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einstufiger Einkommensteuertarif Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Mit Flat Tax (kurz für Flat-Rate Tax) oder Einheitssteuer wird ein einstufiger Einkommensteuertarif bezeichnet. Der Grenzsteuersatz ist konstant, wodurch Eingangs- und Spitzensteuersatz identisch sind. Ohne Grundfreibetrag gibt es damit keine Steuerprogression. Eine Einheitssteuer mit einem Grundfreibetrag führt rechnerisch zu einer indirekten Progression: Während der Grenzsteuersatz gleich bleibt, steigt der Durchschnittsteuersatz mit zunehmendem Einkommen und nähert sich dem Grenzsteuersatz an.
Das Konzept der flat-rate tax mit einem Grundfreibetrag in Höhe eines Mindesteinkommens als Anteil vom Pro-Kopf-Einkommen wurde 1920 von Dennis Milner vorgeschlagen.[1] In unserer Zeit haben Robert E. Hall und Alvin Rabushka wieder eine flat tax vorgeschlagen.[2] Die Einheitssteuer ist in der Regel konzeptionell mit dem weitgehenden Wegfall von Subventionen und Steuervergünstigungen verbunden, um auch bei einem niedrigen Steuersatz ausreichende Steuereinnahmen zu erzielen.
Bei der reinen Einheitssteuer ohne Grundfreibetrag gibt es keine Umverteilungswirkung. Alle Einkommen werden mit dem gleichen Durchschnittssteuersatz versteuert, der mit dem Grenzsteuersatz identisch ist. Im Falle eines Flat-Tax-Modells mit Grundfreibetrag verläuft der Durchschnittsteuersatz jedoch progressiv, was als Umverteilung der Einkommen interpretiert werden kann. Ob diese höher oder niedriger ist als eine mit ihr verglichene Referenzumverteilung, ergibt erst die Messung in konkreten Fällen: Für die zu vergleichenden Einkommensverteilungen werden vor und nach der Besteuerung Ungleichverteilungsmaße berechnet. Nicht unbedingt aus der Art der Progression, sondern erst aus dem Vergleich der Ungleichverteilungsmaße ergibt sich der Grad der Abmilderung der Einkommensunterschiede.
Im Vergleich zu anderen Steuertarifen kann die Einheitssteuer zu einer geringeren, aber auch zu einer höheren Angleichung von Einkommensunterschieden führen. Das hängt von Grenzsteuersatz und Grundfreibetrag der Einheitssteuer und von den mit ihr verglichenen Steuertarifen ab. Ist sowohl der Grundfreibetrag als auch der Spitzensteuersatz bei einem zu vergleichenden progressiven Steuertarif identisch mit der Flat Tax, dann ist die Umverteilungswirkung der Flat Tax auf jeden Fall geringer. Ist dagegen der Grundfreibetrag der Flat Tax deutlich höher als beim Referenztarif, dann kann die Umverteilungswirkung bei gleichem Spitzensteuersatz höher sein. Die Unterschiede spielen sich dabei im Übergangsbereich zwischen Nullzone und oberstem Einkommenseckwert des Vergleichstarifs ab. Ist der Spitzensteuersatz niedriger als beim Vergleichstarif, dann müssen die im Gegenzug abgeschafften Subventionen in die Betrachtung einbezogen werden, so dass hier eine allgemeine Aussage kaum möglich ist.
Ohne Beschränkung des Durchschnittsteuersatzes auf positive Werte wirkt der Grundfreibetrag bei Einkommen unterhalb dieses Freibetrages als eine negative Einkommensteuer, wie sie zum Beispiel Milton Friedman in seinem Buch Capitalism and Freedom vorgeschlagen hat. Diese Art der Flat Tax als negative Einkommensteuer, bei der ein Teil des Freibetrages vorweg als Zuschuss ausbezahlt und anschließend mit der Steuerschuld verrechnet wird, ist eines der Modelle für ein Bedingungsloses Grundeinkommen. Es gibt daher zwei Arten der Einheitssteuer mit Grundfreibetrag: Die Einheitssteuer mit Negativsteuer hat bei gleich hohem Grundfreibetrag eine höhere Nivellierungswirkung als eine Einheitssteuer mit einer Beschränkung des Durchschnittsteuersatzes auf den positiven Bereich.
Land | Einkommensteuer | Grundfreibetrag | Körperschaftsteuer | Ergänzung |
---|---|---|---|---|
Albanien[4] | 10 % | |||
Bulgarien[5] | 10 % | – | 10 % | |
Estland[6] | 20 % | 2.040 € | 0 % (20 % bei Gewinnausschüttung) | |
Georgien[4] | 25 % | 20 % | ||
Hongkong | 16 % | 17,5 % | ||
Island | 36 % | 18 % | ||
Kirgisistan | 10 % | 10 % | ||
Lettland[6] | 23 % | 1.200 € | 15 % | |
Litauen[6] | 15 % | 2.400 € | 15 % | |
Nordmazedonien[5] | 10 % | 10 % | ||
Mongolei | 10 % | 25 % | ||
Rumänien[7] | 16 % | 1.316 € (6.550 RON) | 16 % | |
Russland | 13 % | 24 % | ||
Serbien[8] | 12 %, 24 % | 10 % | ||
Slowakei | (2004 eingeführt, 2012 wieder abgeschafft) | |||
Tschechien[6] | 15 % | 919 € | 19 % | |
Ukraine | 15 % | 25 % | ||
Ungarn[6] | 15 % | - | 19 % |
Unter dem damaligen Finanzminister Ivan Mikloš führte die Slowakei 2004 eine Einheitssteuer mit einem Steuersatz von 19 % ein. Dieser bezieht sich auf die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer und die Mehrwertsteuer. Steuerprivilegien und praktisch sämtliche gesetzlichen Ausnahmen wurden gestrichen, der reduzierte Mehrwertsteuersatz von 14 % wurde abgeschafft. Die Folge war, dass auch Grundnahrungsmittel, Medikamente, Strom, Kohle etc. mit dem normalen Steuersatz von 19 % versteuert wurden.[9] Außerdem wurden diverse Gebühren, Verbrauchsteuern und Sozialabgaben erhöht.
