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Reihenentwicklung einer periodischen, abschnittsweise stetigen Funktion in eine Funktionenreihe aus Sinus- und Kosinusfunktionen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Als Fourierreihe, nach Joseph Fourier (1768–1830), bezeichnet man die Reihenentwicklung einer periodischen, abschnittsweise stetigen Funktion in eine Funktionenreihe aus Sinus- und Kosinusfunktionen. Die Basisfunktionen der Fourierreihe bilden ein bekanntes Beispiel für eine Orthonormalbasis. Im Rahmen der Theorie der Hilberträume werden auch Entwicklungen nach einem beliebigen vollständigen Orthonormalsystem als Fourierreihe bezeichnet. Eine Verallgemeinerung ist die Fourier-Transformation. Die Lehre der Fourierreihen ist Teil der Fourier-Analyse (klassische harmonische Analysis).
Bereits im 18. Jahrhundert kannten Mathematiker wie Euler, Lagrange oder die Bernoullis Fourierreihen für einige Funktionen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts behauptete nun Fourier in seinem Werk Théorie analytique de la chaleur (1822), dass es für alle Funktionen solche Reihenentwicklungen gäbe. Diese Behauptung stieß zunächst bei führenden Mathematikern wie Cauchy und Abel auf Ablehnung.
Dirichlet konnte 1829 beweisen, dass Fouriers Behauptung zumindest für Lipschitz-stetige Funktionen zutrifft. Du Bois-Reymond fand 1876 eine stetige Funktion, deren Fourierreihe divergiert.[1] Im 20. Jahrhundert gelangte man schließlich zur Erkenntnis, dass es auch für stetige oder stückweise stetige Funktionen konvergente Fourierreihen gibt, wenn der Konvergenzbegriff geeignet abgeschwächt wird (Lennart Carleson).
Als eine frühe geometrische Vorform der Approximation durch eine Fourierreihe kann die Epizykeltheorie betrachtet werden.
1870 zeigte Georg Cantor die Eindeutigkeit der Darstellung einer Funktion durch ihre Fourierreihe, falls die Fourierreihe punktweise gegen die Funktion konvergiert. Wenig später zeigte er, dass dies auch bei endlich vielen Ausnahmestellen gilt, also Stellen, an denen sich die Fourierreihen unterscheiden können oder die Fourierreihe nicht konvergiert.[2] Die Frage, ob das auch für abzählbar unendlich viele Ausnahmestellen gilt, führte Cantor auf seine Begründung der Mengenlehre. Dabei zeigte er auch, dass der Eindeutigkeitssatz auch bei abzählbar unendlich vielen Ausnahmestellen gilt, genauer für die von ihm eingeführten Punktmengen n-ter Art (allgemeiner bewiesen von Felix Bernstein und William Henry Young 1908 für abzählbar unendlich viele Ausnahmestellen). 1927 zeigte Nina Bari, dass auch bei bestimmten überabzählbar unendlichen Ausnahmemengen der Eindeutigkeitssatz erhalten bleibt.[3]
Eine -periodische Funktion im Lp-Raum lässt sich mittels einer Fourierreihe darstellen. Diese hat die Form
Die auftretenden Koeffizienten werden Fourier-Koeffizienten genannt und beschreiben jeweils paarweise ( und ) Anteile der ganzzahligen Vielfachen der Grundfrequenz am Signal. Im Kontext der Verarbeitung periodischer Signale wird die Funktion (Folge) auch als Frequenzspektrum und als Amplitudenspektrum von bezeichnet; beides sind diskrete Spektren oder, wie in der Physik gebräuchlich, Linienspektren. Die Fourier-Koeffizienten sind dabei durch folgende Gleichung gegeben:
Ist eine reellwertige Funktion, bildet also auf ab, so gilt offensichtlich
das heißt, die Koeffizienten mit negativen Vorzeichen lassen sich durch komplexe Konjugation aus denen mit positiven Vorzeichen ermitteln.
