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russischer Zar (1605–1606) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der falsche Dmitri (russisch Лжедмитрий I., eigentlich Juri Otrepjew, als Mönch Grigori Otrepjew, russisch Юрий bzw. Григорий Отрепьев, deutsch veraltet Pseudo-Dimitri oder Pseudo-Demetrius; * um 1580; † 17. Maijul. / 27. Mai 1606greg.) war 1605/06 als Dimitri I. für kurze Zeit russischer Zar. Seine Regierungszeit fällt in die „Zeit der Wirren“.[1]
Otrepjew war ein Sohn des unbedeutenden Kleinadligen und Hundertschaftsführers der Schützen Bogdan Otrepjew. Seine Eltern starben beide frühzeitig, daher wurde er als Kind in ein Kloster gegeben und begann später als Mönch Grigori eine geistliche Laufbahn, wobei er von Kloster zu Kloster wanderte. Möglicherweise erlangte er den Rang eines Diakons. Dabei gelangte er auch in ein Kloster im Moskauer Kreml, dort beobachtete er die Machtverhältnisse und die Unzufriedenheit in den höheren Dienstgraden sehr genau, auch verstand er es, sich als sehr guter Schüler die Protektion seiner Vorgesetzten zu sichern. In Moskau vernahm er auch die Gerüchte, wonach sich der legitime Sohn Iwans des Schrecklichen in Wirklichkeit dem von Boris Godunow geplanten Mordanschlag habe entziehen können und, wie Otrepjew selbst, von seiner Mutter Marija Fjodorowna Nagaja in ein Kloster gebracht worden sei. Da in weiten Teilen der Bevölkerung die Hoffnung in die Richtigkeit dieser Erzählung verbreitet war, schien es für Otrepjew naheliegend, sich für diesen Zarewitsch auszugeben. Weitere Stationen seines Wanderlebens waren das Kiewer Höhlenkloster und Aufenthalte bei Arianern und Kosaken.
Erstmals tauchte er als Dimitri auf dem Landsitz des polnisch-litauischen Fürsten Adam Wisniowiecki auf und behauptete Dmitri Iwanowitsch zu sein. Seine Gegner behaupteten, er heiße in Wirklichkeit Grigori Otrepjew und sei ein Mönch aus dem Kloster Tschudow. Dimitris Geschichte fand jedoch Glauben und sein Anspruch auf den russischen Thron wurde von polnischen Magnaten und katholischen Prälaten, wie beispielsweise dem päpstlichen Nuntius in Krakau, Claudio Rangoni, unterstützt. Nachdem er heimlich zum Katholizismus übergetreten war, verlobte er sich 1604 mit Marina Mniszech, Tochter des Jerzy Mniszech, des Wojewoden von Sandomierz. Ihrer Familie versprach er dafür Pskow, Nowgorod, Smolensk und Nowhorod-Siwerskyj. Im März 1604 war er von Sigismund III. in einer nichtöffentlichen Audienz empfangen worden, dieser entschied sich, Dimitri ohne die formelle Zustimmung des Sejm politisch, aber nicht militärisch, zu unterstützen. Magnaten, die sich Dimitris Feldzug anschließen würden, sollte freie Hand gelassen werden. Im Gegenzug erhoben der Monarch, ebenso wie die katholische Kirche, zahlreiche Forderungen für den Erfolgsfall, die eine einseitige Vorteilnahme zugunsten der Polen bedeutet hätten.
Dimitri gewann rasch zahlreiche Anhänger unter den Boris Godunow feindlich gegenüberstehenden Bojarenfamilien. Deren Anführer Wassili Schuiski, der 1591 in Boris Godunows Auftrag den Tod des kleinen Zarewitschs untersucht und ihn als Unfall erklärt hatte, bestätigte die Identität des Thronprätendenten mit dem angeblich Ermordeten. Unterstützt von polnisch-litauischen Truppen und im geheimen Einvernehmen mit dem polnischen König Sigismund III. zog er im Oktober 1604 nach Russland, um seinen Anspruch durchzusetzen. Seine Truppen eroberten mehrere Orte, doch nach einer verlorenen Schlacht rettete Dimitri nur die Nachricht von Boris Godunows plötzlichem Tod vor der Auflösung seines Heeres. In der Zwischenzeit war es zudem mit einigen tausend Kosaken verstärkt worden. In Tula bezog Dimitri nun mit seinen Truppen Quartier und wartete die Entwicklung in Moskau ab. Die russischen Truppen gingen im Mai 1605 zu Dimitri über und Moskowiter Bojaren verhafteten Godunows 16-jährigen Sohn und Erben Fjodor und dessen Mutter und Schwester. Am 20. Juni 1605 wurden Fjodor und seine Mutter ermordet. Am folgenden Tag zog Dimitri in Moskau ein und wurde am 21. Juli 1605 zum Zaren gekrönt. Fjodors Schwester Xenia machte er zu seiner Geliebten und zwang sie dann, ins Kloster zu gehen.