Durch die Einheitssteuer wurden fast alle slowakischen Steuerzahler bei der Einkommensteuer entlastet: die Bezieher niedriger Einkommen über erhöhte Steuerfreibeträge, die höheren Einkommen über die gesenkten Steuersätze. Relativ gesehen wurden die Bezieher mittlerer Einkommen im ersten Jahr am wenigsten entlastet. In bestimmten mittleren Einkommensbereichen hat die Reform zu einer stärkeren Belastung geführt.
Bei der Mehrwertsteuer nahm die Belastung zu, da der ermäßigte Steuersatz von 14 % abgeschafft wurde, sodass für alle Waren und Dienstleistungen der einheitliche Steuersatz von 19 % gilt. Da der ermäßigte Steuersatz unter anderem für Lebensmittel, Bücher und Medikamente galt, erhöhte seine Abschaffung die Lebenshaltungskosten deutlich. Bei vielen Artikeln, die die Mehrwertsteuererhöhung betraf, ist der Konsum zurückgegangen.
Entgegen vielen Prognosen sank das Einkommensteueraufkommen nur geringfügig. Die Slowakei wies allerdings bereits vor der Steuerreform ein starkes Wachstum auf, was das Steueraufkommen unabhängig von der Steuerreform erhöhte. Ein Erfolg der Reform ist ein seit 2004 wieder deutlich höheres Interesse ausländischer Investoren an der Slowakei. Allerdings ist dies auch durch den EU-Beitritt im gleichen Jahr und das relativ geringe Lohnniveau bedingt.
Die Wahlen 2006 gewann die Opposition mit dem Versprechen, die Reformen wieder rückgängig zu machen, was aber nur teilweise umgesetzt wurde.[10] Im Jahr 2012 wurde die Flat Tax wieder abgeschafft und durch eine progressive Einkommensteuer ersetzt.[11]
In der Tschechischen Republik hat die Einführung einer Flat Tax dazu geführt, dass die Sozial- und Krankenversicherungsbeiträge sowohl des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers vom Arbeitnehmer versteuert werden müssen (Superbruttoeinkommen). Mithin beträgt die steuerliche Bemessungsgrundlage bei Arbeitnehmern 135 % (statt zuvor 87,5 %) des Bruttolohns. Als Konsequenz wird das Einkommen nicht mit dem nominalen Satz (der 2008 bei 15 % lag), sondern real deutlich höher besteuert (nach Expertenabschätzung 2008 mit 23,1 %).[12]
Das Prinzip der gleichmäßigen Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit wird in Deutschland gegenwärtig durch Grundfreibeträge und einen linear progressiven Tarif sichergestellt. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass eine progressive Besteuerung ein Verfassungsgebot des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) ist: „Im Gegensatz hierzu würde im Bereich des Steuerrechts eine formale Gleichbehandlung von Reich und Arm durch Anwendung desselben Steuersatzes dem Gleichheitssatz widersprechen. Hier verlangt die Gerechtigkeit, dass im Sinne der verhältnismäßigen Gleichheit der wirtschaftlich Leistungsfähigere einen höheren Prozentsatz seines Einkommens als Steuer zu zahlen hat als der wirtschaftlich Schwächere (vgl. schon Art. 134 WRV).“[17]
Hier bleibt jedoch unklar, ob damit auch ein progressiver Verlauf des Grenzsteuersatzes verfassungsrechtlich geboten ist. Der Steuerrechtler Klaus Tipke vertritt die Auffassung: „Unter dem Gerechtigkeitsaspekt ist der linear-progressive Tarif einem Tarif vorzuziehen, der Buckel oder Sprünge enthält. … Und voraussichtlich wird es auch nicht möglich sein, den Spitzensteuersatz so weit abzusenken, wie es die Reformentwürfe vorsehen. Erst recht kommt ein niedriger Einheitssteuersatz nicht in Betracht.“[18] Nach seiner Rechtsauffassung verletzt eine ungleich verlaufende Progression den Gleichheitssatz.[19] Anders als Klaus Tipke vertritt Michael Elicker die Auffassung, dass oberhalb des Grundfreibetrags allein ein konstanter Grenzsteuersatz im Einklang mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip stehe.[20]
In Deutschland wurde der Einheitssteuer im Bundestagswahlkampf 2005 erhöhte Aufmerksamkeit zuteil. Der ehemalige Verfassungsrichter Paul Kirchhof, Mitglied des sogenannten Kompetenzteams der CDU, hatte einen einheitlichen Einkommensteuersatz von 25 % vorgeschlagen (siehe Einkommensteuergesetzbuch).[21] Im Laufe der Diskussion rückte er aber für die unteren Einkommensgruppen davon wieder ab und schlug Steuerstufen mit Grenzsteuersätzen von 15 %, 20 % und 25 % vor.
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