Diese Darstellung der Fourierreihe als Summe von komplexen Exponentialfunktionen ist zwar in gewissem Sinne die mathematisch kompakteste Darstellung, hat jedoch den Nachteil, dass im Allgemeinen auch für reellwertige Funktionen komplexwertige Fourier-Koeffizienten auftreten. Daher existieren zwei weitere Darstellungen, die besonders für reellwertige Funktionen geeignet sind.
Fourierreihen lassen sich auch in der Form
darstellen. Für die Fourier-Koeffizienten gilt dann
Man kann die Fourier-Koeffizienten durch
auch direkt ausrechnen. Wenn reellwertig ist, erhält man somit reellwertige Fourier-Koeffizienten.
Für reellwertige Funktionen ist des Weiteren eine Darstellung der Fourierreihe in der Form
mit möglich. Wegen
folgt
mit
Es folgt daher
Der Winkel ergibt sich zu
Ausgangspunkt unserer Betrachtungen bilde die Menge aller -periodischen Funktionen von nach . Auf dieser Menge können wir eine Addition und eine Skalarmultiplikation punktweise definieren, d. h., sei durch und durch (mit ) definiert. Mit diesen Abbildungen wird zu einem -Vektorraum.
Auf dem Vektorraum definieren wir nun eine (partielle) Funktion :
Zu beachten ist, dass nicht auf ganz definiert ist, weil das Integral nicht für beliebige existiert. Auf dem Unterraum von , welcher durch
definiert ist, ist jedoch überall definiert. Wir werden uns daher für die weiteren Betrachtungen auf den Unterraum beschränken und definieren daher die Funktion
Es sei angemerkt, dass eine positiv semidefinite hermitesche Sesquilinearform ist. Es gilt:
Wir definieren und
Die Abbildung
ist daher eine positiv definite hermitesche Sesquilinearform. wird mit somit zu einem Prähilbertraum. Da vollständig ist, ist sogar ein Hilbertraum.
Wir werden im Folgenden nicht streng zwischen den Funktionen in und den Restklassen in unterscheiden.
Betrachten wir nun die Menge . (Diese Menge ist wohldefiniert, weil die Funktion bzgl. für alle -periodisch ist.) Da offensichtlich gilt, erzeugt einen Untervektorraum von . Da die Vektoren in linear unabhängig sind, ist eine Basis von . hat daher Dimension .
Für zwei beliebige Vektoren gilt:
Bezüglich des inneren Produkts ist somit eine Orthonormalbasis von .
Jede Funktion können wir nun formal als Reihe darstellen:
Diese formale Reihe nennen wir Fourierreihe von . Unter Ausnutzung der Sesquilinearität von und der Orthonormalität von folgt
und damit
Wir können daher die Werte von ausrechnen. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Reihe
nicht notwendigerweise gegen konvergiert. Daher ist es notwendig, das Konvergenzverhalten für verschiedene Klassen von Funktionen zu untersuchen.
Es gilt jedoch, dass genau dann nur endlich viele ungleich 0 sind, wenn gilt. Dies folgt unmittelbar daraus, dass von erzeugt wird. Als Konsequenz konvergiert die Fourierreihe für auf jeden Fall.
Die Funktion
welche die Koeffizienten der Fourierreihe einer -periodischen Funktion liefert, nennen wir die Fourier-Transformierte von . Die nennen wir Fourier-Koeffizienten. Die Funktionen bilden einen -Vektorraum bzgl. punktweiser Addition und Multiplikation.
Die Abbildung
welche die Funktionen in ihre Fourier-Transformierten überführt, nennen wir die Fourier-Transformation (von -periodischen Funktionen). Die Fourier-Transformation ist eine lineare Abbildung zwischen zwei -Vektorräumen, d. h., es gilt
Da die Fourierreihen von Funktionen bzgl. der -Norm fast überall gegen konvergieren, folgt, dass gilt. Andernfalls wäre die Fourierreihe nämlich nicht konvergent. Für die Abbildung bedeutet das, dass sie nicht surjektiv ist.
