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Herzog von Lothringen und Bar, Großherzog der Toskana, Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Franz Stephan von Lothringen (* 8. Dezember 1708 in Nancy; † 18. August 1765 in Innsbruck) war von 1729 bis 1736 als Franz III. Herzog von Lothringen und Bar, anschließend ab 1737 als Franz II. Großherzog der Toskana und ab 1745 als Franz I. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.
Franz Stephan heiratete 1736 Erzherzogin Maria Theresia von Österreich, die einzige Erbin Kaiser Karls VI., und begründete mit ihr das Haus Habsburg-Lothringen. Seit 1740 war er ihr Mitregent in den Habsburgischen Erblanden, wurde aber kaum an den Regierungsgeschäften beteiligt. Daher widmete er sich erfolgreichen Finanzgeschäften und der Förderung der Naturwissenschaften.
Franz Stephan war der vierte Sohn des Herzogs Leopold Joseph von Lothringen und dessen Frau Elisabeth Charlotte von Orléans. Über seine Großmutter Eleonore war er ein Urenkel Kaiser Ferdinands III. und über seine Mutter ein Urenkel Ludwigs XIII. von Frankreich. Seine Großmutter mütterlicherseits war Liselotte von der Pfalz, die mit dem Bruder Ludwigs XIV. von Frankreich, Philipp von Orléans, verheiratet war. Er hatte sowohl habsburgische und bourbonische, als auch Pfalz-Wittelsbachische Vorfahren. Gemeinsam mit seinem Bruder Leopold wurde er früh auf eine militärische Karriere beim kaiserlichen Verbündeten vorbereitet. Franz Stephan wurde 1716 Inhaber des „Regiments Jung-Lothringen zu Fuß“.
Nachdem Leopold kurz zuvor verstorben war, wurde Franz der neue Erbprinz und reiste anlässlich der Krönung Kaiser Karls VI. zum König von Böhmen nach Prag. Am 10. August 1723 kam es zu einem ersten Zusammentreffen. Seit damals wurde Prinz Franz (Anton Stephan) von Lothringen in den Zeremonialprotokollen als Franz Stephan bezeichnet, er selbst unterzeichnete immer nur mit „François“ oder „Frantz“. In Prag kam es auch zu einem Zusammentreffen mit der Kaiserin und ihren sehr jungen Töchtern. Am Ende war die Ehe mit Maria Theresia unter den Vätern ohne Öffentlichkeit ausgemacht.[1]
Im Alter von fünfzehn Jahren kam er 1724 an den österreichischen Hof, wo er den letzten erzieherischen und gesellschaftlichen Schliff erhalten sollte. Karl VI. ließ ihn wie einen Sohn aufziehen. Franz Stephan fühlte sich sehr wohl in seiner zweiten Heimat und wurde zum Leidwesen seiner Erzieher ständiger Jagdbegleiter des Kaisers, nahm an Festen, Feiern und an Bällen teil. Die Weiterbildung und Vermehrung seines geringen Wissens kam zu kurz, was sein Vater im fernen Nancy mit Missfallen registrierte. Nach fast sechs Jahren wurde sein Aufenthalt durch den Tod des Vaters 1729 unterbrochen, und er musste in seine Heimat zurückkehren.[2]
1729 wurde er Nachfolger seines Vaters als Herzog Franz III. von Lothringen und Bar. Im Auftrag seines späteren Schwiegervaters Karl VI. unternahm er 1731 eine Reise nach Holland, England und Preußen. In Den Haag wurde er Anfang Juni 1731 von John Theophilus Desaguliers in die Freimaurerei aufgenommen, der eigens von der Großloge von London und Westminster abgesandt wurde. Franz Stephan reiste nach England und erhielt in der Maid’s Head Lodge im Landhaus des Staatsmannes Robert Walpole in Norfolk den Meistergrad. England verließ er wieder am 9. Dezember.
Infolge des polnischen Thronfolgekriegs, der 1733 nach dem Tod Augusts des Starken ausbrach, tauschte Franz Stephan wenige Jahre später sein ererbtes Herzogtum gegen die Toskana. In den Krieg hatte König Ludwig XV. von Frankreich zugunsten seines Schwiegervaters Stanislaus I. Leszczyński eingegriffen, während Kaiser Karl den Sohn des verstorbenen Königs, August III., unterstützte. Dieser setzte sich schließlich durch, Frankreich verlangte aber in den Friedensverhandlungen eine Kompensation für Leszczyński. Zudem wollte es verhindern, dass infolge der geplanten Hochzeit Franz Stephans mit Maria Theresia ein großes Territorium an seiner Ostgrenze mit dem habsburgischen Länderkomplex vereint würde. Zur gleichen Zeit war das Aussterben des Herrscherhauses der Toskana absehbar, da der letzte Großherzog, Gian Gastone de’ Medici, kinderlos geblieben war. Auf sein Erbe erhoben die mit dem französischen Herrscherhaus eng verwandten spanischen Bourbonen Anspruch.