Als erstes besuchte Dimitri das Grab seines angeblichen Vaters und das Kloster, in dem dessen Witwe lebte. Maria Feodorowna Nagaja erkannte ihn als ihren Sohn an. Von Godunow verbannte Adlige durften nach Moskau zurückkehren, der Moskauer Patriarch wurde abgelöst. Als Herrscher war er bestrebt, eine nach innen und außen selbstständige Politik zu führen. Seine Regierung versuchte sich zunächst beim Kleinadel beliebt zu machen, indem konfiszierter klösterlicher Grundbesitz an die Familien abgetreten wurde. Dimitri sicherte den Bauern, deren Leibeigenschaft Godunow verschärft hatte, um die Gunst des Adels zu gewinnen, zehn Jahre Steuerfreiheit und geringere Fronbelastung zu. Er galt als kritischer und volksnaher Zar, der einige Reformen Peters des Großen vorwegnahm. Sein Versuch, lediglich auf das einfache Volk gestützt zu regieren, scheiterte jedoch, da er dadurch jegliche Unterstützung der russischen Aristokratie verlor. Zudem erwiesen sich seine sozialen Verbesserungen als kurzlebig, die überwiegende Mehrheit der Kosaken, denen er zahlreiche „Freiheiten“ versprochen hatte, ging leer aus und entlaufene Leibeigene wurden erneut an ihre Herren ausgeliefert, wenn ihre Flucht nicht bereits mehr als fünf Jahre zurücklag. Auch die polnischen Verbündeten drängten immer ungeduldiger auf die Erlangung der versprochenen Vorrechte. Zudem hätte nun Dimitri vertragsgemäß ein Heer für den polnisch-litauischen Angriff auf Livland aussenden und den nachträglich noch erhöhten Gebietsabtretungen zustimmen müssen, was das sofortige Ende seiner Herrschaft bedeutet hätte.
Im Herbst 1605 heiratete Dimitri durch Stellvertretung (per procurationem) seines Sekretärs Afanassi Wlassew, nach katholischem Ritus, in Krakau seine Verlobte Marina Mniszech. Mit ihrem Vater und einem polnischen Heer zog diese Anfang Mai 1606 in Moskau ein. Dort wurde am 8. Mai 1606 eine zweite russisch-orthodoxe Hochzeit abgehalten, die unpassenderweise mit einem orthodoxen Feiertag am 9. Mai zusammenfiel. Die polnischen Soldaten, die mehrtägige Hochzeit, bei der die Brautleute polnische Kleider trugen, und die Förderung ausländischer Kaufleute schürten Ängste in der russisch-orthodoxen Bevölkerung. Maskenbälle und Feuerwerk einerseits, aufkommende Zweifel am orthodoxen Glauben der Braut andererseits, irritierten breite Bevölkerungsschichten. Gerüchte machten die Runde, dass Dimitris katholische und lutherische Soldaten ein Massaker in Moskau planten. Bei einer durch den Fürsten Wassili Iwanowitsch Schuiski und seine Brüder angezettelten Revolte wurde er am 17. Mai 1606 bei einem Fluchtversuch durch Kugelfeuer tödlich verletzt. Seine Leiche wurde auf dem Roten Platz ausgestellt und danach verbrannt, die Asche mit einer Kanone in Richtung Westen geschossen. Die Zahl der ermordeten Anhänger Dimitris wird auf 500 geschätzt. Dimitris Frau, deren Vater und zahlreiche weitere Polen wurden in Jaroslawl interniert, Dimitris Soldaten in verschiedene Städte deportiert. Ebenso wurde der von Dimitri eingesetzte Patriarch Ignati in ein Kloster eingewiesen.
Sein Nachfolger wurde Wassili Schuiski als Wassili IV. Die Bauern und Kosaken unter Iwan Issajewitsch Bolotnikow kämpften noch bis 1608 für Dimitri und seine Reformen.
Neben ihm gab es mindestens zwei weitere Personen, die vorgaben, Dimitri Iwanowitsch zu sein. Politischen Einfluss erlangte dabei der zweite falsche Dimitri (Pseudodimitri II.) († 11. Dezember 1610 in Kaluga), der sich als geretteter Pseudodimitri I. ausgab und auch von Marina Mniszech als solcher anerkannt wurde. Auch den dritten falschen Dimitri, der einige Monate nach der Hinrichtung des zweiten auftrat, akzeptierte sie als ihren Ehemann. Selbst nach dessen Hinrichtung 1612 versuchte sie weiter, ihren Anfang 1611 geborenen Sohn Iwan (von Pseudodimitri II.) auf den Zarenthron zu bringen. Dieser Versuch endete 1614 mit der öffentlichen Hinrichtung des Dreijährigen. Marina Mniszech starb im Gefängnis.
In dem Drama Boris Godunow von Puschkin, wie auch in der darauf basierenden gleichnamigen Oper von Mussorgski, werden die Geschehnisse um Dimitri I. verarbeitet. Ebenso behandeln Friedrich Schiller (siehe Demetrius (Schiller)) und Friedrich Hebbel das Thema in ihren unvollendet gebliebenen Dramen Demetrius. Die Frage nach dem rechtmäßigen (wirklichen) Dmitri beschäftigt weiterhin Historiker in allen Ländern.
Der falsche Dimitry (Stummfilm 1922, von Hans Steinhoff) war eine filmische Adaption des Themas.
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