Weiters können wir eine lineare Abbildung
definieren. Die Abbildung nennen wir inverse Fourier-Transformation (von -periodischen Funktionen). Es gilt .
Aufgrund der -Periodizität der komplexen Exponentialfunktion wurde oben die Fourierreihe für -periodische Funktionen definiert, um eine einfache Darstellung zu erhalten. Da man eine -periodische Funktion durch in eine -periodische Funktion überführen kann, stellt das keine Einschränkung dar.
Zudem kann die Fourierreihe einer -periodischen Funktion analog zum -periodischen Fall als dargestellt werden.[4] Hierbei wird auf dem Raum das Skalarprodukt
verwendet. Beim -periodischen Fall definiert man Wie im -periodischen Fall gilt nun (mit „neuen“ und Skalarprodukt)
Mit Fourierreihen lassen sich nur periodische Funktionen und ihr Spektrum beschreiben. Um auch nichtperiodische Funktionen spektral beschreiben zu können, führt man einen Grenzübergang der Periode durch. Dadurch wird die Frequenzauflösung beliebig fein, was in einem Verschwinden des komplexen Amplitudenspektrums resultiert. Aus diesem Grund führt man das komplexe Amplitudendichtespektrum ein, ausgehend von der komplexen Fourierreihe zunächst für die diskreten Argumente :
Durch Bildung des Grenzwertes (wobei gleichzeitig ) folgt damit unmittelbar die Fourier-Transformation:
Wir haben die Fourierreihe für das innere Produkt
definiert. Man kann jedoch auch andere innere Produkte betrachten, was zur Folge hat, dass andere Vektoren zueinander orthogonal sind. Da die Fourier-Koeffizienten bezüglich eines Orthonormalsystems ermittelt werden, erhält man dadurch andere Koeffizienten. Da viele Eigenschaften der Fourier-Transformation auf der Ausnutzung der Orthogonalität der trigonometrischen Funktionen beruhen, ändern sich auch die Eigenschaften der Fourier-Transformation, wenn man andere innere Produkte verwendet.
Sei ein Hilbertraum mit einer Orthonormalbasis . Dann kann man jedes Element des Hilbertraums durch
darstellen. Diese Reihendarstellung wird auch (verallgemeinerte) Fourier-Reihe genannt.
Verallgemeinerungen der Fourier-Reihe, die sich zwar auch als Darstellungen in Orthonormalbasen beschreiben lassen, aber zusätzlich ähnlich der Fourier-Reihe bestimmte Eigenschaften in Bezug zu Symmetrien aufweisen, untersucht die harmonische Analyse. Die Pontrjagin-Dualität verallgemeinert dabei die Fourier-Reihe auf Funktionen auf beliebigen abelschen lokalkompakten topologischen Gruppen, der Satz von Peter-Weyl auf kompakten topologischen Gruppen.
Die Dreieckfunktion lässt sich je nach gewünschter Phasenlage mit Sinus- und Kosinustermen approximieren. Mit dem Scheitelwert lauten die Fourierreihen:
Die Rechteckschwingung ist definiert durch
Die Fourierreihe dazu lautet
Anhand dieser Funktion erkennt man, dass man eine Rechteckschwingung durch unendlich viele Harmonische darstellen kann. Sie enthält jeweils die ungeraden harmonischen Oberschwingungen, wobei die Amplitude mit steigender Frequenz abnimmt. Aufgrund dessen wird ein Rechtecksignal auch häufig zum Testen elektronischer Schaltungen genommen, da so das Frequenzverhalten dieser Schaltung erkannt wird.