Frankreich und Österreich einigten sich daher 1738 im Frieden von Wien darauf, Franz Stephan mit der Toskana und Leszczyński mit Lothringen abzufinden, das nach dessen Tod wiederum an Frankreich fallen sollte. Franz Stephan lehnte den Ländertausch zunächst ab, der Kaiser gab ihm jedoch zu verstehen, dass ihm in diesem Fall die Hand seiner Tochter Maria Theresia verweigert werde. Sein Berater Johann Christof Bartenstein wurde mit dem Ausspruch zitiert: „Keine Abtretung, keine Erzherzogin“. Der junge Herzog stimmte schließlich zu und wurde in seinem neuen Herrschaftsgebiet als Franz II. gezählt.
Am 12. Februar 1736 fand die Hochzeit Franz Stephans mit Maria Theresia von Österreich statt. Im Unterschied zu den üblichen dynastischen Verbindungen dieser Zeit war es eine echte Liebesheirat. Das Paar blieb drei Monate in der Toskana und kehrte anschließend nach Wien zurück.
Der Kaiser räumte Franz Stephan zwar einen Sitz in der Geheimen Konferenz ein, dieser konnte sich dort aber nicht durchsetzen. Auch als Soldat war er nicht erfolgreich. 1738 zog er in den Russisch-Österreichischen Türkenkrieg, kehrte aber schon bald wegen eines Nervenzusammenbruchs zurück.[3]
1740 starb Karl VI. Da er keinen männlichen Nachfolger hatte, erbte gemäß der 1713 erlassenen pragmatischen Sanktion seine Tochter Maria Theresia die habsburgischen Lande. Für die Kaiserkrone galt dies jedoch nicht, weshalb Franz Stephan dafür vorgesehen war. Das bot den Anlass für den österreichischen Erbfolgekrieg, der mit dem Einmarsch Friedrichs des Großen in Schlesien begann. Als Nachfolger Karls VI. wurde 1742 der bayerische Kurfürst Karl Albrecht, der weiter auch Maria Theresias Ansprüche an Österreich und den weiteren Erblanden bestritt und diese im Erbfolgekrieg nach anfänglichen Erfolgen letztlich vergebens für sich beanspruchte, zum Kaiser Karl VII. gekrönt. Es war seit mehr als 300 Jahren der erste Kaiser, der nicht aus dem Haus Habsburg kam.
Franz Stephan war seit 1740 Mitregent in den habsburgischen Erblanden. Maria Theresia, die ihn dazu erklärte, führte allerdings die Regierung der Habsburgermonarchie größtenteils selbst; die Mitregentenfunktion sollte vor allem der Wahrung seiner Würde vor der (damals noch nicht absehbaren) Kaiserkrönung dienen, da er andernfalls ein in Staatsgeschäften funktionsloser Prinzgemahl gewesen wäre.
Franz Stephan befasste sich auf Grund dessen intensiv und erfolgreich mit der Konsolidierung der Finanzen des neuen Hauses Habsburg-Lothringen, das er gemeinsam mit Maria Theresia begründet hatte und das bis 1918 die Herrscher der Donaumonarchie stellen sollte.
Nach dem Tode Karls VII. 1745 erklärte dessen Sohn Maximilian Joseph sein Einverständnis mit der Wahl Franz Stephans zum Kaiser. Die Kandidatur von Franz Stephan war möglich, da er aus eigenem Recht im Reich die Grafschaft Falkenstein besaß. Die Wahl fand am 13. September 1745 in Frankfurt am Main statt. Franz Stephan erhielt die Stimmen von sieben der neun Kurfürsten und wurde daraufhin am 4. Oktober im Kaiserdom St. Bartholomäus gekrönt. Die Kurstimmen von Brandenburg und der Kurpfalz hatte er nicht erhalten. Als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches nannte er sich Franz I.
Da er weder als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches noch als formaler Mitregent der habsburgischen Erblande ausgelastet war, fand Franz Stephan genügend Zeit, sich seinen eigentlichen Neigungen zu widmen, nämlich den Naturwissenschaften und seiner Münz- und Mineraliensammlung. Mit seinem Lothringischen Kreis war er ein wichtiger Anreger für die Naturwissenschaften in Österreich. So konnte er auch Gerard van Swieten, den Begründer der Ersten Wiener Schule der Medizin, nach Wien holen. Auch die Anlage des Tiergartens Schönbrunn geht auf ihn zurück.
Die Naturaliensammlung des Johann Ritter von Baillou erwarb er für 40.000 Scudi. Diese war zunächst im Leopoldinischen Trakt der Wiener Hofburg untergebracht und wurde dann in einen Saal des Augustiner-Trakts der Hofbibliothek (heute Österreichische Nationalbibliothek) verlegt. Die Privatsammlung Franz Stephans wurde daraufhin zum Hof-Naturalien-Cabinet umgewandelt und Baillou wurde dessen erster Direktor.
