
offen-
kettig
Furanose Pyranose
D-Galactose 59-23-419217-07-310257-28-0
L-Galactose 15572-79-941846-90-639392-65-9
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Verhalten in wässriger Lösung

In wässriger Lösung kommt es teilweise zu einem intramolekularen Ringschluss, sodass sich ein Gleichgewicht zwischen der Aldoform und den beiden Ringformen (Furanose-Form und Pyranose-Form) einstellt:[5]

Bei 20 °C liegt in Wasser gelöste D-Galactose zu 32 % in der α-Pyranoseform, zu 64 % in der β-Pyranoseform, zu 1 % in der α-Furanoseform und zu 3 % in der β-Furanoseform vor.[6]

Gleichgewichtszusammensetzung von Galactose in wässriger Lösung bei 20 °C

Spezifische Drehwerte

  • α-D-Galactopyranose (= Sechsring): [α]20D = +150,7°
  • β-D-Galactopyranose: [α]20°/D = +52,8°

Galactose zeigt Mutarotation. Drehwert der wässrigen Lösung: [α]20°/D = +80,2°

Energiestoffwechsel

Durch Epimerisierung wird Galactose in einem mehrstufigen Prozess für die Glycolyse bereitgestellt. Folgende Reaktionsschritte werden dabei durchlaufen:

Der Galactose-Energiestoffwechsel.

Vorkommen

Galactose tritt außer als Monosaccharid auch als Baustein in Di- (z. B. Lactose), Oligo- (z. B. Raffinose) und Polysacchariden (z. B. Agarose) auf. Sie ist auch Bestandteil von Proteoglykanen und Glycolipiden. Über UDP-Galactose stellt der Organismus auch bei galactosefreier Kost hierfür ausreichend Ausgangsstoff zur Verfügung.

In der lactierenden Milchdrüse wird Lactose aus UDP-Galactose und Glucose mit Hilfe von Lactosesynthetase in der Muttermilch als wichtiger Energieträger für Säuglinge bereitgestellt. Die Lactose wird im Dünndarm durch das Enzym Lactase in Glucose und Galactose gespalten und dem Energiestoffwechsel zugeführt.

Verwendung

Zusammenfassung
Kontext

Galactose wird als Nahrungsergänzungsmittel, Zuckerersatz und therapeutisch verwendet. Für die Behandlung von Patienten mit Phosphoglucomutase-1-Mangel wurden über unterschiedliche Zeiträume bis zu vier Monaten hinweg täglich 0,5–1 g/kg verabreicht, maximal 50 g pro Tag ohne schädliche Nebenwirkungen.[7]

Galactose ist im Gehirn auch an der Metabolisierung von Ammoniumionen unter Bildung von Aminosäuren beteiligt. Damit ist sie für die Behandlung von Patienten mit hepatischer Enzephalopathie zur Entgiftung dieses neurotoxischen Metaboliten geeignet.[8] Wegen der insulinunabhängigen zellulären Aufnahme von Galactose hat sie nur geringen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel. Der glykämische Index von Galactose liegt bei 20 (Glucose = 100). Bereits in den 1930er Jahren behandelten Ärzte der Berliner Charité Diabetespatienten deshalb erfolgreich mit Galactose als Zuckerersatz.[9]

Galactose als „Hirnzucker“

Galactose kann sowohl die Konzentrationsfähigkeit als auch die Gedächtnisleistung verbessern. So zeigten Studien an Ratten positive Effekte von oral zugeführter Galactose in der Behandlung kognitiver Defizite.[10]

Behandlung von Nierenschäden

In Studien zeigte Galactose Erfolg bei der Behandlung von behandlungsresistenten Fällen von fokal segmentaler Glomerulosklerose (FSGS). Es wird vermutet, dass Galactose hier an den fokal-segmentalen Proteinfaktor (englisch focal segmental protein factor (FSPF)) bindet, ihn dadurch inaktiviert und so von weiterer Schädigung der Niere abhält.[7][11][12]

Künstliche Hirnalterung hervorgerufen durch intraperitoneal injizierte Galactose

Die chronische, systemische Zufuhr von Galactose beschleunigt das Altern und die Neurodegeneration von Mäusen, Ratten und Individuen der Gattung Drosophila. Galactose verursacht vermehrten oxidativen Stress und damit einhergehende mitochondriale Fehlfunktion, vermehrten Zelltod (Apoptose) und verminderte Nervenzellneubildung im Gehirn der Tiere, insbesondere im Hippocampus.[13]

Die Galactose-induzierte beschleunigte Hirnalterung in Mäusen und Ratten ist ein verbreitetes und etabliertes pharmakologisches Modell zum Studium der Neurodegeneration, wie sie etwa bei Patienten mit Parkinson- oder Alzheimer-Krankheit vorkommt.[13]

Erkrankungen

Eine Erbkrankheit, bei der die Betroffenen Galactose aufgrund eines Enzymdefekts überhaupt nicht verwerten können, wird Galactosämie genannt. Sie äußert sich sofort nach der Geburt.

Commons: Galactose – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Galactose – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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