Allgemein enthalten alle periodischen Schwingungen mit der Periodendauer der Grundschwingung und beliebigem Verlauf innerhalb der Periode nur ungeradzahlige Oberschwingungen, wenn gilt:
Im rechten Bild ist die Fourier-Synthese einer Rechteckschwingung dargestellt. Die Diagramme der ersten Spalte zeigen diejenige Schwingung, die in der jeweiligen Zeile hinzugefügt wird. Die Diagramme in der zweiten Spalte zeigen alle bisher berücksichtigten Schwingungen, die dann in den Diagrammen der dritten Spalte addiert werden, um dem zu erzeugenden Signal möglichst nahezukommen. Die Schwingung aus der ersten Zeile nennt sich Fundamentalschwingung, alle weiteren, die hinzugefügt werden, sind Oberschwingungen (Harmonische). Je mehr solcher Vielfache der Grundfrequenz berücksichtigt werden, umso näher kommt man einem idealen Rechtecksignal. An den unstetigen Stellen des Rechtecksignals bildet sich durch die Fourier-Synthese bedingt ein so genannter Überschwinger, der auch bei größerer Approximation nicht verschwindet. Diese Erscheinung wird Gibbssches Phänomen genannt, sie weist eine konstante und von der Bandbreite unabhängige Überschwingung von etwa 18 % des vollen Sprungs auf. Die vierte Spalte zeigt das Amplitudenspektrum normiert auf die Grundschwingung.
Ebenso lassen sich punktsymmetrische Funktionen aus Sinustermen approximieren. Hier erreicht man eine Phasenverschiebung durch alternierende Vorzeichen:
Man kann zwar bedenkenlos zu einer periodischen Funktion eine Fourierreihe aufstellen, jedoch muss diese Reihe nicht konvergieren. Ist dies der Fall, so erhält man durch diese Transformation auch keine weiteren Informationen. Konvergiert die Reihe, so muss man sich im Klaren sein, in welchem Sinn die Konvergenz vorliegt. Meistens untersucht man Fourierreihen auf punktweise Konvergenz, gleichmäßige Konvergenz oder auf Konvergenz bezüglich der -Norm.
Eine Fourierreihenentwicklung einer periodischen Funktion mit Periode ist in den folgenden, schrittweise allgemeiner werdenden Fällen möglich:
Im Folgenden werden einige wichtige Sätze über die Konvergenz von Fourierreihen aufgezählt.
Peter Gustav Lejeune Dirichlet bewies, dass die Fourierreihe einer differenzierbaren, periodischen Funktion punktweise gegen die Ausgangsfunktion konvergiert.[7] Unter der Voraussetzung, dass sogar stetig differenzierbar ist, kann die Aussage noch verbessert werden.
Sei eine stetig differenzierbare, -periodische Funktion, dann konvergiert die Fourierreihe von gleichmäßig gegen .
Der Satz von Carleson ist ein tiefliegendes Resultat zur Konvergenz einer Fourierreihe.
Sei eine quadratintegrierbare Funktion, dann konvergiert die Fourierreihe von fast überall.
Diese Aussage ist sogar für alle -Räume mit richtig und heißt in dieser allgemeinen Form Satz von Carleson–Hunt. Dass die Aussage für falsch ist, konnte Kolmogorov 1923 durch ein Gegenbeispiel zeigen. Nikolai Nikolajewitsch Lusin vermutete schon 1915 die Richtigkeit des Satzes von Carleson, konnte sie jedoch nicht beweisen. Der Beweis gelang erst Lennart Carleson im Jahr 1966.[8][9]
Leopold Fejér bewies, dass die arithmetischen Mittel der Partialsummen der Fourierreihe einer stetigen, -periodischen Funktion gleichmäßig gegen die Funktion konvergieren.
Sei eine stetige, -periodische Funktion und die Fourierreihe von . Mit wird die n-te Partialsumme dieser Reihe beschrieben. Dann besagt der Satz von Fejér, dass die Partialsummen gleichmäßig gegen konvergieren. Es gilt also
wobei die Konvergenz gleichmäßig ist.
In der Umgebung von Sprungstellen entstehen dort in der Fourierreihe typische Über- und Unterschwinger von etwa 9 % der (vollen!) Sprunghöhe. Dieser Effekt hat weitreichende Auswirkungen in der Signalverarbeitung.
Mathematische Ursache dafür ist, dass für nicht stetige Funktionen und
zwar Konvergenz im Sinne der -Norm vorliegt, jedoch die Folge im Allgemeinen nicht gleichmäßig konvergiert.
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