Durch geschickte Finanztransaktionen gelang es ihm, ein riesiges Vermögen anzuhäufen, mit dem sein Sohn und Nachfolger Joseph II. das Staatsbudget sanieren konnte. Franz Stephan legte auf seinen Gütern in Holics an der ungarisch-mährischen (heute slowakisch-mährischen) Grenze und Sassin im ungarischen Komitat Neutra (heute Westslowakei) landwirtschaftliche Musterbetriebe an. Diese ließ er nach modernsten Grundsätzen bewirtschaften, gründete eine Majolikafabrik und eine Weberei. Er widmete sich mit Vorliebe Finanzgeschäften und wurde dadurch zum mehrfachen Millionär.[2]
Seine persönliche Ausstrahlung und männliche Anziehungskraft nutzte er für diverse sogenannte „galante Abenteuer“, veranstaltete heimliche Soupers mit seinen Favoritinnen, so unter anderem Gräfin Colloredo, der Frau des Vizekanzlers, oder Gräfin Palffy, einer Hofdame seiner Gattin. Deren Eifersucht nötigte ihn, sich zu beschränken, dennoch unterhielt er angeblich eine dauerhafte außereheliche Beziehung zu Fürstin Maria Wilhelmina von Auersperg, einer Tochter seines Erziehers und Freundes Graf Wilhelm Reinhard Neipperg. Dieser, aufgrund ihrer Schönheit la belle Princesse Genannten, kaufte er ein Landhaus nahe Schloss Laxenburg, wo er gerüchteweise manchen Abend mit ihr verbrachte.[2] Belege für das Verhältnis mit der 30 Jahre jüngeren Auersperg existieren aber nicht.[4]
Franz Stephan starb am 18. August 1765 kurz nach der Hochzeit seines Sohnes Leopold II. in Innsbruck, plötzlich an einem Schlaganfall oder Herzinfarkt im Alter von 56 Jahren. Sein ältester Sohn Joseph war im Vorjahr bereits zum Römischen König gekrönt und damit zum Nachfolger als Kaiser designiert worden. Er trat die Nachfolge als Mitregent Maria Theresias sowie als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches an.
Das Begräbniszeremoniell für Franz Stephan wurde nach dem Vorbild der Trauerfeiern für seinen Schwiegervater, Kaiser Karl VI. († 1740), bestimmt. Nach Entnahme der inneren Organe wurde die Leiche vom 21. bis 23. August im Riesensaal (Festsaal) der Innsbrucker Hofburg öffentlich aufgebahrt. Der Raum war dazu mit schwarzem Stoff ausgeschlagen, der Katafalk von vier Altären umgeben, an denen Seelenmessen zelebriert wurden. Franz Stephan lag unter einem schwarzen Baldachin auf dem Katafalk, bekleidet mit einem schwarzseidenen Mantelkleid mit Hut und Allongeperücke. Er hielt einen Rosenkranz und das Sterbekreuz der Habsburger in seinen Händen. Seitlich lagen sechs Kissen aus Goldbrokat mit den ihm zustehenden Kronen, Orden und Ehrenzeichen. Am Fußende waren zwei mit Tüchern verhüllte Urnen für das Herz und die Eingeweide des Toten ausgestellt. Nach der öffentlichen Aufbahrung im Riesensaal der Innsbrucker Hofburg wurde der Leichnam zu Schiff nach Wien überführt, wo die zweite Aufbahrung im Rittersaal der Wiener Hofburg nur mehr bei verschlossenem Sarg stattfand. Die Beisetzung des Körpers in der Wiener Kapuzinergruft erfolgte am Abend des 31. August 1765.[5][6] Sein Herz befindet sich in der Herzgruft der Habsburger in der Loretokapelle der Wiener Augustinerkirche, die Eingeweide kamen in die Herzogsgruft des Wiener Stephansdoms. Er gehört damit zu jenen 41 Personen, die eine „Getrennte Bestattung“ mit Aufteilung des Körpers auf alle drei traditionellen Wiener Begräbnisstätten der Habsburger (Kaisergruft, Herzgruft, Herzogsgruft) erhielten. Das Sterbezimmer in der Innsbrucker Hofburg ließ seine Witwe zur Kapelle umbauen und gründete dort das Adelige Damenstift Innsbruck als Gebetsgemeinschaft.
Vor 1864 wurde in Wien Innere Stadt (1. Bezirk) die nach der Demolierung der Stadtmauer neben dem Wienfluss am Nordrand des heutigen Karlsplatzes neu angelegte Straße nach dem Kaiser Lothringerstraße benannt, 1904 auch in den angrenzenden Bezirken Landstraße (3.) und Wieden (4. Bezirk). Der Straßenname ist heute in Wien als Adresse des Wiener Konzerthauses und des Wiener Eislaufvereins allgemein geläufig (siehe auch Zweierlinie).
Franz Stephan und Maria Theresia hatten insgesamt 16 Kinder, elf Mädchen und fünf Knaben:
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